“Russen hacken ZDF und WDR” – ein Lehrstück in Sachen Propaganda
Von Peter Haisenko
Das Thema hat es bis in die Abendnachrichten und Tageszeitungen geschafft: “Russen hacken ZDF und WDR”. Die zugehörigen Texte als Nachricht zu bezeichnen, wäre falsch. Sie sind ein Konglomerat an “Nicht-Meldungen”, zusammengesetzt aus Konjunktiven und zweifelhaften Quellen. Es ist ein weiteres Lehrstück, wie perfide Propaganda gegen Russland betrieben wird.
Der ProSieben-Text beginnt mit der Überschrift: “Russen hacken ZDF und WDR”. Im Weiteren: “Das ZDF ist Anfang Juli Ziel eines Hackerangriffs geworden. Weniger als 10 Rechner seien von dem Angriff betroffen gewesen, erklärte das ZDF. Auch der WDR soll betroffen gewesen sein. Die Attacke sei schnell entdeckt worden. Außerdem gebe es keine Hinweise auf einen gezielten Angriff auf bestimmte Daten. Wie der “Spiegel” berichtete, sollen russische Hacker der Gruppe “Sandworm” hinter der Attacke stecken. Die Gruppe wurde in der Vergangenheit in Russland verortet und ist dem Bundesamt für Verfassungsschutz zufolge seit mindestens 2013 aktiv.”
Soweit der Videotext und die Meldungen in den Tageszeitungen – in etwa wortgleich. Diese Texte müssen analysiert werden. Die Überschrift als solche signalisiert harte Fakten: Die bösen Russen waren es wieder einmal. Sie haben die Flaggschiffe unserer demokratischen Qualitätsmedien schamlos angegriffen. Mit Scheinfakten geht es weiter: “Das ZDF ist Ziel eines Hackerangriffs geworden.” Der nächste Satz ist allerdings bereits ein Dokument des Nicht-Wissens: "Weniger als 10 Rechner seien von dem Angriff betroffen gewesen...” Seien oder sind? Weniger als 10? Weniger als 10 können alles sein, von Null bis Neun. Also was nun? Weiß man etwas oder ist es pure Spekulation?
Ein Hackerangriff ohne Sinn und Verstand?
Der Nächste Satz ist pure Spekulation, also keine Nachricht: “Auch der WDR soll betroffen gewesen sein”. Also war er nun betroffen, oder nicht? Der Leser darf sich seiner eigenen Spekulation hingeben, je nachdem, was in sein Weltbild passt. “Die Attacke sei schnell entdeckt worden”. Sei? Ist sie nun entdeckt worden, oder nicht? Auch in den Meldungen der Tageszeitungen wird auf eine Verifizierung durch solide Quellen verzichtet. Die Frage stellt sich, ob es sich um einen halbwegs professionellen Angriff handeln kann, wenn er so schnell entdeckt worden ist. Der nächste Satz bestätigt den Zweifel an vorsätzlich professionellem Handeln: “Außerdem gebe es keine Hinweise auf einen gezielten Angriff auf bestimmte Daten.” Ja, was nun? Ein Hackerangriff ohne Sinn und Verstand? Wenn es den denn tatsächlich gegeben hat, sieht es dann nicht eher nach einem Erproben von Fähigkeiten eines jugendlichen Computerfreaks aus, der nur testen wollte, wie weit er in fremde Netze eindringen kann, ohne böse Absichten? Das Austesten der “Faszination des Machbaren”?
