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AfD – „eine Partei neoliberal bis ins Mark“ …

Von Sigrid Petersen 

… ist die Teilüberschrift eines Artikels auf den NachDenkSeiten vom 23. Januar dieses Jahres, geschrieben von Jens Berger. Ich möchte vorausschicken, dass ich die Arbeit der NDS im Großen und Ganzen sehr schätze, Herr Berger mit seinen Artikeln mir allerdings oft Bauchschmerzen verursacht.

Vornehmlich weil seine Artikel gerade in Bezug auf die AfD wenig sachlich formuliert sind, er mit wertenden und schmähenden Adjektiven nicht spart und darüber hinaus die in der Mainstream-Presse gerne verwendeten Diffamierungs-Todschlagworte wie „Klimaleugner“, Verschwörungstheoretiker“ „rechtsextremistische … „ selbst großzügig anwendet. 

Ich hatte den Artikel, von dem hier die Rede ist, nicht im Veröffentlichungszeitraum gelesen, deswegen auch keinen Leserbrief verfassen können, vermutlich weil ich seine Artikel eher meide. Jetzt allerdings bin ich über die zu dem Artikel veröffentlichten Leserbriefe gestolpert und möchte „nachhaken“. Denn einige Leserbriefe drückten explizit ihren Dank für die von Herrn Berger aufgeführten Berechnungen aus. 

Der Vorwurf, die AfD sei stark neoliberal, taucht ständig in der Presse auf, oder auch in Talk-Runden mit z.B. Sarah Wagenknecht. Für sie ist diese Zuordnung immer wieder ein „schlussendlich“ Ausschlussargument zur Zusammenarbeit mit oder einen Mauereinriss zur AfD. Der Begriff „neoliberal“ im Zusammenhang mit der AfD soll immer implizit ausdrücken, dass die AfD die Reichen bedient und die Armen ärmer werden. 

Zum Artikel

J. Berger nimmt nach einem kurzen Überblick über die Entstehungsgeschichte der AfD, die aus den Reihen verschiedener „marktliberaler“ Gründer begann, Alice Weidel als „ausgemachte Vertreterin des libertären Flügels“ heran. Mit der Begründung oder Annahme, Peter Oberender als ihr Doktorvater wäre demnach auch ihr „politischer Ziehvater“ gewesen. Als Untermauerung dieses (vermutlich schlechten) Einflusses folgt folgender Satz: „Der 2015 verstorbene Oberender war ein neoliberaler Ökonom, der unter anderem forderte, dass Hartz-IV-Empfänger ihre Organe verkaufen dürfen sollten, um das Existenzminimum zu finanzieren. Genau dieser Oberender war Weidels Doktorvater.“ Recherchiert man nun nach dem Kontext dieser Aussage, geht es in dieser Aussage keinesfalls um Hartz-IV-Empfänger, sondern um beispielsweise den in Indien im „grauen Markt“ stattfindenden Organhandel, bei dem 80% der Spender wegen mangelnder Nachsorge stürben. Für Oberender ein Grund, den Gedanken, diesen Handel in geregelter Form zu erlauben, zu formulieren. Muss man nicht teilen, kann man aber. 

Des Weiteren werden als Begründung Weidels Nähe zu dem Trump-Unterstützern Peter Thiel und Elon Musk aufgeführt. Sind beides Milliardäre! Sorry, aber wie bezeichnet man Menschen mit Milliardenvermögen wie die Bush-Familie, Biden-Familie, Obama-Familie, Selensky, Soros, Gates  ….. mit ihren jeweiligen Verbindungen zu weiteren Milliardären mit ihren Großkonzernen, Lobby-Gruppen und Stiftungen, die Einfluss auf die Politik nehmen? Zu denen andere deutsche Politiker gerne ihre Nähe zeigen?

