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Paraphysik und Gottesbild

Von Hans-Jörg Müllenmeister

In der Tragödie Goethes quält sich Faust um den „Anfang der Welt“ zu definieren. Inbrünstig fragt er: „Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft? Es sollte stehen: Im Anfang war die Kraft“.

Dem Pantheisten Faust kann ich im Grunde nur zustimmen. Bisher habe ich mir mein Gottesbild so bedacht, dass weder Masse noch Zeit als physikalische Größen für das allmächtige Über uns eine Rolle spielen. Dazu habe ich die Lichtgeschwindigkeit als Naturkonstante ignoriert und sie hypothetisch gegen Unendlich gehen lassen, damit Gott ohne Zeitverlust überall gleichzeitig im Universum wirken kann. Immerhin könnte Gott als der Naturgesetzgeber eine „Ausnahme“ für sich bei einzelnen selbst festgelegten Naturkonstanten machen. Mein Konstrukt der Überlichtgeschwindigkeit ist indes in der Tat nicht vonnöten, wenn dieses göttliche, massefreie Wesen bereits vor Ort an jedem Punkt des Universums zu jeder Zeit präsent ist. Wie wäre das aber denkbar?

Der Schöpfergeist ohne das Joch der Zeit

Inzwischen erkläre ich mir den grandiosen Schöpfer nicht als ein anthropomorphes Superwesen, sondern als eine Art von Hyperenergie-Zentrum, das allen Schöpfungsakten im Universum eine Existenz, eine Basis mitgegeben hat, nämlich die Zeit, in der alle Ereignisse ablaufen.

Ja, es ist verblüffend, aber der Schöpfergeist selbst unterliegt wohl keinem Zeitdogma, denn „er“ selbst ist auch frei von irgend einer vergänglichen Masse. Seine göttlichen, genialen Erfindungen von Zeit, Masse und Raum ist die Bühne, auf der sämtliche physikalische und chemische Ereignisse im Universum ablaufen. Und das streng nach seinen Gesetzen. Würde nämlich der Schöpfer selbst von Zeit, Raum und Masse geprägt und begrenzt sein, stünde er nicht über seinen Schöpfungsakten. Gäbe es keine Zeit, würde es zu keinem physikalischen Ereignis kommen - weder im Kosmos noch im Mikrokosmos. In letzter Konsequenz gäbe es kein Leben im ganzen Universum.

Alle Naturgesetze, auch sämtliche auf das Feinste abgestimmte Naturkonstanten beruhen darauf, dass sie samt und sonder über der Zeit stattfinden. Ohne Zeit gäbe es keine Naturgesetze. Sie würden sich erst gar nicht entwickeln.

Wir machen es uns schwer, denn vielfach erklären wir Gott als unendlich. „Unendlich“ ist das Synonym für über alle denkbaren Maße. Wir begrenzten Lebewesen müssen von unsere Zeitvorstellung abrücken. Für Gott selbst läuft keine Zeit ab. Für ihn gibt es weder eine Nullzeit noch eine Unendlichkeit. Als Mensch kann man nur sagen: Der Schöpfer ist allgegenwärtig, und das zu jedem beliebigen Zeitpunkt: von Null bis unendlich. In seinem Reich existiert nicht „die“ Lichtgeschwindigkeit. Diese begrenzte Naturkonstante hat er in seiner Schöpfung als „das Schnellste“ eingeführt.

Stammen die vier Elementarkräfte aus einer göttlichen Urkraft?

In unserem Universum wirken vier Elementarkräfte: Die starke Kernkraft, die schwache Kernkraft, die elektromagnetische Kraft und die Gravitation. Übrigens ist diese Gravitationskraft die schwächste all dieser Elementarkräfte. Sie und der Elektromagnetismus wirken bis ins Unendliche. Dies im krassen Gegensatz zur starken und schwachen Kernkraft, die nur im subatomaren Bereich ihre Macht ausspielt. Die hartnäckige Vorstellung, dass all diese Kräfte aus einer einzigen göttlichen Urkraft hervorgingen, will man durch eine einzige mathematische „Weltformel“ erfassen. Selbst wenn man diesen letzten „Stein der Weisen“ irgendwann fände, verkleinert sich mit dieser Erkenntnis nicht im Geringsten der Abstand zur Gottesfindung. Wir rücken damit Gott keinen Deut näher. Gottes Natur und sein Wirken ist für uns Menschen nie aufzudecken. Dafür ist unsere Gehirnleistung viel zu mickrig.

