Grünes Licht für den Weiterbau von Nord Stream 2
Von Hubert von Brunn
Da hat Manuela Schwesig (SPD), die rührige Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, nun wirklich mal einen bemerkenswerten Coup gelandet. Mit Zustimmung einer Mehrheit im Landesparlament hat sie die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ ins Leben gerufen, um Klima- und Umweltschutz-Projekte zu fördern. Die Stiftung kann aber auch wirtschaftlich aktiv werden und will so helfen, die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 trotz US-Sanktionen fertigzustellen.
Die Stiftung wird vom Land mit einem Kapital von 200.000 Euro ausgestattet. Die Nord Stream AG hat zunächst 20 Millionen Euro für die Arbeit der Stiftung zugesichert. Langfristig sollen 60 Millionen Euro investiert werden. Laut Landesregierung könnte sie eine Art „Warenlager“ aufbauen, in dem dringend benötigtes Material und Maschinen für den Pipeline-Bau eingelagert werden. Nord-Stream-Zulieferer könnten so ihre Produkte an die Stiftung verkaufen und würden geschützt. „Ob diese Möglichkeit gebraucht und genutzt wird, hängt davon ab, ob die USA weiter auf Sanktionen gegen deutsche und europäische Firmen setzen“, erklärte Regierungschefin Schwesig. Wir erinnern uns: Vor rd. einem Jahr hat die US-Administration für einen Stopp des zu über 90 Prozent fertiggestellten Projekts gesorgt, indem sie das Schweizer Konsortium, das den größten Teil von Nord Stream 2 realisiert hat, mit heftigen Drohungen vertrieben hat. Die Schweizer haben ihr Spezialschiff zum Verlegen von Pipelineröhren abgezogen und die Arbeit eingestellt. Gewissermaßen auf den letzten Metern drohte das Projekt zu scheitern.
Die Russen waren immer zuverlässige Vertragspartner
Das vorgeschobene Argument der Amerikaner: Sie wollen verhindern, dass sich Europa und explizit Deutschland von russischem Gas abhängig macht. Noch mehr Verlogenheit geht nicht. Das einzige Interesse, das unsere amerikanischen „Freunde“ an der Sache haben, ist, dass wir ihnen ihr sehr viel teureres Fracking-Gas abkaufen und uns in der Energieversorgung lieber von den USA abhängig machen. Natürlich, das sind wir ja in vielerlei Hinsicht schon, da kommt es doch darauf auch nicht mehr an. – An der Stelle sei aber auch daran erinnert, dass wir sein vielen Jahren Gas aus Russland beziehen und diese Lieferungen stets reibungslos vonstatten gingen. Selbst zu Zeiten des „Kalten Krieges“ war die UdSSR ein zuverlässiger Vertragspartner. Wenn es einmal zu Störungen kam, dann höchstens in den Abschnitten, die durch die Ukraine führten. Nicht zuletzt um künftig jegliche Einflussnahme oder Störungen durch Drittländer zu unterbinden, wurde 2000 mit Zustimmung der EU der Bau von Nord Stream 1 als Hightech-Route für Gas aus Russland nach Europa durch die Ostsee beschlossen. Ende 2012 konnten beide Stränge der 1.224 Meter langen Pipeline in Betrieb genommen werden.
