Kim Jong Un hat sich großen Respekt verdient
Von Peter Haisenko
Was immer man vom nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un halten mag, dumm ist er nicht. Ausgebildet in der Schweiz, spricht er nicht nur Deutsch, sondern kennt sich auch noch aus in der europäischen Geschichte, die in der Schweiz anders, wahrer, gelehrt wird als in Deutschland. Dieses Wissen dürfte ihn veranlasst haben, nicht denselben Fehler zu begehen, den das Deutsche Reich 1918 in Versailles begangen hat.
Seit nunmehr hundert Jahren zieht sich dasselbe Muster durch die Geschichte. Der angelsächsische Machtblock treibt “Feindstaaten” mit leeren Versprechen dazu, sich zu entwaffnen, um dann leichte Beute zur endgültigen Vernichtung zu werden. So war es 1918 der 14-Punkte-Plan des amerikanischen Präsidenten Wilson, der das Deutsche Reich verführt hat, sich im Vertrauen darauf zu entwaffnen. Dass dann nicht ein einziger Punkt dieses zweifellos im besten humanistischen Sinn erscheinenden Plans mit dem Versailler Diktat umgesetzt worden ist, hat in seinen Weiterungen zu Hitler und dem Zweiten Weltkrieg geführt und diese Methode zieht sich durch das gesamte 20. Jahrhundert bis heute. Kim Jong Un ist wohl der Erste, der das durchschaut hat und deshalb ist es bei dem Gipfeltreffen mit Trump in Hanoi zu keiner Einigung gekommen.
Sanktionen der Amerikaner haben immer das Ziel eines Regimechange
Das A und O der perfiden angelsächsischen Kriegspolitik sind die Forderungen nach Entwaffnung und die Sanktionen. Kein Land, das ins Visier der USA gekommen ist und sich in vorauseilender Friedensabsicht mehr oder weniger freiwillig seiner “Massenvernichtungswaffen” entledigt hat, existiert anschließend in einer Form, die man noch als funktionsfähigen Staat bezeichnen könnte. Man denke hier an den Irak, Libyen und nicht zuletzt Syrien. So hat gerade Syrien seine Chemiewaffen unter amerikanischer Aufsicht und sogar Zertifizierung vernichtet. Geholfen hat es dem Land nicht. Die USA und ihre Vasallen haben ihre Haltung gegenüber Syrien nicht ein Jota verändert. Im Gegenteil hat die “westliche Wertegemeinschaft” anschließend syrische Städte wie Rakka in Schutt und Asche gebombt und auf Jahrzehnte unbewohnbar gemacht. Nach wie vor heißt das Mantra: Assad muss weg!
Die amerikanischen Sanktionen, die mit Arroganz auferlegten “Strafen”, haben immer das Ziel, einen “Regimechange” herbeizuführen, um eine Regierung zu installieren, die Washington komplett hörig ist. Solange dieses Ziel nicht erreicht ist, beenden die USA ihre Sanktionen nicht, ganz gleich, wie weit man den Forderungen der Amerikaner auch entgegen gekommen ist. Die US-Politik kennt kein Geben und Nehmen, Vertragstreue sowieso nicht. Man denke nur an die NATO-Osterweiterung. Kuba leidet seit nunmehr fast 60 Jahren unter US-Sanktionen, obwohl der Inselstaat die USA niemals in irgendeiner Weise bedroht hat. Im Gegenteil waren es die USA, die Kuba mit der Aktion in der Schweinebucht militärisch angegriffen haben, mal wieder ohne Kriegserklärung. Es gibt überhaupt keinen Grund, Kuba zu sanktionieren, außer eben dem Ziel Washingtons, dort eine amerikahörige Regierung zu installieren. Die “westliche Wertegemeinschaft” mit der UN rührt keinen Finger, diesen völkerrechtswidrigen Zustand zu beenden. Im Gegenteil unterstützt man die US-Sanktionen und “Bestrafungsaktionen”.
Welchen Sinn haben Verträge mit den USA?
Ein Blick nach Russland zeigt dasselbe Muster. Sanktionen überprüfen und eventuell aufheben? Das hat es noch nie gegeben! Die Rechtmäßigkeit von Sanktionen beim internationalen Gerichtshof in Den Haag überprüfen zu lassen, wird peinlich vermieden, denn man weiß ja selbst, dass sie unrechtmäßig, imperialistisch willkürlich sind. Gerade die herbei-gelogenen Sanktionen gegen Russland zeigen die Methodik auf. Es ist Kiew, das sich an keinen einzigen Punkt des Minsker Abkommens hält, aber Russland wird “bestraft”. Es müsste genau anders herum sein, nämlich dass das Putsch-Regime in Kiew endlich sanktioniert wird, bis es sich an das Minsker Abkommen hält. Das geht natürlich nicht, denn das Ziel heißt, in Russland eine andere Regierung zu installieren, die sich der “westlichen Wertegemeinschaft” bedingungslos unterwirft, wie es unter Jelzin der Fall war.
