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Der Wasserstoff aus der Wüste - Technisches Wissen anstelle von Wunderglauben

Von Wilfried Schuler 

Wasserstoff, dieses weitverbreitete Element, ist seit einigen Jahren in aller Munde. Es soll als Energieträger, Transportmedium und Energiespeicher dienen. Es soll die volatile elektrische Energie speichern und ihren Transport, sofern nicht direkt möglich, erleichtern helfen. Man erwartet von ihm wahre Wunderdinge, mystifiziert das Thema und lädt dem bedauernswerten Wasserstoff bleischwere Vorschusslorbeeren auf seine eigentlich schmalen Schultern. Mittlerweile mehren sich die Zweifel, ob das Federgewicht unter den Elementen die ihm zugedachten Lasten tragen kann. Kritische Betrachter haben diese Hoffnung mittlerweile aufgegeben.

Leider ist es in den letzten Jahren üblich geworden, technische Fragen, die Umwelt Klima etc. betreffen, in den Rang von dogmatischen, fast religiösen Problemen zu erheben. So etwas hilft nicht weiter. Im Gegenteil. Es reizt zum Widerspruch. Deplatziert sind Feststellungen wie, Wasserstoff sei der „Weiße Ritter“ im Dienst der Umwelt, der Retter des Planeten. Er ist auch nicht der „Champagner“ unter den Energieträgern. Und was derlei Schmonzetten mehr sind. Leute mit einem Professorentitel sollten solche kindischen Sprüche aus der Doppel-Wums-Kiste besser unterlassen. Lassen sie uns also in die Chemie und Physik aus der Mittelstufe zurückgehen, vom Anfang her Einsicht gewinnen und darauf ein eigenes Urteil gründen. 

Die Chemie des Wasserstoffs

Wasserstoff ist das einfachste und das leichteste aller Atome. Das Wasserstoff-Atom ist sehr reaktionsfähig und reagiert besonders bereitwillig und energisch mit Sauerstoff zum allgegenwärtigen Wasser, die häufigste seiner Verbindungen. Sehr wichtig für die Energiewirtschaft sind die vielen verschiedenen Verbindungen mit Kohlenstoff. Die Kohlenwasserstoffe. Mit deren einfachstem Vertreter, dem Methan, werden wir uns später kurz befassen.

Da die Alchemisten sich vorwiegend mit Erzen, Metallen und anderen mineralischen Feststoffen beschäftigten, Luft galt zu dieser Zeit noch als unveränderlicher Stoff, als Element, waren ihre Kenntnisse über Gase bis ins 17. Jahrhundert bescheiden. Bestenfalls wusste man etwas über „verbrauchte“ Luft, also die stark an Sauerstoff verarmte Luft, die nach einer Verbrennung auftrat. Diese Luft war, von a, griechische Negation und zote, zum Leben gehörig, erstickend, azote. So entstand der französische Name für Stickstoff.

Ein erster Schritt zu Erkenntnis gelang 1620 dem Franzosen Turquet de Mayerne. Seine Methode, Schwefelsäure mit Eisen reagieren zu lassen, hat sich sogar bis in den Chemieunterricht des 20-sten Jahrhunderts erhalten. Der so erzeugte Wasserstoff war allerdings nicht rein, sondern mit Luft vermischt. Prompt explodierte die Mischung und erhielt den Namen Knallgas. Als Entdecker des Wasserstoffs gilt der Engländer Sir Henry Cavendish, der 1766 Wasserstoff in reiner Form herstellte, seine Eigenschaften beschrieb und einige Konstanten ermittelte. Wichtige Beiträge lieferte auch Antoine de Lavoisier. Er erkannte, dass bei der Verbrennung von Wasserstoff Wasser entstand und schuf den Namen Hydrogenos, Wasser erzeugend. Die Arbeiten von Cavendish eröffneten neue Wege in der Herstellung von Metallen, in der Chemie der Fette und Nahrungsmittel und generell in der Organischen Chemie.

Diese Forscher der ersten Generation suchten den „Sauren Stoff“, den essenziellen Bestandteil der Säuren. Und sie fanden schließlich, dass es nicht der Sauerstoff, sondern der Wasserstoff war, der die Natur der Säuren ausmachte.  

Der Italiener Felice Fontana öffnete 1790 das Tor in die neue Zeit der Technik. Er leitete Wasserdampf über glühende Kohle und erzeugte so das erste „Leuchtgas“. Eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Diesen Prozess der Kohlevergasung hat man, in England und später in Deutschland, in den technischen Maßstab überführt. Durch den Aufschwung der großtechnischen Eisenverhüttung wurde Koks damals zum Massenprodukt und zum passenden Rohstoff. Immer standen der Kohlebergbau, die Eisengruben, die Hochöfen und die Gasgewinnung in einem engen Zusammenhang. Die „Montanindustrie“. 

