Kiew will Moskau zur Kriegerklärung treiben
Von Peter Haisenko
Streng formalistisch betrachtet gibt es seit 80 Jahren keinen Krieg mehr. Zu einem „richtigen“ Krieg gehört eine Kriegserklärung und seit dem 11. Dezember 1941 gab es keine mehr gegen Staaten. Dementsprechend kann es auch keine Friedensverträge geben, nur die Beendigung von Überfällen.
So ganz stimmt es nicht, dass es keine Kriegserklärungen mehr gab, aber es waren keine „klassischen“. 1948, noch am Tag der Gründung des Staates Israel, erklärten alle Nachbarn Israels Israel den Krieg und es begann ein einjähriger Krieg. Allerdings war es auch da so, dass diese Kriegserklärung gegenüber einem Staat erfolgte, der von ebendiesen Nachbarn nicht als solcher anerkannt wurde. So war und ist es bis heute nicht möglich, dieser Kriegserklärung einen Friedensvertrag folgen zu lassen. Wie kann man Frieden schließen mit einem Staat, den man nicht anerkennt? In diesem Sinn sind im Fall Israels Parallelen zu erkennen zu dem, was sich jetzt auf dem Gebiet der ehemaligen Ukraine abspielt.
Die zweite Kriegserklärung erfolgte 2001, nachdem das World Trade Center in New York gesprengt worden ist. Aber auch dieser Kriegserklärung fehlten jegliche Kriterien, die eine „richtige“ Kriegserklärung benötigt. Die USA erklärten den „Krieg gegen den Terror“ und so eigentlich gegenüber der ganzen Welt, sobald sich jemand gegenüber den USA nicht beugen will. „Der Terror“ ist aber kein Staat, dem man den Krieg erklären könnte. In diesem Sinn sollte man aufmerksam werden, wenn die USA darüber „nachdenken“, Russland oder einen anderen Staat zum „Terror-Staat“ zu erklären. Und auch da gilt: Wie kann man diesen Krieg gegen den Terror beenden? Kann man mit dem „Terror“ einen Friedensvertrag abschließen? Auch dieser „Krieg“ ist angelegt für die „Ewigkeit“.
Eine Kriegserklärung ist die letzte Warnung
Als vor einem Waffengang noch obligatorisch eine Kriegserklärung stehen musste, war diese sinnvoll. Es war die letzte Warnung, dass man von jetzt an seine Interessen mit Gewalt durchsetzen will. So konnte der „Feind“ immer noch klein beigeben, um den Krieg zu verhindern. Jedenfalls theoretisch. Oder es lief anders herum, dass ein Staat bereits gegenüber einem anderen kriegerische Handlungen begangen hatte und der angegriffene dann dem Angreifer den Krieg erklärte, um seiner Reaktion einen rechtlichen Rahmen zu geben. Das wiederum erlaubte dann, im Rahmen der Abwehr auch auf feindliches Gebiet vorzudringen. Damit bin ich mitten in den Vorgängen, die jetzt auf dem Gebiet der ehemaligen Ukraine zu beobachten sind. Auch dort gibt es – noch – keine Kriegserklärung. Tatsächlich gibt es im Machtbereich Kiews keinen Krieg, sondern nur vereinzelten Beschuss und der darf als Vergeltungsaktionen gewertet werden. Siehe hier:
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20231/es-gibt-keinen-krieg-in-der-ukraine/
In diesen Ausführungen zu obigem Artikel habe ich noch geschrieben, dass ich mir nicht sicher bin, inwieweit Vergeltungsaktionen zulässig sein können. Mittlerweile habe ich darüber weiter nachgedacht und bin auf Israel gestoßen. Die israelische Regierung erlaubt sich seit Jahrzehnten massive Vergeltungsaktionen, unverhältnismäßige, gegenüber Palästinensern. Zumindest im Wertewesten gibt es dagegen keinerlei Einwände und so gehe ich davon aus, dass Vergeltungsaktionen im Wertekanon des Westens als zulässig klassifiziert werden. Das muss dann auch auf Russland und die Ukraine zutreffen. Begrenzte Vergeltungsaktionen sind also offensichtlich zulässig, auch ohne eine Kriegserklärung. Vor allem dann, wenn sie so durchgeführt werden, dass Zivilisten nach Möglichkeit geschont werden. Das trifft zu auf die Schläge des russischen Militärs auf kriegsrelevante Einrichtungen im Kiewer Machtbereich.
