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Der Tod im Mittelmeer und die Verantwortung Europas

Von Peter Haisenko 

Wer sich auf einem ungeeigneten Boot auf hohe See begibt, weiß, dass er sich in Lebensgefahr bringt. Kann er aber damit rechnen im Notfall Hilfe zu bekommen, wird das Risiko relativiert, unterschätzt. Wir müssen folglich zwei wesentliche Aspekte beleuchten, wenn es um die Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer geht. Zum einen ist da offensichtliche Not, die zu gefährlichen Aktionen treibt. Zum anderen ist der Weg über das Meer nicht der einzig mögliche. Warum wagen so viele Flüchtlinge speziell aus Libyen den Weg übers Wasser nach Europa? Weil es „alternativlos“ ist? Sicher nicht.

Beim Militär sind die Strategien eindeutig: Um Soldaten zu gefährlichen Einsätzen zu motivieren, muss das Versprechen gegeben werden, sie im Fall einer Verwundung bestmöglich zu versorgen. Ebenso wichtig ist die Regel, keiner wird zurückgelassen – lebendig oder tot. Auch so mancher Bergsteiger würde eine gefährliche Tour absagen, wenn er sich nicht auf die Bergrettung verlassen könnte. Allgemein gilt, dass die Aussicht auf Rettung aus gefährlichen Situationen Menschen risikobereiter macht.

Gaddafis Libyen war ein Traumziel für viele Afrikaner

Bevor die USA und die „Koalition der Willigen“ Libyen ins Chaos gebombt haben, war der Öl-Staat das Ziel für viele Gastarbeiter aus südlicheren Teilen Afrikas. Sie fanden dort Arbeit, ein gutes Einkommen, kostenlose Bildung für ihre Kinder und ein Rechtssystem, das dem in ihren Herkunftsländern meist überlegen war. Libyen war das Traumziel für viele Afrikaner, unter anderem deshalb, weil das Klima dem in ihrer Heimat ähnlich ist. Das ist vorbei. Jetzt herrscht Willkür, Mord und auch das Bildungssystem ist praktisch nicht mehr existent. Arbeit? Kaum! Hier kann man nicht bleiben. Aber wohin?

Da gäbe es als erste Möglichkeit den Weg zurück in die Heimat. Der ist zwar beschwerlich, aber mit dem neuerworbenen Wissen und Fähigkeiten dürfte die Chance auf ein besseres Leben in der Heimat durchaus gegeben sein. Die Wanderarbeiter, die den Weg nach Libyen gegangen sind, waren in der Regel nicht politisch oder religiös verfolgt. Libyen war auch unter Gaddafi nicht dafür bekannt, dass dort politisch Verfolgte mit offenen Armen willkommen geheißen wurden. Auch die Sehnsucht nach Demokratie konnte in Libyen sicher nicht befriedigt werden. Die große Masse der Wanderarbeiter waren also ganz einfach Menschen auf der Suche nach dem besseren Leben, was sie in Libyen auch gefunden hatten. Und jetzt gibt es das dort nicht mehr.

Aussicht auf Rettung fördert die Risikobereitschaft

Europa ist nah. Mal eben kurz übers Mittelmeer, für viel Geld, das an Schleuserbanden bezahlt werden muss. Schon hier wird erkennbar, dass die Mittelmeer-Migranten keineswegs mittellos gewesen sein können, bevor sie sich Richtung Europa aufmachen. Wer die Kostenlage für Reisen innerhalb Afrikas kennt, weiß, dass man mit der Menge Geld, die die Schleusung kostet, auch einigermaßen komfortabel Richtung Süden reisen kann. Aber der Weg nach Süden ist nicht ungefährlich, vor allem jetzt, wo sogar der Weg durch Libyen zu einem schwer kalkulierbaren Risiko geworden ist. Man muss also abwägen, zwischen Risiko und möglichem Gewinn. Gewinn in dem Sinn, wo man am Ziel das bessere Leben erwarten kann.

Solange Italien mit der Aktion „Mare Nostrum“ Flüchtlinge bereits frühzeitig – teilweise weniger als hundert Meilen vor der libyschen Küste – von ihren Nussschalen gerettet hat, war der Weg übers Mittelmeer Richtung Norden der weniger gefährliche. Man konnte damit rechnen, bereits nach weniger als 24 Stunden aufgefischt zu werden. Eine gute Wahl. Das hatte sich geändert und deswegen mehrten sich bei uns die Meldungen, dass Flüchtlinge zu Hunderten ertrinken. Jetzt hat Europa beschlossen, zu jener erweiterten Seenotrettung im Mittelmeer zurückzukehren. Potentielle Flüchtlinge werden das mit Freude zur Kenntnis nehmen. Die Mitschuld der Europäer am Tod Tausender Afrikaner bleibt bestehen.