Vom Stadtgas zur Gaslaterne hin zu Ammoniak 

In schachtförmigen Öfen wurde Wasserdampf über glühenden Koks geleitet. Das entstehende Wassergas, diente als „Stadtgas“ zu Leuchtzwecken. Später wurde die Verwendung auf Kochen und Heizen erweitert. Mit speziellen Verfahren konnte man bei Bedarf das Kohlmonoxid abtrennen und erhielt so reinen Wasserstoff für die Ballonfahrer und die Kapitäne der Luftschiffe ab 1910. Ein Großverbraucher, der alle anderen Abnehmer in den Schatten stellte, war ab 1914 das Haber Bosch Verfahren zur Ammoniak Herstellung. Da dieser Prozess in letzter Zeit allgemeine Aufmerksamkeit gewonnen hat, seien hier seine wichtigsten Daten genannt. Die Weltproduktion an Ammoniak liegt bei 190 Mio. Tonnen. Dazu benötigt man 34 Mio. Tonnen Wasserstoff als Ausgangsmaterial, sowie 2% der Welt-Primärenergie. Hier kann man eine Großaufgabe für die zukünftigen Beschaffer von grünem Wasserstoff erkennen.

Es liegt auf der Hand, dass die Wassergasherstellung aus Steinkohle den Zwangsanfall großer Mengen an Kohlendioxid nach sich zieht. Dieser Wert dürfte bei 15 kg CO2 pro kg hergestelltem Wasserstoff gelegen haben. Aus verschiedenen weiteren Gründen wird deshalb Wasserstoff seit dem zweiten Weltkrieg vorwiegend aus Methan oder anderen Kohlenwasserstoffen hergestellt. Trotzdem entstehen pro Kilogramm Wasserstoff immer noch 12 kg Kohlendioxid, die in der Atmosphäre landen. All das hat 150 Jahre lang eventuell sensible Chemiker, aber nie einen Politiker gestört.

Etiketten Schwindel mit dem Bunten Wasserstoff

In der heutigen Umweltliteratur findet man eine große Palette verschiedener Wasserstoff Spezies. Schwarz, grau, blau, türkis, rot, gelb und grün. Alle, außer dem grünen Wasserstoff, sind durch CO2 relevante Verfahren hergestellt worden. Anschließend wird dieses tatsächlich angefallene CO2 durch fragwürdige Manöver in seiner Menge und Bedeutung reduziert oder gar ganz bürokratisch mit Ablasshandel beseitigt. Die Medien präsentieren dann Busse, Autos und Bahnen die „umweltneutral“ mit Wasserstoff betrieben werden. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Weniger als 1% allen verwendeten Wasserstoffs verdienen das Prädikat grün. Da das Thema „Greenwashing“ nicht in diesen Text passt, werden wir es hier nicht vertiefen. 

Herstellung von grünem Wasserstoff

Die oben erwähnten Methoden der Wasserstoff Herstellung sind für wirklich Grünen Wasserstoff selbstverständlich tabu. Als Methode der Wahl kommt hier die Elektrolyse in Frage. Der benötigte Strom kann durch Windturbinen oder Solarenergie erzeugt werden. In diesem Fall stehen zwei Methoden zur Wahl, die Photovoltaik und die Solarthermik. Die Solarthermik war vor etwa 20 Jahren die billigere Methode und wurde für das Projekt DESERTEC als Methode der Wahl zur Stromerzeugung in Wüstengebieten ins Auge gefasst.

Die Solarthermik benutzt 2 Methoden, die sich im Aufbau und der Anordnung der Apparate unterscheiden.

Beim Parabolrinnen Verfahren wird im Brennpunkt einer verspiegelten parabolartigen Rinne aus Stahlblech eine Rohrleitung geführt. Die heißen Sonnenstrahlen erhitzen eine Wämeübertragungs-Flüssigkeit auf 400° C, die, wiederum durch Wärmetausch, den Heißdampf für die Turbine erzeugt.

