Karneval der Überkorrekten: Da vergeht den Narren das Lachen
Von Hubert von Brunn
„Am Aschermittwoch ist alles vorbei…“, heißt es in einem alten Karnevals-Klassiker, der Jahr für Jahr von Anhängern der „Fünften Jahreszeit“ wehmütig gesungen wird. Für die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer indes dürfte ihr Auftritt als Putzfrau beim „Narrengericht“ im baden-württembergischen Stockach noch darüber hinaus ein mediales Nachspiel haben. Sind doch schon unmittelbar nach ihrem Auftritt die berufsmäßigen Empörer*innen aus der links-grünen Ecke auf sie losgegangen, weil sie sich erdreistet hat, einen Karnevals-Witz über den Berliner R2G-Senat und dessen prioritäres Engagement für Toiletten für das „dritte Geschlecht“ zu machen.
Als dieses Thema im letzten Jahr tagelang von der Lokalpresse durchgekaut wurde, haben die Berliner – von ihrer rot-rot-grünen Laienspieltruppe Kummer gewohnt – mehrheitlich gelangweilt den Kopf geschüttelt und sich höchstens gefragt: Haben die denn keine wichtigeren Probleme zu lösen? AKK hat das jetzt mit bissigem Humor auf den Punkt gebracht: „Wer war denn von euch vor Kurzem mal in Berlin? Da seht ihr doch die Latte-macchiato-Fraktion, die die Toiletten für das dritte Geschlecht einführen.“ Und weiter: „Das ist für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette.“ Schon deftig, keine Frage, aber Karnevalisten auf der Bühne oder in der Bütt waren bei ihren satirischen und persiflierenden Betrachtungen von Personen oder bestimmten gesellschaftlichen Phänomenen noch nie zimperlich. Haben stets Gebrauch gemacht von der ihnen für diese „Fünfte Jahreszeit“ zugestandenen Narrenfreiheit.
Sexismus-Vorwurf wegen Bindestrich-Witz
Deswegen kostümieren sich Menschen, besuchen die Prunksitzungen und Rosenmontagsumzüge oder verfolgen das närrische Geschehen vor den Bildschirmen. Würde man ihnen moralinsaure Sonntagsreden präsentieren, was unsere links-grünen Verordner*innen von political correctness ja gerne tun, dann hätte sich die jahrhundertealte Tradition von Karneval und Fasching in Deutschland sehr schnell erledigt. Dann würde niemand mehr in die Bütt steigen und es gäbe kein närrisches Volk mehr, das Freude daran hat, sich zu verkleiden und ausgelassen zu feiern. Aber vielleicht ist das ja genau die Absicht jener Moralapostel, die ihre Verklemmtheit an harmlosen Karnevals-Witzen wie dem von AKK abarbeiten und selber zum Lachen in den Keller gehen.
Wie sehr die Humorlosigkeit in unserem Volk um sich greift, hat auch eine Besucherin einer Karnevals-Veranstaltung in Köln unter Beweis gestellt. Dort hat sich der Komiker Bernd Stelter über Doppelnamen und Bindestrich-Frauen lustig gemacht und – welch eine ironische Koinzidenz – ausgerechnet Annegret Kramp-Karrenbauer als unaussprechliches Beispiel angeführt. „Hätte nicht ein Standesbeamter Frau Kramp-Karrenbauer warnen müssen?“ stellt Stelter die rhetorische Frage. Das Publikum lacht und applaudiert. Eine Frau allerdings – selbst mit einem Doppelnamen gesegnet – findet das überhaupt nicht witzig. Zunächst unterbricht sie den Vortrag des Komikers mit Pfiffen, dann stürmt sie auf die Bühne, baut sich wenige Zentimeter vor Stelter auf und stellt die völlig verblödete Frage: „Fragt mal irgendjemand, was für einen scheiß Namen ein Mann hat, den die Frau annimmt?“ – Nein, das fragt niemand! Ein scheiß Name bleibt ein scheiß Name und wird auch mit Bindestrich nicht besser.
Lieber zum Meditieren in die Wüste
Diese humorlose Dame hat also mit ihrem arroganten Vorgehen gleich mehrfach für Stunk gesorgt. Sie hat den Auftritt des Künstlers unterbrochen (macht sie das im Theater auch, wenn ihr irgendein Dialog nicht passt?); sie hat die gute Stimmung Hunderter Gäste im Saal zumindest vorübergehend gekillt und die Saalordner gezwungen, sie vor die Tür zu setzen. Der WDR schließlich sah sich genötigt, den Eklat aus der TV-Aufzeichnung herauszuschneiden und Stelter sieht sich seit Tagen einem regelrechten Shitstorm ausgesetzt, in dem er als frauenfeindlich und sexistisch beschimpft wird. Wegen eines Witzes über Doppelnamen. Unfassbar! Sogar Dunja Hayali – selbst bekennende Feministin – fand den Auftritt der Kölner Spaßbremse ziemlich daneben und twitterte: „ernsthaft? bei allem respekt für die eigene schmerzgrenze: wir machen witze über fast alle, alles und jeden, aber nicht über doppelnamen? und wieso geht man denn zu ner karnevalssitzung, wenn die nerven so dünn-blank liegen. und und und“
Das ist der springende Punkt: Warum geht ein Mensch mit dem Humor einer Wanderdüne zu so einer Veranstaltung? Da stellt sich die Frage, ob die frustrierte Dame nicht schon von Anfang an auf Krawall gebürstet war und nur auf einen geeigneten Moment gewartet hat, um ihr egozentrisches Weltbild publikumswirksam in Szene zu setzen. Es würde mich ehrlich gesagt nicht wundern, wenn es so gewesen wäre. Begegnet es einem doch an allen Ecken und Enden, ganz extrem natürlich in den Sozialen Netzwerken. Jeder, der meint, irgendetwas sagen zu müssen, haut seinen Senf raus, und sei es der letzte Schwachsinn. Das allein würde ja schon reichen, aber vielen reicht es eben nicht. Sie stellen mit dem verquasen Nonsens, den sie von sich geben auch gleich noch den Absolutheitsanspruch, dass die Meinung, die sie vertreten, die einzig wahre und richtige ist. Diesen Menschen kann man wirklich nur raten: Leute, nehmt euch nicht so wichtig. Und wenn wieder Karneval ist: Verbringt eine Woche mit Meditieren in der Wüste. Das ist besser für alle Beteiligten.