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Unbesiegbar

Von Hans-Jürgen Geese 

Die berühmte Schlacht bei Marathon fand im Jahre 490 BC statt. Perser gegen Griechen. Zu der Zeit gab es etwa 40 Millionen Perser und 8 Millionen Griechen. Die Armee der Perser bestand aus etwa 50.000 Soldaten. Die Griechen konnten nicht mehr als 10.000 Soldaten aufbieten. Der unerwartete Ausgang der Schlacht ist uns allen bekannt. Sie werden aber wahrscheinlich nicht wissen, dass lediglich 192 Griechen in der Schlacht fielen, im Gegensatz zu 6.000 Persern. Auch in anderen Schlachten behielten die Griechen die Oberhand. Wie konnte sich so ein kleines Volk gegen so einen zahlenmäßig überwältigenden Gegner behaupten?

Griechenland ist das Paradebeispiel in der Geschichtsschreibung schlechthin für die Überlegenheit von Qualität über Quantität. In einer Schlacht ist es entscheidend, dass man Überlegenheit an dem Punkt erzielt, an dem der Kontakt stattfindet, an dem Punkt, an dem die Armeen aufeinanderprallen. Die Griechen erfanden daher die Phalanx, eine fast unbesiegbare Kriegsmaschine, mit kompakt gestaffelten Schlachtreihen, die durch einen Schilderwall geschützt, mit vor allem langen Lanzen als Angriffswaffen, den Gegner systematisch „abarbeiteten.“

Soweit die Theorie. Aber das ist natürlich leichter gesagt als getan. Daher: Mit den damals üblichen freiwilligen oder gepressten Soldaten konnte man das nicht aufbauen. Die Griechen erfanden daher die Bürgerarmee. Einer für alle und alle für einen. Selbst die berühmtesten Griechen, wie zum Beispiel Sokrates, mussten ran. Und waren stolz darauf. Eine Armee von hoch trainierten, hoch motivierten Soldaten. Ihr Eid galt nicht einer Fahne, sondern einander: „Nie werde ich meinen Kameraden im Stich lassen.“ So schworen sie. Treue bis in den Tod. Ihr Schild schützte sie und ihren Kameraden an der Seite in der Formation.

Das Wunder von Griechenland

Ich habe nie verstanden, warum die Deutschen beim Studium der Geschichte der Griechen, und dann anschließend beim Studium ihrer eigenen Geschichte, nicht sofort auf den Trichter kamen, dass da doch wohl offen vor ihren Augen lag und liegt, was als das Geheimnis von Erfolg gelten musste und muss. Das Geheimnis des Erfolges der Griechen. Das Geheimnis des Erfolges der Deutschen. Wie kann man das nicht sehen? Das schreit Dir doch geradezu ins Gesicht.

Sie können nicht die Geschichte von Griechenland im Altertum studieren. Es hat nämlich jenes Griechenland, von dem Sie sprechen, nie gegeben. Es gab etwa eintausend griechische Stadtstaaten. Und genau darin lag der Ursprung des Erfolges der griechischen Kultur. Die konkurrierten gegeneinander. Die befruchteten sich gegenseitig. Die führten auch gegeneinander Krieg. Obwohl sie eine Sprache sprachen, die gleiche Kultur pflegten und sich alle als Griechen bezeichneten.

Wenn Sie sich als Grieche in einer Stadt nicht wohl fühlten, dann gingen sie eben woanders hin. Verstehen Sie? Man nennt das Freiheit. Wahre Freiheit.

Die Demokratie der Griechen hatte mit unserer sogenannten Demokratie nicht viel zu tun. Als freier Grieche waren sie Wähler und Gewählter. Beides. Sie konnten kein freier Grieche sein, ohne nicht ihren Dienst an der Gemeinschaft zu leisten. Ist das irgendwie kompliziert zu verstehen? Demokratie ohne Demokraten ist schlicht und einfach unmöglich. Alle vier Jahre wählen, und dann soll das Ding eine Demokratie sein? Das ist doch ein Witz. Das ist doch total absurd. Da können Sie mal sehen wie die Menschheit über die letzten zweitausend Jahre verblödete.