Der Iran erfüllt nach wie vor alle Auflagen, die mit dem Anti-Atom-Abkommen vereinbart worden sind. Und nein, nach Abschluss dieses Abkommens sind nicht etwa alle Sanktionen mit sofortiger Wirkung aufgehoben worden. Eine kleine Lockerung hier und dort, aber eben nicht alle. Welchen Sinn hatte dann das ganze Gezeter vorab, mit größtem Entgegenkommen Teherans, bis an die Grenze der Aufgabe nationaler Souveränität, wenn nicht anschließend umgehend normale Verhältnisse hergestellt werden? Welchen Sinn haben Verträge mit den USA überhaupt, wenn sie nach Belieben einfach nicht eingehalten werden, wie es jetzt die Trump-Regierung mit dem Iran gemacht hat. Und die “westliche Wertegemeinschaft”? Außer einem lauen “das finden wir nicht gut” gibt es keine ernsthaften Reaktionen. Im Gegenteil machen europäische Firmen mit, weil auch sie Angst vor der amerikanischen Willkürherrschaft der Sanktionen haben.
Entgegenkommen der Verhandlungspartner müsste belohnt werden
Kim Jong Un lebt nicht auf dem Mond und dumm ist er auch nicht. Er kennt die Geschichte. Bei seinem ersten Treffen mit Trump ist er diesem weit entgegen gekommen. Keine Atomtests mehr, auch keine für Interkontinentalraketen. Was hat er dafür bekommen? Nichts! Keine der willkürlichen Sanktionen, unter denen Nordkorea wie Kuba seit Jahrzehnten leidet, ist aufgehoben worden. Irgendwelche Zusagen seitens der USA, Truppen von der Koreanischen Halbinsel anzuziehen und so ihre Bedrohung des Nordens zu reduzieren? Null Komma Null!
Ein vernünftiges, anständiges und ehrliches Verfahren müsste doch so aussehen: Kim macht Zugeständnisse und im Gegenzug werden sofort Sanktionen aufgehoben. Stück für Stück. Jeder “Fortschritt” müsste sofort “belohnt” werden. Eben solange, bis “Normalität” hergestellt und ein Friedensvertrag abgeschlossen ist. Diese Betrachtung lässt aber außer Acht, mit welchem Recht diese Sanktionen überhaupt installiert worden sind. Hat Nordkorea jemals die USA mit einem Angriff bedroht? Auch die Atomraketen Kims dienen nur dem Selbstschutz, der Abschreckung der USA vor einem erneuten Angriff. Und natürlich sind sie Verhandlungsmasse, um überhaupt von den USA ernst genommen zu werden.
Den Hit hat aber wieder einmal unser AM Maas geliefert. Die Welt wäre sicherer, wenn Nordkorea keine Atomwaffen hätte, hat er von sich gegeben. Glaubt dieser Hobbystratege wirklich, dieses geschundene Volk mit gerade mal 25 Millionen Einwohnern würde irgendjemanden mit Atomraketen angreifen? Um anschließend restlos vom Erdboden zu verschwinden? Nein, es waren die USA, die während des Koreakriegs ernsthaft erwogen hatten, Atombomben auf Pjöngjang abzuwerfen. Das haben sie nicht getan, aber nach ihren Flächenbombardements gab es in Nordkorea kein einziges Gebäude mehr, das höher als das Erdgeschoß war. Von den zerstörten Bewässerungsanlagen für die Landwirtschaft gar nicht zu reden. Nein, Herr Maas, die Welt wäre sicherer, wenn sie nicht von den Atomwaffen und Flugzeugträgern der USA bedroht wäre. Flugzeugträger sind reine Angriffswaffen. Zur Verteidigung braucht man sie nicht.
