Wie klug ist Russlands Kriegstaktik?
Von Peter Haisenko
Der Verlauf der Kampfhandlungen in der Ukraine ist beispiellos. Es treffen Waffengattungen aufeinander, deren Indienststellung fünf Jahrzehnte zurückliegt auf solche, die auf dem neuesten Stand der Technik sind. Drohnen haben noch nie eine derartige Rolle gespielt. Wie ist Russlands Taktik angesichts dessen zu beurteilen?
Die Masse der Kiewer Waffen stammt noch aus Sowjetbeständen. Obwohl sie folglich auf dem Stand der Technik von vor dreißig Jahren sind, erweisen sie sich als wirksam. Die Menge an Soldaten, die in der Kiewer Armee dienen, übertrifft alle anderen westeuropäischen Staaten. Die aktuellen Kampfhandlungen haben gezeigt, dass kein westeuropäisches Land der Kiewer Streitmacht hätte Paroli bieten können. Seit neun Jahren wurde Kiew mit NATO-Waffen und Training aufgerüstet. Dennoch ist zu beobachten, dass Kiews Soldaten der russischen Armee nicht standhalten können.
Bevor man sich mit der russischen Kriegstaktik beschäftigt, sollte geklärt werden, welche Ziele Moskau hat. Da wird viel dummes Zeug ventiliert, obwohl man nur Putin zugehört haben müsste, um die klar umrissenen Ziele zu kennen. Das Morden an Zivilisten in der Ostukraine muss beendet werden. Kiews Schergen muss es unmöglich gemacht werden, weiterhin zivile Ziele im Osten zu beschießen und noch mehr als die bereits 14.000 ermordeten Zivilisten umzubringen, die während der letzten neun Jahre dort den Tod gefunden haben. Wie Putin sagte: Wir haben diesen Krieg nicht begonnen, aber wir werden ihn jetzt beenden.
Neue Grenzen sollen Frieden ermöglichen
Der Kreml will das Territorium der ehemaligen Ukraine neu ordnen, so ordnen, dass dauerhafter Frieden möglich wird. Dass ethnische Gegebenheiten respektiert werden, die eine Aufteilung der riesigen Landmasse der Ukraine von Anfang an unumgänglich gemacht hätten, um nicht ein ewiges Pulverfass zu haben. Moskau will die Bedrohung Russlands durch die Faschisten in Kiew beenden, die im Auftrag der NATO/USA schon für einen Krieg gegen Russland aufgerüstet haben. Was immer von der Ukraine übrig bleiben wird, muss sich zur Neutralität verpflichten und darf keinesfalls der NATO beitreten. Die Gebiete, die mehrheitlich von russischstämmigen bewohnt werden, sollen sich selbst frei entscheiden, ob sie zu Kiew oder Moskau gehören wollen. In den vier neuen Volksrepubliken hat diese Abstimmung bereits stattgefunden und Russland verteidigt diese Volksentscheide. Die Kampfhandlungen finden bis jetzt nur innerhalb dieser neuen Republiken statt.
Kiew betreibt seit neun Jahren Völkermord an Russen, die das Pech hatten, Kiews Machtbereich zugeordnet worden zu sein. Der Gebrauch der russischen Sprache wurde verboten in Schulen, Universitäten, Fernsehen und Ämtern. Auch jegliche Oppositionsparteien wurden verboten. Denkmäler, die an russische Helden des WK II erinnern, wurden und werden abgerissen und russische Literatur ist geächtet bis verboten. Kiew proklamiert das Ziel, so viele Russen wie möglich zu töten.
Ukrainisch bleibt Amtssprache in den neuen Volksrepubliken
Im Gegensatz dazu ist die ukrainische Sprache in den vier neuen Volksrepubliken nach wie vor zweite Amtssprache und Ukrainisch wird in Schulen gelehrt. Putin, Russland, sagt ganz klar, dass sie die ukrainische Kultur keinesfalls zerstören wollen. Sie wollen nicht einmal Ukrainer töten, es sei denn, es sind Soldaten, die sie angreifen. Das das keine leeren Worte sind, zeigt sich auch darin, wie wenige Zivilisten durch russischen Beschuss ums Leben gekommen sind.
