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Revolution?
Von Hans-Jürgen Geese
Die amerikanische Revolution endete mit der Verabschiedung der Verfassung am 17. September 1787. In der U.S. Verfassung tauchte das Wort „Demokratie“ nicht auf. Auch die Grundrechte der Amerikaner standen nicht in der Verfassung, sondern mussten drei Jahre später in den „amendments“ (Zusatzartikel zur Verfassung) hinzugefügt werden.
Warum nicht sofort? Nun, die Gründerväter gingen davon aus, dass ein Staat, der sich an die Verfassung hält, kein Unrecht tun könnte. Was für eine Blauäugigkeit von angeblich intelligenten Menschen. Trotzdem war Amerika damals eine Demokratie. In der Praxis, im richtigen Leben.
Denn in den zumeist kleinen Städten und kleinen Gemeinden des dünn besiedelten Landes wurden alle wichtigen Posten durch Direktwahl vergeben. Die Zentralregierung in Washington hatte so gut wie keine Bedeutung. Heute ist es genau umgekehrt. Daher gibt es keine Demokratie mehr in den U.S.A.
Der Zentralstaat hat sich verselbständigt, was vor allem daran zu erkennen ist, dass Amerika ohne Unterlass Krieg führt, ohne die Bevölkerung zu fragen, und ohne den angeblichen Feinden offiziell den Krieg zu erklären, eine Aufgabe, die laut Verfassung, dem Kongress zusteht. Aber wer kümmert sich heutzutage in den Ländern des Westens noch um die Verfassung? Der Staat macht einfach. Zur Beruhigung der Bevölkerung hat der Staat die Medien engagiert, die ein vorher abgesprochenes Narrativ zu den wichtigen Themen verbreiten. Und nicht genehme Themen werden einfach im Schlund des Vergessens abgelagert. Selbst Präsidenten sind nicht mehr mit unangenehmen Erinnerungen belastet. Beispiel:
Es war dereinst nicht unüblich, dass sich amerikanische Präsidenten öffentlich direkt an das russische Volk wandten. Am 28. Mai 1972 sprach Präsident Richard Nixon, live, über Radio und Fernsehen zu den Menschen der Sowjetunion. Unter anderem sagte er: „Unsere beiden Länder haben vieles gemeinsam. Das wichtigste: Wir haben nie in einem Krieg gegeneinander gekämpft.“
Am 25. Januar 1984, während seiner jährlichen Ansprache an die Nation, sagte Ronald Reagan: „Heute Abend möchte ich zu den Menschen in der Sowjetunion sprechen...“ Und dann: „Unsere Söhne und Töchter haben sich nie in einem Krieg bekämpft. Wenn es nach uns Amerikanern geht, wird das niemals geschehen.“
Beide Präsidenten sprachen nicht die Wahrheit.
Der Krieg Amerikas gegen Russland
Nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages zwischen Russland und Deutschland im März 1918 fielen ganze Bataillone von amerikanischen und britischen Soldaten, und Soldaten aus anderen Ländern, in Russland ein. Ohne eine Kriegserklärung. Sie benutzten die Häfen Murmansk im Norden Europas und Wladiwostok im Pazifik für die Landungen dieser Truppen, die die rote Armee besiegen und damit dem Kommunismus den Garaus machen sollten.
Übrigens erkannten erst 1933 die Vereinigten Staaten von Amerika die Sowjetunion als Staat an. Erst 1933, als abzusehen war, dass sie die Sowjetunion brauchen würden, für ein neues Spiel, in dem wieder die Russen und die Deutschen aufeinander gehetzt werden sollten. Die Hauptdarsteller standen bereit.
Frage: Wer war der Anstifter dieses Krieges Amerikas gegen Russland 1918? Antwort: Ein gewisser Winston Churchill, der dann, nach seinem Rausschmiss, im Anschluss an die Katastrophe von Gallipoli 1915, im Jahre 1919 als Kriegsminister quasi wieder zu alter Größe auferstand. Und derselbe Winston Churchill, der Kommunismus und Kommunisten hasste, umgarnte später die Russen im Zweiten Weltkrieg und wollte partout gerne ein Freund von Stalin sein. Erstaunlich. Frage daher: Welcher Churchill war der wahre Churchill?
