Befürworter einer „totalen Migration“ und Schlepper sind Teile eines Systems
Von Mechthild Schwarz
Als am vergangenen Samstag (05. 09. 2015) eine Gruppe Migranten am Münchner Hauptbahnhof eintraf, stand die „refugees welcome“-Fraktion schon bereit, um sich an einer Art „Multikultiporno“ zu ergötzen. Völlig unvermittelt konnten sie die Ankömmlinge endlich in Close-up-Einstellung begaffen, beklatschen und mit auf Regenschirme gestrichelte „welcome‘s“ ermuntern.
Dem nüchternen Beobachter kam dieser euphorische Voyeurismus angesichts von Menschenmassen, die ihre Heimat angenommener Weise ja wegen Totalzerstörung verlassen müssen, geradezu unheimlich vor. Hier stand eine – in aller Wahrscheinlichkeit kurzfristig herbeigekarrte – Kolonne von „Welcomers“, die sich mit leuchtenden Augen an etwas aufgeilten, dem Tod und Untergang vorausgingen, sich jener ohnehin schon gebeutelter Menschen gleichsam als Projektionsfläche bedienten für ihr romantisch-verlogenes, nach außen gekehrtes Selbstmitleid.
Psychogramm des „Gutmenschen“
In den Bann gezogen von diesem Mix aus Schaulust und Helferkomplex kam mir für einen Augenblick Ernst Jüngers In Stahlgewittern. Aus dem Tagebuch eines Stoßtruppführers in den Sinn. Dort das Sich-Berauschen am eigenen, erlebten Kriegsmassaker, hier, in München, der Kick angesichts Fremden widerfahrenen Schicksals; dort Frontsoldaten im Vernichtungskrieg, hier eine zivilisationsmüde Resterampe von Befürwortern einer „totalen Migration“, die an der Katastrophe Anderer gleichsam emotional vampiriert, wenngleich ohne sich dessen gewahr zu sein. Und so würde Ernst Jünger doch Unrecht getan, setzte man dessen Reflexionsfähigkeit ins Verhältnis zum Selbstanalysepotential jener Zeitgenossen, die sich an besagtem Septembersamstag an der Absperrung an der Bahnhofnordseite frühzeitig die besten Plätzen mit Sicht auf Flüchtlinge gesichert hatten.
Fassen wir den Gutmenschen so: Es handelt sich in überwiegender Mehrheit um eine moralisch abgewirtschaftete, von der eigenen Sinnlosigkeit zermürbte Schein-Existenz, die sich nur noch in der eingebildeten Emphase für das möglichst harte Schicksal möglichst fremder und möglichst unterprivilegierter Menschengruppen spürt. So wie sich eine betrunkene Männergruppe durch lautstarkes Grölen ihrer selbst versichert, also mit Intensität in Erscheinung tritt, macht sich der totale Migrationsbefürworter vornehmlich mit Maximalpostulaten bemerkbar, die er, im Wissen, dass Andere die Konsequenzen tragen müssen, mit talibanhaftem Fanatismus an die Umwelt heranträgt.
Migrationsströme als Massenvernichtungswaffe
Der totale Migrationsbefürworter spielt innerhalb des Systems der organisierten Flüchtlingsströme eine wesentliche Rolle. Ohne ihn gäbe es weniger Migranten und damit weniger Tote. Ohne seine „Welcome“ +150 € / Monat-Message, die in den letzten Winkel der Welt verkündet wird, würden sich weniger Menschen auf eine Reise begeben, die für viele tödlich endet. Die Menschenschlepper ihrerseits können sich auf die totalen Migrationsbefürworter verlassen, denn die konstante Aufnahmebereitschaft Deutschlands ermöglicht einen konstanten Strom von Migranten. Bildhaft stelle man sich einen Menschen vor, der einem anderen mit der rechten Faust (unsere Regierung) ins Gesicht schlägt und mit der linken Hand (Migrationsbefürworter) ein Almosen hinhält.
