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Wahre Populisten und Wahlbetrug

Von Peter Haisenko  

Kaum ist die Wahl in den Niederlanden gelaufen, dreht sich der Kurs gegenüber der Türkei. Die harten Worte werden relativiert und Rutte geht auf Kuschelkurs. Wie anders als puren Populismus kann man es nennen, wenn Tage vor der Wahl Positionen des angeblich rechtsradikalen politischen Gegners lautstark übernommen werden, um sie nur Stunden danach dann wieder zu relativieren? Wo stünde die Politik der „Etablierten“, wenn es Wilders, Le Pen oder die AfD nicht gäbe?

Die Wahrheit ist, dass die sogenannten „Rechtspopulisten“ den Kurs der Politik in Europa bestimmen. Sie treiben die Etablierten vor sich her, weil diese genau wissen, dass ihr bisheriger Kurs nicht mehrheitsfähig ist. Die Angst vor Machtverlust lässt sie Stück für Stück die vorher als „populistisch“ diffamierten Positionen übernehmen, was sie jedoch nicht zugeben. Allen voran hier Frau Merkel, die ihren Kurs in der Migrationspolitik um 180 Grad gedreht hat, das aber leugnet. Am auffälligsten ist dieser Effekt vor Wahlterminen, wie jetzt in den Niederlanden nicht zu übersehen ist, was aber bereits im letzten März auch in Deutschland zu beobachten war. Der fatale und überflüssige „Flüchtlings-Deal“ mit der Türkei wurde nur Tage vor den Landtagswahlen präsentiert. (siehe hier: Merkels Türkei-Deal: Politisches Schmierentheater und Betrug am Wähler

Die Machthaber stellen ihr Fähnlein in den Wind

An der Basis von CDU und auch SPD brodelt es. Bei Abgeordneten geht die Angst vor Mandatsverlusten um. Frau Merkels Missachtung des Votums auf dem Parteitag der CDU im letzten Jahr gegen die doppelte Staatsbürgerschaft macht deutlich, wie weit sich die Häuptlinge vom Bürger entfernt haben, sogar von der Basis der eigenen Partei. Dass Merkel überhaupt noch Chefin ist, ist der Feigheit der Karrieristen geschuldet, die aus Angst vor dem Verlust von aussichtsreichen Listenplätzen ihre Überzeugungen hintan stellen. Die Chefin hat schließlich über lange Jahre demonstriert, dass sie jeden aus dem Weg räumt, der ihr gefährlich werden könnte oder auch nur wagt, aufzumucken.

Ist es Populismus, wenn die eigene Überzeugung vertreten wird, die eine klare Linie hat, aber gegen das allgemein propagierte Meinungsdiktat steht? Ist es nicht viel mehr Populismus, wenn Machthaber ihr Fähnlein in den Wind stellen, gegen alte Überzeugungen und aus Angst vor Machtverlust? Die wahren Populisten sind diejenigen, die klammheimlich Positionen übernehmen, die sie selbst früher als populistisch gebrandmarkt haben. Ich denke hier zum Beispiel an die Rückführung afrikanischer Migranten in Auffanglager in Afrika oder eben jetzt die demonstrativ „harte Haltung“ gegenüber Erdogans Türkei. Wären Auftrittsverbote für türkische Wahlkämpfer denkbar, wenn es die AfD oder Wilders nicht gäbe? Noch vor wenigen Jahren, als die AfD keine Rolle spielte, waren diese Auftritte kein Problem.

Den Sumpf aus Seilschaften und Lobbyisten trocken legen

Der Präsident der Europäischen Kommission, Juncker, hat es schon gesagt: Wir stellen etwas in den Raum, beobachten, wie groß der Protest ist, und entscheiden dann, was wir tun (sinngemäß). Merkel hat es andersrum gemacht. Sie hat entschieden, den Proteststurm gespürt und klammheimlich ihr Fähnlein gedreht. Das ist die perfideste Form von Populismus, denn die Handlungsweise entspricht nicht der eigenen Überzeugung. Wäre es anders, wäre es nicht erst dazu gekommen. In den Niederlanden zeigt sich jetzt, dass größte Zweifel angebracht sind, ob diese populistische Haltung Wahltermine überlebt. Damit bin ich bei dem Punkt, den Schäuble schon offengelegt hat: Was scheren mich meine Wahlversprechen nach der Wahl? – Was aber kann das anderes sein, als vorsätzlicher Wahlbetrug?