Das Turm-Spiegel Verfahren benutzt tausende Spiegel, die auf einem viele Hektar großen Gelände aufgestellt sind. Diese Spiegel sind auf die Spitze eines 200 m hohen Turms ausgerichtet. Die dort ankommende große Energiemenge wird zum Erzeugen von Hochdruckdampf benutzt. Sowohl die Rinnen als auch die Spiegel werden computergesteuert dem Sonnenstand nachgeführt und nutzen die Strahlung optimal aus.  Solarthermische Anlagen werden so ausgelegt, dass nicht alle Energie sofort in Strom umgewandelt wird. In riesigen Tanks heizt man eine Schmelze aus Kalium- und Natriumnitrat auf. Die gespeicherte Energie kann man später in Dampf und Strom umwandeln und so auch nach Sonnenuntergang noch Strom liefern. Theoretisch wäre ein 24/24 h Betrieb möglich. Das ist eine Frage der Kosten für die beiden Salze. Und natürlich der Baukosten für die Tanks.

Das Großprojekt DESERTEC

Dieses Projekt entstand in den 2000er Jahren und geht auf Ideen des deutschen Physikers Gerhard Knies zurück. Ein Konsortium von EU-Staaten, Firmen und Banken hatte sich zum Ziel gesetzt, ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Terawattstunden pro Jahr an Energie in das europäische Stromnetz einzuspeisen. Das Investitionsvolumen wurde mit 400 Milliarden Euro veranschlagt.

Anmerkung: Eine Terawattstunde sind 1000 Gigawattstunden. Eine Gigawattstunde ist eine Million mal mehr als eine Kilowattstunde. Eine Terawattstunde sind also eine Milliarde Kilowattstunden. Insgesamt werden pro Jahr allein in Deutschland etwa 600 Terawattstunden an Strom benötigt. 

Diesen Strom wollte man in Nordafrika aus Sonnenenergie gewinnen. Die Überleitung sollte über die Meerenge von Gibraltar oder teilweise über Sardinien und Sizilien geschehen. Die Idee der direkten Stromlieferung wurde im Verlauf der Planungen aufgegeben. Da hierbei erstklassige Naturwissenschaftler, unter anderem auch das Fraunhofer Institut, beteiligt waren, legt das den Schluss nahe, dass triftige Gründe im Spiel waren. Da bereits zwei Leitungen in Betrieb waren, können keine technischen Gründe vorgelegen haben. Das Unterfangen sprengte den Kostenplan. Man hatte sich erheblich verschätzt.

Die Wasserstoff Variante von DESERTEC

DESERTEC stellte 2014 die Aktivitäten ein. Nie zu Ende gedacht wurde die Wasserstoff Variante, mit der wir uns hier beschäftigen wollen. 100 Terawattstunden pro Jahr bedeutet, dass diese Energie netto dem Netz in Europa zugeführt werden muss. Die Umwandlung der chemischen Energie des Wasserstoffs in elektrische Energie geschieht mit der Wasserstoff Brennzelle, die einen Wirkungsgrad von 0,65 hat. Deshalb muss man eine Wasserstoffmenge anlanden, die einen Energieinhalt von 100/0,65 = 154 Terawattstunden aufweist. Diese Quantität muss also tatsächlich erzeugt und transportiert werden. Da die Elektrolyse wiederum auch nur einen Wirkungsgrad von 0,65 hat, müssen 100/0,65/0,65 = 237 Terawattstunden an Solarstrom in der Wüste bereitgestellt werden. Man erkennt hier, die mathematische Tücke der Multiplikation von Faktoren kleiner Eins. Setzt man die als Solarenergie eingefangenen 237 Terawattstunden als 100%, so liefert man nur noch bescheidene 42% davon in das Netz in Europa ab. Es ist oft erstaunlich zu lesen, dass in vielen Werbetexten fröhlich und unbekümmert hin und zurück verwandelt wird. Aber auch bei durchaus guten Wirkungsgraden von 0,7 oder 0,8, beträgt der Verlust nach 3, oder gar 4 Stufen, 60-70%.

Wenden wir uns nun dem Problem zu, 154 Terawattstunden pro Jahr in Form von Wasserstoff bereit zu stellen. Weiter wurde bereits berechnet, dass 237 Terawattstunden pro Jahr an Sonnenstrom mit Hilfe der Photovoltaik zur Verfügung gestellt müssen. Nimmt man an, diese Anlage stünde in der westlichen Sandwüste, dem Erg in Marokko, so kann die Sonneneinstrahlung dort bis zu 1000 Watt/Quadratmeter betragen, in der Tagesmitte, im Sommer und bei klarem Wetter. In der Praxis rechnet man mit einem Wert von 700 Watt/Quadratmeter. Alle denkbaren Einflüsse des Wetters und der Jahreszeit berücksichtigt, kann man eine gewinnbare Energiemenge von 2200 KWh pro Quadratmeter und Jahr als Basis für weitere Überlegungen annehmen.

