Erdogans perfides Spiel mit den Flüchtlingen und Europa schaut hilflos zu
Von Hubert von Brunn
„So etwas wie 2015 darf sich nicht wiederholen“. – Das war das allenthalben vorgetragene Mantra, wenn in den letzten fünf Jahren von Migration, Flüchtlingswelle, Einwanderung, Asyl etc. die Rede war. Jetzt sieht es so aus, als könnte es doch wieder so kommen – vielleicht sogar noch schlimmer. Erdogan treibt sein perfides Spiel – und Europa schaut wieder einmal hilflos zu. Das kann nicht gut gehen.
Seit Tagen werden uns in den Nachrichten Bilder serviert von Tausenden von Menschen die sich unter katastrophalen Bedingungen im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Griechenland aufhalten. Mit allen Mitteln, auch unter Anwendung von Gewalt, versuchen sie auf die griechische Seite und damit in die EU zu gelangen. Aber die Griechen schützen ihre Grenzen – und gleichzeitig auch die Außengrenzen Europas – und setzen dabei auch Wasserwerfer, Tränengas und Blendgranaten ein. Dieses „brutale“ Vorgehen bringt ihnen hierzulande von den Gutmenschen und Weltrettern heftige Kritik ein. Dabei tun die griechischen Sicherheitsorgane dort genau das, was jedes Volk von seiner Regierung erwarten darf: Schutz vor Eindringlingen, die sich gewaltsam Zutritt auf das eigene Staatsgebiet verschaffen wollen. Jedes Land hat das Recht und die Pflicht, sein Territorium gegen gesetzeswidrige Grenzüberschreitungen zu verteidigen. Auch die vorübergehende Aussetzung des Asylrechts muss man den griechischen Behörden zubilligen. Sie müssen handlungsfähig bleiben auch gegenüber jenen, denen es doch irgendwie gelingt die Grenzanlagen zu überwinden. Athen setzt damit ein klares Signal an reisewillige Migranten: Macht euch gar nicht erst auf den Weg, bei uns gibt es kein Durchkommen.
Sebastian Kurz will Erdogans Spiel nicht mitspielen
Unsere Green-Queen Annalena I. sieht das natürlich ganz anders. Sie fordert bereits lautstark in allen Medien, Deutschland müsse „vorausschauend“ handeln und schon jetzt „seine Flüchtlingsunterkünfte wieder aktivieren“. Für sie ist klar: „Wir müssen dringend Kontingente aufnehmen.“ – Na toll, dann druckt doch gleich mal ein paar Hunderttausend gold-umrandete Einladungskarten in Arabisch, Afghanisch, Pakistanisch und Suaheli und rollt den roten, pardon, natürlich den grünen Teppich aus von Edirne bis Berlin. Entlang der Strecke baut ihr ausreichend Imbiss-Stände auf (natürlich mit halaler Kost) und am Brandenburger Tor bekommt jeder Ankömmling sein Begrüßungsgeld in die Hände gedrückt.
Dieses fiktive Szenario mag jetzt manch einem recht zynisch erscheinen, ist es aber nicht. Vielmehr ist es absolut notwendig, dass die Signale, die von Europa aus an die potenziellen Flüchtlinge und selbstverständlich auch an die Schleuser geschickt werden, nicht dazu einladen, sich auf den Weg zu machen, sondern abschrecken. Der österreichische Bundekanzler Sebastian Kurz sieht das ganz genau so und hat sich diesbezüglich eindeutig positioniert: Die Menschen an der griechisch-türkischen Grenze würden von Erdogan „ausgenutzt“ und „instrumentalisiert“, betonte er in Interviews und machte klar: „Dieses Spiel dürfen wir nicht mitspielen.“
Was haben die Türken überhaupt in Syrien zu suchen?
Wollen wir in dieser wirren Gemengelage doch einmal ein paar Fragen auf den Grund gehen. Wer sind diese Menschen, die sich derzeit im türkisch-griechischen Grenzgebiet aufhalten? Die wenigsten sind Syrer. Vielmehr sind es Leute unterschiedlicher Nationalitäten, die schon seit Jahren in türkischen Lagern leben – wofür die EU Milliarden gezahlt hat – und die Erdogan nun mit Bussen dorthin hat karren lassen und denen er mit der falschen Versprechung „Die Grenzen sind offen“, Hoffnung gemacht hat. Die benutzt er jetzt als Geiseln, um die Europäer zu erpressen und um noch mehr Geld herauszuholen. Die echten Kriegsflüchtlinge aus der umkämpften Region Idlib sind dort noch gar nicht angekommen. Aber sie werden kommen und dann wird es für die Griechen noch viel schwerer werden, ihre Grenze dicht zu halten. Nächste Frage: Wer ist für das Desaster in und um Idlib verantwortlich? – Erdogan und niemand sonst. Assad will mit Putins Unterstützung die letzten noch verbliebenen Terroristen in seinem Land neutralisieren. Die wären auch schon längst platt und würden mit erhobenen Händen aus ihren Löchern kriechen, wenn Erdogan sie nicht mit Waffen, Munition und Lebensmitteln versorgte.