Kiews Soldaten beschießen hingegen andauernd zivile Objekte mitten in Städten und verursachen so täglich etliche Tote im Osten und das ohne jeglichen militärischen Nutzen. Russland hingegen beschießt nur militärische Objekte. Es sind Falschmeldungen, wenn behauptet wird, Russland hätte diese oder jene Stadt beschossen. Ziele dieser Beschüsse sind ausschließlich Anlagen außerhalb der Städte, die militärische Einrichtungen beherbergen. Vergessen wir nicht: Russland liefert immer noch Gas an die Ukraine, eben weil Moskau das zivile Leben nicht zum Stillstand bringen will.
Russland vermeidet unnötiges Blutvergießen
Doch nun zur aktuellen Frontlage. Es ist schwer zu verstehen, warum Russland die starken Befestigungen westlich Donezk noch nicht ausgehoben, gestürmt hat, von denen aus die Stadt Donezk täglich beschossen wird. Kiews Leute haben sich dort während der letzten neun Jahre solide eingegraben und es wäre sehr verlustreich, diese Befestigungen anzugreifen. Es wäre ein Blutbad auf beiden Seiten. So hat die russische Militärführung das erstmal zurückgestellt mit dem Ziel, diesen Bereich demnächst von hinten aufzurollen oder zu warten, bis sich die Soldaten dort ergeben, wegen Mangels an Nachschub. Das schont Menschenleben auf beiden Seiten und damit bin ich mitten in der russischen Taktik angekommen.
Während der ersten Monate der Sonderoperation hat das russische Militär schnelle Geländegewinne erzielt und dann den Vormarsch gestoppt. Etwa 80 Prozent der neuen Volksrepubliken wurden von Kiews Terror befreit. Auch aus logistischen Gründen war der weitere Vormarsch nicht empfehlenswert und hätte die russische Armee zu viele Menschenleben kosten können. In der Folge hat sich die russische Armee entlang der etwa 1.000 Kilometer langen Front eingegraben und Befestigungen errichtet, die sogar von amerikanischen Fachleuten als beispielhaft in ihrer Qualität bezeichnet werden.
Wie wären die USA vorgegangen?
Jeder, der etwas von Kriegstechnik versteht, hätte abgeraten, diese Linien anzugreifen. Eben so, wie Russland die Schützengräben vor Donezk links liegen lässt. Wäre das aber ein Krieg der USA, also die USA in der Rolle von Russland, dann hätte das Pentagon schon Schwärme von B 52-Bombern geschickt, die mit tausenden Tonnen Bomben die Schützengräben in eine Mondlandschaft ohne Leben verwandelt hätten. Mit der bekannten Menge an Blindgängern, die noch über Jahrzehnte Opfer fordern. Ebenso wäre die Stadt Kiew nur noch ein Trümmerhaufen. Dieses brutale, menschenverachtende Vorgehen ist aber nicht die Art von Russland. Vergessen wir nicht: Russland will die ukrainische Nation nicht auslöschen. Auslöschen wollten England und die USA Deutschland und wir Deutsche sollten uns erinnern, was die mit den deutschen Städten gemacht haben. Ich erinnere hierzu auch an die Rheinwiesen, wo die USA mindestens eine Million deutsche junge Männer verrecken ließen. Sehen Sie dazu den Bericht eines US-Soldaten, den Sie hier herunterladen können.
Die russische Armee hat sich also entlang der Frontlinie eingegraben in der Hoffnung, dass Angesichts der Unmöglichkeit, diese Befestigungen zu stürmen, Verhandlungsvernunft den Russlandhass überwinden könnte. Aber genau das will der Westen, die NATO/USA nicht. Die wollen Russland maximalen Schaden zufügen – wie Korea, Vietnam und und und. Zudem sind es ja „nur“ Ukrainer, die sinnlos in den Tod geschickt werden. Dennoch muss festgestellt werden, dass diese Taktik Kiews und des Westens voll daneben geht. Auch die schönsten Vorzeigewaffensysteme der NATO werden großflächig neutralisiert, entmystifiziert. Zehntausende ukrainische Soldaten sind in den Minenfeldern gestorben und dort befindet sich jetzt der größte Schrottplatz Europas. Russlands Soldaten haben hingegen nur minimale Verluste zu verzeichnen, eben weil sie sich sicher eingegraben haben und nahezu ohne logistische Probleme Unmengen an Granaten und Drohnen auf die Angreifer abschießen können.
