Donald Trump zieht Soldaten aus Syrien ab – und erntet Kritik
Von Peter Haisenko
Jeder einzelne amerikanische Soldat auf syrischem Territorium ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Jetzt beendet Donald Trump den andauernden Völkerrechtsbruch seines Vorgängers Obama, indem er den schnellen Abzug der US-Truppen aus Syrien angeordnet hat. Dafür müsste er ungeteiltes Lob vor allem aus Europa erhalten. Warum wird er dafür kritisiert?
Ein Gutachten des wissenschaftlichen Diensts des Bundestags hat festgestellt, dass auch das Engagement deutscher Soldaten in oder über Syrien gegen das Völkerrecht verstößt. Bislang konnte sich die deutsche Regierung herausreden mit dem Argument, man liefere von den Bündnispartnern angeforderte Unterstützung. Wenn sich jetzt die Führungsnation USA aus dem Syrieneinsatz zurückzieht, verliert dieses sowieso an den Haaren herbeigezogene Argument jegliche Grundlage. Ist das aber ausreichend, die harsche Kritik des deutschen Außenministers Maas zu begründen?
In Syrien gibt es für die USA nichts mehr zu holen
Donald Trump hat zum Abzug gesagt, er, die USA, seien nicht der Polizist für den Nahen und Mittleren Osten. Das steht in einer Linie mit seinen Wahlversprechen und seiner Rede zum Amtsantritt, als er dem „amerikanischen Interventionismus“ eine Absage erteilt hatte. Mit dem Abzug der US-Soldaten aus Syrien erfüllt er folglich wieder eines seiner Versprechen. Ich bezweifle aber, dass das der einzige Grund für den Abzug sein kann. Trump ist ein „Deal-Maker“, ein Geschäftsmann, und seine Aktionen sollten unter diesem Aspekt beleuchtet werden.
Der Friedensnobelpreisträger Obama hatte nach der Zerstörung Libyens Syrien im Visier. Assad muss weg, war sein Credo und der „Westen“ hat sich angeschlossen. Obama wollte auch aus Syrien einen kaputten Staat machen, der dann leicht von den USA dominiert und ausgebeutet werden kann. Nicht nur das. Von Anfang an, als sich die USA innerhalb Syriens militärisch engagiert hatten, haben sie gezielt Infrastruktur und Produktionsstätten bombardiert und zerstört. Sie haben Terroristen ausgebildet und bewaffnet und zugelassen, dass das Ganze mit Einnahmen aus dem Schwarzverkauf von Öl finanziert wird. Dann kam Russland und hat der umfassenden Zerstörungswut einen Riegel vorgeschoben. Dennoch haben die USA noch die Stadt Rakka dem Erdboden gleich gemacht. So ist der Zustand jetzt, dass es für die US-Air-Force keine Ziele mehr gibt, die sie zerstören könnte. Man vergleiche den Zustand nach einem Jahr Koreakrieg 1953.
Nachdem Russland Syrien stabilisiert hat, Assad nach wie vor der gewählte Präsident ist, ist eines klar: An dem Wiederaufbau der durch amerikanische Hand zerstörten Strukturen in Syrien werden die USA keinen Anteil bekommen. In Syrien werden die USA auf „ewig“ keine Geschäfte mehr machen. Ihre Präsenz dort ist prekär, denn Russland hat die Lufthoheit und in Syrien geschieht militärisch nichts, was Moskau nicht genehmigt. So reiht sich der Überfall auf Syrien ein in die Kriege, mit denen die USA keinen Gewinn einfahren konnten: Vietnam, Afghanistan und eben jetzt Syrien. In Libyen sind die nicht unerheblichen Goldreserven Gaddafis „verschwunden“ und der Verdacht liegt nahe, dass sich diese jetzt in amerikanischen Kellern befinden. Donald Trump sieht im Fall Syrien wohl deutlich, dass mit diesem Engagement für die USA kein Blumentopf zu gewinnen ist. Also raus mit Schaden.
