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Prüffall AfD?
Von Sigrid Petersen
Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 26.02.2019 heißt es:
„Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (nachfolgend: Bundesamt) äußerte im Rahmen einer Pressekonferenz am 15. Januar 2019, dass die Antragstellerin - als Ergebnis der Prüfung zu tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bei der Antragstellerin und ihren Teilorganisationen - als "Prüffall" bearbeitet werde.“ Dem Antrag der AfD auf Unterlassung der Äußerung und Verbreitung der Aussage, die AfD werde als Prüffall bearbeitet, wurde stattgegeben.
Dieses war jetzt ein kleines Vorwort zu dem folgenden Artikel. Denn auf der Seite netzpolitik.org wurde das vom BfV erstellte Gutachten (Geheimhaltungsstufe: Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch) in kompletter Länge am 28.01.2019 abgedruckt. [1] Mit der Anmerkung, „Die Verfassungsschutz-Analyse ist ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte. Es gehört in die Öffentlichkeit und nicht in einen Panzerschrank neben dem Schredder. Das Gutachten fasst zusammen, was Medien, Forschende und antifaschistische Initiativen seit Jahren dokumentieren und belegen (Hervorhebung S.P.): Bei AfD-Mitgliedern und Funktionären finden sich „tatsächliche Anhaltspunkte“ für eine Politik, die „gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ ausgerichtet ist.“
Hier findet sich in diesem kleinen Absatz schon eine Zusammenfassung oder ein Hinweis auf das Ergebnis des Gutachtens. Ein Grund, sich das Gutachten einmal genauer anzuschauen. Auch wenn es nicht hätte veröffentlicht werden dürfen, wie das OLG dann auch entschieden hat. Denn „Unzulässig ist es, Personenzusammenschlüsse, die als Prüffall bearbeitet werden, in den Verfassungsschutzbericht aufzunehmen oder in sonstiger Weise öffentlich (Hervorhebung S.P.) vor ihnen zu warnen“. Dieses Zitat stammt aus dem Gutachten selbst, dennoch wurde sowohl auf der Presskonferenz darüber informiert, als auch das Gutachten „durchgestochen“.
Inzwischen sind zwei weitere Gutachten (2021 – Einstufung als Verdachtsfall und 2023/24, das noch in diesem Jahr vorgelegt werden soll) erstellt bzw. in Erstellung, die bisher nicht an die Öffentlichkeit gefunden haben. Derzeit wird von Politikern der anderen Parteien ein Verbotsverfahren gegen die AfD vorbereitet. Dieses macht das Gutachten nochmals interessant.
In dem Gutachten wird das Vorliegen der Voraussetzung geprüft, ob Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in Bezug auf (A) die Menschenwürde, (B) das Demokratieprinzip, (C) das Rechtsstaatsprinzip und (D) Revisionismus bei der AfD und ihren Teilorganisationen sowie ihren „Führungsfunktionären“ und „sonstigen Funktionären“ vorliegen könnten.
Die Überschrift des Gutachtens lautet:
Gutachten zu tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in der „Alternative für Deutschland“ (AfD) und ihren Teilorganisationen
Das Ergebnis der Prüfung wird dem Gutachteninhalt vorangestellt.
- Die Junge Alternative (JA) wird zum Verdachtsfall erhoben
- Die Teilorganisation der AfD „Der Flügel“ wird zum Verdachtsfall erhoben
- Die Gesamtpartei AfD wird als Prüffall bearbeitet
Wie aus dem Gutachten ersichtlich, liegt der Schwerpunkt des Nachweises unter diesen genannten Prüfbereichen, in den Aussagen, ob schriftlich oder mündlich, Anhaltspunkte zu finden, die ein ethnisch-kulturell und/oder ethnisch-biologisch begründetes Volksverständnis nachweisen könnten.
- Das Grundgesetz kennt einen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Begriff des Volkes nicht. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG das Volk, von dem die Staatsgewalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, „von den deutschen Staatsangehörigen und den ihnen nach Art. 116 Abs. 1 gleichgestellten Personen“ (BVerfGE 83, 37 [51]) gebildet wird.
- … das Bundesverfassungsgericht ... dokumentiert die fehlende Ausschließlichkeit der ethnischen Herkunft für die Bestimmung der Zugehörigkeit zum deutschen Volk.
Hier findet man also die Kriterien, die für den Begriff „deutsches Volk“ maßgeblich, also im Sinne des Grundgesetzes, anzuwenden sind. Man merke sich das Wort Ausschließlichkeit bzw. ausschließlich in den beiden Zitatauszügen.