Für 237 Terawattstunden pro Jahr wären dann 108 Quadratkilometer Photovoltaik Paneele nötig. Eine Zahl, die Ehrfurcht gebietet.

Die Sahara ist kein Sandkasten. Die Sandwüste, das Erg, macht weniger als ein Drittel aus. Die Steinwüste, Hamada auf Arabisch, ist der größere Teil. Hier liegen Schotter oder hausgroße Felsbrocken. Hochgebirge bis 3800 m. Tief eingeschnittene Wadis, durch die Flutwellen brausen können. Und sei es einmal in 100 Jahren. Und dieser Tag kann nächste Woche sein. Auch das Erg hat seine Tücken. Der Sand hat schon Siedlungen verschüttet und Oasen und Täler eingeebnet. Im Verein mit dem Wind setzt er jedem Bauwerk zu. Ein 2-4 m hohes Solarpaneel stellt hier kein Hindernis dar. Allein durch den Einbau dieser Hindernisse auf riesigen Flächen, können, ja müssen sich die Strömungsmuster des Windes ändern. Dieser Wanderdünen Effekt kann unliebsame Überraschungen verursachen. Kurz einzuflechten bleibt hier die Tatsache, dass ein Solarpaneel nur den kleineren Teil der Sonnenenergie in Strom umwandelt. Der größere Rest verbleibt und erhöht messbar und dauernd die Umgebungstemperatur. Ein bisher wenig beachteter Punkt. Genau wie die Windturbinen, übt auch die Solartechnik einen messbaren Einfluss auf das lokale Mikroklima aus.

Ohne Zweifel werden allein die Bauarbeiten ein Logistik Problem aufwerfen. Die Stadt Safi liegt ca. 350 Straßenkilometer westlich am Atlantik. Dazwischen erstreckt sich der Hohe Atlas. Es gibt eine Straße mit 2100 m Passhöhe. Eine recht ordentliche Straße, aber eben nur ein kleiner St. Bernhard auf dem Stand von 1970. Der Endpunkt dieser Straße ist die Stadt Quarzazate. Nennenswerte Fernstraßen nach Süden, Osten oder Norden gibt es ab hier nicht. Durch die Gegend fließt der Oued Dàdes. Er wird im Stausee von Mansour Eddabhi gestaut. Sein Wasser reicht gerade aus, um die Oasen in den Schluchten des Draa zu versorgen. Das letzte Rinnsal verliert sich in der Wüste. Hier Wasser für ein Heer von vielen tausend Bauarbeitern oder hunderttausende Tonnen Beton abgreifen zu wollen, würde einen Bürgerkrieg heraufbeschwören. Woher soll also das Wasser kommen? Das Wasser für die Bauarbeiten und den Betrieb der Anlagen steht lokal nicht zur Verfügung. Die Oasenbewohner werden es sich auf keinen Fall abgraben lassen.

Zwar gibt es im Oktober und im März Regenfälle im Atlas und die Gipfel sind im Winter verschneit. Das gesamte Angebot an Niederschlagswasser ist aber eher knapp bemessen und ist allein der Landwirtschaft in den Oasen vorbehalten. Es muss also entschieden werden, ob der Sonnenstrom zum Atlantik geleitet wird und die Elektrolyse dort vorgenommen wird, oder ob eine Pipeline über die Berge in die Wüste gebaut wird. Das Wasser für die Bauarbeiten muss auf jeden Fall vom Atlantik beschafft werden. Die Entfernung und vor allem die Beschaffenheit des Terrains sind schwierig, wie oben beschrieben. Der Atlas ist ein beeindruckendes Hochgebirge und ein gewaltiges Hindernis. Mit der Wasserbeschaffung steht oder fällt das Projekt.

Die Wasserelektrolyse

Weiter oben ist der Wirkungsgrad der Elektrolyse mit 0,65 genannt. Da die Verluste hauptsächlich Energieverluste sind, kann man annehmen, dass die 154 Terawattstunden äquivalente Menge an Wasserstoff erzeugt werden muss und kein Wasser oder Wasserstoff dabei verloren geht. Da ein kg Wasserstoff bei der Verbrennung 39,4 KWh liefert, entsprechen die 154 Terawattstunden einer Masse an Wasserstoff von 3,9 Mio. Tonnen.

Es müssen also 3,9 Mio. Tonnen Wasserstoff pro Jahr erzeugt werden. Dabei entstehen als Zwangsanfall 31,2 Mio. Tonnen Sauerstoff. Als Ausgangsprodukt werden 35 Mio. Kubikmeter Wasser benötigt. Zu dieser Menge kommt das Wasser für das Personal sowie Wasser für Reinigung der Paneele und sonstige Betriebszwecke.