Gegenüber Erdogan gerät Europa in die Zwickmühle
So groß ist der Schaden aber wahrscheinlich nicht, denn auch Bomben haben ein „Verfallsdatum“. Es ist billiger, „alte“ Bomben irgendwo abzuwerfen, anstatt sie aufwendig zu de-laborieren. Es könnte folglich auch beitragend zu Trumps Entscheidung sein, dass alle alten Bomben jetzt „entsorgt“ sind.
Der nächste Faktor ist die Türkei. Hier gibt es schon länger Interessenkonflikte mit den USA. Die haben sich mit Erdogans Feinden, der YPG, verbündet und so steht ein NATO-interner Konflikt im Raum. Mit dem Abzug der Amerikaner ist dieses Problem erledigt. Erdogan kann danach seinen Feldzug starten, weswegen er wohl nach einem Telefonat mit Trump den Start seines Überfalls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hat. Aber genau an dieser Stelle wird es für Europa und Deutschland peinlich. Kamen von hier noch ganz verhaltene Töne bezüglich des türkischen Überfalls auf Afrin mit bis heute andauernder Landnahme, wird jetzt nur auf die Gefahr hingewiesen, dass Erdogan weitere Teile Syriens erobern und dauerhaft besetzen könnte.
Man ist in der Zwickmühle: Einerseits das andauernde Credo „Assad muss weg“ und auf der anderen Seite noch ein Rest von „unverletzlichen Grenzen“ oder Völkerrecht. So sehr es erwünscht ist, Assads Syrien zu beschädigen, zu verkleinern, wird der Kontrast zum Umgang mit Russland zu offensichtlich werden, wenn man Erdogan in Syrien einmarschieren lässt. Ja, wie bequem war es doch, solange man sich hinter den USA verstecken konnte. Das entfällt jetzt und Deutschland, Frankreich und allen voran England müssen jetzt eigenständig begründen, was sie überhaupt jemals in Syrien zu suchen hatten und haben. Donald Trump führt sie alle wieder einmal vor. Alle, die ihn so offensichtlich hassen.
Bei einem Einmarsch der Türkei in Syrien wären Sanktionen fällig
Es ist wirklich erschreckend, wie sich Vertreter der deutschen Regierung zum Abzug der amerikanischen Truppen aus Syrien äußern. Als ob es kein Mittel gäbe, Erdogan zu völkerrechtskonformem Handeln zu zwingen. Schon mit dem Boykott der türkischen Urlaubsgebiete hat sich gezeigt, wie wirksam einfache Maßnahmen sein können. Wenn in Europa wirklich nicht erwünscht ist, dass Erdogan Syrien nochmals überfällt, dann könnte man dem Nachdruck verleihen – mit Sanktionen wie gegen Russland. Aber genau da ist wohl der Haken. Man will es gar nicht und so wird man noch unglaubwürdiger werden, wenn gegen die Türkei im Falle eines erneuten Einmarsches in Syrien keine Sanktionen verhängt werden, während die Sanktionen gegen Russland gerade wieder verlängert wurden, obwohl Russland kein fremdes Land angegriffen hat.
Das Argument, dass jetzt der IS wieder erstarken würde, ist nicht nur fadenscheinig, es ist grundfalsch. Wir wissen, dass die USA dem IS erhebliche Unterstützung zukommen ließen, ebenso wie die syrische Armee wegen der Präsenz der Amerikaner im Kurdengebiet dort nicht gegen den IS vorgehen konnte. Sind die Amis weg, wird die syrische Armee in kürzester Zeit die Reste des IS vernichten können. Aus Kreisen der kurdischen Milizen sind bereits Stimmen zu hören, dass sich diese jetzt mit der regulären syrischen Armee zusammenschließen wollen. Sobald die USA aus Syrien raus sind, besteht Hoffnung, dass dieser Krieg in Kürze beendet sein wird. Und damit ist die nächste Rolle rückwärts fällig für Berlin, nämlich die Rückführung der syrischen Migranten in ihre Heimat. Aber das ist von Merkel & Co. auch nicht gewollt.
