Zum Teufel mit den Kriegsrhetorikern und Scharfmachern
Von Hubert von Brunn
Hundert Jahre nach Ausbruch des 1. Weltkriegs vollführt die Welt wieder einmal einen Tanz auf dem Vulkan. Damals führte der durch das Attentat von Sarajevo verursachte Tod von zwei Menschen zu einer über vier Jahre tobenden Völkerschlacht und den Tod von 20 Millionen Menschen. Aber damit nicht genug. Genau 25 Jahre später waren es diplomatische Intrigen und politische Verwirrspiele in der Folge von Sarajevo, die den 2. Weltkrieg auslösten. Ergebnis: Ganz Europa ein Trümmerhaufen und über 50 Millionen Tote. Der Abschuss von MH 017 über der Ostukraine im Juli dieses Jahres forderte 298 Opfer – 298 „Argumente“ mehr für einen 3. Weltkrieg?
Nein, nein und nochmals nein! Entschieden und leidenschaftlich muss ich an alle Kriegsrhetoriker und Scharfmacher insbesondere in den USA und in der NATO appellieren, sich daran zu erinnern, welch unsägliches Leid diese beiden Kriege über die Menschheit gebracht haben. Gerade in diesem Gedenkjahr 2014 wurden und werden wir in den Medien mit Bildern und Berichten überhäuft, die von diesen grausamen Gemetzeln erzählen. Haben Herr Rasmussen und all die anderen Scharfmacher im Westen das alles nicht zur Kenntnis genommen? Habt Ihr geschlafen? Oder seid Ihr so dumm und so vermessen zu denken, Ihr könntet mit Euren Nuklearwaffen zu Lande, zu Wasser und in der Luft die Konflikte dieser Welt mit einem Schlag zufriedenstellend lösen? Mit einem Schlag – gewiss! Zufriedenstellend – ganz gewiss nicht! Denn bedenkt: diese Nummer wird Euch völlig entgleiten und am Ende werdet Ihr selbst mit ins Gras beißen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Der 3. Weltkrieg löst alle Probleme: Bingo!
WK 1 hat schon alles in den Schatten gestellt, was man bis dahin an Kriegsführung kannte: Materialschlacht, Stellungskrieg, Dicke Berta, Giftgas, Flammenwerfer, Panzerfahrzeuge, Fliegerangriffe… 25 Jahre später sah die Sache dann noch ganz anders aus: viel schnellere und leistungsfähigere Panzer und Flugzeuge, U-Boote, die tagelang unter Wasser bleiben konnten, riesige Panzerschiffe, V2 – und am Ende zwei Atombomben über Nagasaki und Hiroshima. Und wie würde sich das heute darstellen? Das nukleare Waffenarsenal auf der Erde ist so gigantisch, dass es unseren Planeten und alles, was darauf kreucht und fleucht, mühelos ins Nirwana befördern könnte. Eine Seite wird nervös, meint, die Muskeln spielen lassen zu müssen und schickt den ersten Atompilz in den Himmel. Das lässt sich die andere Seite nicht gefallen und legt nach, usw., usw. Das war’s! Dann muss man sich um IS, al-Qaida, Treibhauseffekt, Ozonloch, Aids, Eboli-Virus, Staatsverschuldung und kalte Progression keine Gedanken mehr machen. Dann ist schlicht und ergreifend Bingo!
Ein klares Nein zur Achse der „Willigen“
Wollen wir das? – Ich will es nicht und bin sicher, die absolute Mehrheit der Menschheit will es auch nicht. Wir alle wollen leben, in Frieden, Freiheit und Wohlstand. Dafür lohnt es sich zu kämpfen und wir, die Reichen, müssen auch bereit sein, ein Stück abzugeben für die Armen auf dieser Welt. Das sind Konflikte und Probleme, die sich, wenn alle Wohlmeinenden zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen, auch lösen lassen. Aber ich warne davor, sich in die von Präsident Obama geforderten Achse der „Willigen“ einzureihen. Das kann nur böse enden. Ich denke, es ist an der Zeit, dass sich Europa, das den Amerikanern an historischer Erfahrung um ein paar tausend Jahre voraus ist, endlich seiner vielfältigen Kultur, seiner bewegten Geschichte und seiner philosophischen Überlegenheit besinnt und nicht mehr länger jeden Unsinn mitmacht, der von jenseits des Atlantiks zu uns herüberschwappt. Europa ist wirtschaftlich – und das ist die Macht, um die es heute wirklich geht – so stark, dass es sich von Amerika nicht einschüchtern lassen muss.
Europa hat seine Lektion gelernt – die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich oder Deutschland und Polen sind beredtes Beispiel dafür. Was das bedeutet, können Amerikaner überhaupt nicht nachvollziehen. Dafür sind sie viel zu ignorant, was europäische Geschichte anlangt – das gilt auch für Mr. President Obama. Europa ist stark, Europa ist vereint und Europa, das zwei fürchterliche Kriege aushalten musste, hat keine Veranlassung, sich in einen 3. Weltkrieg hineinziehen zu lassen. Das muss Europa den USA unmissverständlich klar machen.
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