Wer so gefühlsduselig anti-logisch auf Menschenmassen abfährt, die einem die Zeitläufte bescheren, und echtes Mitgefühl mit einem Bedürfnis, sich kollektiv einzuweinen verwechselt, prädestiniert sich zum nützlichen Idioten eines kalkulierten Systems, in dem Migrationsströme als Massenvernichtungswaffen eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich nicht um die krude Theorie eines Internet-Bloggers, sondern um das akademisch gesiegelte Werk der Politik-Professorin Kelly M. Greenhill mit dem Titel „Weapons of Mass Migration: Forced Displacement, Coercion and Foreign Policy“, siehe hier, und zu welchem die FAZ im Jahr 2011 unvorsichtigerweise eine positive Rezension verfasst hat. Dem SPD-Ortsverein Rottenburg gelang es erst vor wenigen Tagen, eine Woge öffentlichen Fremdschämens auszulösen beim Versuch, einem Autor die Erwähnung dieses Buches zu verbieten. Wer wollte sich, wenn nicht die SPD, mit einer solchen Exzellenzleistung in punkto Meinungsfreiheit profilieren, denkt man am Ende dann bei sich selbst.
Deutschland im Rausch bedingungsloser Xenophilie?
Die Totalmigrations-Bewegung in Deutschland hat sich dem Slogan „refugees welcome“ verschrieben. Englisch hat sich also nach Euromaidan (oder dem ebenfalls vom US State Department gesponserten Studentenaufruhr von Hongkong) nun auch in Deutschland als lingua franca für den Schrei nach Freiheit, Menschenrechte und Nächstenliebe etabliert.
Auffällig ist, wie konsequent vom Gebrauch der deutschen Sprache Abstand genommen wird. Warum? Sollen die Einreisenden nicht auch noch mit Deutsch belästigt werden? – Möglich. Soll verhindert werden, dass Deutsch nach 70 Jahren Nazi-Image international wieder als Sprache des Humanismus (wenngleich in der kindischst-möglichen Ausprägung eines Gutmenschen) wahrgenommen wird? – Könnte sein. Auszuschließen ist, dass mit der Wahl der Sprache ein Hinweis auf die transatlantischen Verursacher des Menschenstroms – die USA – einhergeht.
Sicher ist: Es handelt es sich beim Welcome-Ritus um infantile Nachäfferei eines Verhaltensrepertoires, dem sich inzwischen eine partei- und medienübergreifende Koalition von Migrationsapologeten verschrieben hat. In permanenter Wiederholung und bei geeigneter medialer Verstärkung – kurz mit den Methoden moderner Massenkommunikation – lässt sich damit der Eindruck erzeugen, ganz Deutschland befinde sich in einem Rausch bedingungsloser Xenophilie.
Wie die Bevölkerung bei diesem gefährlichen Spiel tatsächlich eingestimmt ist, ob sie es in Mehrheit toleriert oder gar befürwortet, lediglich apathisch hinnimmt oder ihm kritisch gegenübersteht, und wie sich diese Gruppen jeweils aufteilen oder über die Zeit entwickeln, wissen wir nicht. Die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse von Meinungsumfragen schätze ich im Übrigen ähnlich belastbar ein, wie die Erklärung zur Umweltverträglichkeit von Glyphosat auf einem Monsanto-Beipackzettel.
Dostojewskis „Dämonen“ lassen grüßen
Was macht den Gutmensch nun notorisch? Er ist elementarer Bestandteil der Asylindustrie. Er hilft, die Bevölkerung in eine falsche Zweiteilung zu drängen in der aufgeladene Emotionalität mit „Menschlichkeit“ gleichgesetzt und Widerrede als „unmenschlich“ bis rechtsradikal diffamiert wird. Wie selbstverständlich nimmt der engagierte „Alle-aufnehmen“-Befürworter von den Medien hysterisch gepusht den moralischen „high ground“ ein. Einer analytischen Schwäche der Deutschen ist wohl zu verdanken, dass sie auf diese Tour immer wieder reinfallen und ideologisch aufgeputschtes Rumheulen von Claudia Roth-Typen nicht als das entlarven, was es ist: Eine moralistisch verbrämte Zynismus-Narzissmus-Ego-Show, ähnlich wie von Dostojewski in den „Dämonen“ beschrieben, und die auch den größten politischen Rohrkrepierer der Nachkriegsgeschichte, Joseph Fischer, treffend charakterisiert.