Was haben die Türken überhaupt in Syrien zu suchen? Gar nichts! Der Einmarsch der türkischen Truppen in Syrien ist völkerrechtswidrig. Er ist Ausdruck der Großmannssucht des Kalifen von Ankara, der meint, sich in seinem pathologischen Hass auf die Kurden alles erlauben zu dürfen und auf das Völkerrecht keine Rücksicht nehmen zu müssen. Ich wiederhole mich: Idlib wäre längst befriedet, wenn die Terroristen keine Nachschub mehr aus der Türkei bekämen. Und wenn dort Waffenruhe herrschte, würde sich von dort aus auch kein gewaltiger Flüchtlingsstrom mehr auf den Weg machen. Bei dem jüngsten Treffen Erdogans mit Putin in Moskau soll nun angeblich ein Waffenstillstand vereinbart worden sein. Warten wir’s ab. Die IS-Terroristen hat niemand gefragt und wer ist denn vor Ort, um dafür zu sorgen, dass die Waffen auch wirklich schweigen? Diese Vereinbarung ist genauso wertlos und letztlich lächerlich wie die unsägliche Libyen-Konferenz vor wenigen Wochen in Berlin. Was hat das ganze Theater gebracht? Nichts! Und es war auch nichts Anderes zu erwarten, wenn die Hauptakteure nicht mit am Verhandlungstisch sitzen dürfen.
Schon vor Jahren hätte man sich ernsthaft um Libyen kümmern müssen
Libyen ist das Transitland Nr. 1 für Wohlstandsmigranten aus Afrika. Hier blüht das Schleppergewerbe, von hier aus stechen die meisten überladenen Flüchtlingsboote in See. Das wissen die Europäer und deshalb hätten sie sich schon vor Jahren um Libyen kümmern müssen, und zwar ernsthaft mit wirkungsvollen Maßnahmen. Sie hätten alles dransetzen müssen, die beiden Kontrahenten in dem gespaltenen Land an einen Tisch zu bringen und ihnen konkrete Hilfestellungen anzubieten, um die von ihren Küsten ausgehenden Flüchtlingsströme über das Mittelmeer zu stoppen. Man hätte die von Macron ins Spiel gebrachte Idee zur Errichtung von Auffanglagern in Libyen aufnehmen und in die Tat umsetzen sollen. Aber kaum hatte der französische Präsident seinen Vorschlag geäußert, ging ein Aufschrei durch die europäischen Medien – allen voran natürlich die deutschen – und das hässliche Wort „Konzentrationslager“ wurde kolportiert. Macrons Idee war gescheitert – wieder einmal, weil nicht gesunder Menschenverstand, sondern verquase Ideologie das Handeln bzw. die Tatenlosigkeit bestimmte.
Bei der Gelegenheit stellt sich mir noch eine Frage, auf die ich bisher noch nirgendwo eine schlüssige Antwort gefunden habe: Wer produziert eigentlich diese großen Schlauchboote und wie gelangen die in die Hände der libyschen Schlepper? Die sind ja nicht vom Typ „knallrotes Gummiboot“, mit dem man am Sonntag gemütlich über den Wannsee schippert, sondern das sind vergleichsweise robuste, stabile Schlauchboote, wie sie üblicherweise beim Militär oder in der Seenotrettung eingesetzt werden. Wer betreibt diesen Geschäftszweig und wer verdient daran mit? Warum hat sich noch kein verantwortlicher Politiker Gedanken darüber gemacht, wie der Handel mit diesen Schlauchbooten zu unterbinden ist? Hier verhält es sich doch so ähnlich wie mit Waffen und Munition für Terroristen. Wenn der Nachschub fehlt, ist Schluss mit lustig. Wenn den Schleppern die Boote ausgehen, können sie keine Flüchtlinge mehr aufs Meer schicken. – Offensichtlich haben wir es hier mit einem lukrativen „Business“ zu tun, bei dem Leute mitmischen, die so mächtig sind, dass sich kein Journalist an der Story die Finger verbrennen will.