Einsamkeit: Der schlimmste Kollateralschaden durch Covid-19
Von Hubert von Brunn
Nun gehen wir also in das zweite Corona-Jahr und es ist abzusehen, dass es für die meisten Menschen noch unerträglicher wird als das erste. Täglich neue Horrorzahlen von Neuinfektionen und Todesfällen, mit denen das RKI die Mainstream-Medien füttert; immer weitergehende Einschränkungen der persönlichen Freiheit – nicht wenige wie Ausgangssperren und 15-km-Beschränkung, die nur absurd zu nennen sind. Worüber kaum berichtet wird, sind die mit der allgemeinen Panikmache einhergehenden „Kollateralschäden“.
Eine der niederschmetternden Erfahrungen, die ein körperlich und geistig gesunder Mensch machen kann, ist Einsamkeit. Ganz besonders betroffen von diesem Covid-19-Kollateralschaden sind die Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Da werden Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet, Kinder großgezogen und manche Entbehrung erduldet haben und jetzt im Alter nicht mehr in der Lage sind, ihr Leben selbst zu organisieren, in Isolationshaft gehalten: Kein gemeinsames Essen mehr; keine Spiele, kein Sport, keine Unterhaltung; Kein Körperkontakt, keine Umarmung, nicht einmal mehr ein Lächeln der Pflegerin, das hinter dem Mund-Nasenschutz verborgen bleibt; kein Besuch von Kindern, Enkeln, Verwandten und Freunden; kein Ausgang, nicht einmal in den Park im Rollstuhl… Nach ihrer persönlichen Befindlichkeit und Meinung werden sie nicht gefragt. Sie haben es hinzunehmen, wie man es ihnen befiehlt.
Das ist menschenunwürdig und es widerspricht unserem Grundgesetz, ART. 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ – Soll mir keiner sagen, dass man hier unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, nicht Lösungen hätte finden können, die weniger brutal, weniger menschenverachtend sind. Sicher ist, dass all die oben genannten Verordnungen „zum Schutz der Senioren“ entschieden zur Verstärkung der im Heimleben ohnehin grassierenden Vereinsamung beitragen. – Einsamkeit ist die schlimmste Strafe des Alters, Einsamkeit kann töten. Das gilt auch für alte Menschen, die (noch) nicht im Heim leben müssen, sondern durchaus noch in der Lage sind, ihr Leben in der eigenen Wohnung selbst zu organisieren. Auch sie sind jetzt mehr oder weniger von allen sozialen Kontakten abgeschnitten, von den lieb gewonnenen und sorgsam gepflegten Begegnungen mit anderen: die Skat-Runde, der Kegelabend, das gemeinsame Wandern, der regelmäßige Schwimmbad-Besuch, die Treffen in Restaurants oder Biergärten, die Lese-Abende… Alles weg. Nichts mehr, das von dem gleichförmigen Alltag ablenken und etwas Lebensfreude vermitteln könnte.
