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„Die EU ist moralisch tot“

Von Uwe Kranz 

Man mag ihn mögen oder nicht. Mit diesem Ausspruch (Titel-Zitat) hat sich der ungarische Ministerpräsident Victor Orban jedenfalls glasklar zum “Kailigate“ (auch „Qatargate“ genannt) positioniert und zugleich einen Punktgewinn im Kampf der EU-Kommission gegen Ungarn um Subventionen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro eingefahren.

Fast gleichzeitig, während nämlich die EU-Kommission Ungarn die Subventionen wegen „Verletzungen der Grundrechte und Rechtsunsicherheiten“, namentlich unzureichender Korruptionsbekämpfung mit qualifizierter Mehrheit strich, stiegen belgische Ermittler in ein Korruptionsgefüge an der Spitze des Europäischen Parlaments ein, das in der Folge das Zeug zu einem wahren Politthriller entwickelte. Man sollte sich die Filmrechte sichern.

Während die hohen Hüter der politischen EU-Moral sich besorgt zeigten, dass nicht garantiert sei, dass ihre Fördermittel aus dem Kohäsionsfonds von Ungarn „rechtsstaatlich konform“ verwendet würden, trieb es die griechische Vizepräsidentin des EU-Parlaments (EP) Eva Kaili (44) so doll mit der Annahme von Korruptionsmitteln, mit organisierter Geldwäsche und mit der damit einhergehenden politischen Einflussnahme zugunsten bestechender nicht-EU-Staaten, dass die belgischen Strafverfolgungsbehörden einschreiten mussten. Gefestigten Gerüchten zufolge soll es sich um die MENA-Staaten (englische Abkürzung für ‚Middle East & North Africa‘) Katar und Marokko handeln.

Qatargate

Mehr doppelbödige EU-Moral geht kaum. Die inzwischen teilgeständige 14. Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (wofür, zur Hölle, braucht man 14 Stellvertreter?), wurde auf frischer Tat getroffen und konnte daher ohne Rücksicht auf ihre Immunität verhaftet werden. Sie soll gemeinsam mit dem ebenfalls inhaftierten Pier Antonio Panzeri, einem ehemaligen EP-Abgeordneten, ein veritables, profitables, organisiertes kriminelles Netzwerk angeführt haben, in dem auch diverse Personen ihres sozialen und vor allem beruflichen Umfeldes eingesponnen waren: Panzeris Ehefrau wurde in Italien verhaftet und inzwischen nach Belgien abgeschoben; Kailis Vater versuchte in ihrem Auftrag, Koffer voller Bargeld aus ihrer Wohnung zu holen und in einem Brüsseler Hotel zu verstecken, ließ aber immer noch „Säcke mit Bargeld“ in Höhe von über 150.000 € in ihrer Wohnung zurück. Insgesamt sollen die Ermittlungsbehörden fast 1,5 Millionen Euro eingefroren haben.

Der Lebensgefährte des glamourösen Politstars, Francesco Georgi, Assistent eines bislang ungenannten EP-Parlamentariers und Spezialisten für Menschenrechts- und Korruptionsfragen (ein Treppenwitz dieser Geschichte), gestand inzwischen seine Beteiligung in der kriminellen Organisation (er nannte sich selbst „Bargeldverwalter“, wer war der „Vermögensverwalter“?); auch der Direktor der NGO „No Peace without Justice“, Niccolò Figà-Talamanca geriet in Untersuchungshaft; bei dem verdächtigen EP-Abgeordneten Marc Tabarella wurden Durchsuchungen durchgeführt (er ist, ei der Daus, stellvertretender Vorsitzender der EP-Delegation für die Beziehungen zur arabischen Halbinsel); das MEP Andrea Gazzolino wird verdächtigt, durch Geldannahme käuflich gewesen zu sein; der Chef des Internationalen Gewerkschaftsbundes ITUC, Luca Visentini wurde wegen möglicher Verwicklungen vorläufig bis zum Frühjahr 2023 suspendiert, weil er eine 50.000 Euro-„Spende“ von der NGO „Kampf gegen Straffreiheit“ (Fight Impunity) erhalten habe soll.