Und da gibt es noch einen wissenschaftlichen Irrglaube: Die Hypothese vom Urknall soll den Zeitpunkt Null definieren - also vor etwa 13,82 Milliarden Jahren - als unser Universum entstand. Wie gewagt ist das? Dann hätte es vor dem fiktiven Urknall „noch“ keinen wirkenden Gott gegeben. Und wenn doch, wäre er bis zum Urknall ein Müßiggänger, despektierlich gesagt, ein wahrer Faulpelz gewesen. Erinnern Sie sich an meine Zeit-Hypothese: Gott unterliegt nicht dem Joch der Zeit - wohl aber seine Geschöpfe - denn er war und ist einfach jederzeit allgegenwärtig.

Kraftfelder und Gedankenübertragung

Für drei der fundamentalen Grundkräfte des Universums (der starken und der schwachen Kernkraft sowie der elektromagnetischen Kraft) kann man Überträger-Teilchen nachweisen. Diese sogenannte Eichbosonen vermitteln die Grundkräfte. Verblüffend, die rätselhafte Gravitation ist im Reich der kleinsten Teilchen 10 hoch minus 38 mal schwächer als der Elektromagnetismus. Für diese vierte Fundamentalkraft, die Gravitation, hat man bisher noch kein Überträger-Teilchen nachgewiesen - das unbekannte „Kraftpaket“ nennt man Graviton.

Warum soll es mit Gottes Wirken nicht noch weitere unerschlossene Kraftfelder geben, diese mit noch unentdeckten Überträger-Teilchen? Sogar im menschlichen Bereich. Denken Sie z.B. an die Gedanken- und Empfindungsübertragung, die Telekinese (auch Psychokinese genannt), die sogar bei Tieren durch Forschungsarbeiten belegt sind. In einem russischen Experiment wurden z.B. die Katzenkinder mißhandelt, während die Katzenmutter, abgetaucht in einem U-Boot, zeitgleich zur Tortur qualvolle, sichtbare Mutterängste ausstand. Bei diesem Experiment war eine Übertragung über Funkwellen unmöglich. Selbst eine Gedankenübertragung über mehrere tausend Kilometer zwischen Menschen (Gedankensender- und Empfänger) funktionierte. Dabei saß der menschliche Empfänger in einem vollkommen abgeschirmten Bunker (Faraday-Käfig). Dieser verhindert das Eindringen jeder elektromagnetischen Strahlung. Fazit: Offensichtlich gibt es unbekannte Kraftfelder, deren Überträger-Teilchen im Verborgenen wirken, die eben nicht auf elektromagnetischer Strahlung beruhen. 

Ist ein Urkraftfeld der Schöpfungsliebe denkbar? 

Alle Elementarkräfte aus Gottes Hand haben ein physikalisches Naturell. Daraus abzuleiten, Gott sei bloß so etwas wie ein Hochgenie der Physik und Mathematik, wäre zu einfach ausgedacht. Offensichtlich vermissen wir in unserem Gottesbild eine starke, wärmende Gefühlskomponente, die ins Geschehen der Schöpfung einfließt: das ureigene Kraftfeld der Liebe Gottes. Es erschafft das Leben und gibt es weiter. Nichts Lebendiges könnte ohne die Liebe Gottes entstehen. Wir selbst sind nicht einmal im Entferntesten in der Lage, einen einzigen lebendigen Grashalm zu erschaffen, selbst wenn wir alle dazu gebotenen Elemente des Periodischen System im richtigen Mengenverhältnis geboten bekämen und mit viel Liebe ans Werk gingen. Wir Menschen vergnügen uns zwar mit der „abgemagerten“ Variante der Liebe, wohlwissend, dass auch reine Liebe riesige geistige und körperliche Kräfte freisetzen kann. Selbst im Tierreich (Mutterliebe) gibt es dafür verblüffende Beispiele.

Kann Energie aus dem Nichts entstehen?

Im Kosmos der ehernen physikalischen Gesetze (Thermodynamik) kann Energie weder erzeugt noch vernichtet werden. Sie lässt sich nur von einer Form in eine andere umwandeln, und das immer mit Verlust bei jeder Umwandlung. Dabei bleibt zwar die Menge der Energie in einem abgeschlossenen System konstant. Aber es gibt nur einen Urquell, an dem Energie beliebig über alle Maße existieren kann, da wo die elementaren Kraftfelder ihren Ursprung haben: bei Gott selbst.

