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Erdogans Arroganz ist unerträglich – Europa muss reagieren

Von Hubert von Brunn 

Wie lange wollen sich Merkel & Co. eigentlich noch von dem durchgeknallten Egomanen Erdogan am Nasenring durch die Arena schleifen lassen? Was muss denn noch passieren, ehe die Europäer – wenn’s geht einstimmig und im Gleichklang – sagen: Stopp! Es reicht! Wir spielen dein perfides Spiel nicht mehr mit!? Kein Tag, an dem uns nicht neue Horrormeldungen aus der Türkei erreichen, die belegen, dass der Kalif von Ankara nichts anderes im Sinn hat, als seine Machtbefugnisse zu mehren und jeden gnadenlos aus dem Weg räumt, der sich ihm dabei in den Weg stellt. Und Europa? – Europa schweigt und kriecht unter dem Teppich.

Da wird der kompromissbereite Ministerpräsident Davutoglu kurzerhand abgesägt, weil er nicht mit Waffengewalt gegen die kurdische PKK vorgehen wollte, weil er die von Erdogan verlangte Verfassungsänderung (noch mehr Macht für den Staatspräsidenten) nicht mehr mittragen wollte, weil er Bereitschaft zeigte, die türkischen Terrorismusgesetze, wie von der EU gefordert, zu entschärfen und weil er sich – welch fürchterliches Sakrileg gegenüber dem selbstgefälligen Kalifen – bei dem Flüchtlingsdeal mit der EU ein gewisses internationales Ansehen erworben hat. So viel eigenständiges Denken und Handeln geht gar nicht. Also weg mit dem Verräter und Platz gemacht für den Schwiegersohn! Dann kann man die nächsten Schweinereien ganz gemütlich auf dem heimischen Sofa bei einem Gläschen Raki auskungeln – und alles bleibt in der Familie.

Hexenjagd auf kritische Journalisten

Da werden zwei regimekritische Journalisten zu fünf bzw. fast sechs Jahren Haft verurteilt, weil sie über Waffenlieferungen der Türkei an Extremisten in Syrien berichtet haben. Erdogan höchstpersönlich hatte Anzeige gegen die beiden erstattet wegen „Geheimnisverrat“ und „Putschversuch“. Ein Verfahren wegen „Unterstützung einer Terrororganisation“ soll noch folgen. Dann kommen mindestens noch einmal fünf, sechs Jahre obendrauf. Dass dann am Tag der Urteilsverkündung ein fanatischer Untertan des Kalifen von Ankara auch noch versucht hat, den später verurteilten Journalisten Can Dündar vor dem Gerichtsgebäude in Istanbul zu erschießen, macht deutlich, wie tief die türkische Gesellschaft inzwischen gespalten ist und welches Maß an pseudoreligiöser Verehrung Erdogan mit seinen indoktrinären Reden bei seinen hirnlosen Anhängern bereits erreicht hat. Der Journalist blieb unverletzt und muss in den Knast – der verhinderte Attentäter, der sein vermeintliches Opfer noch als „Vaterlandsverräter“ beschimpft hat, vermutlich nicht. Dafür wird der weise Vater aller „guten Türken“ schon sorgen. Wehe dem Richter, der hier ein Urteil wegen versuchten Mordes fällen wollte.

Visafreiheit für die Türkei darf es nicht geben

Da tönt der übersensible und leicht erregbare Möchtegern-Napoleon in einer Fernsehansprache an die EU gerichtet: „ Die können verhandeln, mit wem sie wollen. – Wir gehen unseren Weg und ihr geht euren.“ Geht es noch arroganter, noch selbstgefälliger, noch widerlicher? Doch anstatt dass ein Herr Juncker oder ein Herr Schulz oder sonst eine maßgebliche Figur im Brüsseler Bürokratendschungel mit der Faust auf den Tisch haute (Frau Merkel kriegt sowieso keine Faust mehr zustande, es sei denn in der Hosentasche) heißt es plötzlich, 67 von 72 Bedingungen der EU, die zur Visafreiheit für Türken in Europa führen können, seien erfüllt. Nicht zu fassen! Seit 2013 wird über dieses Thema verhandelt; bis Ende 2015 hatte Ankara gerade mal 19 Bedingungen erfüllt, Ende März 2016 waren es dann schon 30 und – welch ein Wunder – jetzt fehlen gerade mal noch fünf. Dann dürfen die Türken mit biometrischen Pässen ohne Visum nach Europa kommen – und sie werden kommen. Vor allem die von Erdogan und Konsorten verfolgten Kurden werden sich auf nach Germania machen, und wir haben das nächste Flüchtlingsproblem. Das muss mit allen Mitteln verhindert werden.