Untersuchungsbereich Gesamtpartei
Für die Untersuchungsbereiche: Bundespartei - Grundsatzprogramm, Wahlprogramm und Landeswahlprogramme schließt das Gutachten mit dem Fazit, dass es hier keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte gibt. Dieses kann anscheinend so nicht stehen bleiben, denn es wird hinterhergeschoben, dass die Fokussierung der AfD „auf bestimmte Themen wie Migration, Kriminalität oder auch die „Genderpolitik“ nicht nur in überproportionaler Form anspricht, sondern auch Probleme, die mit diesen Themen in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehen, damit verknüpft und dadurch potenziell Feindbildkonstruktionen im politischen Diskurs etabliert. Sichtbar wird dies etwa daran, wenn sozialpolitische Missstände oder vermeintliche Verschlechterungen der öffentlichen Sicherheit mit der Zuwanderung von Ausländern begründet werden.“
Das BfV scheint der Ansicht zu sein, dass die von der AfD im Fokus verorteten Themen nicht mit sozialpolitischen Missständen in Verbindung zu bringen sind und schließt aus diesem Grund, dass festgehalten werden muss, dass trotz fehlender tatsächlicher Anhaltspunkte „durchaus verdächtige Informationssplitter“ enthalten seien, die darauf …. hindeuten könnten. Eine Kombination aus eigenem Weltbild, einer vagen Annahme und dem Konjunktiv.
Untersuchungsbereich Führungsfunktionäre
Dieser Bereich wird noch einmal in verschiedene Teilbereiche wie
a) „Völkisch-nationalistische Einstellung“,
b) „Islamfeindlich“ und
c) „Fremdenfeindlich“ untergliedert.
Im weiteren Verlauf werden Aussagen von Führungsfunktionären der AfD der Bewertung in den o.g. Prüfbereichen (A-D) unterzogen. Im Prinzip hätte das Ergebnis nach dem dritten Satz dieses Kapitels festgestellt werden können, denn dieser Satz lautet: „Fraglich ist, ob die AfD bzw. deren Führungsfunktionäre dem Prinzip der Menschenwürde entgegentreten, indem sie völkisch-nationalistische Gesellschaftskonzeptionen vertreten.“
Der gleiche Satz wird in Kopie noch einmal bezogen auf die Landes- und Kreisverbände sowie Sonstige für den Prüfbereich „völkisch-nationalistische Einstellungen“ verwendet.
Es wird festgestellt oder zumindest vorausgesetzt, sie vertreten diese „völkisch-nationalistische Gesellschaftskonzeptionen“. Per Definition vertreten sie (die AfD) damit ein rassistisches Konzept, das die Überhöhung des eigenen Volkes, „das sich durch gemeinsame Abstammung, Kultur und Sprache definiert und das Streben nach einer homogenen Bevölkerung durch Exklusion von Fremden“ beinhaltet (Wikipedia: Völkischer Nationalismus).
An der Wikipedia-Definition orientiert sich auch die weitere Argumentation des BfV. Nun soll allerdings dennoch untersucht werden, ob zentrale Funktionäre einen ethnisch-biologischen und/oder ethnisch kulturellen Volksbegriff vertreten. Und, unschwer zu erraten, wird man bei einigen wenigen fündig. Jedenfalls, wenn man nicht genau hinschaut.
Denn: ein Adjektiv wie weitgehend (weitgehend homogen) wird zwar zitiert, aber dessen Einschränkung in der Aussage nicht gewichtet. Es wird ein Redeausschnitt von Marc Jongen zitiert, in dem der Begriff „genetische Grundlagen“ vorkommt. Daraus wird der Schluss gezogen, dass für ihn „Volk und Nation eine Einheit im Sinne eines ethnisch-biologischen und/oder ethnisch-kulturellen Volksverständnisses bilden“
Man hat sich wohl nicht die Mühe gemacht, den von Jongen benutzten Begriff, den er in seiner Rede vor dieser Textstelle erläutert hatte, selbst zu verstehen. (Die Rede ist leider im Internet nicht zu finden). Denn dieser Begriff, der sich auf die »kulturgenetische Theorie« des Wuppertaler Philosophieprofessors Heiner Mühlmann beruft, hat nichts mit biologischer Genetik oder mit Mendelscher Vererbungslehre zu tun. Auch aus Björn Höckes Zitaten werden einschränkende Adjektive im Satzgebrauch nicht übersehen, aber in der Interpretation seiner Aussagen spielen sie keine Rolle mehr. Nicht „in einer multikulturellen Gesellschaft aufgehen“ wollen, dient als Indiz für ein „organisches Volksverständnis, das von einem ethnischen Kollektiv ausgeht“ und außerdem verdeutlichten die Aussagen Höckes seine „völkisch-nationalistische Haltung“. Diese Feststellung ist aus den bisherigen Zitaten ohne Beleg erbracht. Auch unter dem Prüfbereich a) völkisch-nationalistische Einstellungen findet sich für die Bewertung Höckes, dass sich bei Höcke noch kein völkisch-nationalistisches Gesellschaftsbild finden ließe.