Schlüssel der Gottesexistenz: unsere DNA

Betrachten wir einmal „zum Anwärmen“ einen fundamentalen Schöpfungsakt: Den genialen Speicher aller Erbinformationen, unsere DNA. Dieses Mikro-Gebilde benötigen wir zur Entwicklung, Funktion und Reproduktion unseres Lebens: Ein schier unglaublicher Informationsspeicher für unseren gesamten Lebensbauplan, eine biologische Gebrauchsanweisung, die jede unserer Zellen mitführt.

Vorab eine ehrfürchtige Würdigung unserer DNA

Die Erbsubstanz befindet sich im Zellkern aller menschlichen Zellen (Ausnahme: die roten Blutkörperchen). Sie besteht aus einer Kette von vielen Nukleotiden, die eine schraubenförmige Doppelhelix bilden. All das ist in der Masse einer menschlichen DNA vereint. Wie schwer ist dieses Mikrogebilde? Nur ungefähr 3 Pico-Gramm pro Zelle, eine 3 mit 12 Vorkomma-Stellen. Pro Zelle haben wir eine etwa 2 m lange DNA. Bei rund 10 hoch 13 Zellen im menschlichen Körper, kommen wir auf eine Gesamtlänge von 2 x 10 hoch 10 km. Verblüffend, denn das ist etwa 130 mal der Abstand zwischen Erde und Sonne.

Die DNA, ein Verpackungsgenie

Könnte man die DNA einer unserer Zellen in der Länge ausbreiten, ergäbe sich, wie oben gesagt, ein rund zwei Meter langer Molekül-Strang, der normalerweise lose-klumpig verknäuelt im Zellkern liegt. Vor jeder Zellteilung jedoch bringt sich das Erbgut in seine kompakte „Transportform“: ein fundamentaler Prozess der Genetik. Nur so kann das Erbgut korrekt auf die Tochterzellen aufgeteilt werden. Dabei agiert jede Zelle bei der Zellteilung als genialer Verpackungskünstler. Dafür legt sich die DNA erst in immer kleinere, sich überlagernde Schlaufen. Darauf drehen „Protein-Motoren“ diesen verdickten Strang zu einer spiraligen Wendeltreppe: Das göttliche „Drehbuch“ des Packprozesses nimmt seinen Lauf. Doch wie genau die Zellen den Übergang von der lose verknäuelten DNA zu den kompakten Chromosomen in wenigen Minuten erreichen – und das ohne Fehler, Knoten oder Schäden der DNA – bleibt wohl Gottes Geheimnis. Und wo bleibt da Gott? Gemach, gemach, der kommt noch.

Oder bedenken Sie, dass in einem winzigen Orchideen-Samen von nur wenigen Milligramm die komplette Information der ganzen Farb- und Gestaltungspracht der Orchidee steckt. Oder betrachten Sie die winzigen Geißeln, die effektiven Biomotoren der E.coli Bakterie mit einer Masse von nur 2 x 10 hoch Minus 12 Gramm, die sich bis zu 250 mal pro Sekunde drehen. Dafür muss wahrscheinlich eine bestimmte Anzahl an Protonen als Antriebsenergie durch den elektrochemischen Motorwinzling wandern.

Information ist der Schlüssel zum Verständnis des Gottesbildes

All diese Beispiele aus dem Mikrokosmos zeigen uns eins: Ursächlich muss dazu eine Information vorliegen, die eine Handlung auslöst. Information ist keinesfalls Bestandteil der Materie, denn sie ist masselos! Information ist, ohne tief in die Informationstheorie einzudringen, weder Materie noch Energie, sie ist eine pure geistige Größe. Und Leben kann nur aus Leben entstehen; es funktioniert strikt nach Naturgesetzen.

Dahinter steckt eben nur ein Urheber, der Gesetzgeber, nämlich Gott selbst. Niemand von uns Erdlingen kann die Naturgesetze außer Kraft setzten. Diese Naturgesetze widersprechen sich nicht, kennen keine Ausnahmen, sie sind unverändert im ganzen Universum über Zeit und Raum gültig. Vor allem entstehen Naturgesetze nicht aus irgend welchen Zufallsprozessen. Um aber eine Information von einem Ort A zu einem Ort B zu übertragen, bedarf es eines geistigen Urhebers, einem intelligenten Sender, der Kraft seines Willens seine Information gezielt über ein Codesystem absetzt. Um diese Nachricht zu verstehen, muss auf der Empfangsseite das Codesystem bekannt sein. Denken Sie wieder an das DNA-Molekül. Es gibt wohl kaum einen Informationsspeicher, der eine so gewaltige Informationsdichte zulässt wie dieses Urwunder der Natur. Dagegen sind unsere digitalen Speichermedien bloß „blutleere“ Informationsträger.