Das Prinzip von Geben und Nehmen gab es für die USA noch nie
Kim Jong Un hat verstanden, dass man den USA nichts nachgeben darf, wenn sie nicht im Gegenzug ihre imperialistisch aggressiven Aktionen ernsthaft zurücknehmen. Er hat gesehen, was mit Ländern geschieht, die sich entwaffnen, ohne gleichzeitig unumstößliche Gegenleistungen zu erhalten. Kim ist nicht so blauäugig wie das Deutsche Reich, das in seinem Streben nach Frieden jeden Strohhalm ergriffen und dafür bitter bezahlt hat. Ohne Versailles, ohne den von England provozierten Ersten Weltkrieg hätte es keinen Hitler gegeben und keinen Zweiten Weltkrieg. Diesen Fehler hat Kim jetzt nicht wiederholt. Er hat Trump klar gesagt, dass ohne Gegenleistung der USA, ohne Aufhebung zumindest eines Teils der Sanktionen, kein weiterer Fortschritt möglich ist. Diese Haltung ist rational, vernünftig und richtig. Geben und Nehmen, aber das gab es für die USA noch nie, ebenso wenig wie für England.
Die Handlungsweise der USA im Umgang mit Staaten, die sich nicht bedingungslos unterwerfen, entspricht dem eines skrupellosen Schulhofschlägers. Der nimmt Schwächere in den Schwitzkasten, bis dieser “freiwillig” sein Portemonnaie abliefert. Die Gegenleistung? Morgen darfst du dein Geld behalten, aber was ich übermorgen mit dir mache, das wirst du dann sehen. Vielleicht zwinge ich dich dann, dem nächst-schwächeren sein Geld abzunehmen, um es bei mir abzuliefern. Und wehe, irgendjemand kommt dem Geschundenen zu Hilfe, dann ist er als nächster dran. So sieht amerikanische Politik aus.
Kim ist auf die leeren Versprechungen der US-Regierung nicht reingefallen
Kim Jong Un hat sich meinen Respekt verdient. Er ist nicht auf leere Versprechungen der US-Regierung reingefallen. Offensichtlich hat das auch Trump Respekt abgenötigt, denn der hat anschließend nicht gepoltert. Kim hat auch gesagt, dass er nicht eindeutig erkennen kann, mit wem er tatsächlich verhandelt, was wohl so viel bedeuten kann, dass Trump nicht die Zugeständnisse machen konnte, die er selbst vielleicht hätte machen wollen. Jedenfalls ist man im gegenseitigen Respekt auseinander gegangen und der offiziellen Feststellung Nordkoreas ist nur zuzustimmen, die von Kim bereits zum Neujahr abgegeben worden ist. Sie lautet:
“Wenn die USA auf unsere Entgegenkommen und bereits geleistete Anstrengungen mit zuverlässigen Maßnahmen und praktischen Aktionen antworten, werden sich unsere bilateralen Beziehungen prächtig entwickeln mit hoher Geschwindigkeit und epochalen Maßnahmen. …. Ich bin bereit den US-Präsident jederzeit zu treffen und werde mich bemühen Ergebnisse zu erzielen, die von der internationalen Gemeinschaft begrüßt werden.
Aber wenn die USA nicht die Versprechen halten, die sie vor der Weltöffentlichkeit gemacht haben, und wegen einer Fehleinschätzung der Geduld unseres Volkes versuchen, uns etwas einseitig aufzuzwingen und weiterhin Sanktionen und Druck gegen unsere Republik ausüben, könnten wir gezwungen sein, einen neuen Weg zu finden, die Souveränität unseres Landes zu verteidigen und damit die höchsten Interessen für den Staat mit dem Ziel, Frieden und Stabilität für die koreanische Halbinsel zu erreichen.”
Das sind die Worte eines Mannes, der verstanden hat, wie die Vorgehensweise der Angelsachsen ist. Und zum Verständnis, wie verlockend der 14-Punkte-Plan Wilsons für den Deutschen Kaiser gewesen sein musste und was dann daraus geworden ist, stelle ich ihn hier vor. Sie finden mehr darüber in meinem Werk “England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert” oder auch ergänzend im neuen Werk von Reinhard Leube “Londoner Außenpolitik und Adolf Hitler”. Nach Lektüre dieser Werke versteht man besser, warum Kim Jong Un so handelt, wie wir es jetzt erleben. Beide Bücher sind erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier.
14-Punkte-Programm von US-Präsident Woodrow Wilson vom 8. Januar 1918
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Offene, öffentlich abgeschlossene Friedensverträge. Danach sollen keinerlei geheime internationale Abmachungen mehr bestehen, sondern die Diplomatie soll immer aufrichtig und vor aller Welt getrieben werden.
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Uneingeschränkte Freiheit der Schifffahrt auf den Meeren, außerhalb der Territorialgewässer, im Frieden sowohl wie im Kriege, ausgenommen jene Meere, die ganz oder teilweise durch internationales Vorgehen zur Durchführung internationaler Verträge gesperrt werden.
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Möglichste Beseitigung aller wirtschaftlichen Schranken und Herstellung einer Gleichheit der Handelsbedingungen für alle Nationen, die dem Frieden beitreten und sich zu seiner Aufrechterhaltung verbinden.