Übrigens: In Griechenland erfreute man sich des Lebens. Es gab Spiele, Wettbewerbe im Sport, im Theater, im Gesang, in der Literatur. Die griechische Kultur war die erste Kultur überhaupt, die sich dermaßen ausgelassen am Leben erfreute. Man aß gut und man bildete sich gut und man erfüllte seine Pflichten als Bürger. Etwa ein Drittel der freien Bürger (Männer) konnte schreiben und lesen. Vor 2.500 Jahren. Es gab Schulen. Vor 2.500 Jahren. Nichts kommt von nichts. Sokrates sprach von 157 verschiedenen Verfassungen in Griechenland. Ein gewisser Thales konnte die Sonnenfinsternis vom 28. Mai 585 BC vorhersagen. Vor über 2.500 Jahren konnte der das bereits. Und heute? Frage: Wann haben Sie das letzte Mal eine Sonnenfinsternis vorhergesagt?

Der Untergang von Griechenland

Was lebt muss eines Tages sterben. So die Regel auf Erden. Daher ging auch Griechenland eines Tages unter. Aus einer Hochkultur, aus Exzellenz, aus brillantem Genie wurde gemeiner, biederer Durchschnitt. Was geschah?

Nun, zum einen nahm die Anzahl an Sklaven über die Jahrhunderte stets zu, bis die Trägheit über die einst strotzende Lebenskraft obsiegte. Man musste ja jetzt im Wohlstand nicht mehr alles selbst tun. Und die Sklaven waren zudem natürlich billiger als die Arbeitskraft eines freien Menschen.

Und dann wurden aus den einst tausend Stadtstaaten immer weniger Machtgebilde. Athen zum Beispiel schwang sich zur „Weltmacht“ auf, vereinnahmte, eroberte immer mehr Gebiete. Die Vielfalt der Griechen verschwand über die Jahre.

Und dann die Moral. Der Hochmut überkam die freien Geister. Die Demokratie verurteilte selbst Sokrates zum Tode. Die Demokratie. Und als sie über das Schicksal von Gefangenen und eroberten Völkern entschieden, da stimmten sie ach so oft für deren Tod. In der Demokratie. Ja, die Moral stirbt immer zuerst.

Und dann: Im Jahre 338 BC eroberte Philip von Mazedonien, der Vater von Alexander dem Grossen, Griechenland. Seine Armee war sogar noch besser als die Armeen der Griechen. Er hatte von ihnen gelernt.

Später kamen die Römer

Und so starb dahin, was Herodotus (484-425 BC) als das goldene Zeitalter bezeichnete: Nein, nicht Griechenland. Griechenland existierte nie. Griechenland hat es nie gegeben. Es existierte das Volk der Griechen, ein einzig Volk, verbunden durch Blut, Sitten, Sprache und Religion, ein Volk, das in etwa eintausend Stadtstaaten lebte. Das war Griechenland. Ein Kulturraum. Eine Idee. Ein Geist. Die Wiege des Abendlandes.

Eine Demokratie braucht unbedingt eine Volksarmee

Im September 1792 versuchte ein vorwiegend preußisches Heer, im Auftrag der Regenten Europas, die französische Revolution rückgängig zu machen. Bei dem Ort Valmy, in der Champagne, obsiegten jedoch die kaum ausgebildeten, aber hoch motivierten französischen Bürger gegen die Profis der Adligen, unter denen sich auch ehemalige französische Soldaten befanden. Goethe schaute sich das an und sagte und schrieb später: „Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen.“