Aus anhaltender Einsamkeit erwächst Demenz
So gerne würde man über ein Buch, das man gelesen, einen Film, den man gesehen, eine Nachricht, die man gehört hat, mit einem anderen Menschen sprechen, dessen Meinung dazu erfahren, sich austauschen. Aber es ist keiner da, mit dem man reden könnte. Man muss alles mit sich allein ausmachen. Schlimmstenfalls gibt es nicht einmal für eine banale Plauderei über das Wetter, über die augenblickliche Befindlichkeit oder über den Wunsch, sich ein neues Nachthemd kaufen zu wollen, ein Gegenüber, das zuhört und dazu vielleicht auch noch etwas Konstruktives beitragen könnte. Stille. Den ganzen langen Tag über keine Ansprache. Kein Briefträger mehr, der ein Paket abgeben will, nicht einmal mehr das Telefon klingelt. „Kein Schwein ruft mich an…“
Aus anhaltender Einsamkeit erwächst Demenz. Die Gedanken kreisen um irgendwelche Ereignisse und Erlebnisse in der Vergangenheit, aber der vor einer Stunde gesehene Film oder das gerade eben geführte Gespräch – so es denn doch mal stattfindet – ist weg. Vergessen. Ausgelöscht. Nur der Ausflug in die Vergangenheit, damals, als noch etwas passiert ist, als noch andere Menschen um einen herum waren, nur das ist noch von Interesse. Das dröge Jetzt der Einsamkeit und des Verlassenseins ist völlig uninteressant. Warum sollte man sich damit beschäftigen? Es ist doch sowieso alles egal. Die monotonen Tage verschwimmen ineinander. – Diese mentale Selbstaufgabe ist fatal, denn schreitet die Demenz erst einmal fort, kommt irgendwann der Zeitpunkt, da der bis dahin noch selbständig agierende Senior sein Leben eben nicht mehr selbst organisieren kann. Dann ist auch für ihn Endstation Alten- oder Pflegeheim, wo er im Dämmerschlaf auf sein Ende wartet.
Auch am anderen Ende der Altersskala leiden viele unter Einsamkeit
Die durch die mannigfaltigen Corona-Verordnungen verursachte Einsamkeit, betrifft aber keineswegs nur die ältere Generation. Auch viele am anderen Ende der Altersskala leiden darunter: Kleinkinder, Schüler, Studenten… Zu einer gesunden Entwicklung der Kinder gehört es, dass sie ihren natürlichen Spieltrieb ausleben können. Wie soll das gehen, wenn sie ihre Spielkameraden nicht mehr sehen dürfen? Wie sollen sie Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Selbstbewusstsein, aber auch Empathie erlernen, wenn es kein soziales Spielfeld gibt, in dem sie sich mit Gleichaltrigen messen können? Wie soll ein Kind/Jugendlicher eine realistische Einschätzung erlangen über seine Talente und Fähigkeiten, aber auch über seine Schwächen, wenn es kein Gegenüber gibt, an dem es sich erproben kann? Kinder leiden extrem unter diesem Verlust von sozialen Kontakten und nicht wenige Pädagogen warnen davor, dass diese „Corona-Generation“ es im weiteren Verlauf ihres Lebens – wenn der Spuk ein Ende hat – einmal sehr schwer haben wird. Verlorene Lerninhalte lassen sich mit Fleiß und gutem Willen nachholen, frühe Erfahrungen von Isolation und Vereinsamung indes können zu nachhaltigen psychischen Störungen führen.
Das Thema Einsamkeit scheint unsere Corona-Diktatoren aber nicht zu beeindrucken. Denn wäre es so, würden sie dafür sorgen, dass die regierungstreuen Medien dieses Phänomen sehr viel stärker in ihre Berichterstattung einbeziehen. Der französische Präsident Macron hat einmal formuliert (sinngemäß): „Wir sind im Krieg. Im Krieg gegen einen unsichtbaren Feind. Im Krieg gegen das Virus.“ – Im Krieg, das lehrt uns die Geschichte und steht außer Frage, gibt es immer auch Kollateralschäden. Nicht unbedingt erwünschte, aber im Interesse des „Sieges“ unvermeidbare Verluste. All jene, die drohen, von der Einsamkeit erwürgt zu werden, haben für diesen „Krieg“ wenig Verständnis.
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Im April letzten Jahres habe ich bereits zwei ergänzende Artikel zu diesem Thema verfasst. Wenn Sie sie noch einmal nachlesen möchten – hier sind die Links.
www.anderweltonline.com/kultur/kultur-2020/aelterwerden-im-schatten-von-corona/
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20201/leben-in-zeiten-der-angst/
Was die eingangs angesprochenen Horrorzahlen angeht, mit denen das RKI täglich die Mainstreammedien füttert, lege ich Ihnen noch einmal die Analyse von Peter Haisenko ans Herz: