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Vom Wesen der Nachricht - Wa(h)re Nachrichten - Eine Neudefinition

Von Dan Mueller 

Teil eins 

Was ist eine Nachricht? Die Antworten auf diese Frage werden sicher kontrovers ausfallen, je nach Standpunkt des Befragten. Doch abseits aller Erklärungen, etymologischer Herleitungen und subjektiver Annäherungen sollen uns Nachrichten informieren über die Welt, in der wir leben und in der wir uns bewegen, und das möglichst wahrheitsgemäß. Das dürfte eine Interpretation sein, der die meisten Nachrichtenkonsumenten zustimmen können. 

Mit der Wahrheit ist das aber so eine Sache, denn sie ist standortabhängig, interpretierbar und oft mit Ansichten des eigenen Weltbilds vermengt, und somit - ein Paradoxon - subjektiv. Wenn Nachrichten, und das liegt wohl in der (menschlichen) Natur der Sache, schon keine objektive Wahrheit vermitteln können, so sind sie doch zumindest realitätsnah oder transportieren ein Abbild der Realität - oder eines Teils davon. 

Ist dem so? 

Sie ahnen es: wie bei vielen Dingen ist auch in dieser Frage die Welt nicht in ein einfaches Schwarzweiß getaucht, sondern unterliegt vielfältigen Grauschattierungen. Interpretieren wir den Begriff „Nachrichten“ wörtlich, kommen wir auf Assoziationen wie „sich nach etwas richten“, einer Art Anweisung, oder „etwas nachträglich richten“, im Sinne von „wieder geradebiegen“. Letzteres war in der jüngeren Vergangenheit öfter zu beobachten bei Terroranschlägen, die verdächtig nach „Attentaten unter falscher Flagge“ rochen, und bei denen die Nachrichten nach wenigen Stunden einen anderen „Spin“ (Medien-Neudeutsch für „Dreh“ oder „Richtung“) nahmen. Oder bei der Anzahl der Demonstranten bei der „Querdenken“-Demonstration im August 2020 in Berlin, die im Laufe der Stunden offiziell immer weniger wurden - während umgekehrt das Tempo, mit dem der österreichische Politiker Jörg Haider 2008 in den Tod gerast sein soll, in proportionalem Verhältnis zum zeitlichen Abstand seines Ablebens immer weiter zunahm. 

Was also ist eine Nachricht, was macht ihr Inneres aus? 

Da die direkte Antwort ebenso plakativ und nichtssagend wäre wie eine propagandistische Phrase, erscheint es angebracht, sich ihr indirekt zu nähern: mit einer Gegenfrage. Nach deren Beantwortung nichts mehr so sein wird wie zuvor, der Schleier der Unwissenheit für immer zerrissen sein und ein Zurück in deren Unschuld es nicht geben wird. Doch statt der Vertreibung aus dem Paradies erwartet uns eine ebenso erhellende wie befreiende intellektuelle Reise. Beißen wir also wie Adam und Eva in den bittersüßen Apfel der Erkenntnis, wohlwissend, daß er uns anschließend um so saurer aufstoßen wird. 

Eine ernüchternde Erkenntnis  

Und hier ist sie nun, die Frage der Fragen, die wir uns so langsam wie eine zartschmelzende Schokolade auf der Zunge zergehen lassen sollten: Was haben eben diese Tafel Schokolade, eine Waschmaschine und ein Sofa mit einer Nachricht gemein? 

Sie sind Handelswaren. 

Waren unterliegen einem Herstellungs- und Produktionsprozess; ihre Erzeugung benötigt und verbraucht Ressourcen – und ja, auch die Zeit ist eine solche. Dieser Prozess beinhaltet ebenso eine Auftragserteilung wie eine Planung, und die Produktion unterliegt den bekannten hierarchischen und administrativen Abläufen. Grundsätzlich werden Handelswaren mit einer Gewinnerzielungsabsicht hergestellt, sie sollen sich also gut verkaufen und von der Zielgruppe akzeptiert und/oder gekauft werden. Dafür setzt der Verkäufer Marketing- und Werbetechniken ein, und das auch bei Waren, die nur eine indirekte Gewinnerzielungsabsicht haben (wie beispielsweise bei Werbeartikeln).

