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Die Überheblichkeit des Westens gipfelt in „Strafzöllen“
Von Peter Haisenko
Seit langer Zeit haben wir uns daran gewöhnen müssen, dass die USA alles und jeden „bestrafen“ mit Sanktionen und Embargos. Die EU macht immer brav mit. Jetzt sehen wir uns mit einer neuen Variante konfrontiert: Strafzölle.
Die EU will Strafzölle gegen Chinas Autoindustrie verhängen. Sieht man bei Wikipedia rein, dann findet man mehrere Arten von Zöllen. Nach Strafzöllen sucht man vergebens. So muss man davon ausgehen, dass Strafzölle eine neue Erfindung sind. Zölle an sich sind, richtig angewandt, manchmal einfach notwendig. Wenn die Produktionsbedingungen in einem Herstellerland günstiger sind als im anderen, dann kann es manchmal angeraten sein, Schutzzölle zu etablieren. Ich meine damit, wenn die Lohnstruktur weit unter der eines anderen liegt oder Umweltstandards ignoriert oder umgangen werden, dann müssen Zölle erhoben werden, um die Sozialstruktur im eigenen Land erhalten zu können. Das kann so weit gehen, dass mit Hilfe von Zöllen ganze Industriezweige vor der Abwanderung in Billiglohnländer geschützt werden müssen. Das sind Schutzzölle.
Manchmal, wenn ein Land große Außenhandelsdefizite hat, müssen auch Zölle erhoben werden, um das Importvolumen zu reduzieren. Keiner dieser Zölle hat etwas mit bestrafen zu tun. Zölle helfen, eine ausgeglichene Handelsbilanz aufrecht zu erhalten oder wieder herzustellen. Welchem Zweck sollen aber Strafzölle dienen? Wer soll bestraft werden und wofür? Wer maßt sich an, einen anderen Staat bestrafen zu wollen? Ach ja, ich vergaß! Das „Weltgericht“ in Washington und jetzt auch in Brüssel verhängt schon lange Strafen gegen alle, die sich gegen ihre Diktate wehren. Es ist müßig daran zu erinnern, dass diese Strafaktionen mit keinem internationalen Recht in Einklang zu bringen sind.
Kinder werden mit Strafen erzogen
Ungehörige Kinder werden bestraft. Verbrecher werden bestraft, aber erst, nachdem ein ordentliches Gericht sie für schuldig befunden hat. In der BRD ist es aber sogar so, dass Verbrecher eigentlich nicht bestraft werden sollen, sondern mit pädagogischen Maßnahmen in die Gesellschaft wieder eingegliedert. So können Strafmaßnahmen auch als Erziehungsmaßnahmen bezeichnet werden. Muss man also davon ausgehen, dass Staaten, gegen die Strafen verhängt werden, erzogen werden sollen? Aber was ist das für eine selbstherrliche Einstellung, wenn sich Staaten anmaßen, andere Staaten erziehen zu wollen? Impliziert das nicht, dass der Erzieherstaat auf dem hohen Ross sitzt, über das einzig zulässige Politikmodell zu verfügen und sich natürlich im Besitz der einzig zulässigen Wahrheit befindet. Die Konsequenz kann dann nur sein, Nachrichten aus anderen Ländern zu verbieten. Zum Beispiel „Russia today“ zu verbieten. Ach ja, in Hitlers Reich war das so und auch unter Stalin. „Feindsender“ abhören konnte schnell im Gefängnis und mit dem Tod enden.
Wer bestrafen will, muss das auch können. Schon die Lehrer kennen dieses Problem in der Schule. Sie können kaum noch Schüler betrafen, auch wenn es wirklich angebracht wäre. Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Wirtschaft des Westens der des Ostens klar überlegen. Es gab kaum Güter, die der Westen aus dem Osten brauchte. Mit China hat sich dieses Verhältnis schon länger umgedreht. Kaum eine westliche Produktion kann ohne Zulieferer aus China auskommen. Mit dem vor zehn Jahren begonnenen Sanktionsreigen gegen Russland befindet sich Russland jetzt auch in einer überlegenen Position. Sie haben Energie und Rohstoffe, ohne die die Industrie des Westens untergeht. Russland hingegen übertrifft mittlerweile die Wachstumsraten des Westens.
Embargos und Sanktionen sind auch „Strafmaßnahmen“
Sie werden nur nicht so genannt. Richtig angefangen hat das mit Kuba 1962 und hieran zeigt sich, dass dieses „Handelsembargo“ gegen Kuba kein Erziehungsziel hatte und hat. Wie bei den Sanktionen gegen Russland ist auch dort das Ziel, die Bevölkerung so lange „auszuhungern“, bis die gewählte Regierung vom Volkszorn weggefegt wird. Es hat weder in Kuba noch in Russland funktioniert. Und in China wird es schon garnicht funktionieren. An Kuba wird erkennbar, dass das Ziel die totale Niederlage ist. Wenn es anders wäre, müssten Sanktionen kondizioniert sein. Das heißt, man müsste dem sanktionierten Staat mitteilen, unter welchen Bedingungen die Sanktionen beendet werden. Das findet aber nicht statt und der Grund dafür ist einfach. Das Ziel der Sanktionen ist ein Umsturz, nach dem eine amerikafreundliche Regierung ins Amt kommen muss. Das ist aber derart menschenverachtend, entgegen jedes internationale Recht, dass ein Großteil der Welt erkennen würde, was da getrieben wird und dann die USA verdammen oder einfach die Sanktionen ignorieren würde.
