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Die selektive Amnesie der westlichen Politik
Von Peter Haisenko
Wer ein Problem lösen will, nicht nur übertünchen, der muss zuerst die Ursache des Problems ergründen. Das gilt für die Medizin, Technik, Wirtschaft und natürlich auch die Politik. Die westlichen Politiker versuchen aber, Probleme vom Ende her zu bearbeiten, anstatt die Ursachen zu benennen.
Ganz aktuell müssen wir beobachten, wie im Israel-Iran-Konflikt der Auslöser für die letzte Eskalation einfach ausgeblendet wird. Der wie üblich „brutal“ genannte Vergeltungsschlag des Iran wird in den freien Raum gestellt, als ob es den vorhergehenden Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus nicht gegeben hätte. In gleicher Weise wird der 7. Oktober letzten Jahres behandelt, als ob es vorher keinen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern gegeben hätte. Mit der Ukraine müssen wir dasselbe Vorgehen beobachten. Der Beispiele gibt es viele und die gehen zurück bis tief ins 19. Jahrhundert.
Wenn das Kind im Brunnen liegt, ist es zu spät
Ich will an einem Beispiel aus meinem Leben verdeutlichen, worum es mir hier geht. Für mehr oder weniger frische Kapitäne bei der Lufthansa ist es obligatorisch, an „Kapitänsseminaren“ teilzunehmen. Da werden einem dann Weisheiten beigebracht, dass man seinen Kopilot nicht „Arschloch“ nennen soll. Aber es gab auch praktische Übungen. Es wurde eine völlig verfahrene Situation vorgegeben und ich wurde aufgefordert zu beschreiben, wie ich damit umgehen wollte. Diese Antwort habe ich verweigert. Mit dem Argument, dass ich mein Kapitänspatent zurückgeben müsste, wenn ich es zugelassen hätte, überhaupt in eine derart eskalierte Situation zu kommen. Ein guter Kapitän hätte so rechtzeitig eingreifen müssen, dass es eben nicht so weit kommen kann. Ich regte an zu schulen, wie man rechtzeitig erkennen kann, wann eine Situation aus dem Ruder zu laufen droht und wie man bereits da damit umzugehen hat. Nach einer kurzen Diskussion gab es Zustimmung zu meiner Position.
Die Fliegerei war für mich eine gute Schule für das Leben als solches. Ich habe viel über Psychologie gelernt und vor allem, wie sich Unfälle entwickeln. In der Luftfahrt werden Unfälle solange analysiert, bis der Punkt gefunden ist, von dem an der Unfall unvermeidlich war. Aber man geht noch weiter. Es wird analysiert, an wie vielen Stellen und wie man hätte eingreifen können oder müssen, damit man nicht zu dem Punkt gekommen wäre, an dem der Unfall unvermeidlich war. Nur so können Schlüsse gezogen werden, wie Verfahren oder Technik geändert werden müssen, um die Wahrscheinlichkeit eines ähnlichen Unfallverlaufs zu minimieren.
Warum wird in der Politik nicht genauso verfahren?
Ich fürchte, die Antwort ist so einfach wie schrecklich: Irgendjemand wollte den „Unfall“ oder im schlimmsten Fall den Krieg. Dieser Jemand oder die vielen Jemande haben überhaupt kein Interesse, dass ihre schändliche Vorarbeit bekannt wird. Insbesondere wenn die tatsächlichen Kriegsverursacher den Krieg gewinnen, werden sie die Geschichte so schreiben, fälschen, dass ihre Rolle nicht mehr zu erkennen ist. Es war Churchill, der dazu sagte: „Die Geschichte wird gnädig mit mir umgehen, denn ich werde sie schreiben.“ Nun ist es nicht so einfach, dokumentierte Ereignisse glaubhaft umzuschreiben. Muss man auch nicht. Es geht einfacher. Man muss nur im Ablauf des Geschehens einen geeigneten Zeitpunkt auswählen, von dem an die eigene Vorarbeit nicht mehr offensichtlich ist. Alles, was vorher geschah, wird der großen Amnesie überantwortet und schon kann Ursache und Wirkung vertauscht werden.