Folgend geht Berger näher auf die von ihm identifizierten neoliberalen Aspekte der AfD ein. Den Anteil der von der AfD geforderten Steuerreform, die die kalte Progression beenden soll, begrüßt er. Aber die AfD fordere eine „grundlegende Steuerreform“, denn die „derzeitige unterschiedliche Besteuerung verschiedener Einkünfte soll durch eine einheitliche Ertragssteuer ersetzt werden. Der Steuersatz dieser Ertragssteuer soll pauschal bei 22 Prozent liegen, die durch eine „Gemeindewirtschaftssteuer“  ergänzt wird, die von den Kommunen erhoben wird. In Summe soll der Steuersatz dabei „im Regelfall“ 25 Prozent nicht überschreiten.“

Mit dieser Annahme, dass die Einkommenssteuer wegfiele und alle Einkommen mit 25% nach Abzug der großzügigeren Freibeträge berechnet werden, rechnet Herr Berger fälschlicherweise vor, dass kleinere Einkommen prozentual weniger profitieren würden. Warum fälschlicherweise? Herr Berger bezieht die steuerlichen Einsparungen auf das zu versteuernde Einkommen wie es jetzt erhoben wird. Danach würde das angesetzte zu versteuernde Einkommen mit 500.000€ tatsächlich eine Ersparnis von 16% gegenüber 10% und 13% bei den beiden anderen Berechnungsbeispielen ergeben. Herr Berger versäumt es, von dem derzeitig zu versteuernden Einkommen die von der AfD angedachten Freibeträge abzuziehen. 

Wenn man bei den Beispielen bleibt, sieht es mit der korrekten Berechnung folgendermaßen aus:

Es verbleiben von 28.000€ Einkommen: 1.000€, von 98.000€ verbleiben: 44.000€ und von 500.000€ verbleiben: 470.000€, auf die Steuern zu entrichten sind. 

Das Niedrigeinkommen mit 28.000€ - alleinerziehend, ein Kind – würde hier praktisch keine Steuern mehr zahlen, also zu fast 100% profitieren – der jetzige Steuersatz beträgt 13,7% und der zukünftige würde 0,9% (auf das ursprünglich zu versteuernde Einkommen bezogen) betragen. Das kommt bei der Rechnung Herrn Bergers nicht heraus. Das mittlere Einkommen mit 98.000€ – zwei Erwachsene, zwei Kinder – spart 48% Steuern ein und die Topverdiener-Familie ohne Kinder 41% der Steuern. So ergibt das ein ganz anderes Bild. Es sei an dieser Stelle noch hinzuzufügen, dass davon auszugehen ist, dass Spitzenverdiener nach vorliegenden Zahlen durch „Steuertricks“ heute(!) durchschnittlich auf einen Steuersatz von ca. 25% kommen. Danach würden also Spitzenverdiener von dem neuen Modell mit bis zu 0 profitieren. 

Das klingt dann wiederum nicht nach neoliberal, wenn die „Bevorzugung der Reichen“ an sich überhaupt ein neoliberales Kennzeichen wäre. (Die AfD sieht sich selbst in der Tradition der Sozialen Marktwirtschaft)

Die AfD hat im Mai des vergangenen Jahres einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht (Drucksache 20/13356) und begründet. 

Berger wendet sich daraufhin dem Thema Grundsteuer zu, die die AfD abschaffen möchte und schließt daraus, dass dieses zum Leidwesen der Mieter ausgetragen würde – im Gegensatz zu der Auffassung der AfD, dass die Streichung der Grundsteuer dem Mieter zu Gute kommen würde. Nach der Ansicht von Herrn Berger würde der Wegfall der Grundsteuer durch die 3%, die in der oben beschriebenen Ertragssteuer mit 22%+3% Gemeindewirtschaftsteuer enthalten sind, vom Mieter kompensiert werden müsste. Hier hätte er vielleicht auch nochmal nachrechnen sollen. 

Tatsächlich ist die Summe innerhalb der zu zahlenden Steuern für die Gemeindewirtschaftsteuer deutlich höher als der auf den Mieter umgelegte Grundsteuerbeitrag. Diesen müsste man aber korrekterweise zum bisherigen Steuersatz (den heute zu zahlenden Steuern) zurechnen. Es ergibt sich dann hier für die Mieter aller Einkommensklassen eine Ersparnis. Zusätzlich würde nun auch der Vermieter „an der Grundsteuer beteiligt“. Der Mieter wird also entlastet!

