Bundesverfassungsgericht: Drohende Todesstrafe allein ist kein Abschiebehindernis
Von Hubert von Brunn
Jahrelang haben zwei aus Tunesien stammende und von den Behörden als „Gefährder“ eingestufte Islamisten deutsche Gerichte beschäftigt, um eine Abschiebung in ihre Heimat zu verhindern. Diesem absurden und für den Steuerzahler ziemlich teuren juristischen Tauziehen hat das Bundesverfassungsgericht nun ein Ende gesetzt, indem es urteilte: Die Abschiebung von Gefährdern ist auch möglich, wenn ihnen die Todesstrafe droht – vorausgesetzt, sie wird nicht exekutiert. Dieses Urteil kommt Innenminister Seehofer sehr entgegen, der das Thema Abschiebung inzwischen zur „Chefsache“ erklärt hat.
Im aktuellen Fall hat der terrorverdächtige Tunesier Haikel S. in Karlsruhe gegen seine Abschiebung geklagt mit der Begründung, ihm drohe in der Heimat die Todesstrafe. Das alleine ist kein Abschiebehindernis, sagen die Richter, entscheidend ist, dass sie nicht vollstreckt wird. Eine Zusicherung der tunesischen Behörden, dass Haikel S. weder gefoltert noch hingerichtet wird, liegt den deutschen Behörden längst vor. Aber der 2015 unter falschem Namen als angeblicher syrischer Flüchtling nach Deutschland gekommene Tunesier, gegen den sowohl in seiner Heimat als auch bei uns wegen des dringenden Tatverdachts der Unterstützung von terroristischen Vereinigungen ermittelt wurde, wollte die Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht nicht akzeptieren.
Mit der diesem Klientel eigenen Chuzpe wollte er noch von den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen – ohne Erfolg. Das Straßburger Gericht lehnte den Antrag des Mannes auf eine „vorläufige Maßnahme“ ab, d.h. es forderte Deutschland nicht auf, mit der Abschiebung weiter zu warten. Dann ging alles sehr schnell und einen Tag später fand sich Haikel S. in seiner Heimat wieder.
In Tunesien wird schonlange kein Todesurteil mehr vollstreckt
Horst Seehofer hat inzwischen in mehreren Presseverlautbarungen klargestellt, dass er „alle rechtsstaatlich zu Verfügung stehende Mittel einsetzen“ werde, um auch den Salafisten-Prediger Sami. A schnellst möglich nach Tunesien abzuschieben. Sein Fall ist ein Musterbeispiel für das Hindernisrennen der deutschen Abschiebepraxis. Nachdem er 2006 in einem Terrorprozess belastet worden war, stellte der Mann einen Asylantrag. Dieser wurde aber 2007 als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Seitdem wehrt er sich mit immer neuen Klagen vor Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten erfolgreich gegen seine Rückführung. Eben immer auch mit der Begründung, ihm drohe Folter und die Todesstrafe.
Abgesehen davon, dass in Tunesien die Todesstrafe sein zwölf Jahren nicht vollzogen wird und es laut Innenministerium keine Anzeichen für Folter gibt, will sich Seehofer eine amtliche Zusicherung aus Tunesien einholen, dass auch Sami A. dergleichen nicht zu befürchten hat. Der für Menschenrechte zuständige tunesische Minister Mehdi Ben Gharbia hat vor wenigen Tagen bereits in der deutschen Presse unmissverständlich klargestellt: „Ich kann Ihnen versichern und ich kann garantieren: Bei uns gibt es keine Folter!“
Das BVG-Urteil hat weitreichende Signalwirkung
Auf der Grundlage der Urteile von Karlsruhe und Straßburg und mit Seehofers Entschlossenheit, diesen Abschiebeirrsinn zu beenden, dürften nun auch für den mutmaßlichen Ex-Leibwächter von Osama bin Laden die gemütlichen Tage in Deutschland gezählt sein. Dann müssen er und seine Familie auf die Alimentation durch den deutschen Steuerzahler (1.168 € monatlich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz) verzichten und womöglich steht sogar an, dass er in seiner Heimat für seinen Lebensunterhalt und dem der Seinen arbeiten muss. Gut so, kann man da nur sagen und Innenminister Seehofer in vollem Umfang beipflichten, wenn er klar macht: „In Deutschland ist kein Platz für ausländische Gefährder, die unser Land und unsere Art zu leben verachten und bekämpfen wollen.“
Von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geht eine weitreichende Signalwirkung aus, die es Richtern an nachgeordneten Gerichten ermöglicht, in vergleichbaren Fällen schnell zu entscheiden – und zwar für eine Abschiebung. Das betrifft dann nicht nur Tunesier, sondern die Mehrzahl der rd. 750 (Stand April 2018) von Bundeskriminalamt als Gefährder eingestuften Islamisten in Deutschland. Bleibt zu hoffen, dass die Richter von der nunmehr gegebenen Rechtssicherheit regen Gebrauch machen und uns schnellst möglich von diesen Menschen befreien, ehe sie ihre menschenverachtenden Pläne (siehe Anis Amri) in die Tat umsetzen können.
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