Vielleicht trafen auf Churchill selbst seine berühmten Worte zu, die er für die Charakterisierung Russlands benutzte: „A riddle, wrapped in a mystery, inside an enigma.“ (Russland ist ein Rätsel, umgeben von einem Mysterium, das in einem Geheimnis steckt). Das hätte ihm und den Amis eine Warnung sein sollen. Schon Bismarck hatte erkannt, dass man Russland nicht besiegen kann. Übrigens auch nicht Amerika. Umso erstaunlicher daher, dass Amerika dauernd Krieg führt.
Die Russen erinnern sich natürlich an diese Invasion des Westens, die anfänglich, angeblich, nur dazu gedacht war, die riesigen Vorräte an Kriegsmaterial zu schützen, die man an Russland im Ersten Weltkrieg über die beiden Häfen geschickt hatte und die nicht den Deutschen in die Hände fallen sollten. Aber selbst nach Ende des Ersten Weltkrieges kamen immer mehr Soldaten, die auf der Seite der Weißen gegen die Roten kämpften. Die Revolution der Roten gewann nur ganz knapp gegen den Widerstand des Kapitalismus. Allerdings, so muss man das wohl heute sehen, allerdings hat sich der Kapitalismus in Russland nie wirklich ergeben. Nicht bis auf den heutigen Tag. Daher der Krieg in der Ukraine.
Die russische Revolution
Die russische Revolution war, abgesehen von der amerikanischen Revolution und der Revolution in Kuba, eine der wenigen Revolutionen, die wirklich Erfolg hatte. Und, wie bereits angedeutet, gelang eigentlich die russische Revolution entgegen aller Wahrscheinlichkeiten. Nicht nur wegen der Amerikaner und der Briten. Selbst Kaiser Wilhelm hatte im Anschluss an den Beginn der Unruhen im Jahre 1905 gesagt, dass er seine Truppen schicken würde, falls notwendig, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Doch dann kam es ganz anders: Lenin, von Deutschland unterstützt und gefördert, änderte den Lauf der Geschichte. Ach ja, übrigens: Hätte Deutschland den Ersten Weltkrieg gewonnen, dann würde die Ukraine jetzt Deutschland gehören. So stand es im Friedensabkommen mit Russland, im Vertrag von Brest-Litowsk. Ja, es hätte alles nicht nur anders, sondern ganz, ganz anders kommen können.
Aber dafür ist ja immer noch Zeit. So denken zumindest die großen Strategen im Westen. Sie können einfach nicht die Finger von Russland lassen, trotz der Lehren der Geschichte. Trotz der bösen Erfahrungen. Denn Russland ist der ganz große Preis, ein Land reich an gigantischen Rohstoffvorkommen. Die Verlockung ist daher einfach zu erregend, als dass man mit Russland Frieden schließen könnte. Das müssten die Russen doch verstehen.
Es hat mich über die Jahre immer wieder erstaunt, dass Putin das nicht zu verstehen scheint, denn wie oft hat er sich dem Westen geradezu angebiedert? Aber vielleicht hat er endlich inzwischen kapiert, dass die Politiker im Westen ohnehin keine Entscheidungsträger sind. Und die daher niemals seine Freunde werden können. Die und Freunde? Die tun nur so. Alles Theater. Und das ganz große Theater mag uns demnächst ins Haus stehen. Alle Anzeichen weisen darauf hin. Und dann wird wieder eine Illusion, dann wird wieder ein Traum platzen.
Was können wir aus der russischen Revolution lernen?
