Läutet Boris Johnsons Wahlsieg das Ende des englischen Jahrhunderts ein?
Von Peter Haisenko
Die Berichterstattung der ÖRR-Medien am Wahlabend zur Parlamentswahl in Großbritannien hat mich stark erinnert an jene über die Wahlnacht als Donald Trump gewonnen hatte. Schockiert wurde angeführt, alle Stimmen seien noch nicht ausgezählt und es könnte ja noch ein Wunder geschehen. Das geschah natürlich nicht und die „Relotius“-Medien stehen dumm da.
Wer nur den ÖRR-Medien folgte, musste annehmen, dass Boris Johnson mit einer schallenden Ohrfeige abgewählt werden würde. Immer wieder wurden Bilder gezeigt von Demonstranten, die gegen den Brexit auf die Straße gegangen sind. Von Anfang an wurde suggeriert, der Ausgang des Brexit-Referendums wäre wegen Lügen und natürlich der Einmischung Russlands gegen die EU ausgefallen. Gerade die Bilder aus London waren nicht repräsentativ, denn genau dort, im Kernland England, hatte die Mehrheit für den Austritt gestimmt. In Schottland und Nordirland war man für den Verbleib. Alle Hoffnungen derjenigen, die einen Brexit unbedingt verhindern wollten, lagen in einem zweiten Referendum, das natürlich diesmal anders ausgehen sollte.
Die Frage ist: Wie lange wird es Groß-Britannien noch geben?
Diese Parlamentswahl war gleichsam das zweite Referendum. Johnson hatte ein Thema, den Brexit. Die Briten haben mit überwältigender Mehrheit für den Austritt gestimmt und natürlich sind die Gegner schlechte Verlierer. So waren sofort Stimmen zu hören, die von einer schlimmen Situation für Großbritannien sprachen. Ja, so ist das nun mal mit der Demokratie, die von Links nur gutgeheißen wird, wenn Wahlen in ihrem Sinn ausgehen. Nun kann aber niemand mehr behaupten, der Ausgang dieser Wahl wäre schlechter Information oder gar Lügen geschuldet. In den letzten Jahren sind alle Aspekte erschöpfend diskutiert worden und die Wähler wussten genauestens, worüber sie abstimmen. Sie haben auch ansehen müssen, wie ihre Demokratie verbogen worden ist, indem alle unlauteren Mittel gegen Boris Johnson auch im Parlament und in Brüssel angewendet worden sind. Man darf vermuten, dass auch das die stolzen Briten veranlasst hat, jetzt erst recht für den Austritt zu stimmen.
Was sie damit allerdings erreicht haben, ist noch nicht absehbar. Großbritannien ist zwar Nettozahler in die EU-Kasse mit etwa sechs Milliarden Euro/Jahr, was fortan im eigenen Land ausgegeben werden kann. Welche Vorteile man dafür aufgibt, wird sich erst zeigen. Doch im Finanzsektor, der für die Briten eine der wichtigsten Einnahmequellen ist, können sie jetzt noch skrupelloser vorgehen. Das wichtigste ist aber für die Briten, dass sie die alleinige und vollständige Souveränität über ihr Land zurück haben. Sie können jetzt wieder selbst darüber bestimmen, wer ins Land kommt und dort bleiben darf. So weit, so gut. Die Frage ist aber, wie lange es nach dem Brexit Groß-Britannien überhaupt noch geben wird.
Betrachten wir dazu die neue Sitzverteilung. Die SNP, die schottische Nationalpartei, hat 48 von 650 Sitze erobert. Das ist ein Fanal. Während die Schotten mit 5,4 Millionen nur etwa ein Zwölftel der Bevölkerung Großbritanniens ausmachen, haben sie jetzt mit ihrer EU-freundlichen Partei nur zehn Prozent weniger an Sitzen im Parlament. Das bedeutet zwei Fakten. Die Schotten haben nahezu geschlossen gegen Boris Johnson, also gegen den Brexit gestimmt, und im selben Maß muss es eine entsprechende Mehrheit im Kernland England geben, die für den Brexit gestimmt hat.
Das “betrügerische Seeräubervolk“ wird in Bedeutungslosigkeit versinken
Für Nordirland gilt Ähnliches. Sie nähern sich einer Wiedervereinigung mit Dublin an. In der britischen Provinz Nordirland sind erstmals mehr Nationalisten als Unionisten in das Parlament in London gewählt worden. Nationalisten wie die Parteien Sinn Fein und SDLP sind für eine Vereinigung mit dem EU-Staat Irland, Unionisten wie die DUP für einen Verbleib im Vereinigten Königreich. Die DUP büßte zwar Stimmen ein, blieb aber stärkste Partei. Stark zulegen konnte die Alliance Partei in Nordirland, die den Graben zwischen den überwiegend katholischen Nationalisten und den protestantischen Unionisten überwinden will.