Putin ließ sich von den Drohgebärden der USA nicht beeindrucken
Als die USA im letzten Jahr in guter alter Besatzer-Manier den Baustopp von Nord Stream 2 erzwungen und mit Sanktionen gegen alle beteiligten Firmen sowie gegen den Ostseehafen Saßnitz-Mukran gedroht haben, hatten Merkel und Co. natürlich nicht das nötige Durchsetzungsvermögen, um mit der Faust auf den Tisch zu hauen und den Amis zu sagen: „Wir organisieren unsere Energieversorgung wie wir es für richtig halten und ziehen das Projekt durch“. Aber ein anderer ließ sich von den amerikanischen Drohgebärden nicht beeindrucken: Wladimir Putin. Er hat postwendend ein für diese Aufgabe taugliches Schiff aus sibirischen Gewässern in die Ostsee beordert und es für die Verlegung der letzten 150 Kilometer Pipeline umrüsten lassen. Das Schiff ist längst in der Ostsee und bereit, die Arbeiten fortzusetzen. Mit ihrem klugen Schachzug hat Manuela Schwesig nun dafür gesorgt, dass Nachschub und Lagerung von Material und Maschinen in Mukran gesichert sind. Eine Stiftung hat in Deutschland juristisch einen völlig anderen Status als ein privatwirtschaftliches Unternehmen und ist so leicht nicht aus dem Verkehr zu ziehen. Auch nicht von den Amerikanern.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt hat den Weiterbau genehmigt
Den Grünen und einigen Umweltverbänden passt das natürlich gar nicht. Ihnen erscheint eine unterseeische Pipeline in höchstem Maße umweltschädlich und Gas als Energieträger ist sowieso ganz furchtbar. Sie bezeichnen die Stiftung als Etikettenschwindel und erklären: „Mit Steuergeldern werden hier unter dem Deckmantel des Umweltschutzes Verpflichtungen des Klimaschutzes untergraben und die Klimakrise weiter angeheizt“. Dieser Logik können vermutlich nur Öko-Diktatoren folgen, in deren beschränkter Sichtweise die Notwendigkeit einer gesicherten Energieversorgung nicht vorkommt. Ganz schlau auch das Statement des Landesvorsitzenden der Grünen, Ole Krüger: „Neben der Unsinnigkeit dieses abenteuerlichen Konstruktes ist zudem höchst fraglich, ob dies wirklich vor den Sanktionen schützt“.
Die Ministerpräsidentin lässt sich von solchen dümmlichen Einlassungen nicht verunsichern und hält dagegen: Das russische Erdgas werde weiterhin als „Brückentechnologie“ für eine gelingende Energiewende gebraucht: „Wir haben schon immer die Auffassung vertreten, dass die Ostsee-Pipeline zum Klimaschutz gehört“, sagte Schwesig im Landtag. Außerdem sei der Pipeline-Bau für Mecklenburg-Vorpommern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Auch die CDU als Koalitionspartner argumentierte, die Pipeline sei wichtig für die Energiesicherheit: „Bis wir unsere Energie auf der Basis von Wasserstoff oder mittels Kernfusion gänzlich decken können, brauchen wir weiter einen halbwegs sauberen und sicher zur Verfügung stehenden fossilen Energieträger – und das ist nun mal Erdgas“, so der CDU-Abgeordnete Dietmar Eifler. Selbst die Linksfraktion im Landtag stellte sich hinter das Projekt Nord Stream 2. Sie kritisierte insbesondere die Sanktionen der US-Regierung erneut scharf: „Wir sind keine Kolonie der USA, die auf Weisungen wartet“, sagte die Abgeordnete Mignon Schwenke. Deshalb stehe ihre Fraktion auch hinter der Stiftungsgründung. Diese sei ein „entscheidender Schritt“ um die Fertigstellung der Pipeline zu ermöglichen.
Ganz aktuell: Das Bundesamt für Seeschifffahrt hat soeben die Genehmigung für den sofortigen Weiterbau der Gaspipeline erteilt. Damit ist der Weg frei zur Fertigstellung des Milliarden-Projekts.
Nachtrag: Wie ernst die Probleme mit einer zuverlässigen Energieversorgung schon jetzt sind, wird in diesem Video (17 Min.) verständlich und in gutem Bayrisch erklärt:
https://www.youtube.com/watch?v=xVgpFv8Nyuk&feature=youtu.be&fbclid=IwAR3-lsQbqnDPAhrRfMIXwp_wshhAMG9sG7KH5DOBMwMecl0QNPNdOHDs5LQ