Aus den im Gutachten angeführten Zitaten lässt sich eindeutig herauslesen, dass es in fast allen Zitaten um die gewaltige Größenordnung der Zuwanderung geht und die Interpretation zu einem ethnisch-kulturellen und/oder ethnisch-biologischen Volksverständnis, gleichbedeutend mit einer Herabwürdigung anderer Kulturen, doch sehr zwanghaft gefolgert wird und daraus das Indiz gefiltert wird, dass es erste tatsächliche Anhaltspunkte dafür gäbe, dass „einige wenige, meist identische, aber gleichwohl herausgehobene Protagonisten der Partei ein ethnisch-biologisch bzw. ethnisch-kulturell begründetes Volksverständnis propagieren, das gegen die Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG verstößt.“ Um einen greifenden Vorwurf machen zu können, müsste allerdings die Tatsache vorliegen, dass die betreffenden Personen ihren vertretenen Volksbegriff an einer ausschließlich ethnischen Volkszugehörigkeit (siehe oben) festmachen. Dieses scheint in den Zitaten nicht der Fall (verwendete Adjektive wie weitgehend, mehrheitlich) zu sein.
Zum Untersuchungsbereich b. Islamfeindliche Positionen
Hier kommt das BfV zu folgendem Schluss: „In der Gesamtschau aller hier zitierten Aussagen von Führungsfunktionären der AfD ergibt sich eine so fundamentale Ablehnung des Islam und eine pauschalisierte Herabwürdigung von Muslimen, dass unter Zugrundelegung vom Vorliegen einzelner tatsächlicher Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung auszugehen ist.“
Von den 25 Zitaten werden hier vier exemplarisch wiedergegeben:
Zitat Gauland, Juni 2018:
„Wenn man sieht, liebe Freunde, wie ethnisch-religiöse Minderheiten in den Ländern behandelt werden, aus denen die meisten Einwanderer kommen, kann man nur sagen: Gnade uns Gott, wenn wir je zur Minderheit in unserem eigenen Land werden! [Applaus] Deswegen dürfen wir nicht zulassen, dass sich das Blut und der Clan und die Religion wieder bei uns durchsetzen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich betone nochmals, dass mit Religion in diesem Zusammenhang nicht der Glaube als solcher gemeint ist, sondern ein politisch-totalitärer, auf Herrschaft über die Gesellschaft zielender Anspruch, wie ihn heute nur noch der Islam erhebt.“
Dazu zwei Aussagen von anerkannten Islam-Kennern:
Hamed Abdel-Samad: „ Der Islam ist keine Religion des Friedens“, „Islam und Freiheit widersprechen sich“
Ahmad Mansour: „Seine Inhalte [Islamismus] hat der IS nicht neu erfunden: Sie sind im Mainstream-Islam, den viele Muslime in Deutschland praktizieren, angelegt. Es nutzt nichts, sich offiziell vom Terror des IS zu distanzieren, aber weiter an diesen Inhalten festzuhalten und einen liberalen Islam auszugrenzen.“
Zitat Höcke, November 2016:
„Wir haben es hier nicht mit irgendeiner Religion zu tun, die wie das Christentum schon grundsätzlich eine Affinität zum demokratischen Rechtsstaat hat, weil das Christentum von Anbeginn an eine göttliche Sphäre und eine weltliche Sphäre getrennt hat. […] Die weltliche und die göttliche Sphäre sind im Islam untrennbar miteinander verbunden und auch ein wichtiger Gesichtspunkt. […] Es ist kein demokratischer Rechtsstaat mit dem Prinzip des Gottesgnadentums gründbar, das muss jedem klar sein. Also auch schon strukturell, auch von seinem Geist, ist der Islam nicht mit dem demokratischen Rechtsstaat kompatibel.“
Zu seiner Äußerung das Christentum hätte schon grundsätzlich eine Affinität zum demokratischen Rechtsstaat, muss mal wohl einschränkend sagen, dass selbst die katholische Kirche diesen Grundsatz für sich verneint, „Denn, so heißt es, nicht das Volk, sondern Christus sei der Souverän der Kirche. Und wo sich ein Volk eine Verfassung gebe, da regle das Evangelium das Zusammenleben der Christen. … Die evangelischen Kirchen halten die Demokratie für kirchengemäß“ (aus einem ZEIT-Artikel). Im Mittelpunkt einer Auseinandersetzung mit dem Islam, der sowohl als Religion als auch als politische Kraft verstanden werden muss, weil er die Trennung von Religion und Staatsherrschaft prinzipiell nicht teilt, muss für Westeuropa gelten, dass man sich hier mittlerweile für die Trennung von Staat und Kirche, für die säkulare Staatsform, entschieden hat.