Dann kommt es aber ganz dick: “Wie der “Spiegel” berichtete, sollen russische Hacker der Gruppe “Sandworm” hinter der Attacke stecken.” Hier werden gleich drei Propagandatricks kombiniert. Eine als seriös verstandene Quelle wird genannt – der “Spiegel” -, ein Konjunktiv – sollen – und die Nennung eines Namens ”Sandworm”, den keiner kennt, der aber Wissen und Seriosität signalisiert. Ausgerechnet der “Spiegel” wird zitiert als Quelle für seriöse Berichterstattung im Zusammenhang mit Russland. Der “Spiegel”, der schon lange für seine russophoben “Berichte” und Schlagzeilen bekannt ist. Der “Spiegel”, der sofort nach dem Abschuss der MH 17 wusste, dass es “die Russen” oder gar Putin selbst war, der MH 17 abgeschossen hat und titelte: “Stoppt Putin jetzt”. Wenn es eine zweifelhafte Quelle für Russlandnachrichten gibt, dann ist es der “Spiegel”. Da befindet er sich auf einem Niveau mit “Elliot Higgings”, dem CIA-Agent in England, der als “Kronzeuge” für die “russische Schuld” am Abschuss der MH 17 für die ARD die einzige glaubhafte Quelle ist.
Was genau ist unter dem Begriff “verortet” zu verstehen?
Damit ist das propagandistische Kunstwerk noch nicht beendet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird für weitere Seriosität und Glaubwürdigkeit bemüht: “Die Gruppe wurde in der Vergangenheit in Russland verortet und ist dem Bundesamt für Verfassungsschutz zufolge seit mindestens 2013 aktiv.” Hinter dem Begriff “verortet” verbirgt sich wieder Nicht-Wissen. Nein, das BfV gibt nicht bekannt, dass es den Standort dieser ominösen Gruppe “Sandworm” kennt, es “verortet” sie nicht einmal selbst in Russland und ist nicht in der Lage, handfeste Beweise für deren Standort zu benennen. Diesen letzten Satz muss man mehrmals lesen, damit die Perfidie erkenntlich wird. Er besteht aus zwei Teilen, die tatsächlich nicht zusammen gehören, aber den Eindruck erwecken sollen, auch der erste Teil wäre eine Information des BfV.
Der erste Teil “Die Gruppe wurde...verortet” hat keinerlei Bezug zu irgendeiner Quelle. Wer hat “verortet”? Der Chefredakteur des “Spiegel” oder seine Schwiegermutter? In dieser bewusst unscharfen Formulierung wird eine propagandistische Zuweisung transportiert, die so nicht bewiesen werden muss, weil sie unterschwellig anonymes “Allgemeinwissen” suggeriert. Ist doch sowieso klar, dass hinter einem Hackerangriff nur Russland stecken kann. Der folgende Hinweis auf das BfV soll dem Ganzen dann die unleugbare Seriosität verleihen, obwohl keine Aussage enthalten ist, dass das BfV die Heimat dieser Gruppe in Russland sieht oder beweisen kann. Das BfV sagt nur, dass es diese Gruppe kennt und weiß, dass sie seit 2013 aktiv ist. Der gesamte Satz vermittelt dem unaufmerksamen Leser aber den Eindruck, dass das BfV ebenfalls die Sandwürmer in Russland “verortet”, was nicht der Fall ist.
Es werden keine Fakten geliefert, sondern Vermutungen
Die Zusammenfassung dieser Analyse ergibt folgendes Bild: ZDF und WDR bestätigen, dass es – möglicherweise – einen Hackerangriff gegeben hat. Sie wissen nicht, wer es war und wie viele Rechner tatsächlich betroffen waren. Sie haben keine Ahnung, was das Ziel des angeblichen Hackerangriffs gewesen sein könnte. Es könnte auch ein ganz “normales” Softwareproblem gewesen sein. Das sind die Fakten und das hat die Propagandaabteilung daraus gemacht: Die bösen Russen haben wieder einmal westliche Medien angegriffen, was das BfV bestätigt und bereits seit fünf Jahren andauert. Nicht verwundern sollte, dass es wieder einmal der “Spiegel” ist, der diese Propagandaattacke anführt. Der “Spiegel”, der für seine “neutrale” Berichterstattung zu Russland bekannt ist. Vielleicht sollte man sich bei dieser Gelegenheit daran erinnern, dass der “Spiegel” nach 1945 mit sechs Millionen Dollar von der CIA gegründet worden ist.