Europa lädt ein zum lebensgefährlichen Trip

Wie die Statistik zeigt, hat nur ein sehr geringer Anteil an den Mittelmeer-Flüchtlingen Anrecht auf Asyl. Aber es hat sich herumgesprochen, dass dennoch die Wahrscheinlichkeit für eine schnelle Abschiebung gering ist. So oder so hat man für einige Zeit ein Dach über dem Kopf und muss sich keine Sorgen um die Ernährung machen. Dann hat sich auch herumgesprochen, dass es speziell in Deutschland eine „Willkommenskultur“ für Flüchtlinge gibt. Dass es in deutschen Gefängnissen komfortabler zugeht als in manchem afrikanischen Hotel. Man wird nicht grundlos von der Polizei verprügelt und meist erst nach wiederholten Straftaten überhaupt eingesperrt. Für manchen Afrikaner ist allein das in der Nähe des Paradieses. Unter den Flüchtlingen finden sich leider auch zu viele Kriminelle, die nun wirklich nirgendwo gebraucht werden, schon gar nicht in Deutschland.

Die Gutmenschen, die der Meinung sind, dass Deutschland die Welt retten und jeden Flüchtling aufnehmen muss, der an die Tür klopft (rd. 50 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht), werden mich beschimpfen. Aber ich bleibe dabei und konstatiere ganz nüchtern. Europa lädt Flüchtlinge aus Afrika geradezu ein, den lebensgefährlichen Weg über das Wasser zu wählen. Und dann ist die Betroffenheit groß, wenn zu viele von ihnen auf diesem Weg ums Leben kommen. Ich denke, Europa macht hier alles falsch, was man falsch machen kann. Tatsächlich hat wohl auch schon unseren Außenminister Steinmeier diese Erkenntnis gestreift. Ich kann ihm ausnahmsweise nur zustimmen, wenn er sagt, dass Europa dafür sorgen muss, dass die Zustände in den afrikanischen Heimatländern so weit verbessert werden müssen, bis die Menschen das Risiko einer lebensgefährlichen Reise nicht mehr auf sich nehmen wollen. Gut, das ist ein Langzeitprojekt und wird in absehbarer Zeit keinen Erfolg tragen.

Botschaften sollten über Asylanträge entscheiden

Nachdem aber feststeht, dass die meisten Migranten sowieso kein Recht auf Aufenthalt in der EU haben, müssen andere Maßnahmen ergriffen werden, die Flüchtlinge vor ihrem lebensgefährlichen Trip zu bewahren. Dafür sehe ich mehrere Möglichkeiten. Als erstes müsste illegalen Einwanderern unmissverständlich klargemacht werden, dass sie sofort, ohne Ansehen der Person, nach ihrer Anlandung oder Rettung zurückgeschickt werden in das Land, von dem aus sie in See gestochen sind. Allein das würde den Flüchtlingsstrom sofort drastisch vermindern und somit Tausende von Leben retten. Ja, was ist denn wirklich human? Menschen retten, die sich bereits in Gefahr gebracht haben oder Maßnahmen ergreifen die verhindern, dass sie sich überhaupt in Gefahr bringen? Am 21. April 2015 hat denn auch die australische Regierung Europa den (unerbetenen) Rat erteilt, seine Politik der radikalen Rückführung zu übernehmen, die für Australien beste Ergebnisse gebracht hat.

Wer es bis Libyen geschafft hat – vor Jahren noch auf Einladung – der kann auch den Weg zur deutschen Botschaft finden. Wir sollten das Asylverfahren dahingehend ändern, dass Asylanträge nur noch von den Botschaften angenommen und auch dort beschieden werden. Das würde verhindern, dass in Deutschland überhaupt ein Migranten-Problem entsteht. Dass es ein solches gibt, steht außer Frage. Die nicht veröffentlichten Kriminalstatistiken sprechen hier eine unmissverständliche Sprache. Das Recht auf Asyl in Deutschland ist eine großartige Errungenschaft, die gepflegt und erhalten werden muss. Wenn aber zu viele und ohne echte Berechtigung dieses Recht missbrauchen, wird dieses humane Recht nicht mehr lange Bestand haben können.