Wenn die USA aus Afghanistan abziehen, muss auch die Bundeswehr gehen
Für mich ist von Anfang an die Messlatte für Donald Trump, ob er einen neuen Krieg beginnt. In Zweiter Linie, ob er die von Obama hinterlassenen Altlasten tatsächlich aufräumen wird. In beiderlei Hinsicht ist er auf einem guten Weg, worüber die „Trump-Hasser-Medien“ kaum berichten. Hat man denn in den Hauptnachrichten etwas über die sensationelle Entwicklung in Korea gehört? Die Grenze am 38. Breitengrad wird entmint, schwere Waffen werden abgezogen und Wachtürme abgerissen. Ja, diese Entwicklung muss Trump zugeschrieben werden.
In Afghanistan laufen (Friedens-)Gespräche mit den Taliban und auch dort will Trump seine Militärpräsenz halbieren. Kenner der Zustände in Afghanistan sagen, dass dort erst Frieden einkehren kann, wenn alle ausländischen Truppen das Land verlassen haben. Wie wird Berlin reagieren, wenn Trump auch von dort seine Truppen ganz abzieht? Für Afghanistan gilt nämlich dasselbe wie für Syrien: Die USA werden auch dort keine Geschäfte machen. Da hat sich schon China eingerichtet, fördert die begehrten Mineralien und baut Straßen. Der Geschäftsmann Trump wird auch aus Afghanistan komplett abziehen, eben weil das Kosten-Nutzen-Verhältnis negativ sein wird. Raus mit Schaden, obwohl auch hier gilt, dass die USA alte Bomben de-laboriert haben und letztlich ein Übungsgebiet für ihre Kampfpiloten hatten, in dem sie gefahrlos und ohne Proteste von Umweltschützern ihre Übungsflüge mit scharfer Munition durchführen konnten.
Mit dem Abzug der US-Truppen aus Syrien kehren die USA wenigstens in einem Land zurück zu völkerrechtskonformem Verhalten. Anzunehmen, dass sie diesmal Reparationen für die angerichteten Schäden zahlen werden, wäre naiv. Dennoch gebührt Trump für diese Aktion uneingeschränktes Lob. Er beendet einen völkerrechtswidrigen Kriegseinsatz. Es spricht Bände über die Merkel-Regierung, dass von dieser Seite Kritik dazu kommt, anstatt sich darüber zu freuen, dass jetzt auch unsere Soldaten heimkehren dürfen, weil sie nicht mehr angefordert sind. Ist es da falsch, wenn man Merkel, Mass und Flintenuschi kriegsgeile Völkerrechtsverletzer nennt? Zumindest sollten sie sich schämen, dass sie aus purem Hass gegen Trump kein Lob finden können für eine Aktion, die noch mehr traumatisierte Soldaten verhindert und die enorm hohe Selbstmordrate unter den Veteranen senkt. Aber vielleicht ist Merkel ja nur traurig, weil sie bald keine „Kriegsflüchtlinge“ mehr aus Syrien nach Deutschland einladen kann.
Was hat der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gebracht? Welche Ziele wurden erreicht? Lesen Sie dazu „Verteidigung am Hindukusch“. Hier berichtet einer, der mehrmals vor Ort im Einsatz war und wirklich einiges voran gebracht hat. Kurze Geschichten mit interessanten Bildern zeigen auf was passiert, wenn westliche, deutsche Kultur auf archaische Lebensweise trifft. Dass dabei skurrile Dinge zu beobachten sind, die zum Schmunzeln anregen, macht dieses kleine Werk so lesenswert. „Verteidigung am Hindukusch“ ist erhältlich im Buchhandel oder direkt vom Verlag zu bestellen hier.