Keine Waffen für einen „richtigen“ Krieg
Nach meinen Ausführungen wird auch verständlich, warum vor allem die USA stets darauf beharren, keine Waffen an Kiew zu liefern, die das Staatsgebiet der Russischen Föderation erreichen können. Einen offiziellen Krieg zwischen der Kiew-Ukraine und der Russischen Föderation gibt es nicht. Das will aber die Junta in Kiew ändern. Ein offiziell erklärter Krieg würde alles ändern. Dann wäre es nämlich nach Völker- und Kriegsrecht zulässig, ja geradezu geboten, Angriffe tief ins Hinterland des jeweiligen Feindes zu tragen, ohne Rücksicht auf zivile Opfer oder zivile Einrichtungen.
Dass das im Fall der Ukraine nicht so ist, mag man auch daran ermessen, dass Russland bis jetzt die Städte Kiew, Lemberg oder Odessa nicht beschossen hat. Nicht einmal das Kriegsministerium wurde zerstört. Das steht im Widerspruch zur westlichen „Berichterstattung“, die immer von Angriffen auf Kiew spricht, obwohl nur kriegswichtige Anlagen außerhalb der Städte Ziel der Angriffe sind. Die Menschen in Kiew wissen das und ignorieren ausgerufene „Luftalarmmeldungen“, ausgenommen die üblichen Schafe, die ihrer Regierung alles glauben.
Kiew beschießt Zivilisten
Im Gegensatz dazu beschießt die Kiew-Armee seit neun Jahren zivile Ziele in den neuen Volksrepubliken im Osten der ehemaligen Ukraine. Bei diesem Beschuss sind mehr als 14.000 Zivilisten ermordet worden und massive Schäden an der Infrastruktur müssen registriert werden. Man denke nur an den zerstörten Flughafen von Donezk, der erst kurz vorher neu aufgebaut worden ist. Die Junta in Kiew beansprucht für sich das Argument, dass diese Republiken nicht existieren, also immer noch zu Kiew gehören, und dass es legitim ist, Teile des eigenen Landes in Schutt und Asche zu legen. Und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht, das wurde von offizieller Kiewer Seite so formuliert. Siehe hier:
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20231/selenskijs-berater-wir-haben-das-recht-alles-zu-zerstoeren/
Im Prinzip gibt es innerhalb der Ukraine eine Kriegserklärung gegen die eigene russischsprachige Bevölkerung. Man verbietet ihr die Muttersprache und wer sich dagegen zur Wehr setzt, ist zum Abschuss frei gegeben. Wiederum rein formalistisch kann man aber der eigenen Bevölkerung keinen Krieg erklären. Es ist eine interne Angelegenheit und auch Hitler hat den Juden in Deutschland nicht den Krieg erklärt. Man kann aber in beiden Fällen von einem geplanten Genozid sprechen und wie im Fall des Dritten Reichs müsste die Weltgemeinschaft hier eingreifen. Gegen die Kiew-Junta. Das tut aber der Wertewesten nicht und wir sind wieder so weit, dass gesagt werden darf, „nur ein toter Russe ist ein guter Russe“. Und wieder nein, das habe ich mir nicht ausgedacht.
Tote Russen sind eine gute Investition
Es war der US-Senator Lindsey Graham, der gegenüber Selenskij gesagt hatte: „Die Russen sterben – das ist das Beste, wofür wir je Geld ausgegeben haben". Diese Aussage ist derart untragbar, dass in den westlichen Medien sofort behauptet wird, Graham hätte das so nicht gesagt. Man bedenke aber dazu, dass Graham seit vielen Jahren als antirussischer Hardliner bekannt ist. Der 67-Jährige sorgte bereits 2022 international für Schlagzeilen, nachdem er zur Ermordung des russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgerufen hatte. Wer lügt also hier?