Will man tatsächlich zu einer friedlichen Welt finden, ist es unumgänglich, die wahren Ursachen, die Anstifter und Verursacher eines Kriegs aufzudecken und zu benennen. Und zwar auch diejenigen, die schon sehr weit zurück liegen können. Nehmen wir aktuell Israel. Wäre dieser Staat nicht gegründet worden, gäbe es die aktuelle Situation nicht. Das ist banal und so muss man weiter zurück gehen und fragen, warum dieser Staat überhaupt gegründet worden ist, ja gegründet werden musste. Und ein klares Nein, Hitler war nicht die Ursache. Aber wer dann? Wer hat den Hass zwischen Juden und Palästinensern hergestellt? Und warum? Man erinnere sich: Palästina gehörte zum Osmanischen Reich und so lange das so war, lebten Juden und Araber friedlich zusammen. Dann hat England das Osmanische Reich zerschlagen und der Ärger nahm seinen Lauf. Wer es genauer wissen will, der möge sich diese PDF hier herunterladen.
Nur Aufklärung aller Seiten kann Frieden bringen
Ich bin der Überzeugung, dass Frieden im gesamten Nahen Osten nur möglich sein kann, wenn den Menschen dort, auf beiden Seiten, vermittelt werden kann, wer den Hass hergestellt hat und warum. Die Menschen müssen zuerst erkennen können, dass sie auf beiden Seiten Opfer einer perfiden Politik geworden sind, die keine der beiden Seiten wollte. Dasselbe gilt für die Ukraine, allerdings mit einem Unterschied. Die nationalistischen Ukrainer, die Jünger Banderas, pflegten schon seit mehr als 100 Jahren einen abgrundtiefen Hass gegen Russen und Moskau. Umso einfacher war es, dafür zu sorgen, dass dieser Hass offen ausbrechen und auf die Spitze getrieben wird. Es war übrigens das Deutsche Reich, das hierfür 1917 die Grundlage gelegt hat, als es den ersten ukrainischen Staat deklamiert hatte, um ihn gegen Moskau zu instrumentalisieren.
Nach 1990 haben US-Strategen offen publiziert, dass sie diese kurze Strategie des DR weiter verfolgen wollen. Aber erst nachdem ihnen Putin den endgültigen Zugriff auf Russland und seine Bodenschätze entrissen hatte, wurden sie ernsthaft aktiv. Wie Washington offen zugibt, haben die USA bis 2013 fünf Milliarden Dollar „investiert“, um den Putsch auf dem Maidan herzustellen. Das war der Anfang der offenen Russophobie und der Anfang des Mordens in der Ostukraine. Es war Bürgerkrieg mit Tausenden Toten russischstämmiger Zivilisten. Dann kam der Betrug von Merkel, Hollande und Poroschenko mit den Minsk-Abkommen, die nur dem Zweck dienten, Kiew gegen Russland aufzurüsten. Das heißt unzweideutig, dass dieser Krieg dort bereits 2014 begonnen hatte. Hier sind wir wieder an der Stelle, wo im Westen alles, was vor dem 22. Februar 2022 abgelaufen ist, der kollektiven Amnesie überantwortet worden ist. Nur so ist es möglich, Russland andauernd eines „brutalen Überfalls und Angriffskriegs“ zu bezichtigen. So, wie es jetzt auch mit dem Iran gemacht wird, indem der Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus einfach ausgeblendet wird.