Im Ehrenvorstand dieses von Panzeri gegründeten Nobelvereins sitzen hochrangige frühere Mitarbeiter der EU-Kommission, darunter die einflussreiche ex-EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, der französische ex-Premierminister Bernard Cezeneuve, die italienische Senatorin Emma Bosino und die EP-Parlamentarierin Cecilia Wikström oder der ex-Innen-/Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos, der für sein „Ehrenamt“ in der Zeit von Februar 2021 bis Februar 2022 von Fight Impunity nach Recherchen von Politico (19.12.2022) sogar 60.000 € erhalten haben soll. Es gibt offensichtlich auch lukrative Ehrenämter.

Ob auch andere Ehrenvorsitzende Gagen, Honorare oder Spenden für ihre Auftritte bekamen, ist noch offen oder wird bestritten. Auf jeden Fall agierte dieser Think-Tank „unter dem Radar“, denn er ist überhaupt nicht im offiziellen Transparenzregister aufgeführt. Eher ein „Sink Tank“, mit dem Schwarzgelder gegen politische Gefälligkeiten versenkt werden sollten? Fragen? Jede Menge! Kein Wunder, dass die Arbeitsbedingungen in Katar, einst globaler Stein des Anstoßes, von Monat zu Monat immer rosiger und milder beurteilt wurden. In der Diskussion im Europaparlament (Planetary Session) vom 21.November 2022 verherrlichte Kaili Katar geradezu, jubilierte, dass dessen Reformen „die arabische Welt inspirierten“, dass es „Vorreiter in Sachen Arbeitsrecht“ sei und beklagte den generellen „Verdacht der Korruption“, der über Katar laste.

Im Dezember 2022 plädierte Kaili in einer Sitzung des EP-Innenausschusses, dem sie gar nicht angehört, für Erleichterung der Visaregelungen für Katari und stimmte sogar positiv darüber ab! Dreister geht es wohl nicht, da herrscht ja in jedem Hühnerzuchtverein mehr satzungsgemäße Ordnung! Kein Wunder, dass der zuständige belgische Richter kurz vor Weihnachten die U-Haft um einen weiteren Monat ausdehnte und den Tatverdächtigen damit eine sehr stille Weihnacht und einen ruhigen Jahreswechsel in der Zelle zur Besinnung bescherte. In Belgien und Italien wurden 20 Objekte durchsucht und 60 weitere EU-Parlamentarier überprüft, die griechische Finanzstaatsanwaltschaft fror derweil sämtliche Konten der umtriebigen (ex-) Parlamentarierin und ihres Partners ein und beschlagnahmte ein 7.000 qm große Grundstück auf der Insel Paros, das sich das Pärchen geleistet hatte. Wie grell klingen da die Worte von Frau Kaili aus dem Jahre 2018, dass „Sozialhilfeempfänger Faulpelze“ seien, die „auf Kosten der Mittelschicht leben“. Auf wessen Kosten lebten Kaili & Co? Stimmt also die Vermutung eines Datenschützers: „Wo ein Trog ist, wühlen die Schweine“? Sind Europas Instanzen wirklich eine „Resterampe der Politik“?

Ausgerechnet Katar

Ausgerechnet Katar, das unermesslich reiche Emirat, das nach Russland und dem Iran über die weltweit drittgrößten Gasreserven verfügt und wo unser grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck sich vor Wochen so artig mit Bückling für letztlich eine Winzmenge Gas bedankte: Ab 2026 jährlich zwei Millionen Tonnen dreckiges Flüssiggas (LNG) für die Dauer von 15 Jahren. WoW! Das sind ja ganze 5 % der bisherigen deutschen (sauberen) Gasimporte aus Russland! Der Deal hilft also weder aus der gegenwärtigen Krise, schon gar nicht mehr im kommenden Winter 2023/24, wenn es erst richtig ernst wird. Nein, dieser Deal schafft eine neue, dauerhafte und fragwürdige Abhängigkeit – von einem Regime, das man jedoch glaubt, folgenlos und heftig politisch kritisieren zu können und auch zu müssen: weil es die Menschenrechte mit Füßen tritt; weil es Muslime, die nachweislich an Alkoholkonsum, Unzucht, Ehebruch Diebstahl und Verleumdung beteiligt sind, mit Peitschenhieben bestraft; weil es für die Beibehaltung der Todesstrafe bei Spionage und Bedrohungen der nationalen Sicherheit ist; weil es seit Jahren in den brutalen Krieg gegen den Jemen involviert ist; und weil es immer noch seine Gastarbeiter bedrängt und ausbeutet. Realpolitik ist ein hartes Brot. Ach ja, natürlich erfolgen zudem Verkauf und Lieferung nicht direkt an Deutschland, sondern da muss erst ein US-Unternehmen, Conoco Philips, zwischengeschaltet werden, damit der gütige big brother auch noch ein bisserl was verdient.