Gott ist überall wo Leben existiert

Jetzt wird auch klar, dass ein DNA-Molekül von einem höchstintelligenten Sender angesteuert wird und die einzelne Körperzelle die Information kennen muss. Mehr noch, dieser alleinige Urheber muss allwissend und ewig sein, er muss keine materiellen Komponenten haben. So komme ich auf die Idee, dass Gott nicht irgendwo da draußen punktuell im Universum thront, sondern im gesamten Kosmos ständig vor Ort verbreitet ist, eben da wo er Leben „installiert“ und betreut. Nicht etwa nur das irdische Leben, das wäre zu einschichtig und zu langweilig für einen höchst intelligenten Welten-Erbauer. Vielleicht hat er sich irgendwo im Lichtjahre-weiten Kosmos längst einen neuen Versuchsaufbau für eine bessere Menschheit ausgedacht, und zwar willensgesteuerte aber friedvolle Wesen, ohne einen ausgeprägten Hang zum Materialismus.

Das göttliche Informationsnetz

Auf meiner Suche nach Gott als „masselose Gottesstruktur“, stoße ich im Universum auf bekannte Filamentbündel als Metapher: die klusterhafte, fadenförmige Ansammlung von Galaxien. So ähnlich stelle ich mir das göttliche nicht-materielle Informationsmeer vor: Eine Art waberndes Fadennetz aus Information, ausgesponnen über das gesamte Gottesreich. So eine Fadenstruktur kennen wir auch in der Theoretischen Physik. Danach bestehen die Grundbausteine der Natur nicht aus Atomen (von wegen átomos „unteilbar“), sondern aus schwingenden Fäden, den sogenannten Strings, ausgedehnt in einer zehndimensionalen Raumzeit. Viel zu absurd, als dass wir uns das vorstellen können.

Eigentlich ist dieses masselose, zeitlose physikalische Gottesmodell logisch nicht zu widerlegen, also in sich schlüssig. Und doch hat ein jeder seine eigene Gottesvorstellung – sie sei jedem unbenommen. Gottesleugner tun sich da schwer. Dazu gehörte auch der Astrophysiker Stephen Hawking. Schließlich muss das Leben im Universum irgend einen „Verursacher“ haben. Leben ist kein Zufall, es ist gottgegeben. Wer Gott leugnet, der ignoriert sein eigenes Leben.

Das vermeintliche Umfeld Gottes

Im Gegensatz zu einem pantheistischen Weltbild (der gesamte Kosmos ist göttlich), neigen viele Mensch u.a. dazu, sich Gott als Oberhaupt eines Familienverbandes vorzustellen. Aber allein seine Einzigartigkeit schließt das aus. Zudem haben wir ja hier postuliert, dass es keinen Gott aus Fleisch und Blut wegen seiner Masselosigkeit geben kann. Auch eine Entourage von Engeln als himmlische Heerschar wäre absurd. Bliebe noch die Vision von einem Gott mit menschlichen Zügen, der sich irgendwann am Himmel mahnend zeigt. Zumindest würde diese Erscheinung vielen Menschen wieder Respekt vor dem Schöpfer einflößen.

Das Wesentliche, was uns die Schöpfung schenkt, ist nicht nur die pure Information „Leben“, denn Gott ist bestimmt auch der Urquell der Liebe. Diese ist auch eine der charakteristischen nicht-materiellen Gottes-Qualitäten, die sich über sein intelligentes Informationsnetz verbreiten. Die Frage ist, ob eine inzwischen unsensible, verkommene Spezies Mensch dafür noch eine Empfangsantenne hat. Vielleicht sollten wir uns dieser Gottes-Qualität demütig bewusst sein und unser Leben danach ausrichten. Fern unserer Tage könnten wir Menschen sogar so werden, wie es selbst der Satansbraten Mephisto im Faust bewundert zu Gottes Wirken ausruft:

Natürlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
Und dann am Ende Bravo sagt,
Dann muss es was Gescheites werden.“

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