Zitat Urban, ohne Zeitangabe, soll aber ein Facebook-Eintrag vom Nov. 2017 sein
„Dass man in Deutschland auch ohne reiche Eltern in gut ausgestatteten Universitäten studieren kann, hat sehr viel mit einer weissen europäischen Kultur zu tun.
Das Adjektiv hätte er gut weglassen können. Allerdings interpretiert das BfV den Satz so, dass Urban der „weissen europäischen Kultur“ eine höhere „Bildungsdisposition“ unterstelle. Das BfV scheint unter Bildungsdisposition Bildungsfähigkeit zu verstehen? DAS entspräche dann allerdings einer Minderwertung anderer Kulturen. (Disposition, Verhaltensbereitschaft; siehe Persönlichkeitseigenschaft (aus: Wikipedia) Oder denkt das BfV hier vielleicht sogar an die Begriffsdefinition im Sinne der Medizin? Veranlagung, Empfänglichkeit?
Hier spricht er (Urban) allerdings eindeutig auf in Europa vorhandene bessere Rahmenbedingungen an, um Bildung zu gewährleisten. So etwas fängt bei ausreichender Verkehrsinfrastruktur an und hört z.B. beim Bafög auf.
Zitat Dennis Augustin, Juli 2017:
„Und während das Establishment noch von der Chimäre Integration faselt, bilden sich muslimische Parallelgesellschaften wie Krebsgeschwüre in den Ländern der westlichen Wertegemeinschaft. Unter dem Banner der Religionsfreiheit sickert eine aggressive, gewaltverherrlichende, frauenfeindliche Ideologie ein und schickt sich an, das christlich geprägte Abendland in die Steinzeit zurückzuwerfen. […] Dabei kommt es […] so weit, dass die deutschen Jünglinge hilflos mit ansehen, wie ein muslimischer Mob wie die Halbaffen über die Frauen und Freundinnen herfällt.“
Unter Parallelgesellschaften, die sich wie Krebsgeschwüre entwickeln, versteht der BfV, dass Augustin den Islam pauschal verächtlich macht, indem er ihn[sic!] als „Krebsgeschwür“ bezeichnet.
(Anmerkung zu den Zitaten und Quellen: die gesamte Quellenliste liefert keinen einzigen direkten Zugang zu den Quellen, da keine links zu Internetseiten angegeben werden, sondern jeweils nur der Ort und Datum der Veröffentlichung. Einige lassen sich mit viel Sucherei finden, ohne links kann man aber für nicht mehr vorhandene Seiten auch kein Archiv aufsuchen. Da das Dokument nur für den Dienstgebrauch gedacht war, muss man sich damit abfinden.)
Für die weiteren Prüfbereiche wie z.B. Prüfbereich „Fremdenfeindlichkeit“ kann das BfV eine Infragestellung der Menschenwürde nicht feststellen. Schränkt diese Beurteilung dann aber wiederum ein, indem zwei Zitate herangezogen werden. Für das eine Zitat läge die Auslegung nahe, für das andere läge eine eindeutige Herabwertung einer Migrantengruppe vor. Für den Prüfbereich „Demokratie“, der in dem Gutachten ausschließlich Kritik am bestehenden Parteiensystem betrifft, stellt das BfV fest, dass „aufgrund der perpetuierten, ständigen und vehementen Kritik einiger Führungsfunktionäre an demokratisch legitimierten Repräsentanten des politischen Systems und allen Elementen des Parlamentarismus eine derartige Verächtlichmachung der politischen Verhältnisse, dass von Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip ausgegangen werden kann.“
An dieser Stelle bleibt dem Leser die Wertung dieser Wertung selbst überlassen.