Es ist nur ein kleines Beispiel in einem großen Gesamtkunstwerk, mit welchen Methoden Propaganda gegen Russland betrieben wird. Nicht nur gegen Russland, auch gegen das eigene Volk. Täglich werden Nicht-Nachrichten serviert, die nicht mehr als Konjunktive und Vermutungen enthalten, aber im Kleid von Nachrichten daher kommen. Am gleichen Tag erhalten wir widersprüchliche Meldungen. Mal boomt die Konjunktur und zeitgleich werden Einbrüche derselben kommuniziert. Da kann sich jeder nach seinem wohlfeilen Weltbild immer heraussuchen, was seine vorgefasste Meinung stützt. Das ist es, was die Spaltung der Gesellschaft voran treibt, denn es werden keine Fakten geliefert, an Hand derer man sich ernsthaft miteinander auseinandersetzen könnte. So kann sich jeder in seiner Meinung bestätigt fühlen.
Welchem Zweck dienen die Propagandaattacken?
Die Dominanzklasse, die Herrschaftsklasse, hat von Stalin, Hitler und nicht zu vergessen Churchill gelernt. (“Im Krieg ist die Wahrheit so wertvoll, dass sie immer von einer Lüge begleitet werden muss.”) Man hat die damaligen Methoden studiert und perfektioniert. Im Westen sind wir aufgewachsen in dem Bewusstsein, dass alles, was “schwarz auf weiß” und in Rundfunk und Fernsehen serviert wird, die reine Wahrheit ist. So ist es ein schmerzlicher Prozess erkennen zu müssen, dass auch wir im Westen niemals eine ungefärbte Wahrheit lesen und hören durften. Ganz anders im ehemaligen Ostblock. Da war jedem klar, dass er mindestens zwischen den Zeilen lesen musste, um einen Zipfel der Wahrheit zu erhaschen. Genau aus diesem Grund sind die Menschen des ehemaligen Ostblocks anders als die “Wessis”. Sie folgen ihrer Tradition des Hinterfragens von offiziellen Meldungen und so ist es nicht verwunderlich, dass Länder wie Polen, Ungarn, Tschechei, Slowakei und natürlich Russland nicht so leicht auf (westliche) Propaganda hereinfallen und andere Wege beschreiten.
Natürlich sollte man sich fragen, welchem Zweck derart raffiniert aufgesetzte Propagandaattacken dienen. Ist es die Fortsetzung des Ziels zu verhindern, dass Russland und Deutschland endlich zu freundschaftlicher Zusammenarbeit finden? Immerhin hat George Friedman von Stratfor in Chicago ganz offen zugegeben, dass genau das seit mehr als 100 Jahren das vorrangige Ziel der USA und natürlich auch Englands ist. Mit diesem Wissen, das jenseits von Spekulation oder Verschwörungstheorien ist, darf man sich nicht wundern, wenn derartige Propagandamachwerke immer wieder den Weg in die Abendnachrichten finden, ja, hineingedrückt werden. Auf eine solche perfide und exakt durchformulierte Propagandaattacke wie hier beschrieben, wäre Goebbels richtig stolz gewesen.
Wie sehr wir seit 1945 mit angelsächsischer Propaganda belogen werden, zeigt sich besonders deutlich bei der befohlenen Geschichtslehre in der BRD. Kriegs- und Nachkriegsverbrechen der Alliierten werden verschwiegen. Dafür wird intensiv die Erinnerung an – zweifellos begangene – Verbrechen Deutschlands hoch gehalten. Deutschland, das deutsche Volk, wird aber nur zu einem vernünftigen Selbstverständnis und einem angemessenen Verhältnis zu den USA und England finden können, wenn auch deren (Kriegs-)Verbrechen am deutschen Volk gelehrt werden dürfen. So, wie man in der Lehre mit der Sowjetunion verfährt. Wer mehr über die Verbrechen am deutschen Volk erfahren will, dem sie mein Werk „England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert“ empfohlen. Erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen hier.