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Entsprechende gegenseitige Bürgschaften für die Beschränkung der Rüstungen der Nationen auf das niedrigste, mit der Sicherheit im Innern vereinbare Maß.
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Freier, unbefangener und völlig unparteiischer Ausgleich aller kolonialen Ansprüche, auf der genauen Beachtung des Grundsatzes beruhend, dass beim Entscheid in solchen Souveränitätsfragen die Interessen der betreffenden Bevölkerungen ebenso ins Gewicht fallen, wie die berechtigten Ansprüche der Regierung, deren Rechtstitel zu entscheiden ist.
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Räumung des ganzen russischen Gebietes und ein Einvernehmen über alle auf Russland bezüglichen Fragen, das das beste und freieste Zusammenwirken der anderen Völker sichert, um für Russland eine ungehemmte Gelegenheit zur unabhängigen Bestimmung seiner eigenen politischen Entwicklung und nationalen Politik herbeizuführen und ihm eine herzliche Aufnahme in der Gesellschaft der freien Nationen unter selbstgewählten Staatseinrichtungen, ja noch mehr, Hilfe jeder Art, deren es bedürftig sein und von sich aus wünschen mag, gewährleistet. Die Russland von seinen Schwesternationen in den nächsten Monaten gewährte Behandlung wird der Prüfstein ihres guten Willens, ihres Verständnisses für seine Bedürfnisse im Unterschied zu ihren eigenen Interessen und ihres verständigen und selbstlosen Mitgefühls sein.
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Belgien muss, die ganze Welt wird dem beipflichten, geräumt und wiederhergestellt werden, ohne jeden Versuch, seine Souveränität, deren es sich wie alle anderen freien Völker erfreut, zu beschränken. Kein anderer einzelner Schritt wird so wie dieser dazu dienen, das Vertrauen unter den Nationen in die Gesetze wiederherzustellen, die sie selbst geschaffen haben und als maßgebend für ihre Beziehungen zueinander festgesetzt haben. Ohne diesen heilsamen Schritt bleibt die gesamte Struktur und die Gültigkeit des Völkerrechts für immer geschädigt.
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Das ganze französische Gebiet muss geräumt und die besetzten Teile wiederhergestellt werden. Das Unrecht, das Frankreich im Jahre 1871 in Beziehung auf Elsass-Lothringen durch Preußen angetan worden ist und das den Weltfrieden während nahezu fünfzig Jahren beunruhigt hat, muss wieder gutgemacht werden, damit der Friede im Interesse Aller wiederhergestellt werden kann.
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Berichtigung der Grenzen Italiens nach den genau erkennbaren Abgrenzungen der Nationen.
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Den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschätzt und gesichert zu sehen wünschen, sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung zugestanden werden.
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Rumänien, Serbien und Montenegro sollten geräumt, die besetzten Gebiete zurückgegeben werden. Serbien sollte ein freier und sicherer Zugang zur See gewährt werden, und die Beziehungen unter den verschiedenen Balkanstaaten zu einander sollten durch freundschaftliche Übereinkunft nach den bestehenden geschichtlichen Richtlinien der Zugehörigkeit und der Nationalität geregelt werden. Internationale Bürgschaften für die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit sowie die Unverletzlichkeit des Gebiets der verschiedenen Balkanstaaten sollten geschaffen werden.
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Den türkischen Teilen des jetzigen osmanischen Reiches sollte eine unbedingte Selbständigkeit gewährleistet werden. Den übrigen Nationalitäten dagegen, die zur Zeit unter türkischer Herrschaft stehen, sollte eine zuverlässige Sicherheit des Lebens und eine völlig ungestörte Gelegenheit zur selbständigen Entwicklung gegeben werden. Die Dardanellen sollten unter internationalen Bürgschaften als freie Durchfahrt für die Schiffe und den Handel aller Nationen dauernd geöffnet werden.
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Ein unabhängiger polnischer Staat sollte errichtet werden, der alle Gebiete einzubegreifen hätte, die von unbestritten polnischer Bevölkerung bewohnt sind; diesem Staat sollte ein freier und sicherer Zugang zur See geöffnet werden, und seine politische sowohl wie wirtschaftliche Unabhängigkeit sollte durch internationale Übereinkommen verbürgt werden.
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Ein allgemeiner Verband der Nationen muss gegründet werden mit besonderen Verträgen zum Zweck gegenseitiger Bürgschaften für die politische Unabhängigkeit und die territoriale Unverletzbarkeit der kleinen sowohl wie der großen Staaten.