Schlussbemerkung
Das Gutachten des BfV umfasst fast 400 Seiten. Hier konnte nur ein kleiner Teil Aufnahme finden und soll nur einen Eindruck über die angewandte Interpretationsweise vermitteln. Für eine interne Arbeitsgruppe der AfD hat der Staatsrechtler Dietrich Murswiek 2018 ein Gutachten mit der Empfehlung erstellt, auf „extremistische Reizwörter“ zu verzichten. Dieses sollte eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz verhindern helfen. „Diese Maßnahmen, die eine mögliche Beobachtung durch den Verfassungsschutz verhindern, werden in Teilen der Partei durchaus kritisch gesehen.“ (Zitat BfV)
Einerseits ist es vielleicht richtig und erleichtert das Leben, nicht das Bein zum Anpinkeln herauszustrecken, andererseits ist es richtig, das zu sagen, was man denkt und sich keinem Denk- und Sprachverbot zu unterwerfen. Dann muss man mit den Anfeindungen rechnen. Der Begriff „Reizwörter“ sagt schon alles, denn leider bleiben viele genau daran hängen (auch das BfV, wie es scheint) und schalten das Denkvermögen ob des Reizes ab und sind nicht mehr bereit zu hinterfragen und selbst zu beurteilen.
Vor allem ist es wichtig, jedwede Äußerungen auch immer im Kontext (gewählte Worte hin oder her) zu betrachten und sich nicht einzelne Passagen herauszupicken, in die man Denkweisen hineininterpretiert, weil man sie dort vermutet. Dieses gilt für jedermann. Auch und insbesondere für Verfassungsschutzbehörden. Und wenn das BfV anhand einer Äußerung von B. Storch, „Die Moscheen müssen vom Verfassungsschutz überwacht und gegebenenfalls geschlossen werden“, konkludiert, dass hier der Verfassungsschutz evtl. aufgefordert sein könnte, sein Handeln bzw. Tätigwerden nicht an Recht und Gesetz ausrichtet, sondern an politischen Vorgaben und damit einen Verstoß gegen das Rechtsstaatprinzip suggeriert, muss man dieses in Anbetracht der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Bundesministerium des Inneren für einen Treppenwitz halten.
Hier stellt sich ganz naheliegend die Frage, wie es sich bei den Führungsfunktionären und deren Teilorganisationen der anderen Parteien und Parteien selbst verhält.
Wenn z.B. auf dem Parteitag der „DieLinke“ 2020 Verlautbarungen wie. „Energiewende ist auch nötig nach ´ner Revolution. Auch wenn wir das eine Prozent der Reichen erschossen haben, ist es immer noch so, dass wir heizen wollen, wir wollen uns fortbewegen.“ Oder auf dem Parteitag der JUSOs Abtreibung bis zum 9. Monat gefordert wird.
Wie sieht es mit der Verfassungskonformität aus, wenn ein Herr Kiesewetter (CDU) folgendes sagt: „Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände.“ „Er meinte auch, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine, nach Russland getragen werden müsse, warnte aber davor, dass Deutschland, das neben anderen NATO-Ländern Waffen an die Ukraine liefert, zu einer Kriegspartei wird.“ Dazu Art. 26 GG: (1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
Oder man schaut einmal hier nach:
https://wiki.piratenpartei.de/Verfassungsfeinde#Linke_.28inkl._PDS.2C_Linkspartei.PDS_und_WASG.29_2 –
Hier hat die Piratenpartei Zitate von Politikern gesammelt: „Verfassungsfeindliche Äußerungen“ oder auch „Verfassungsverstümmelnde Anliegen.“
Wäre eine Prüfung ein abwegiger Gedanke?
Anzumerken sei auch, dass heute (nach den drei Landtagswahlen im Osten) von anderen Parteien und Politikern zwar nicht von Remigration, denn das ist seit wohl 2019 ein toxischer Begriff (vorher nicht), nachdem das `Institute for Strategic Dialogue´ das Wort im Kontext der Neuen Rechten im Zusammenhang mit der Verschwörungstheorie des Großen Austauschs definierte. Diese anderen Politiker benutzen das Wort Rückführung oder Abschiebung und so Scholz: »Wir müssen endlich im großen Stil abschieben«. „Hunderttausende müssten aus Deutschland abgeschoben werden, weil sie keinen Asylstatus bekommen, weil….“ (WELT-Nachrichtensender) Nancy Faeser: „Integration stößt an ihre Grenzen“, „Die Zahl der Straftaten ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen - besonders unter Migranten“. „Auch nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) liegt der Grund für den Anstieg von Straftaten unter Ausländern an den insgesamt hohen Zuwanderungsraten.“
So haben sich einige schon 2016-2018 geäußerten „Schwarzmalereien“ der AfD ganz offiziell bestätigt.