Fragliche Zukunft des Energieverbundes

Ob allerdings nach den deutsch-revolutionären Gesten, (Hand vor dem Mund) die unsere Fußball-„Mannschaft“ vor dem Anpfiff zeigte (eine Nationalmannschaft haben wir ja schon lange nicht mehr) oder unsere Bundesinnenministerin (mit trotzigem Blick und mit direkt neben dem Scheich demonstrativ auf nackter Haut bzw. noch demonstrativer etwas später auf dem Jackenärmel getragener #one-love-Binde, die demnächst im Haus der Geschichte zu bewundern sein wird – da passt sie auch hin, alternativ wäre nur noch der Recyclinghof in Erwägung zu ziehen) Katar uns noch lange helfen wird, unsere selbstverschuldete, rasch und stetig wachsende Energienot abzumildern? Ob Qatar Energy nach dem öffentlichen Blamieren Katars in Sachen „Kailigate“ noch zur Aussage des Energieministers und gleichzeitigem CEO von Qatar Energy, Saad Scharida al-Kaabi, steht: „Wir haben gute Beziehungen zu deutschen Unternehmen und zur deutschen Regierung", dürfte doch inzwischen mehr als fraglich sein.

Das Gegenteil ist der Fall: Wegen der „diskriminierenden Behandlung durch das EP“ und den „falschen Anschuldigungen, die unsere Regierung mit Fehlverhalten in Verbindung bringen“ entstehe ein „negativer Effekt auf die regionale und globale Sicherheitszusammenarbeit … sowie auf die derzeitigen Gespräche über die globale Energieknappheit und -Sicherheit“. Im Klartext: katarische Diplomaten drohen inzwischen offen mit Gas-Entzug. Wird die EU nun ähnliche Sanktionsmaßnahmen gegen Katar einleiten wie gegen Russland? Wird „Qatar-Gate“ die Diskussion um die Bargeldobergrenze vorantreiben, weil ja bewiesen wurde, dass das organisierte Verbrechen viel mit Cash arbeitet, weil es was zu verbergen hat: Geldwäsche, Schwarzarbeit, Schmuggel, Steuerflucht und Korruption?

Ausgerechnet Katar

Ausgerechnet Katar, das sich über viele Jahre mühsam ein positives Image zur Fußball-Weltmeisterschaft erarbeitet (oder erkauft) hatte und das kurz davor war, von der Europäischen Union endlich Visa-Erleichterungen und lukrative Landegenehmigungen für Flugzeuge der Qatar Airways auf allen Flughäfen der EU zu erhalten. Damit hätten sich die 10 Mio. Euro ausgezahlt, die Qatar Airways in seine Lobbyarbeit gesteckt hatte (Quelle: EU-Transparenzregister). Dass diese Visa-Entscheidung wenige Tage nach der oben zitierten Sitzung des EP-Innenausschusses im Parlament flugs vertagt wurde, hat wohl eher deklaratorischen Charakter, denn schließlich braucht man in einer fetten Korruptionsaffäre, die mit einer noch fetteren Energiekrise gepaart ist, parlamentarische Handlungsoptionen – oder zumindest „temporäre Überbrückungshilfen“.

Wen interessiert es, wenn in ein, zwei Monaten die Visa-Erleichterungen klammheimlich durchgewunken werden. Der tapfere Spruch der Roten, der Grünen und Linken, dass „es keine Visa-Erleichterungen für Katar geben“ dürfe, „solange keine Klarheit herrscht, inwieweit katarisches Geld geflossen ist“ (Martin Schirdewan, im AFP-Interview, mit interessanter Wortwahl) ist dann längst Makulatur und vergessen. Linksrotgrün erinnert sich ja noch nicht einmal an seine Wahlkampfsprüche vor der Bundestagswahl, wonach keine Kriegswaffen in Kriegs- und Krisengebiete geliefert werden dürfen.