Zu Donald Trump ist immer wieder gesagt worden, er werde schon noch zur Vernunft kommen, sich den Realitäten beugen müssen. Das ist nicht mehr als die Hoffnung, dass sich Trump den Gepflogenheiten der etablierten Politiker anpasst und seine Wahlversprechen genauso ad acta legt. Trump ist aber kein Politiker, sondern Geschäftsmann und als solcher weiß er, dass man ganz schnell aus dem Geschäft ist, wenn man Versprechen nicht einhält. Unter anderem deswegen wünsche ich mir, dass viel mehr „Nicht-Politiker“ in die Politik gehen und den Sumpf aus Seilschaften und Lobbyisten trocken legen. Dass wir nicht die immer gleichen Gesichter in Talkrunden sehen müssen, deren Standpunkte unverändert vorhersehbar und deswegen eigentlich überflüssig sind. Mal ganz abgesehen davon, dass in den Vorgesprächen zu den Talkrunden verbindlich festgelegt wird, welche Tabus nicht angesprochen werden dürfen, wenn man jemals wieder eingeladen werden will.

Wo bleiben zukunftsweisende Ideen und Visionen?

Wie glaubhaft können also die Positionen der Etablierten sein, die vor den Wahlen ventiliert werden? Die noch nicht einmal Wahlversprechen sind, sondern nur unverbindliche Diskussionsbeiträge. Kann das Gesülze über soziale Gerechtigkeit von Martin Schulz ernst genommen werden, wo er doch lange Jahre genau das Gegenteil betrieben hat? Man wird sehr genau nach Holland sehen müssen, was dort nach der Wahl passiert. Alle Etablierten haben Rutte gratuliert. Wofür eigentlich? Einen Wahlsieg kann man es wohl kaum nennen, wenn die stärkste Partei – wie in Berlin – gerade mal mit Mühe über zwanzig Prozent gekommen ist. Das „Schöne“ an solchen Ergebnissen ist, dass nun wirklich niemand mehr für irgendetwas Verantwortung übernehmen muss und in diesem Sinne Wahlversprechen sowieso nur leeres Gerede sein können.

Geert Wilders hat es treffend formuliert: Wir müssen gar nicht regieren, wir treiben die Politik vor uns her. Da hat er recht, vergisst aber Gerhard Schröder, der für sich nach der Wahl vier Jahre Narrenfreiheit festgestellt hat. Es steht zu befürchten, dass in Deutschland genau das passieren wird, wenn der Wahlmarathon dieses Jahres vorüber ist. Vor der Wahl die populistische Übernahme populistischer Positionen, in unverbindlicher Form, und was danach geschieht, steht schon wieder auf einem anderen Blatt. Die etablierte Politik gestaltet nicht mehr, sie reagiert und verwaltet. Wann haben wir das letzte Mal einen Politiker erlebt, der zukunftweisende Ideen und Visionen präsentiert hätte? Und wenn dann neue Gesichter so etwas Ungeheuerliches tun, werden sie Populisten geschimpft.

Starke Protestparteien machen Wahlbetrug schwieriger

Problemlösungen dürfen nicht einfach sein, denn sonst könnte sich der Bürger ja ein klares Bild machen, eine einfache Entscheidung über pro oder kontra treffen. Alles wird mit dem Mäntelchen der Komplexität zugedeckt, um sich vor klaren und einfachen Lösungen zu drücken, deren Inhalt verstanden werden kann und deren Einhaltung dann womöglich noch eingefordert werden könnte. Wird er Druck der „Populisten“ aber zu groß, werden deren Positionen einfach in verschwommener Form übernommen – und nach der Wahl wieder vergessen. So wenig ich die USA als Vorbild sehen kann, so sehr muss die Wahl von Donald Trump zumindest als Hoffnungsschimmer betrachtet werden. Er hat Pläne und hält Wahlversprechen ein, gegen den massiven Widerstand des Establishments. Das ist eine Form der Politik, die ich mir auch hierzulande wünsche: Klare Positionen, klare Linie, und nicht das populistische Herumgeeiere, je nach dem, wie gefährlich populäre Gegenpositionen für die eigene Macht sind.

Die Machterhaltungsmechanismen der Etablierten sind nahezu perfektioniert und werden von willfährigen Medien getragen. Diese Medien sorgen auch dafür, dass populistische Kehrtwendungen der Etablierten nicht zu Entrüstungsstürmen führen, weil sie darüber schweigen. Sie werden auch nicht protestieren, wenn nach Wahlen etwas ganz anderes gemacht wird, als vorher angekündigt worden ist. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit die Wähler auf den Vorwahl-Populismus der Etablierten hereinfallen, oder doch denjenigen ihre Stimme geben, die tatsächlich den scheinbaren Richtungswechsel herbeigeführt haben. In jedem Fall kann man nur hoffen, dass Protestparteien genügend stark bleiben, um Regierungshandeln zu verhindern, das vom Wähler nicht wirklich unterstützt wird. Starke Protestparteien machen Wahlbetrug schwieriger und das ist dann doch noch ein Rest von demokratischer Kontrolle.

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