Nun sieht der bislang von Johnson ausgehandelte Kompromiss für die Irlandfrage vor, Nordirland praktisch zollmäßig von der großen Insel abzukoppeln, um keine harte Grenze zwischen Irland, also der EU, und dem Norden herzustellen. Wie lange wird es da noch dauern, bis auch die Nordiren den Besatzungszustand durch England beenden und sich mit ihren Brüdern und Schwestern im Süden vereinigen wollen? So, wie die Schotten bereits ein neues Referendum zur Abspaltung von London angekündigt haben. Das wäre das Ende von Großbritannien, vielleicht sogar ohne die Waliser, obwohl das Wahlergebnis dafür noch kein Anzeichen hergibt.
Andererseits sollte man dazu einen Blick auf den Sport werfen, den Fussball. Da gibt es kein „Vereinigtes Königreich“. Die Völker auf der Insel treten mit vier Einzelmannschaften auf bei internationalen Turnieren. Da sind auch die Waliser schon getrennt von London. So ist es eigentlich nur ein kleiner Schritt, bis auch politisch nur noch der Kern übrig bleibt, England, eben das kleine „betrügerische Seeräubervolk“, wie es meine Großmutter schon immer genannt hat. Sie wusste, wovon sie sprach, denn sie hatte als Kind engen Kontakt zum britischen Adel während der Sommerfrische in Marienbad, wo sich der europäische Adel vor dem Ersten Weltkrieg routinemäßig getroffen hatte.
Mit dem Wahlsieg von Boris Johnson, also dem Votum für den Brexit, ist das Ende des „britischen Jahrhunderts“ eingeläutet worden. Das „Vereinigte Königsreich“ wird auseinanderfallen und übrig bleibt ein kleines Land, das weder wirtschaftlich noch politisch eine Rolle spielen wird. Wenn dann noch das Finanzsystem zusammenbricht, wird dort Not und Elend grassieren. Das Land, das einst 23 Prozent der Landmasse der Erde beherrschte, das unvoreingenommen betrachtet für die meisten Toten durch Gewalt und Hunger verantwortlich ist, das überall, wo es geherrscht hat, Chaos und Konflikte zurückgelassen hat, das das kriegerischste Europas ist mit der größten Armee und bis heute ursächlich für nahezu alle aktuellen Kriege und Konflikte verantwortlich zeichnet – es wird in Bedeutungslosigkeit versinken. Dann wird auch endlich die Frage auf den Tisch kommen, warum dieses Land immer noch ein Vetorecht bei allen Entscheidungen der UN hat, warum es überhaupt solche Rechte gibt.
Seien wir froh, die ewigen Bremser und Forderer nach Sonderboni los zu sein
Mit dem unausweichlichen großen Crash wird England nicht mehr die Mittel haben, Medien zu beherrschen. Das wird der Zeitpunkt sein, wenn Geschichte ohne den „englischen Filter“ wahrheitsgemäß aufgearbeitet werden kann. London wird auf den Status eines „Dritte Welt- Landes“ fallen und auf die Gnade anderer angewiesen sein, denn ohne die Finanzmacht Londons wird es alle Macht verlieren. Es wird dieses kleine Land sein, das mit seinem Untergang eine neue Weltordnung möglich macht, jenseits der imperialen Ansprüche des angelsächsischen Raums und damit hoffentlich eine Zeit des anständigen, respektvollen und friedlichen Umgangs der Nationen miteinander. Eine Zeit, die Ausbeutung und Gier verabscheut, denn das ist eines der Merkmale der englischen Imperialisten und Kapitalisten. Eine Zeit, in der andere Kulturen respektiert und nicht mehr mit Gewalt zur Demokratie „bekehrt“ werden.
In diesem Sinn sehe ich dem Brexit mit großer Hoffnung entgegen. Ich liebe Boris Johnson, den Mann, der sein Herz auf der Zunge trägt und der wahrscheinlich noch gar nicht wahrgenommen hat, was er da für sein Land angerichtet hat. Natürlich wird das alles noch etwas dauern, denn schon jetzt wird gesagt, dass die fälligen Verhandlungen noch lange dauern werden. Aber man sollte sich auch hierzu fragen, warum es so langwierig sein muss. Warum schon wieder Verträge notwendig sein sollten, die tausende Seiten umfassen und so wieder hunderte Schlupflöcher haben, an denen sich Juristen erfreuen und abarbeiten können. Wenn man wirklich zu guten Ergebnissen kommen will, sollten zehn Seiten für einen Austritts- und Handelsvertrag ausreichen. Ja, wenn man will.
Hitler hat in „Mein Kampf“ seine unsterbliche Liebe zu England erklärt und ist von London hofiert und betrogen worden. Befinden sich all diejenigen in einer Tradition mit dem „Führer“, die den Brexit beweinen und verhindern wollen, anstatt froh zu sein, den ewigen Bremser und Forderer nach Sonderboni los zu sein? Oder erkennen auch sie, was mit England nach dem Brexit geschehen könnte und wollen ihr geliebtes England vor dem Untergang retten? Ich jedenfalls weine dem Vereinigten Königreich keine Träne nach und kann auch nicht den Hauch von Mitleid empfinden, wenn tatsächlich das Schlimmste eintreten sollte. Dafür hat Großbritannien, das British Empire, zu viel Leid über Deutschland und die Welt gebracht und das muss endlich auch einmal thematisiert werden.
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