Daher könnte es gut sein, dass die Menschen im Westen, demnächst, in ihrer Verzweiflung, die alten Geschichtsbücher hervorkramen, um sich über die russische Revolution schlau zu machen und um vielleicht sogar zu lernen, wie man eine Revolution in den Ländern des Westens starten kann. Denn so wie sich einst Russland vor aller Augen auflöste, so lösen sich jetzt die Länder des Westens vor unser aller Augen auf.
Die Bundesrepublik begeht gerade Selbstmord. Macron spielt wieder einmal seine Rolle als Mikronapoleon, denn seine Regierung ist keine Regierung mehr. Und Großbritannien ist ohnehin ein gigantisches Trauerspiel. Die einzige Frage ist nur noch, wer unter den Kandidaten Scholz, Macron, Starmer, Biden, Selinskyj, Netanjahu, Trudeau den großen Preis als Clown des Jahres gewinnen wird.
Daher gilt wieder: „Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen.“ Sie erinnern sich? Laut der Informationen auf der Website vom „Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.v.“ bedeutete das im einzelnen: „Alleinherrschaft der kommunistischen Partei, Zensur, strenge Hierarchien, Eliminierung potentieller politischer Gegner, Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, Überwachungsapparat, Enteignungen und Verstaatlichungen, Dogmatismus, pseudoreligiöser Personenkult.“
Na, kommt Ihnen das bekannt vor? Die russische Revolution scheint also letztendlich doch noch zu ihrem langfristigen Erfolg zu kommen. Allerdings nicht in Russland. Sondern bei uns. Und unter einem anderen Namen.
Die Regierungen sind alle gleich, egal wo sie regieren
Das eherne Gesetz der Oligarchie, bereits 1911 von Robert Michels formuliert, besagt, dass es in jeder Art von Organisation letztendlich eine Trennung von Führung und Geführten geben wird. Demokratie sei daher unmöglich.
Um eine Änderung herbeizuführen muss man also in die Führung gelangen. In die Führung! Das hatte Rudi Dutschke klar erkannt und formuliert. Das wurde dann von Männern wie Gerhard Schröder und Joschka Fischer erfolgreich umgesetzt. Es ist fraglich ob das auch heute noch funktionieren würde. Die Kontrolle zu den Führungspositionen in den Parteien ist inzwischen so rigoros, dass selbständig Denkende da keinen Einfluss mehr haben. Aber Sie sehen, es gibt immer einen Ausweg, aus jeder Bredouille. Es braucht nur einen Rudi Dutschke.
Allerdings haben sich die Zeiten seit dem Jahre 1968, als Rudi Dutschke von einem Attentäter schwer verwundet wurde, sehr verändert. Die Macht des Staates über den Bürger ist so total, dass es kaum noch Bewegungsraum für Veränderungen gibt. Übertrieben? Sie sagen, wir haben doch eine Verfassung?
Carl Schmitt (1888-1985), der größte Staatsrechtler, den Deutschland je hatte, natürlich von der Ausarbeitung des Grundgesetzes ferngehalten, schrieb 1949 in sein Tagebuch: „Bei der Lektüre des Bonner Grundgesetzes überfällt mich die Heiterkeit eines allwissenden Greises.“
Die wichtigste Erkenntnis von Carl Schmitt: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet. Der Ausnahmefall offenbart das Wesen der staatlichen Autorität am klarsten.“
Die Notstandsgesetze wurden in der Bundesrepublik am 30. Mai 1968 verabschiedet. Die Garantie für die Allmacht des Staates. Wir alle wissen was in der Covid Zeit passierte. Was geschah mit den Grundrechten? Wer besaß die Macht? Carl Schmitt hatte und hat recht: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“ Der Staat als Feind des Bürgers. Und umgekehrt. Von wegen Demokratie.
Noch vor ein paar Jahren war der Begriff „Lawfare“ (der Gebrauch des Gesetzes als Waffe) so gut wie unbekannt. Durch die Praktizierung von Lawfare gegen Donald Trump ist diese Umkehr von Recht zu Unrecht populär geworden. Recht ist heute nicht mehr unbedingt Recht. Recht kann auch Unrecht sein. Zu Unrecht werden. Die Bezeichnung „Rechtsverdreher“ gewinnt eine ganz neue Bedeutung. Das Arbeitsfeld der Rechtsverdreher weitet sich aus. Kein Wunder, dass deren Anzahl weltweit zunimmt. Arbeitsplätze braucht das Land. Vor allem beim Staat.
