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Fußballstadien als Kampfzonen – DFB und Vereine auf Schmusekurs mit den Ultras

Von Hubert von Brunn

Fußball – die schönste Nebensache der Welt. Ja, früher bin ich auch gern mal ins Olympiastation gegangen. Die Live-Atmosphäre in einem mit 60- 70.000 begeisterten Fans gefüllten Stadion ist doch etwas anderes, als eine sterile Fernseh-Übertragung. Heute, da völlig verblödete Ultras die Macht über einen Großteil der Fußballstadien übernommen haben und sich gegenseitig und ohne Rücksicht auf Verluste auch die harmlosen, friedlichen Zuschauer mit ihren eingeschmuggelten Pyros drangsalieren, heute tue ich mir das nicht mehr an. Was da vor einer Woche in Rostock beim Spiel Hansa gegen Hertha abgelaufen ist, spottet jeder Beschreibung und verlangt nach härtesten Sanktionen, die den Krawallmachern, aber auch den Vereinen, die solche Ausschreitungen nicht unterbinden, richtig weh tun.

Die erste Frage, die sich stellt: Wie kann es sein, dass trotz des bestehenden Verbots und trotz der Personenkontrollen am Einlass zentnerweise Pyrotechnik ins Stadion gelangt? Dem Zwölfjährigen wird die Wasserflasche aus dem Rucksack gezogen, weil er ja sonstwas Furchtbares damit anstellen könnte. Oder geht’s doch eher darum, dass der Vater des Jungen das sehr viel teurere Wasser am Getränkestand im Stadion kaufen soll? Man will ja schließlich Umsatz machen. Daneben aber gehen all die Böller, Raketen, Fackeln, ja sogar Seenotmunition unbeanstandet durch die Kontrollen. Wie das? Ganz einfach, weil viele Ordner und Kontrolleure – selbst szeneaffine Typen und oftmals vorbestraft – mit den pyrofanatischen Ultras unter einer Decke stecken und es auch „geil“ finden, wenn es im Fanblock brennt. Hier offenbart sich das kollektive Versagen von Staat, Vereinen und dem Deutschen Fußballbund (DFB).

Hirnlose Idioten schmuggeln die Pyros ins Stadion

Unbescholtene Bürger vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen, ist eine hoheitliche Aufgabe, d.h. der Staat muss sich darum kümmern. Die Polizei kann das – wie schon so oft und eben wieder in Rostock gesehen – nicht leisten, wenn sie dort, wo sie auf die Unterstützung der lokalen Ordnungskräfte angewiesen ist, hintergangen und betrogen wird. Das wiederum ist nur möglich, weil die Vereine das Thema Sicherheit beim Einlass und in den Stadien in erster Linie privat organisierten Wachdiensten überlassen, deren Mitarbeiter, wie schon gesagt, oftmals eine mehr als zweifelhafte Vita vorzuweisen haben. Muskelbepackte Idioten mit einem IQ von weit unter 80 werden dort problemlos eingestellt und können sich dann mit ihrer Zugangsgenehmigung quasi legitim als Helfershelfer der Ultras betätigen. Ein anderer Weg, um Pyros ins Stadion zu schmuggeln, ist der Einbruch in der Nacht vor dem Spiel und das Versteck der Böller und Raketen an einem geheimen Ort (abgesprochene Mülltonne oder Klo-Spülkasten). Manchmal spielen auch Caterer mit, die das Zeug gegen ein kleines Entgelt in ihrem Wagen, der natürlich nicht kontrolliert wird, in die Arena bringen. Das sind unhaltbare Zustände und das muss aufhören, wenn der Fußball nicht endgültig verkommen soll zum Proletensport mit hirnrissig teuer bezahlten Spielern von nicht weniger hirnrissigen „Fans“ bejubelt.

Die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, um dem entgegenzuwirken sind ziemlich eindeutig:

  1. Das Mitführen von Rucksäcken und Taschen (jenseits der Größe einer Damenhandtasche) wird grundsätzlich verboten. Zudem werden intensive Leibesvisitationen durchgeführt. Wer mit einem Feuerwerkskörper unter dem Pullover (oder im BH) erwischt wird, muss diesen abgeben und erhält für dieses Spiel Stadionverbot. Wer mehrfach erwischt wird, erhält Stadionverbot über mehrere Jahre (auch auswärts).