Die CIA hat den demokratischen Iran zerstört
Doch werfen wir dazu noch einen Blick auf den Nahen Osten. Wie ist der andauernde Ärger mit dem Iran und dann Syrien entstanden? Dass es Syrien überhaupt als Staat gibt, ist die Folge der Zerschlagung des Osmanischen Reichs durch die Briten. Aber das hätte noch nicht zu den aktuellen Zuständen führen müssen. Es war die CIA, die 1949 einen Putsch in Syrien organisierte und erst dadurch konnte Assad der ältere später an die Macht kommen. Darüber finden Sie nichts in den üblichen Medien. Im Iran gab es bis 1952 die demokratisch gewählte Regierung Mossadeqh. Die hat den Briten den Zugriff auf das Iranische Öl genommen und für das eigene Volk reklamiert. Zur Erinnerung: Die Briten haben das Öl auf eigene Rechnung ausgebeutet und für den persischen Staat blieb weniger, als in England für dieses Öl Steuern einkassiert wurden. Die geschwächten Briten konnten Mossadeqh nicht selbst stürzen und so hat die CIA das für sie übernommen. Es war übrigens der Neffe von FDR, Franklin Delano Roosevelt, dem ehemaligen US-Präsidenten, der diese Operation durchgeführt hat.
Hätte man zu diesem Zeitpunkt den Iran einfach seinen demokratischen Weg gehen lassen, hätte es keinen Schah Reza Pahlavi und seinen grausamen Geheimdienst Savak gegeben und es gäbe heute keinen Mullah-Staat und auch keinen Konflikt mit Israel. Und wieder müssen wir erkennen, dass die wahren Ursachen für alle Konfliktsituationen mit dem Iran dem Vergessen überantwortet worden sind. Das gilt auch für den Irak. Es waren wieder die USA, die erst Saddam Hussein gehätschelt und bewaffnet haben, dann den Überfall des Irak auf den Iran befördert haben um dann Saddam zum Teufel zu deklarieren und den Irak zu zerstören und Saddam zu ermorden. Das war die Grundlage, dass ein sogenannter IS überhaupt entstehen konnte und die folgenden Flüchtlingsströme nach Europa und vor allem Deutschland. Nicht zu vergessen die Vernichtung von Gaddafis Libyen, die erst die Migrantenströme über das Mittelmeer ermöglicht hat.
Die perfide Politik der selektiven Amnesie
So ist festzustellen, dass es keine aktuellen Konflikte oder Kriege gibt, die nicht ursprünglich auf das Treiben Englands und später der USA zurückzuführen sind. Man muss nur weit genug in die Vergangenheit sehen, um das erkennen zu können. Bis tief ins 19. Jahrhundert. Und wie ist das dann mit Deutschland? Dem Deutschland, das seit 78 Jahren das Büßerhemd tragen muss? Ohne die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, den Ersten Weltkrieg, hätte es keinen Führer Hitler gegeben. Wer also den Ersten Weltkrieg angezettelt hatte, ihn unbedingt brauchte, der muss letztlich auch für Hitler und die folgenden Gräueltaten verantwortlich zeichnen. Es ist mit Dokumenten belegt, dass der deutsche Kaiser den WK I bis zur letzten Minute verhindern wollte, aber auch das wurde von den Siegern mit dem Bann des Vergessens belegt.
Warum wurde „vergessen“, in den Nürnberger Prozessen die Bombenabwürfe der Luftwaffe auf englische Städte abzuhandeln? Weil man sich dann auch mit den Zerstörungen der Alliierten der deutschen Städte hätte befassen müssen. Die wurden also auch der kollektiven Amnesie zugeordnet und bis heute klein geredet. So, wie die völkerrechtswidrigen Angriffe der USA und ihrer Vasallen auf Libyen, den Irak, Afghanistan und etwa 50 andere kleinere Angriffskriege. In allen diesen Fällen werden nur noch die Folgen dieser Angriffskriege beklagt, nicht aber die vorangegangenen Ursachen und deren Täter.
So täuscht die westliche Politik die Menschen, indem man den Zeitpunkt für die Betrachtung der Abläufe so setzt, dass die wahren Gründe für die entstandenen Zustände unsichtbar gemacht werden. So wird die Illusion aufrecht erhalten, dass England und die USA immer nur die Guten sind und selbstverständlich nur für das Gute und Demokratie Zivilisten en Masse umbringen. Kann man da anders, als vom „Imperium der Lügen“ zu sprechen? Aber diese Lügner sind sehr geschickt. Darin sind sie echte Profis, seit Jahrhunderten.
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