Spencer Wilkinson, der erste Professor für Wehrkunde an der Universität Oxford, schrieb im Jahre 1910: „Um aus einem Bürger einen Soldaten zu machen, muss man ihm das Bewusstsein seiner Pflichten in der Gemeinschaft und deren Sinn und Zweck klarmachen. Wenn man das mit allen Bürgern im Lande macht, dann entsteht eine Nation.“

Der deutsche Historiker Heinrich von Treitschke (1834-1896) kam zu einem ähnlichen Ergebnis: „Eine wahrhaft nationale Armee ist die einzige politische Institution, die die Bürger als Bürger zusammenbringt. Nur in der Armee haben alle Söhne des Vaterlandes das Gefühl, zusammen zu gehören.“

Friedrich Engels, der große Revolutionär, aber auch als Militärexperte damals bekannt, schrieb zu dem Thema Wehrpflicht: „Die Leute bringen einen Vorrat von Selbstachtung, Selbstvertrauen, Sicherheit und Charakter mit, der dem ganzen Bataillon zu Gute kommt... Das Bataillon gewinnt militärisch ganz bedeutend, aber politisch wird es – für absolutistische Zwecke – völlig unzuverlässig.“ Für ihn war die Wehrpflicht einer der wichtigsten Vorreiter und dann einer der wichtigsten Bestandteile der Demokratie.

Aus eben diesem Grunde wurde die Wehrpflicht in der Bundesrepublik abgeschafft. Alle anderen, vorgeschobenen Gründe sind reine Augenwischerei. Gucken Sie sich diese komische Armee heute an. Gucken Sie sich dieses komische Land heute an. Gleich und gleich gesellt sich gern.

Die Wehrpflicht muss nicht unbedingt alle zu Soldaten machen, aber alle (alle!) Deutschen müssen einen Dienst an der Gemeinschaft leisten. Aus persönlicher Erfahrung kann ich nur sagen: Meine zwei Jahre als Soldat sind ein wesentlicher Teil meiner Lebenserfahrung.

Der Kreativität sind bei diesem Thema keine Grenzen gesetzt. In früheren Zeiten lernten die Soldaten während der Ausbildung sogar über den Anbau von Pflanzen und/oder bildeten sich technisch weiter. Es geht heute nicht mehr um die Anzahl von Panzern oder Schiffen. Die Zeiten sind vorbei. Es braucht einen völlig neuen Ansatz. Aber eines ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Ein Land, das keine Grenzen hat oder diese nicht verteidigen kann oder will ist kein Land und schon gar nicht eine Nation. Es ist ein Saftladen. Ein Saftladen! Und genau das ist diese Bundesrepublik.

Die Wurzeln Deutschlands

Goethe sagte es eindringlicher und treffender als irgendjemand: „Deutschland ist eine Kulturgemeinschaft.“ Eine Kulturgemeinschaft. Kein Staat. Eine Kulturgemeinschaft, die einst aus hunderten von unabhängigen Freistädten, Freistaaten, Fürstentümern und anderen politischen Gebilden bestand. Hunderte, die dann genau das taten, was auch die tausend Stadtstaaten einst in Griechenland taten: Die konkurrierten miteinander, befruchteten sich einander, lebten miteinander in einer ungeheuren Vielfalt.

Ich gebe zu: Für mich als Sachse war es selbst in den 60er Jahren noch ein eindrucksvolles Erlebnis als ich zum ersten Mal in Bayern war. Aber Bayern war eben nicht Frankreich oder Spanien oder Italien. Trotz der „Sprachbarriere“.

Übrigens: Bayern, Sachsen und Thüringen bezeichnen sich noch heute als „Freistaat“. Was sie aber nicht sind. Was sie aber natürlich sein sollten.