Das Know-how der Flüchtlinge fehlt im eigenen Land

Ich bin ein vehementer Verfechter für das Recht auf Asyl. Nicht nur deswegen, weil mein Vater aus Stalins Todeslager entflohen in Deutschland freundliche Aufnahme gefunden hat. Genauso energisch bin ich aber ein Gegner der „Willkommenskultur“ für Wirtschaftsflüchtlinge. Man darf hierbei nicht vergessen, dass es meist Menschen sind, die bei uns das bessere Leben suchen, die dann aber als Arbeitskräfte im eigenen Land fehlen. Allein die Tatsache, dass sich jemand auf den Weg macht, zeigt, dass es sich bei diesen Menschen um eine gewisse Auslese handelt, also Menschen, die durchaus in der Lage sind, Eigeninitiative zu ergreifen. Solche Menschen werden in der eigenen Heimat gebraucht, um ihr Land voran zu bringen. Wenn wir sie einladen, ihr Land zu verlassen, dann leisten wir keinen Beitrag zu einer positiven Entwicklung dort.

Europa, Deutschland braucht klare Regeln zur Zuwanderung und ein streng strafbewehrtes System bei Missachtung dieser Regeln. Die laxe Haltung in dieser Hinsicht animiert immer mehr Menschen ihr Leben zu riskieren, um zu sehen, ob sie nicht doch im Land des besseren Lebens bleiben können, auch wenn sie kein Recht darauf haben. So brutal es klingen mag, wäre es besser unmissverständlich zu verkünden, dass kein Flüchtling von einem Seelenverkäufer gerettet wird, der sich in diese Gefahr begeben hat – und dafür auch noch Geld bezahlt hat. Durch die Rettungsaktionen wird das Risiko relativiert. Die Schleuser tun ihr Übriges zu vermitteln, dass die Gefahr gering ist, eben weil europäische Rettung zu erwarten ist. Dieses „Verkaufsargument“ ist es, das erst so viele Menschen auf die untauglichen Boote lockt.

Wir wollen helfen, Leben retten. Aber, gut gemeint ist das Gegenteil von gekonnt. Unser vordringliches Ziel muss heißen, Bedingungen zu schaffen, die Menschen davon abhalten, sich auf solch gefährliche Reisen zu begeben. Dahin führen zwei Wege: Die Reise als solche unattraktiv machen und die Zustände in den Heimatländern verbessern. Das ist ein schwieriges Unterfangen und bis hier die ersten Maßnahmen greifen, werden noch viele Flüchtlinge in seeuntauglichen Seelenverkäufern auf dem Mittelmeer absaufen.

Die Afrika-Politik der Europäer hat kläglich versagt

An der Stelle müssen sich die Regierungen aller europäischen Staaten kollektiv den Vorwurf gefallen lassen, mit ihrer Afrika-Politik in den letzten 15 – 20 Jahren gnadenlos versagt zu haben. Vorausschauende Publizisten und kluge Analysten haben damals schon warnend ihre Stimme erhoben und prophezeit, dass Afrika in absehbarer Zeit zu einem Riesenproblem wird, wenn man diese noch jungen afrikanischen Staaten sich selbst überlässt, oder – noch schlimmer – sie systematisch unter Förderung der Korruption ausbeutet. Und es wurde angemahnt, eine wirklich sinnvolle Entwicklungshilfe zu betreiben, Projekte zu fördern, die den Menschen vor Ort wirklich helfen. Doch die Politiker in Europa haben nicht hingesehen und nicht hingehört, sondern weiterhin völlig unsinnige potemkinsche Dörfer buchstäblich in den Sand gesetzt, nur damit zu Hause die schöngefärbte Statistik stimmt. Diese verfehlte Afrika-Politik rächt sich jetzt.

Die USA haben das Chaos angerichtet

Zu diesem kontinuierlichen Versagen der Europäer kommt dann noch das rücksichtslose, imperialistische Vorgehen der Amerikaner in den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens als vernichtende Keule obendrauf. Das Chaos, das seit Jahren dort herrscht, das millionenfache menschliche Leid, Tod und Vertreibung in diesen Regionen wäre nicht tägliche Realität, wenn die USA darauf verzichtet hätten, sich in Afghanistan, im Irak in Libyen und Syrien als „Friedensengel“ aufzuspielen. Natürlich war den Strategen in Washington von Anfang an klar, dass die Folgen jeglicher Destabilisierung dort einzig und allein die Europäer zu tragen haben – und das gleiche Muster ist auch im Ukraine-Konflikt erkennbar. Wenn die USA ein wirklich fairer Partner der Europäer wären (von Freunden wollen wir ja, wie Herr Kornblum uns gelehrt hat, nicht reden), dann müssten sie sich jetzt nach Kräften dafür einsetzen, das Chaos, das sie angerichtet haben, auch wieder in Ordnung zu bringen. Aber davon sind sie weit entfernt. Amerika ist weit weg und die Europäer dürfen die Suppe auslöffeln.

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