Natürlich: die Zwillinge Lobbyismus und Korruption

Vergessen wird auch, dass in Brüssel Lobbyarbeit, Korruption, Bestechung, Nepotismus und Interessenkonflikte schon immer, recht oft und auch in recht gravierender Form anzutreffen waren und sind. Aus meiner Erinnerung stechen hervor: Die millionenschwere „Imagepflege“ von Aserbaidschan (2008 ff.) oder die britische Korruptions-Industrie aus Rechtsanwälten, Buchhaltern, Immobilienmaklern und PR-Fachleuten, die als strategische Waffe („Reputationswäsche“) und auch zur Beeinflussung von Wahlen und dem Brexit eingesetzt wurde.

Das offizielle Volumen der Lobbyarbeit wird derzeit vom EU-Lobbyregister mit 120 Mio. Euro angegeben. Das ist sicherlich auch nur die Spitze des Geldbergs, der von einer Division Lobbyisten (10.000 bis 30.000) und den dahinterstehenden Unternehmen aufgeschüttet wurde. Von Apple bis Qatar Airways sind fast alle großen, internationalen Unternehmen vertreten. Die Zahl der Lobby-Meetings explodierte 2022 auf 3.266: Täglich wurden fast 10 Meetings mit Politik und Verwaltung abgehalten, in denen von Lobbyisten ohne große parlamentarische Kontrolle Gesetzgebungsvorhaben und politische Trends ohne Rücksicht auf den Wählerwillen vorangetrieben werden.

Rein zufällig

Vor einigen Wochen wies ich auf den 71-Milliarden-Euro-Deal über fünf Millionen „Impf“Dosen hin, der - rein zufällig - ohne die erforderliche Ausschreibung und ohne Beteiligung der vorgesehenen Gremien über einen privaten WhatsApp-Chat zwischen der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (in der Folge „vdL“ genannt) und dem Pfizer-CEO Albert Bourla vereinbart wurde. „Rein zufällig“ wurde dieser Chatverlauf unter Verstoß gegen die Archivierungsregeln der Regierungskorrespondenz gelöscht. „Rein zufällig“ ist dieser Deal schon der zweite, nachdem zuvor schon 1,8 Milliarden Corona-Impfstoff-Dosen im Wert von rund 35 Milliarden Euro unter ähnlichen Bedingungen gekauft worden waren, die bis 2023 zu liefern sind oder waren.

Schon dieser Deal, der vorhandene wirtschaftliche Alternativen vom Markt drängte, erregte den Unmut der Parlamentarier und ließ den Ruf nach der Europäischen Staatsanwaltschaft erklingen. „Rein zufällig“ ist Heiko von der Leyen, der Ehemann der EU-Kommissionspräsidentin, nach Auskunft der Deutschen Wirtschaftsnachrichten genau seit 2020 medizinischer Direktor bei dem amerikanischen biopharmazeutischen Unternehmen Orgenesis Inc., das nach eigenen Aussagen das Potenzial von Zell- und Gentherapien ausschöpfen, mit anderen Worten: sein Glück ebenfalls mit mRNA-Produkten machen will. Vetternwirtschaft/Nepotismus/Lobbyismus? Wenn „die Richtigen“ davon profitieren, scheinen in den EU-Gremien selbst ekelhafte „G’schmäckle“ lecker zu munden. Mal sehen, ob und wie die Ermittlungen der der EU-Betrugsbekämpfungsorganisation OLAF und der Europäischen Staatsanwaltschaft vorangehen und was dabei herauskommt!

Ich bin jedoch desillusioniert: Selbst eine rechtskräftige Verurteilung wegen des fahrlässigen Umgangs mit Steuergeldern (immerhin eine halbe Milliarde Euro) ist auf EU-Ebene nichts Ehrenrühriges mehr, wenn es “die Richtigen“ betrifft, wie das Beispiel der Ernennung von Frau Lagarde zur Chefin der Europäischen Zentralbank belegt. Die verurteilenden Richter in Paris verzichteten 2016 generös auf die Verhängung einer Strafe und begründeten dies mit der „Persönlichkeit“ und dem „internationalen Ansehen“ der Angeklagten, die als französische Finanzministerin 2007 und 2008 mit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen hatte. Immerhin gelangte sie damit 2020 auf Platz 2 der Forbes-Liste „The World’s 100 Most Powerful Women“. Olaf darf hoffen!