Eine Revolution ist in der Bundesrepublik unmöglich
Es gibt immer die Regierenden und die Regierten. Die Regierenden wissen natürlich um die Gefahr einer Revolution und haben stets alles getan, um dieser Gefahr vorzubeugen.
Eine erfolgreiche Revolution kann nur im Kleinen beginnen. Die russische Revolution fand nicht in den Weiten Russlands statt. Sondern in St. Petersburg. Dann in Moskau.
Demokratie kann nur im Kleinen funktionieren. Wie oben erwähnt, als die Amerikaner sich noch selbst regierten, in jeder Stadt, auf jedem Dorf, in jedem Bundesstaat, da hatte Amerika Demokratie.
Wir lernen: Die Regierenden werden immer zuerst versuchen, die kleinen Menschengemeinschaften auseinanderzureißen, um dann daraus große, anonyme Verwaltungseinheiten zu schaffen. Also nicht Bayern, Sachsen, Hamburg, sondern Bundesrepublik. Also nicht Bundesrepublik, Frankreich, Italien, sondern EU. NATO. Alles große, anonyme Gebilde, die leicht zu kontrollieren sind. Daher Regel: Es ist leicht, das Grosse zu kontrollieren, aber nicht das viele Kleine.
Und dann muss das Volk beschäftigt werden, muss sich um das Überleben sorgen, muss abgelenkt werden durch Unterhaltung, muss in Spannung gehalten werden, in Angst und potentieller Panik. Damit das Volk nicht auf dumme Gedanken kommt. Demokratie ist daher heute praktisch unmöglich. Unmöglich.
Der Ausweg: Wir müssen wieder in kleinen sozialen Einheiten leben. Daher: Der Mensch muss sich diesem gigantischen Staat verweigern. Vor allem als Soldat. Ohne Soldaten bricht das ganze Wunderwerk der Unterdrückung zusammen.
Welcher Idiot will heute noch für eine angebliche Demokratie sterben?
Ein unbekannter amerikanischer Soldat schrieb gegen Ende des Krieges gegen Russland die folgenden Zeilen für die Lieben in der Heimat:
„Kameraden,
wenn ihr zusammenkommt,
weit, weit entfernt von hier
in Gottes eigenem Land,
an einem schönen Tag,
und gedenkt unserer,
die wir starben und in Frieden ruhen,
sagt bitte unseren Angehörigen,
dass wir unser Bestes gaben,
auf den von euch so unendlich
fernen Schlachtfeldern Russlands.“
Niemand weiß mehr in Amerika von ihnen. Niemand will mehr von ihnen wissen. Nicht einmal die Präsidenten ihres eigenen Landes.
Wie Abraham Lincoln nach der Schlacht von Gettysburg 1863 so eindringlich sagte: „... auf dass wir hier feierlich beschließen, dass diese Toten nicht vergebens gestorben sein sollen – dass diese Nation, unter Gott, eine Wiedergeburt der Freiheit erleben soll – und dass die Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk, nicht von der Erde verschwinden möge.“
Was für ein Dummschwätzer. Der Mann hatte nicht kapiert, dass die Regierungen diesen Krieg angestiftet hatten, nicht das Volk, und dass daher diese Regierungen verschwinden müssen. Denn nur Regierungen führen Krieg. Kein geistig gesunder Mensch würde solche Schlächtereien zulassen. Frage: Welch Segen liegt denn in einer amerikanischen „Demokratie“ der ewigen Kriege?
Die wichtigste Revolution muss daher eine Revolution gegen den Krieg sein. „Stell Dir vor, es ist Krieg, und Keiner geht hin.“ Keiner. Niemand. So einfach.
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