„Schwarze Liste“ der EU – Mehr Verlogenheit geht nicht!
Von Hubert von Brunn
Systematische Volksverdummung seitens der Politik mit tatkräftiger Unterstützung willfähriger Mainstream-Medien ist ein Phänomen, mit dem wir uns in gewisser Weise längst abgefunden haben. Kein Tag, an dem wir nicht mit Halbwahrheiten gefüttert werden, die uns Glauben machen sollen, dass unsere hart arbeitende Regierung alles tut, damit es uns, dem gemeinen Wahlvolk, gut geht und wir beruhigt schlafen können. Einer dieser lächerlichen Fakes in den letzten Tagen war die Bekanntgabe einer „schwarzen Liste“ von weltweiten Steueroasen durch die EU.
Mit der namentlichen Nennung sollen 17 Länder als Helfershelfer für reiche Steuerhinterzieher und als Steuervermeidungsparadiese für internationale Konzerne wie Amazon, Nike, Apple, Google etc. öffentlich angeprangert werden. Mit dieser „Ächtung“ sollen Barbados, Samoa, Bahrein, Grenada, Guam, Südkorea, Macao, die Marschallinseln, die Mongolei, Namibia, Palau, Panama, St. Lucia, Trinidad und Tobago, Tunesien sowie die Vereinigten Arabischen Emirate dazu gebracht werden, ihre unfairen Steuerpraktiken aufzugeben. – Wenn man sich diese Liste ansieht, kann man nur laut lachen. Nicht in diesen exotischen (Insel-)Staaten wird das meiste schwarze Geld verschoben, werden Vermögen und Unternehmensgewinne in Milliardenhöhe am Fiskus der jeweiligen Heimatländer vorbei gebunkert. Nein, die großen Coups werden auf Malta, Madeira, Zypern, der Isle of Man, in Irland, Niederlande, Luxemburg und Liechtenstein abgewickelt – also mitten in Europa.
Steueroasen in Europa und in den USA bleiben außen vor
Da Beschlüsse im EU-Ministerrat einstimmig gefasst werden müssen, stand von vorn herein fest, dass die europäischen Steueroasen auf der „schwarzen Liste“ nicht auftauchen können. Ein Veto hätte gereicht, um die Abstimmung zu kippen, also hat man es gar nicht erst versucht. Und auch die USA werden selbstverständlich verschont. Dabei müsste der Bundesstaat Delaware ganz oben auf der Liste stehen als Steuerparadies Nummer eins, noch vor Luxemburg und der Schweiz. Alle großen Steuertrickser auf der Welt wissen, dass auf außerhalb von Delaware erwirtschaftete Gewinne keinerlei Steuer erhoben wird. Diese Tatsache, zusammen mit absoluter Rechtssicherheit, die in den auf der Liste aufgeführten Staaten nicht unbedingt gegeben ist, plus einem überaus Business-freundlichem sozialen Ambiente machen diesen kleinen Bundesstaat im Osten der USA zu einem Paradies für Steuerhinterzieher und -vermeider.
Hinzu kommt: Die Vereinigten Staaten haben das Schweizer Bankgeheimnis zerstört und die Bankgeheimnisse der meisten anderen Länder gleich mit. Sie haben Finanzinstitute in aller Welt gezwungen, die Kontodaten der amerikanischen Klienten preiszugeben mit dem hehren Ziel, die Steuerehrlichkeit herzustellen. Nur Amerika selbst entzieht sich dieser Regulierung. Also findet das aufgescheuchte Kapital jetzt seinen sicheren Unterschlupf ausgerechnet in den USA. Damit sind die Vereinigten Staaten heute der beste Platz der Welt, um sein Vermögen zu verbergen.
Verbote ohne Sanktionen bei Zuwiderhandlung bewirken gar nichts
Dieser Aktion der EU-Finanzminister könnte man unter Umständen noch einen positiven Aspekt abringen, wenn im Zusammenhang mit der „schwarzen Liste“ unmissverständlich festgelegt worden wäre, mit welchen Strafen und Sanktionen jene Länder zu rechnen haben, wenn sie Steuertricksereien im großen Stil weiter Tür und Tor öffnen. Das kennen wir doch von vielen anderen Gegebenheiten und Situationen. Der erhobene Zeigefinger allein bewirkt gar nichts. Verbote, die bei Zuwiderhandlung nicht strikt geahndet werden – und zwar so, dass es weh tut – laufen ins Leere. Die Argumentation, allein die Tatsache, an den Pranger gestellt zu werden, sei ausreichend, um jene Staaten künftig davon abzuhalten, weiter als Steuerparadies zu operieren, ist ausgesprochen naiv. Die Häuptlinge dort lachen sich scheckig. Warum sollten sie an den bewähren Praktiken etwas ändern, wenn sie auf diese Weise eine Art Entwicklungshilfe in durchaus respektabler Größenordnung einstecken können – ohne Gegenleistung, ohne Gefahr, deswegen sanktioniert zu werden? Besser geht’s doch nicht.
Aber uns, dem braven Steuerzahler, den das Finanzamt im Zweifelsfall wegen einer fehlenden Tankquittung über 50 Euro am Wickel hat, uns will man weismachen: Seht her, wir tun etwas gegen Steuerungerechtigkeit. Wir wollen, dass auch die Superreichen und die Großkonzerne ihre Vermögen und ihre Milliardengewinne versteuern müssen. Deshalb haben wir jetzt diese „schwarze Liste“ veröffentlicht. – Hätten nicht im April letzten Jahres die „Panama Papers“ und vor wenigen Wochen die „Paradise Papers“ für Schlagzeilen gesorgt, wäre alles stillschweigend so weiter gelaufen wie bisher. Durch jene „Indiskretionen“ ist die Öffentlichkeit aber hellhörig geworden und totschweigen ging nicht mehr. Also hauen die um das Volkswohl besorgten EU-Politiker eine „schwarze Liste“ raus und tun so, als läge ihnen das Problem Steuerungerechtigkeit wirklich am Herzen. – Mehr Verlogenheit geht nicht!