Seit einigen Monaten wird die russische Region Belgorod immer wieder von ukrainischer Seite aus beschossen. Belgorod liegt in der Russischen Föderation an der nördlichen Grenze der Ukraine, weit ab jeglicher Frontverläufe. In der Region Belgorod gibt es keine kriegsrelevante Struktur. Während der letzten Tage sind sogar Soldaten oder Söldner von der Ukraine aus über die russische Grenze dort eingedrungen und haben zerstört und gemordet. Sie haben sich dabei US-amerikanischen Geräts bedient, zum Beispiel der leicht gepanzerten „Humwees“. Das aber wird in Washington nicht gelobt. Man weiß in Washington um die möglichen Implikationen. So bemüht sich auch Selenskij abzustreiten, er wäre verantwortlich dafür. Aber sogar CNN weiß das besser. Ich zitiere:
CNN nähert sich der Wahrheit an
Tatsache sei, dass die ukrainischen Terroristen bei ihrem Angriff auf das Gebiet Belgorod US-Ausrüstung verwendeten, die das Pentagon an Kiew geliefert hatte. Washington versuche jetzt, alle davon zu überzeugen, dass es den Ukrainern nicht erlaubt hätte, die von den USA erhaltenen Waffen zu benutzen, um das von den USA als russisch anerkannte Territorium anzugreifen. "Die US-Regierung hat die Lieferung von Waffen an Drittländer oder paramilitärische Gruppen, die nicht den ukrainischen Truppen angehören, nicht genehmigt, und die ukrainische Seite hat auch nicht darum gebeten", sagte Pentagon-Sprecher General Patrick Ryder und versprach, dass die USA dies genau beobachten würden.
Ein CNN-Korrespondent widerlegte jedoch ganz offen die Behauptungen der Sabotagegruppe, dass sie unabhängig gehandelt hätten, und zitierte Quellen, die bestätigen, dass Kiew von den Plänen der Terroristen gewusst hat. Außerdem wird in dem Bericht behauptet, dass die Einheiten selbst direkt den ukrainischen Streitkräften unterstellt seien. Was wird hier also gespielt?
Wer respektiert (noch) das Völkerrecht?
Russland hält sich an Völker- und Kriegsrecht, versucht es zumindest. Wenn aber Kiew mit Soldaten in anerkannt russisches Staatsgebiet eindringt, dort mordet und zerstört, verändert sich alles. Dann wird der angebliche russische Angriffskrieg zu einem Verteidigungskrieg, der es erlauben würde, massive Schläge gegen Ziele innerhalb der Restukraine zu führen. Binnen Stunden würde es das Kiewer Kriegsministerium nicht mehr geben. Das aber käme den Kriegstreibern im Westen sehr gelegen, denn dann könnte die westliche Propagandamaschine richtig loslegen. Russland hingegen hätte sich auf das Niveau der US-Überfälle begeben. Moskau will das nicht und das weiß auch Selenskij. Dennoch tut Selenskij alles, diesen Zustand herzustellen. Das wiederum macht dem Westen Angst und Teile der offiziellen Berichterstattung kippen bereits.
So hat sogar das deutsche ÖRR-Fernsehen darüber berichtet, dass der Anschlag auf die Brücke über den Kertsch sehr wohl von Kiew organisiert war, obwohl das bislang heftig abgestritten worden ist. Die kurze Meldung lautet: "Mehr als sieben Monate nach der Explosion auf der Krim-Brücke hat der ukrainische Geheimdienstchef Wassil Maljuk die Beteiligung Kiews daran erstmals offiziell bestätigt. 'Da es sich hierbei um einen Logistikweg handelt, den wir dem Feind abschneiden mussten, wurden entsprechende Maßnahmen ergriffen', sagte der Chef des Inlandsgeheimdienstes SBU in einem Youtube-Interview des ukrainischen Journalisten Dmitro Komarow. Details des Einsatzes nannte er nicht." Allein das würde eine Kriegserklärung Seitens Moskau an Kiew nach Völkerrecht erlauben.
