Laschet geht auf Stimmenfang bei den Deutschtürken
Von Hubert von Brunn
Die CDU hat in den letzten Wochen und Monaten sehr viel Energie darauf verschwendet, sich selbst zu zerlegen. Immerhin hat die Union es schon geschafft, in den Umfragen hinter den Grünen zu liegen. Dame Annalena schlägt Bube Armin. Doch Laschet, der in den Medien als Kanzlerkandidat gehandelt wird, genügt das offensichtlich nicht. Der jüngste Coup in NRW ist eher geeignet, treue CDU-Wähler weiter zu verprellen.
Die von Laschet geführte Landesregierung hat nämlich gerade verkündet, sie wolle die Ditib, den größten islamistischen Verband in Deutschland, über die Gestaltung des Religionsunterrichts in NRW mitentscheiden lassen (u.a. auch die Gestaltung von Aufgaben in Schulbüchern). Das Problem dabei ist, dass die Ditib von der autoritären türkischen Religionsbehörde Diyanet nicht nur finanziert, sondern auch inhaltlich gelenkt wird.
Die Imame sind also nicht nur existenziell von ihrem Wohlverhalten gegenüber der Ditib abhängig, ihnen wird vielfach auch die Predigt vorgeschrieben, die sie beim Freitagsgebet in der Moschee zu halten haben. Jeder, der sich mit dieser Thematik beschäftigt, weiß, dass die Ditib – offiziell getarnt durch die angeblich unabhängige Religionsbehörde Diyanet – der verlängerte Arm Erdogans ist. In seinem Auftrag versucht der Verband aus Ankara heraus, eine antisemitische und türkisch-nationalistische Politik nach Deutschland zu exportieren. Dass diese Agitation Früchte trägt, haben wird gerade wieder erlebt bei den antijüdischen, israelfeindlichen Demonstrationen in den Straßen deutscher Städte. Unter den gewalttätigen Demonstranten waren nicht wenige zu sehen, die türkische Fahnen schwenkten.
Islamistische Religionsbehörde will deutsche Schulbücher mitgestalten
Welch Geistes Kind die religiösen Führer der Diyanet sind, belegt ein Tweet, den „Diyanet Deutsch“ dieser Tage abgesondert hat: „Der Babymörder Israel muss so schnell wie möglich gestoppt werden.“ Auf den Israelisch-palästinensischen Konflikt will ich hier nicht näher eingehen, aber dieser Aufruf einer islamischen Religionsbehörde macht deutlich, welcher Hass da verbreitet und gelehrt wird. Sollen derartige Statements nun also auch Eingang in die Lehrpläne von NRW finden? Dann kann das Kultusministerium ja gleich Erdogan damit beauftragen, die Passagen in den Schulbüchern, wo es um den Islam geht, selbst zu schreiben. Ähnliche Sorge hat auch die CDU-Abgeordnete Sylvia Pantel, indem sie feststellt, dass das Islamverständnis der Organisation „mit unseren freiheitlichen Vorstellungen wenig zu tun“ habe. Und weiter: „Bei diesem Thema waren wir uns doch einig, dass wir das hier nicht haben wollen.“
Jahrelang war das auch so. Bei der Schulbuchgestaltung in NRW waren die Islamisten außen vor. Jetzt haben die Ditib-Oberen mit jeder Menge Kreide im Mund verkündet, man habe sich zum „Respekt vor der Unantastbarkeit der Menschenwürde“ vertraglich verpflichtet. Diese Formulierung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wenn man unser Grundgesetz, Art. 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ als nicht verhandelbare Rechtsnorm akzeptiert und respektiert, dann muss man sich dafür nicht eigens vertraglich verpflichten. Jedem, der zu lesen versteht, springt die Doppelbödigkeit dieser Aussage ins Auge. Den Beamten in der NRW-Staatskanzlei offenbar nicht. Und auch die zusätzliche Erklärung der Ditib, das Land (die Türkei) werde das „strikt im Auge behalten“, scheint dort niemand aufzustoßen. Wenn also das Auge des Kalifen von Ankara über die Befolgung unseres Grundgesetzes wacht, kann ja nichts schiefgehen.
Laschets wahltaktisches Kalkül wird nicht aufgehen
Da drängt sich die Frage auf, welches Kalkül wohl hinter diesem Manöver stecken mag. Lange muss man nicht nachdenken, um zu der einzig plausiblen Antwort zu kommen. Laschet und seine CDU lassen nichts unversucht, um bei den Bundestagswahlen die Stimmen der Deutschtürken zu bekommen. Wenn sich da die Wahltaktiker mal nicht verrechnen. Das Gros der Deutschen mit türkischen Wurzeln interessiert die Wahlen hierzulande herzlich wenig. Nur wenn ihr verehrter Landesvater und Führer Erdogan zu den Urnen ruft, machen sie ihr Kreuzchen auf dem Stimmzettel.
Auf der anderen Seite, werden die klassischen CDU Wähler, zumal jene, die das „C“ wirklich wörtlich nehmen, womöglich ihre Gefolgschaft verweigern. Menschen, für die die Bewahrung der christlich-abendländischen Kultur eine echte Herzensangelegenheit ist, werden es nicht goutieren, wenn türkische Islamisten künftig Einfluss auf den Religionsunterricht ihrer Kinder nehmen. Um das entschieden abzulehnen, muss man kein eifriger Kirchgänger sein. In jedem Falle werden mehr angestammte CDU-Wähler ihre Stimme verweigern als die Partei von Seiten der Deutschtürken bekommen wird. Laschets wahltaktisches Kalkül wird nicht aufgehen.