Türkische Sicherheitskräfte schießen auf Flüchtlinge

Da vermeldet die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“, dass türkische Sicherheitskräfte an der syrischen Grenze auf Flüchtlinge – auch auf Kinder – schießen. HRW berichte von bislang sieben Vorfällen mit fünf Toten und 14 Verletzten. Ist das der „Deal“, den Frau Merkel und in ihrem Gefolge Resteuropa mit dem türkischen Autokraten ausgehandelt hat? – Das kann es ja wohl nicht sein. Ganz verhalten werden jetzt Stimmen aus EU-Kreisen laut, die dafür plädieren, das arrogante und erpresserische Verhalten Erdogans nicht mehr mitzumachen, die Verhandlungen über Visafreiheit für Türken bis auf weiteres auf Eis zu legen und die der Türkei im Flüchtlingsdeal zugesagten 6 Milliarden Euro (rd. 100 Millionen sind schon ausgezahlt) zu stornieren und sinnvoller einzusetzen, um zentrale Aufnahmestellen auf den griechischen Inseln einzurichten. Die Griechen, so argwöhnen manche, seinen auch Schlawiner und man müsse ihnen stets auf die Hände sehen. Mag sein und eine sorgsame Kontrolle darüber, wo und wie das dafür vorgesehene Geld eingesetzt wird, ist gewiss richtig. Aber sicher ist auch: Tsipras ist kein verkappter Diktator. Das ist ein Mann, mit dem man reden kann und der sich nach Kräften bemüht, das Chaos, das seine Vorgänger in Hellas angerichtet haben, wieder auf die Reihe zu bekommen. Er verdient die Unterstützung Europas, nicht der Kalif von Ankara.

Sanktionen statt Unterstützung

Mehr noch. Erdogan sollte von Europa nicht nur keine Unterstützung mehr bekommen, sondern man sollte ihm unmissverständlich deutlich machen: Wenn du nicht aufhörst, die Kurden abzuschlachten, wenn du nicht aufhörst, Geschäfte mit dem „Islamischen Staat“ zu machen und wenn du nicht aufhörst, Presse- und Meinungsfreiheit in deinem Land mit Füßen zu treten – dann, „Freund“ Recep, werden wir dir deine Arroganz austreiben und die Türkei mit einem Bündel von Sanktionen belegen. Dann wirst du sehen, wer wen nötiger braucht: Europa die Türkei oder die Türkei Europa? Viele Bettenbunker in den Touristenzentren stehen heute schon leer, weil die Russen gar nicht mehr kommen und die Deutschen nur noch in sehr reduzierter Zahl. Das Auswärtige Amt hat seine Sicherheitshinweise für Türkeireisende wieder verschärft und empfiehlt auch dringend, in der Öffentlichkeit keine abfälligen oder kritischen Äußerungen über Erdogan und sein despotisches Regime zu machen. Noch unterwürfiger geht es nicht.

Wer jetzt seinen Urlaub in der Türkei verbringt, setzt sich nicht nur unnötigen Gefahren aus, sondern er unterstützt mit seiner Anwesenheit und mit seinem Geld den durch und durch undemokratischen, egomanen und hoch gefährlichen Kalifen von Ankara. Die aufgeklärten, modernen Türken werden diesem Treiben nicht mehr lange tatenlos zusehen – und dann gibt es Ärger am Bosporus. Deshalb meine Reiseempfehlung: Leute, verbringt euren Urlaub in Italien, Spanien, Portugal, Griechenland oder sonst wo, aber tut euch Erdogans Türkei nicht an. Irgendwann wird dieser Spuk ein Ende haben und dann werden auch Belek, Side oder Antalya wieder lohnenswerte Ziele für einen unbeschwerten Urlaub sein.

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