Auch Nachrichten durchlaufen also, wie alle anderen Waren, einen Produktionsprozess, und auch sie verbrauchen Ressourcen. Nachrichten sollen, so wie andere Waren, Gewinn erzielen oder zumindest einen dem Hersteller angemessenen Nutzen bringen - und dafür müssen sie sich gut verkaufen. Hierfür werden Marketing und Werbung bemüht, und es werden auch Nachrichten beworben. Am augenscheinlichsten wurde dies in den 90er Jahren, als das staatliche Fernsehmonopol gefallen war und die Privatsender eine ernstzunehmende Infrastruktur für eine eigene Berichterstattung aufgebaut hatten. Plötzlich mußten die Staatssender Werbung für ihre eigenen Nachrichtensendungen machen, weil sie Zuschauer an die Konkurrenz verloren und damit ihre Werbeeinnahmen sanken. 

Nachrichten unterliegen also, wie alle anderen Handelswaren auch, den Gesetzen des freien Marktes. Es sei denn, es gibt keinen solchen - wegen politischer (SPD-Medienimperium) oder oligarchischer (Medien- und andere Konzerne) Einflussnahme oder gar Monopole, oder weil der Staat und seine Parteien, wie heutzutage in der Post-Merkelrepublik, sich über vielerlei Kanäle in die Presse hineinkauft (Anzeigenschaltungen des Bundes, Verlagsunterstützung durch Beihilfen). 

Doch auch dann haben Nachrichten ihren Preis. 

Von Wahrheit & Glauben 

Wissen können wir nur, was wir selbst erfahren haben, alles andere glauben wir – oder auch nicht. Das aus Erfahrung geschöpfte Wissen und der Glaube (und auch der Glaube, zu wissen) bestimmen unser Weltbild, unsere Wahrheit. Wahrheit ist demnach subjektiv, um nicht zu sagen: relativ, abhängig vom Standpunkt der Betrachtung. Und doch suggerieren uns die Medien und ihre Macher, objektive Wahrheiten zu verkaufen. Der intrinsische Wert der Handelsware „Nachricht“ lautet: „Wahrheit“. 

Was aber hat eine Schokolade mit Wahrheit zu tun? Oder eine Waschmaschine? Was ist die Wahrheit eines Sofas?

Kein Hersteller sagt uns, daß Schokolade bei übermäßigem Verzehr abführend wirkt oder die Sitzgarnitur nach der nächsten Saison bereits wieder unmodern anmutet. Oder interessiert es beim Verkaufsgespräch, daß die Waschmaschine die Umwelt belastet und sich bei unsachgemäßem Gebrauch in teuren Schrott verwandelt? Die Ware soll verkauft werden, und daher wird sie aufgehübscht - das ist die Realität. Und wer in der Realität nach Wahrheit sucht, flüchtet sich auch schon mal in den Glauben. 

Was also hat eine Nachricht mit Wahrheit gemein? Spätestens jetzt sind Sie in der Lage, sich diese Frage selbst zu beantworten. Und die Realität einer Nachricht - wenn wir schon nicht von „Wahrheit“ sprechen wollen – orientiert sich an der des ihr zugrundeliegenden Marktes. Der wiederum nach Gewinn strebt – Geld regiert die Welt. Und leider auch die Nachrichtenwelt. Nachrichten sind Waren und ihre Produktion - oder auch ihr Nichterscheinen - ist käuflich. Und nochmal: leider. Die Welt ist eben, wie sie ist. Auch wenn mir das, und nicht nur mir, zugegebenermaßen nicht gefällt. 

Unabhängig und frei?  

Nachrichten werden also hergestellt, um ver- und gekauft zu werden, mit einer Gewinnerzielungsabsicht - wie immer diese auch aussehen mag -, und dienen als Verpackung für einen möglicherweise untergeschobenen Inhalt? Kann man so sehen, muß man aber nicht. Immerhin, und mit diesem Glauben wachsen wir auf, leben wir in einer Demokratie mit Meinungsfreiheit und vielfältiger Presse. Und die, das lernen wir schon in der Schule, ist unabhängig und frei. 

Journalisten – auch sogenannte freie, die nicht für ihr eigenes Medium arbeiten – befinden sich im oder in einer Art Angestelltenverhältnis und müssen die Arbeitsanweisungen ihrer Vorgesetzten ebenso befolgen wie der Chefredakteur die Direktiven seines Herausgebers. Oft werden schon im Arbeitsvertrag die Grenzen der Berichterstattung mehr oder weniger deutlich gezogen; die Springer-Medien sind hierfür das bekannteste Beispiel. Wobei viele Kollegen vor allem der öffentlich-rechtlichen Medien zu berichten wissen, daß manche Vorgaben – vorzugsweise jene, die sich mit dem Berufsbild nicht vereinbaren lassen – indirekt und oft auch unausgesprochen in den Redaktionssitzungen vermittelt werden. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang, daß auch Journalisten Rudeltiere der Gattung Mensch sind; soll heißen: nur begriffsstutzigen, wahrheitsbewegten oder sonstwie quertreibenden Qualitätsfedern droht nach dem Wink mit dem Zaunpfahl das Abseits oder, bei besonders renitenten Verfechtern ihrer Profession, auch schon mal der Rausschmiß (was heutzutage beinahe schon einem Ritterschlag gleichkommt). 