Fürwahr, es ist eben ein Unterschied ob man sich lediglich Freistaat nennt oder ob man wirklich ein Freistaat ist. Frage: Was wäre notwendig, um aus den Bürgern eines Freistaates wirklich freie Bürger zu machen? Diese Diskussion wird leider nicht geführt, kann gar nicht geführt werden, denn dann käme die ganze Heuchelei um diese komische Bundesrepublik ans Tageslicht. Der ganze Laden würde auffliegen als das was er wirklich ist: Ein Sklavenstaat der U.S.A.

Wie unbesiegbar werden?

Jeder freie Mensch und jedes freie Land hat zum Ziel, unbesiegbar zu sein. Die Amerikaner halten sich für unbesiegbar. Daher auch für uns Deutsche die wohl angebrachte Frage: Sind wir heute unbesiegbar? Mental und physisch? Das ist eine dumme Frage? Ja, das ist eine dumme Frage. Denn bis dahin, bis zur Unbesiegbarkeit, ist es noch ein langer, langer Weg. Aber das sollte das Ziel sein.

Vorher aber müssen wir vielleicht, endlich, nach über 150 Jahren, zu der folgenden Erkenntnis gelangen:

Die Vereinigung von 1871, noch dazu mit einer eindeutigen Vorherrschaft Preußens, war eine deutsche Katastrophe, auf die ja dann auch bald noch weitere Katastrophen folgten. Und was ist dann schließlich aus Deutschland, dem Land der Deutschen, geworden? Diese erbärmliche Bundesrepublik, in der sich jeder tummeln darf, der gerne möchte, um sich sein Geld aus dem großen Trog abzuholen. Ohne auch nur irgendeinen Beitrag zu leisten. Und wehe, Sie stellen da ein paar dumme Fragen. Die jagen Ihnen die Rechtsverdreher auf den Hals. Denn diese komische, angebliche Verfassung, die keine ist und sein kann, diese angebliche Verfassung existiert nur, um den Staat vor den Bürgern zu schützen. Frage: Wie bescheuert muss man sein, solch ein System zu wählen?

Ich fasse zusammen: Wir müssen von Griechenland lernen. Wir müssen von Deutschland lernen. Ich schlage vor, Sie beschäftigen sich mit dem 12. und 13. Jahrhundert. Als Anfang. Eines Tages werden Sie dann von ganz allein auf die zwei entscheidenden Fragen kommen: Erstens: Wie konnte aus dem kreativsten, aus dem intelligentesten Land der Welt so ein Saftladen werden? Und zweitens: Was würden unsere Vorfahren zu dem Zustand von Deutschland heute sagen?

Eine wichtige Frage, diese letzte Frage, denn wir sind nichts weiter als Treuhänder unserer Vorfahren und unserer Nachfahren. Es ist zu befürchten, dass das Urteil meiner Großeltern lauten würde: „Armes, armes, armes Deutschland.“ 

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Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Ist es nicht beeindruckend, wie Hans-Jürgen Geese vom anderen Ende der Welt die Lage auch in Deutschland treffend analysiert? Da können wir Ihnen nur empfehlen, das Werk desselben Autors zu genießen. Mit dem Titel „Ausverkauf vom Traum Neuseeland“ spannt Geese den Bogen von Neuseeland zu Deutschland. Seine messerscharfen Analysen zeigen auf, wie die Bürger weltweit von den immer gleichen Akteuren mit den immer gleichen Methoden unterdrückt und ausgebeutet, ja zu Sklaven gemacht werden. Täuschen Sie sich nicht. Was Geese in Neuseeland wie unter dem Brennglas aufzeigt, findet auch in Deutschland statt. Es ist nur nicht so leicht zu erkennen. „Ausverkauf vom Traum Neuseeland“ ist erhältlich im Buchhandel oder bestellen Sie Ihr Exemplar direkt beim Verlag hier. 

Hier können Sie eine Rezension zu diesem Werk ansehen: 
https://www.anderweltonline.com/kultur/kultur-2020/ausverkauf-vom-traum-neuseeland-wie-ein-bluehendes-land-verramscht-wurde/ 

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