Das Riesenproblem mit der Logistik

Da selbst hochkomprimierter, also auf einen Druck von 600 bar gebrachter Wasserstoff, nur eine Dichte von 46g/l aufweist, ist sein kostengünstiger Transport eine nahezu unlösbare Aufgabe. (Anmerkung: ein Autoreifen wird mit etwa 2,5 bar betrieben.) Auch ein großer LKW bewegt zwar 12 bis 14 Tonnen Stahl, aber nur 4 Tonnen Inhalt zum Ziel. Wegen der dreifach höheren Dichte ist das Verhältnis beim Sauerstoff günstiger aber immer noch unbefriedigend. 35 Millionen Tonnen Gase, in Druckbehältern, per LKW über die Berge zu schaffen, ist unmöglich. Aber auch die Verladung auf ein Seeschiff ist kein einfaches Unterfangen. Ein 200.000 BRT-Tanker kann nur 10.000 bis 11.000 Tonnen Wasserstoff oder 30.000 Tonnen Sauerstoff laden. Die Zahlen, 350 Tankerladungen für den Wasserstoff und 1040 Ladungen für den Sauerstoff, muten abenteuerlich an. Auch das maritime Transportproblem kann unter den gegebenen Umständen nicht gelöst werden.

Obige Berechnung ist für den idealisierten Betrieb, quasi netto, angestellt worden. Die benötigte Energie zum Betrieb der Pipeline, für die Entsalzung des Seewassers, die Komprimierung und den Abtransport der beiden Gase, ist erheblich. Ein zusätzlicher Energiebedarf von 30-35% ist hier erforderlich. Es wäre dem Image des Projekts sicher nicht dienlich, diese Energie in Form von Dieselöl bereit stellen zu wollen. Konsequenterweise müsste die Fotovoltaik-Anlage und die Elektrolyse um 1/3 größer und teurer ausfallen als oben kalkuliert. Nur so könnte der Gesamtkomplex autark arbeiten und die benötigte Prozess Energie/Transportenergie in Form von Wasserstoff in Eigenregie beschaffen. Es versteht sich, dass der Wasserverbrauch mit dem gleichen Faktor vergrößert werden muss. Ebenso die Menge des Sauerstoffs.

Schlussendlich müsste eine Energiemenge von 315 Terawattstunden pro Jahr bereitgestellt werden. Daraus würden 5,2 Millionen Tonnen Wasserstoff hergestellt. Wovon 1,3 Mio. Tonnen für Eigenbedarf verbraucht werden müssen. Abzüglich der Verluste und dem Eigenverbrauch, kämen von den ursprünglich erzeugten 315 Terawattstunden noch 100 Terawattstunden im europäischen Netz an. 215 Terawattstunden, entsprechend 69%, werden durch Verluste und Eigenverbrauch der Nutzung entzogen.

Selbst in den üblichen, meist euphorischen Medienberichten, dringt langsam die Erkenntnis durch, dass der Abtransport des Wasserstoffs eine sehr heikle Angelegenheit ist. Da in diesen Fällen der beginnenden Vernunft der entstehende Sauerstoff noch vollkommen ignoriert wird, vervielfacht dieser durch sein unvermutetes Erscheinen das Problem sogar noch. Sauerstoff wird in Europa mit erheblichem Energieaufwand hergestellt. Wenn er nun als „ungeliebtes“ Nebenprodukt anfällt, kann man ihn nicht wegwerfen. Man muss deshalb in den sauren Apfel beißen und ihn seiner Verwendung zuführen. Koste es, was es wolle.  Wasser besteht nur zu 11% aus Wasserstoff aber zu 89% aus Sauerstoff. Das ist die Crux. 

Zum bitteren Ende. Wo bekommt man in der Wüste eine Wassermenge her, die, je nach Jahreszeit, den halben Edersee füllen könnte? Man kann vermuten, dass den Mitgliedern des DESERTEC Konsortium eines Tages klar wurde, dass sie mit 400 Milliarden Euro ihr Ziel niemals erreichen würden. Damit war das Projekt abgeschlossen. Die Frage, zu welchen Kosten eine Neuauflage möglich wäre, steht im Raum. Dieser Betrag wird Ehrfurcht erregen. Ob Robert Habeck und seine Mannschaft schon eine Vorstellung haben? Es wäre hoch an der Zeit, damit heraus zu kommen. 

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