  2. Das setzt voraus, dass die Kontrollen nicht länger von mehr oder weniger kriminellen Sympathisanten der Ultras/Hooligans durchgeführt werden, sondern von qualifiziertem Personal. Das könnte eine Art Sonderabteilung des Ordnungsamtes sein. Menschen mit einem ordentlichen Leumund, einem sauberen polizeilichen Führungszeugnis, und der Bereitschaft, sich zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen. Diese Ordnertruppe ist staatlich organisiert und gut ausgebildet – bezahlt werden die Mitarbeiter allerdings nicht von Steuergeldern, sondern aus den Vereinskassen. Wer Abermillionen für Transfers ausgibt und weitere zig Millionen jährlich für Spielergehälter – dem muss auch die Sicherheit seiner Zuschauer etwas wert sein. Die rechtlichen Vorgaben dafür müssen das für Sicherheit und Sport zuständige Innenministerium und der DFB erarbeiten.

Freifahrtschein für pyromane Ultras 

Die Damen und Herren, die uns regieren, haben alle einen Eid darauf geleistet, das Volk zu schützen und Schaden von ihm fernzuhalten. Wenn das Stadion in Dortmund oder Berlin voll besetzt ist, dann reden wir von der Größenordnung einer mittleren Kreisstadt. Haben diese 70.000 Menschen kein Recht auf Schutz durch den Staat? – Einige Volksvertreter wie der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) sehen das offenbar anders. „Pyros sind extrem gefährlich, aber leider kaum zu verhindern, weil sie immer wieder ins Stadion geschmuggelt werden“, sagte er in einem Interview mit der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Sein Vorschlag: „Registrierte Personen dürfen angemeldete Brennstoffe in klar gekennzeichneten Zonen zünden. Wenn sich nicht alle daran halten, wird diese Erlaubnis wieder einkassiert.“ Wie naiv muss man als halbwegs vernunftbegabter Mensch und erst recht als für die innere Sicherheit verantwortlicher Innenminister eines Bundeslandes sein, ein solches Statement abzugeben. Als hätten sich diese allein auf Krawall gebürsteten Ultras und Hooligans jemals an irgendeine Vereinbarung gehalten. Die wollen Randale und sonst gar nichts und wenn man sie nicht entschieden daran hindert (siehe oben), dann wird der Terror in und vor den Stadien nicht enden.

Gipfel des Irrsinns: DFB-Präsident Grindel unterstützt diesen von Pistorius vorgeschlagenen Weg des Schmusekurses mit dem randalierenden Mob ausdrücklich. Er will keine gesperrten Fanblöcke mehr und auch keine „Geisterspiele“ für Vereine, deren „Fans“ mehrfach unangenehm aufgefallen sind. Selbst bereits vom Sportgericht verhängte Kollektivstrafen nimmt der DFB zurück. Ausgerechnet dem „Gnadengesuch“ von Hansa Rostock, dessen Ultras zu den schlimmsten gehören, wurde stattgegeben. Damit erhalten die Pyromanen den Freifahrtschein zu den Spielen in Jena und Magdeburg – den erklärten Feinden der Rostocker. Man wolle „ein Zeichen setzen“ und suche „den Dialog mit den Fans“, ließ der DFB verlauten. – Sind die denn alle noch zu retten? Mit echten Fans, die nichts anderes wollen, als ein spannendes Fußballspiel zu sehen, braucht man keinen Dialog. Die kommen, zahlen ihren Eintritt und nach dem Spiel gehen sie wieder friedlich nach Hause. Ein Dialog mit den die gewaltsame Auseinandersetzung suchenden Ultras und Hooligans ist etwa so effizient, wie der Versuch, den Maulwurf, der regelmäßig meinen Rasen umpflügt, mit guten Worten dazu zu bringen, das künftig doch sein zu lassen.

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