Verlage und Sender in Privathand verbreiten die Sichtweise des Eigners, Staatsmedien dagegen grundsätzlich die Sichtweise des jeweiligen politischen Systems, wenn nicht sogar der jeweiligen Regierung. Manchmal hat sogar eine Regierung ihr eigenes Medium, wie die „Deutsche Welle“, die direkt dem Bundeskanzleramt unterstellt ist. Um das zu verschleiern, erfanden die Besatzungsmächte einen neuen Terminus technicus für ihre Propagandasender, die als Medienwesen in den Besitz der jungen Bundesrepublik übergingen: „öffentlich-rechtlich“ - ein nichtssagender Kunstbegriff, der von der staatstragenden Eigenschaft ebenso ablenken soll wie von der politisch genehmen Einflussnahme über Rundfunkräte und parteibeflissenem Führungspersonal. Eine Einflussnahme, die solche Ausmaße angenommen hat, daß der Publizist Hugo Müller-Vogg die Mitarbeiter der „Öffentlichrechtlichen“ als „politische Aktivisten“ bezeichnet und der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Dr. Hans-Georg Maaßen in den Staatsmedien aufgrund „ihrer unglaublichen Machtfülle“ sogar „eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ sieht - und damit unausgesprochen einen Fall für seine ehemalige Behörde. 

Eine Neudefinition des Begriffs „Nachricht“  

Nachrichten, um es noch einmal zusammenzufassen, haben also nichts mit „Wahrheit“ zu tun, sondern nähern sich bestenfalls der Realität an. Sie sind nichts anderes als Waren, die hergestellt und ver- und gekauft werden. Und werden sie als Endprodukt verschenkt, bezahlt der naive Nutzer mit der Unschuld seines Glaubens. Weshalb es an der Zeit ist, den Begriff der „Nachricht“, diese interpretationsschwangere Worthülse, neu zu definieren: 

Eine Nachricht ist eine bewußt er- und bearbeitete Information, die, wie jede andere Handelsware auch, einen Produktionsprozess durchläuft und in Gewinnerzielungsabsicht hergestellt und vertrieben wird. Gemäß Angebot und Nachfrage werden diese Waren zu interessengeleiteten Informations- oder Desinformationseinheiten zusammengefaßt, durch verschiedene Medien in verschiedenen Darstellungsformen den jeweiligen Zielgruppen angeboten und dort unter dem Oberbegriff „Nachrichten“ vermarktet. 

Ende Teil eins 

Hier geht es zu Teil II  

Anmerkung der Redaktion:
Beispielhaft zitieren wir aus der Unternehmensverfassung des Springer-Konzerns: 

Der Axel Springer Verlag besitzt als einziges unabhängiges Verlagshaus eine Unternehmensverfassung. Sie besteht aus fünf Präambeln. Alle sind Bestandteil der Redakteursverträge im Axel Springer Verlag.

Die fünf Grundsätze lauten:

1. Eintreten für die friedliche Wiederherstellung der deutschen Einheit in Freiheit, nach Möglichkeit in einem vereinten Europa. Dieser Grundsatz wurde 1990 im Jahr der Einheit geandert in: das unbedingte Eintreten für den freiheitlichen Rechtsstaat Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas;

2. das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen, hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes;

3. die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika;

4. die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus;

5. die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft.

Die Essentials haben nach dem Tod Axel Springers zwei Aktualisierungen erfahren:

1990 wurde der erste Grundsatz nach der Einheit dahingehend geändert, dass Deutschlands freiheitlich-westliche Orientierung und die europäische Integration zu fördern seien.

Nach den Terroranschlägen in New York und Washington vom 11. September 2001 formulierte die Springer-Unternehmensleitung den USA-Grundsatz. Mit ihm entsprach sie der starken Verbundenheit des Verlagsgründers mit den Vereinigten Staaten und positionierte den Axel Springer Verlag mit Unternehmenssitz in Berlin und Verlagszentralen in Hamburg und München auch hierdurch als internationales Medienunternehmen.

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