Gift für Demokratie und EUropa

Korruption, Geldwäsche, Steuerflucht und Nepotismus sind tödliche Gifte für jede Demokratie, erst recht aber für den europäischen Gedanken, dem ich mich mein halbes Leben verpflichtet fühlte. EP-Präsident Roberta Metsola nannte Qatargate einen "Angriff auf die europäische Demokratie", EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sah, dass das "Vertrauen der Europäer in unsere Institutionen" aufs Spiel gesetzt werde. Hohle Phrasen, denn die überwältigende Mehrheit der Europäer hat die EU-Institutionen längst abgeschrieben, ihre Legitimität spätestens nach der Abservierung des gewählten EU-Kommissionspräsidenten abgesprochen. Die inzwischen eingeläutete, eher zementierte Kultur der Verantwortungs- und Straflosigkeit zeigt, dass diese Gifte zersetzende Wirkungen haben, auch auf das Gewaltenteilungs- und Rechtssystem.

Die Aufblähung des EU-Personals (50.000 Beamte und Angestellte) und EU-Haushalts (2023 um 17 auf insg. 186,6 Mrd. Euro) ist an sich schon eine groteske Entwicklung und nicht nur mit Corona- und Kriegskosten allein zu begründen; Buchungstricks, Umschichtungen und Verschleierungen tun ihr Übriges, das Vertrauen in europapolitische Instanzen zu schmälern. Die zu Tage getretene schamlose Selbstbedienungsmentalität, mit der während einer der größten Energie-, Finanz- und Wirtschaftskrisen der EU fast schon obszön hohen Gehaltssteigerungen bei EU-Beamten, -Parlamentariern und politisch Verantwortlichen (7,9%) wird angesichts der Armuts- und Arbeitslosenstatistiken nur noch angewidert zur Kenntnis genommen.

Dubiose Verträge in Zig-Milliardenhöhe für den Kauf genmanipulativer Stoffe vernichten die Reste jeglicher Autorität und Glaubwürdigkeit, vor allem, wenn in mafiöser Manier mit inzwischen gelöschten Smartphone-Verträgen operiert wurde. Man darf aber sicher sein, dass es irgendwo in der Welt der 4-Eyes Lauscher gab, die die Vertragsverhandlungen transkribierten, um sie in späteren geopolitischen Verhandlungen wertsteigernd „einzulösen“. Vielleicht erklärt dies den bellizistischen, einseitig transatlantischen Aktivismus der EU, namentlich ihrer Kommissionspräsidentin.

Korrupter Schmarotzer?

Oder die planlose Hyperaktivität in Sachen russischer Sanktionspolitik bei gleichzeitig unerklärlich wachsender blinder Solidarität und Sympathie mit einer tiefbraunen Ukraine. Einer Ukraine, dessen Präsident Wolodymyr Selenskyi vor wenigen Jahren und Monaten noch in den deutschen öffentlich-rechtlichen Medien massivster Korruption bezichtigt worden war (eindrucksvoll siehe Georg Restle, Chefredakteur Monitor, WRD, 2014 und die Pandora Papers), jedoch im Februar 2022 sozusagen über Nacht sakrosankt wurde und nun die Welt mit der maßlosen Forderung eines Kriegseintritts der NATO in die apokalyptische Gefahr eines Atomkrieges treibt.

Das Erschreckende sind nicht die Geld- und Waffenforderungen dieser Präsidenten-Puppe, das Erschreckende ist die Appeasement- und Lemminge-Attitüde des größten Teils der europäischen Politikerkaste. Niemand hinterfragt, warum die EU sich an den Leasingkosten für die US-Waffen überhaupt beteiligen müsse, denn schließlich unterstützt die EU die Ukraine bereits mit 9 Mrd. Euro. Niemand moniert die harsche Forderung der US-Regierung, die die EU bedrängt, endlich die monatlichen Leasingraten gemäß dem „Lend and Lease Act 2022“ in Höhe von 3,5 Mrd. USD an Stelle der Ukraine zu überweisen (Financial Times). Niemand kontrolliert die Waffenlieferungen. Niemand kontrolliert die Geldlieferungen, WS wird „unter der Hand“ zum Multi-Multimillionär. Die Ukraine findet sich im Korruptionswahrnehmungsindex 2022 von Transparency auf Rang 122 unter 180 bewerteten Staaten. Ein Wunder, dass wenigstens Donald Trump jr. Anlässlich Selenskyis Besuch in Washington Klartext sprach, als er tweetete, dass WS „grundsätzlich ein undankbarer internationaler Schmarotzer“ sei.

Energiedesaster „unter Freunden“?