Die NATO soll für Kiew kämpfen
Die Junta in Kiew versucht von Anfang an den Westen, die NATO, in den Krieg hineinzuziehen, von dem sie wissen, dass sie ihn nicht gewinnen können. Sie wissen aber auch, dass es ebendieser Westen war, der Kiew erst diesen Krieg und seine andauernde Fortsetzung aufgezwungen hat. In der üblichen Arroganz dachte man wohl im Westen, mit der Lieferung von NATO-Waffen und Ausbildung ukrainischer Soldaten nach NATO-Standards könnte Russland schnell in die Knie gezwungen werden. Das hat sich aber als kapitaler Irrtum herausgestellt und alle gelieferten Waffensysteme werden reihenweise entzaubert. Es ist auch das erste mal, dass sich NATO-Waffen mit einem ernstzunehmenden Gegner messen müssen. Die Erkenntnisse daraus sind niederschmetternd und so entwickelt sich eine Distanz zwischen Washington und Kiew.
Kiew will die NATO hineinziehen und Washington will genau das vermeiden. Kiew versucht, einen offiziellen Kriegszustand herzustellen, Moskau zu einer Kriegserklärung zu bewegen, denn erst dann könnte sich die NATO zu einer „Schutzaktion“ für Kiew hinreißen lassen. Aber die USA haben das Debakel im Georgienkrieg nicht vergessen. Schon damals sind die amerikanischen F 16 von russischen Jets ohne Eigenverluste vom Himmel geputzt worden. Verstehen wir jetzt, warum die USA so zögerlich sind mit der Lieferung ihrer Kampfflugzeuge? Die Lieferung solange herauszögern, bis diese Sonderoperation sowieso beendet ist. Dazu sollte auch noch das Debakel mit dem Munitionsmangel der NATO-Staaten nicht übersehen werden.
Die ukrainischen Nationalisten sind vom Hass zerfressen
Selenskij und seine Junta wissen das, aber blinder Hass und Zerstörungswut lassen sie ihr mörderisches Spiel weiter spielen. Sie wussten, dass Bachmut/Artjomowsk nicht zu halten ist und genau deswegen haben sie dafür gesorgt, dass dort nur Ruinen übrig bleiben. So, wie in Mariupol und beides mal hat das zehntausende junge Männer das Leben gekostet. Jede weitere Lieferung westlicher Waffen an Kiew wird weitere junge Männer das Leben kosten. Etwa fünf bis zehn mal mehr auf ukrainischer Seite als auf der russischen.
Aber für Senator Graham und andere Kriegstreiber zählt wohl nur, dass Russen getötet werden. Moskau hingegen handelt nach wie vor so, dass nach Möglichkeit keine Zivilisten zu Schaden kommen. In diesem Sinn wird sich Moskau nicht dazu hinreißen lassen, Kiew den Krieg zu erklären. Sie wissen, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein wird, bis sich Washington von Kiew abwendet, auch weil sie zu oft von dort belogen worden sind, und die Kiew-Armee dann kapitulieren wird. Dann wird die Restukraine entwaffnet, in den neuen Republiken endet das Morden und Russland hat seine Ziele der Sonderoperation erreicht. So ganz nebenbei, sozusagen als „Kollateralnutzen“, wird die NATO als zahnloses Kätzchen zurückbleiben, das sich eben nicht mit einem wehrhaften Gegner anlegen kann. Genau das hat eben bis jetzt noch nie stattgefunden.
Nachtrag:
Gerade wird gemeldet, dass von Kiew einige Drohnen beladen mit Sprengstoff nach Moskau geschickt worden sind. Darf das als Vergeltungsaktion für Vergeltungsaktionen gewertet werden? Im Prinzip schon, aber die Angriffe Kiews haben eine andere Qualität als diejenigen Russlands. Russland greift nur militärische Objekte an, auch in der Nähe von Kiew, während Kiew sowohl in Donezk, Belgorod und jetzt eben Moskau wahllos auf Zivilisten und zivile Objekte schießt. Irgendwie muss es doch möglich sein, Moskau zu einer Kriegserklärung zu treiben.
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Wer mehr über den Geisteszustand der ukrainischen Nationalisten erfahren will, dem sei der zweite Band des autobiographischen Romans „Der Weg vom Don zur Isar“ empfohlen. Wie der Autor berichtet, haben schon 1944 die Anhänger Banderas Jagd auf „Moskali“ gemacht und diese ermordet, wann immer sie konnten. Auch Polen blieben nicht verschont und dieser Hass ist bis heute nicht untergegangen. Nach Lektüre dieses einmaligen Werks werden Sie besser verstehen, was heute in der Ukraine abläuft. Bestellen Sie Ihr Exemplar direkt beim Verlag hier.