Der Vergleich mit WK I trifft nicht
Die Zustände in den Schützengräben sich nicht mit denen im WK I zu vergleichen. Wie gesagt, heutzutage könnte man die Gräben mit einem Bombenteppich platt machen. Diese Option bestand vor hundert Jahren nicht. Genauso wenig wie die Möglichkeit, tief im Hinterland Logistik zu zerstören. Kiew selbst hat Mangels Luftwaffe auch nicht die Möglichkeit, die russischen Gräben anzugreifen. Es ist auch kein Stellungskrieg, wo sich beide Seiten auf Rufweite in Schützengräben gegenüber stehen. Die bemitleidenswerten Soldaten Kiews werden gezwungen, über freies und vermintes Gelände in ihren Tod zu laufen. Sie müssen sterben, auch wenn sie in einem Panzer sitzen.
Russlands Taktik ist klug. Sehr klug und sie bewahrt vor eigenen Verlusten. Man lässt den Gegner anlaufen und beobachtet, wie viele Soldaten und Material dabei verloren gehen. Zwischendurch werden Aufstellungsräume im Hinterland unter Beschuss genommen ebenso, wie Ansammlungen westlicher Söldner und auch von NATO-Soldaten weit im Westen der Ukraine gezielt ausgelöscht werden. Kiews Verluste sind enorm. Die NATO hat selbst ihre Arsenale geleert und kann kaum noch Nachschub an Waffen und Munition liefern. So ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Kiews Armee kapitulieren wird. Je intensiver sie gegen die russischen Stellungen anrennen, desto eher wird die Kapitulation erfolgen. Einfach deswegen, weil Kiew Soldaten und Material ausgegangen sind.
Russland wird seine erklärten Ziele erreichen
Dann aber wird durchgeführt werden, was Russlands Ziele sind. Der gesamte Oblast Odessa wird zu Russland kommen und die Restukraine wird keinen Zugang mehr haben zum Schwarzen Meer. Das wird ohne weiteres Blutvergießen ablaufen, einfach mit Referenden entschieden werden. Odessa wie alle anderen Städte, die noch unter der Kontrolle Kiews stehen, werden nahezu unbeschädigt bleiben und es wird die Hoffnung geben, zu einem langen Frieden zu finden. Die Restukraine wird der NATO nicht beitreten dürfen. Sie wird sich zur Neutralität und Demilitarisierung verpflichten müssen. Auch Russland wird beim Wiederaufbau helfen, so, wie es ja auch jetzt noch Gas liefert.
Bei all dem sollte noch ein Blick auf die Angriffe Kiews auf russisches Territorium, Brücken und Moskau direkt geworfen werden. Allesamt zivile Ziele ohne militärischen Wert. Was bezweckt Kiew damit? Zum einen natürlich, Terror auszuüben, gegen Zivilisten, so, wie es das schon seit neun Jahren in Donezk tut. Zum anderen aber versucht Kiew so Moskau zu verleiten, als Vergeltung zivile Ziele in ukrainischen Städten anzugreifen. So will Kiew dann „beweisen“, wie skrupellos Putin persönlich ist und dem Westen Argumente liefern, dass Russland mit allen Mitteln zerstört werden muss.
Darauf wird sich Moskau aber nicht einlassen. Es widerspräche seiner Grundphilosophie. Die russische Armee wird weiter zusehen, wie sich Kiews Truppen vor ihren Befestigungen selbst aufreiben. Zwischendurch wird Russland an einigen Stellen vorrücken und so die Frontlinie weiter stabilisieren. Russlands Kriegstaktik ist klug, schont Menschenleben, vor allem die eigenen, und die Zeit arbeitet für Russland. Ich denke, der Unterschied zwischen amerikanischer und russischer Kriegsführung ist deutlich genug geworden und damit auch, wer wirklich für Frieden kämpft und nicht aus schierer Macht- und Zerstörungslust.