Oder die schier wahnhafte Energie- und Klimapolitik bei gleichzeitig verwunderlicher Inaktivität bei der Erforschung der Sprengstoffattentate auf Nordstream I und II, mit denen Europa, insbesondere Deutschland, sich halbwegs dauerhaft von der russischen Energielieferung abschnitt und in ein wirtschaftliches Chaos treiben lies. Verwunderliche Inaktivität? Nein, eher eisernes Schweigen und Geheimniskrämerei der Bundesregierung, selbst auf mehrfache Anfragen aus Politik und Medien.

Wie weit darf und kann die NATO-Mitgliedschaft oder die Third Party Rule der internationalen Geheimdienst-Zusammenarbeit bei der Wahrheitsfindung hinderlich sein? Der sich nun abzeichnende katastrophale Zusammenbruch der Versorgungsketten in der westlichen Welt ist längst kein Menetekel, sondern mit der jüngst erfolgten Ankündigung von BASF, aus energiepolitischen Gründen „dauerhaft“ die Produktionen zu kürzen, massiv Personal abzubauen und die Produktionsstätten ins Ausland (ausgerechnet nach China!) zu verlagern, wirtschaftspolitische Wirklichkeit. War das der Tag, an dem Europa auch wirtschaftlich zu sterben begann?

Der Kriegstreiberei ein Ende setzen!

Mit der bedingungslosen Bindung an bellizistisch-transatlantische Parameter hat sich Europa zunehmend die Möglichkeit genommen, friedensvermittelnd zu wirken - nun auch in der russisch-ukrainische Krise. Die Entscheidungen in diesem Stellvertreterkrieg werden einsam in Washington gefällt, in Berlin brav befolgt und in Paris geteilt. Das war schon so, als Frau vdL deutsche Kriegs- … äh, Verteidigungsministerin war und 2014 die Bundeswehreinheit KSK in die Ukraine zur Befreiung einer höchst dubiosen OSZE-Mission entsenden bzw. 200 Fallschirmjäger im angeblichen Auftrag der OSZE absetzen wollte. Ein Auftrag, der jedoch unverzüglich von der OSZE selbst dementiert worden war.

Ihr Versuch, vor dem (konzertierten?) Hintergrund eines nur vermeintlich friedenssichernden Minsker Abkommens (siehe hierzu die Interview-Bekenntnisse der ex-Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, dass Minsk 2 vor allem Zeit kaufen sollte, um die Ukraine für den Krieg gegen Russland aufrüsten zu können) Deutschland in vorauseilendem transatlantischem Gehorsam in die kriegerischen Auseinandersetzungen hineinzuziehen, ist also durchaus nicht neu. Das kann aber nun in ihrer neuen Position als EU-Kommissionschefin neu befeuert werden.

Der Krieg in der Ukraine, welcher zweifelsohne völkerrechtswidrig durch Russland vom Zaun gebrochen, aber durch die Nato und der EU in mancherlei Hinsicht provoziert oder sonst geförderte wurde, hat wiederum die Aktivitäten der Allianz in Europa bedeutend erhöht. Die Wahrheit ist aber, dass der militärische Expansionismus der Allianz die Kriegswahrscheinlichkeit erhöhte und uns alle nur noch weniger sicher macht. Nachdem schon die Ausbildung ukrainischer Truppen im deutschen Grafenwörth vor Monaten von den wissenschaftlichen Diensten des Bundestages als „Kriegseintritt“ analysiert und beschrieben worden war, bringen uns nun die Lieferung von schwerem Kriegsgerät (40 von insgesamt vorhandenen 370 deutschen Schützenpanzer „Marder“ und ein Raketenabwehrsystem „Patriot“) noch näher ans europäische Schlachtfeld. Die Stellungnahme der Botschaft der Russischen Föderation vom 05.01.2023, dass „Die Entscheidung Berlins, schwere Waffen an das Kiewer Regime zu liefern, die deutsch-russischen Beziehungen gravierend beeinträchtigen (wird)“, darf getrost als offene Drohung verstanden werden. Vielleicht war dies der Tag, an dem die EU auch militärisch zu sterben begann? 

Uwe G. Kranz ist 
ex-LKA-Präsident Thüringen, 
ex-Nationaler Experte bei Europol, 
Ltd. Ministerialrat a.D.,
Independent Security Consultant

Dieser Artikel ist zuerst erschienen auf Ansage.org 

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