Ohne den Gutmensch fehlte auch das Bildmaterial, welches sich medial zu „Mehrheit der Bevölkerung“ hochstilisieren lässt und der eigentlichen Mehrheit den Raum erlaubten Denkens und Agierens weist. Der Gutmensch trägt also wesentlichen Anteil daran, dass die Ursachen der Migration nicht beleuchtet werden, indem Sendezeit und Aufnahmekapazität mit Schreckensberichten, Dauer-Appellen an die Hilfsbereitschaft und der Vorführung und Anprangern von Häretikern (wie den Bürgern von Heidenau) verwendet wird.
Kriegsverbrecher müssen benannt und belangt werden
Lassen wir uns von der perfiden Strategie nicht kirre machen. Weder Frau Merkel noch die Leitmedien noch die Gutmenschen – ich schlage für diese Gruppe von Zündlern den Begriff „Totale Migrationsbefürworter“ vor – haben die Entwicklungen, die zur jetzigen Krise führten, auch nur ansatzweise mit der Energie kritisiert, mit der sie nun für Bereitschaft zu Aufnahme derjenigen werben, deren Heimat im Zuge geopolitischer Zerstörungspolitik unbewohnbar gemacht wurde und wird. Am Entstehen, Wachsen und Bestehen des IS haben Quatar, die USA und die Türkei in jeweils unterschiedlicher Ausprägung maßgeblichen Anteil. Deutschland unterstützt die Politik dieser Länder, anstatt dafür zu plädieren, dass deren Regierungen nach dem Völkerrecht als Kriegsverbrecher belangt werden. Das klingt unrealistisch-fordernd, gewiss, aber wer täglich mit Wortbombast um sich haut wie unsere Kanzlerin, läuft Gefahr, dass ihre Untertanen dann „Betroffenheit“, „Menschlichkeit“, „Courage“ und „Einstehen für Werte“ konkret und mit eben dieser Deutlichkeit von ihr einfordern.
Kollektives Versagen der Leitmedien
Was die mediale Heimatfrontfront betrifft, haben wir es hier erneut mit der aus der Ukraine-Krise wohlbekannten, parteiübergreifenden Einheitsmeinung zu tun – dieses Mal in Form humanitärer Vorgaben von den Zynikern in den Redaktionsbüros von Spiegel, Zeit und Axel Springer. War vormals die Ansage, sich bedingungslos auf die Seite der USA, des IWF und der ukrainischen Oligarchen zu schlagen und die USA als spiritus rectrix zehntausender Tote aus der Diskussion auszuklammern, lautet die Losung jetzt analog, den maßgeblichen Beitrag unseres transatlantischen Bündnispartners zur Migrationskatastrophe als Konsequenz des unvermeidlichen Kampfs gegen die Assad-Diktatur weg- und zu verklären.
Spiegel Online tut sich – ganz seinem Karma als Endlagerstätte für Taz-Praktikanten mit entsprechender Gratisgesinnung verbunden – auch hier wieder besonders hervor. Hoffen die Macher, durch besonders aggressives Ausschlachten des Flüchtlingsdramas Pluspunkte beim wegen des Desasters in der Ukraine-Berichterstattung vergrämten Massenpublikum zu sammeln oder gar ganz um dessen Aufarbeitung herumzukommen? Seine Seele rettet das Medium sowieso nicht mehr. Nicht ohne Grund wird der amerikanische Philosoph Paul K. Feyerabend den Spiegel als „Stürmer der Liberalen“ bezeichnet haben. Für den Rest der Systemmedien gilt aber dasselbe.