Schutzzölle können von jedem Land akzeptiert werden. Wie gesagt, manchmal sind sie einfach notwendig, auch bilateral. Strafzölle hingegen sind generell abzulehnen. In welchem Zustand der Arroganz muss man sich befinden, ein anderes Land bestrafen zu wollen? Richtig originell wird es aber, wenn diese gegen Staaten verhängt werden sollen, von denen man abhängig ist. Hat sich einer dieser Hasardeure schon mal überlegt, was geschehen würde, wenn China oder Russland Gegenmaßnahmen ergriffen? Kein Öl mehr oder Gas, kein Titan und andere Rohstoffe und auch keine Uranbrennstäbe mehr. Boeing bekäme keine Carbonfaserteile mehr aus China und die deutsche Autoindustrie müsste auf elektrische Fensterheber verzichten. Ja, die gute alte Kurbel war auch funktionsfähig, aber die muss auch erst mal produziert werden. Ich denke, es braucht nicht mehr Beispiele, um den selbstmörderischen Charakter von Strafzöllen oder Sanktionen gegen China oder Russland zu erkennen. Hochmut kommt vor dem Fall!
China spricht Klartext
China und vor allem Russland haben die Samthandschuhe ausgezogen. Dennoch gehen beide noch sanft und großzügig mit dem Westen um. Aber es gilt: Der Krug geht solange zum Brunnen, bis er bricht. Und es gilt auch: Ist dieser Punkt erst erreicht, ist der Rückweg nahezu unmöglich oder mindestens sehr teuer. So kommen jetzt aus China klare Ansagen, und zwar von Geng Shuang, dem stellvertretenden Vizepräsident Chinas bei der UN. Er sagte:
"Einseitige Zwangsmaßnahmen sind Ausdruck von Hegemonismus und Machtpolitik.
Die USA und einige andere Länder missbrauchen ihre eigene Macht, indem sie einseitige Sanktionen einsetzen und sie zu einer Waffe machen.
Ihre innere Logik ist das Gesetz des Dschungels, bei dem die Starken die Schwachen ausbeuten.
Das grundlegende Ziel ist die Aufrechterhaltung des Status eines hegemonialen Monopols und einer ungerechten und unvernünftigen internationalen Ordnung.
Es äußert sich darin, dass die Großen die Kleinen schikanieren, die Starken die Schwachen vergewaltigen und die Reichen die Armen unterdrücken.
Die USA und einige andere Länder greifen in den internationalen Beziehungen häufig zu einseitigen Zwangsmaßnahmen.
Dies widerspricht dem historischen Trend zu Frieden, Entwicklung, Kooperation und Win-Win-Zusammenarbeit.
Es steht im Widerspruch zum Aufbau einer multipolaren Welt und zur Praxis des Multilateralismus.
Ein solches Verhalten, das diesem Trend zuwiderläuft, wird von den Rädern der Geschichte gnadenlos zermalmt werden."
Ich kann diese Ansage aus Peking nur als nicht mehr ganz so freundliche „letzte Warnung“ verstehen. Sie kam auch nur wenige Tage nachdem in der EU über Strafzölle gegen China gesprochen wird. Die Herren in der deutschen Autoindustrie haben das verstanden, unsere überqualifizierten Außenpolitiker offensichtlich nicht. Wie dumm-arrogant sind die? Oder weltfremd? Da hat doch tatsächlich eine Frau Baerbock angekündigt, sie wollte die nächste Kanzlerin werden. In welchem Universum leben die?
England: „Handel ist die Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln“
So ist zu befürchten, dass China und Russland den Sanktionsspieß umdrehen werden. Bis jetzt halten sich beide noch an internationales Recht und dieses sieht vor, dass es nur Sanktionen geben darf, wenn sie im Plenum der UN beschlossen werden. So handeln China und Russland streng nach internationalem Recht. Der Wertewesten tut das schon seit 60 Jahren nicht mehr. Siehe Kuba und und und. Der Witz dabei ist, dass China oder Russland gar keine Sanktionen oder Embargos verhängen müssen. Sie können einfach sagen, dass sie all diese Exportgüter jetzt selbst brauchen und nichts für den Export übrig haben. Niemand kann einen Staat dazu zwingen, etwas zu exportieren. Schon gar nicht unter dem Deckel von Strafzöllen. Aber halt, das gab es schon einmal und Sie dürfen raten, wer das war.
Japan betrieb eine isolationistische Politik. Sie wollten nicht von Ausländern geflutet werden und auch keinen Handel treiben. Das hat England und den USA nicht gefallen, sie wollten auch Japan ausbeuten. Um Japan aber zum Außenhandel zu zwingen, griffen auf Initiative der westlichen diplomatischen Vertreter in Japan, Rutherford Alcock (Großbritannien), Dirk de Graeff van Polsbroek (Niederlande), Léon Roches (Frankreich) und Robert Hewson Pruyn (USA) im Juli und August 1864 Marinekräfte aus vier Ländern im Rahmen einer Strafexpedition Befestigungen auf der japanischen Insel an. Und da sind wir wieder: Eine Strafexpedition. Deutsche Schiffe waren nicht beteiligt. Nun, 150 Jahre später sind die USA auch auf Importe aus Japan angewiesen. Damals wurde das noch ehrlich Strafexpedition genannt. Wo stehen wir jetzt mit Strafzöllen? Lernen diese Kriegstreiber und Kolonialisten wirklich nichts?