„Last but not least will die AfD „selbstverständlich“ auch die Erbschaftssteuer komplett abschaffen. Die sei ungerecht, weil das zu vererbende Vermögen ja schon irgendwann mal versteuert wurde und bringe ohnehin kaum etwas ein. Auf die Idee, die Erbschaftssteuer so zu reformieren, dass sie was einbringt und vor allem die extrem hohen Erbschaften der Superreichen adäquat und gerecht besteuert werden, kommt die AfD freilich nicht.“  Es tut mir Leid, aber das ist sehr platt (und leider sehr überheblich) formuliert. Man sollte sich vielleicht vorerst einmal Gedanken darüber machen, dass so manches Vermögen/Riesenvermögen leistungslos(!) erworben ist und hier entscheidende Regelungen erforderlich sind, um solcher Art Vermögen gar nicht erst entstehen zu lassen. Jedes Vermögen, das durch Leistung entstanden und schon versteuert ist, ist auch meiner Ansicht nach als nicht steuerpflichtig einzustufen. Auch wenn so mancher Erbe es eigentlich vielleicht „nicht verdient“ hätte. Was natürlich Ansichtssache ist. 70% des Erb- und Schenkungsvermögens setzt sich aus kleineren Beträgen zusammen, die nicht der Erbschaftsteuer unterworfen sind. Möchte Berger diese Kleinerben zur Tasche bitten? Deren Eltern diese Erbschaften erarbeitet und erspart haben? Die der Erb-und Schenkungsteuer unterworfenen Beträge betrugen i.M. 2023 640.000€, denn die über Erbschaft und Schenkungen übertragenen Transfervermögen in diesem Jahr betrugen nach Steuer 112 Mrd Euro auf 175.000 Erbschaften verteilt. 640.000€ ist eine Menge, heißt aber nicht, dass es sich um Bares handelt, sondern auch um Wohnungen und Häuser. 

Die nächsten Kritikpunkte an den Vorhaben der AfD betreffen die Rente und Soziales. 

Es kommt in diesem Artikel von Berger nicht vor, ich möchte es aber dennoch erwähnt haben, weil ein einschlägiger Vorwurf, was das „Soziale“ der AfD betriff, immer wieder ist, dass die AfD den Mindestlohn ablehnt. Allein dieser eben besprochene Vorschlag des einheitlichen Ertragsteuer-Satzes würde eine Lohnerhöhung für Alleinstehende von 15%, für die Familie mit zwei Kindern von 13% bedeuten. Das hat noch keine Gewerkschaft erreicht. 

Und da sind wir bei dem Thema Renten und Soziales. Ich habe manchmal den Eindruck, dass bei vielen Leuten Rechenvorgänge nur mit den gelernten Grundansätzen möglich sind. Das Geld für die Renten (hier Zuschuss) und Soziales kann nur aus dem Staatstopf kommen. Geht gar nicht anders. Und wenn die AfD nicht die Töpfe befüllen will, aus denen das Geld kommen soll/muss, dann kann das nicht umgesetzt werden und die AfD bleibt „nebulös“, weil sie die Töpfe ja nicht benennt. „… , bleibt die Partei sowohl bei den Renten als auch bei der Sozialpolitik bewusst unkonkret.“  Ich kann es nicht nachrechnen, aber Ökonomen, die vorbehaltlos vorgehen, könnten vielleicht zu dem Ergebnis kommen, dass nach einem vernünftigen Kassensturz die vom Staat notwendigerweise auszuführenden Ausgaben erheblich(!) reduziert werden könnten, dass Minderkosten für die Bürger – direkte Steuern und indirekte erheblich gesenkt bzw. abgeschafft  – derart ergiebig sind, dass eine eigene zusätzliche Rentenvorsorge ein „Kinderspiel“ ist? Zum Beispiel allein über die Möglichkeit sich eine Eigentumswohnung oder ein Eigenheim anschaffen zu können? Und natürlich ist das Zukunftsmusik, da die jetzigen Rentner noch nicht davon profitieren. Für den Bereich Soziales ist, wie oben dargestellt, allein die vorgeschlagene Steuerreform ein Hebel, gerade kleine Einkünfte deutlich zu erhöhen. Und zusätzliche Kostensenkung über die Abschaffung indirekter Steuern würde hier verstärkt wirken.

Steuersenkung für Unternehmen?

Nun argumentiert Berger mit einer Studie der London School of Economics und King´s College London, dass Steuersenkungen für Unternehmen keine Lohnerhöhungen für die „unteren“ Einkommen bewirken würden. Das IFU-Institut behauptet das Gegenteil. Mag man sich nun die zu zitierenden Studien aussuchen. 

Die letzten Absätze will ich unkommentiert lassen, weil sie in ihrer Argumentation der Prämisse folgen, dass die AfD den Reichen Geschenke machen will, so dass man zu dem Schluss kommen muss, dass die AfD „bis ins Mark neoliberal“  ist. Eine sachliche Auseinandersetzung würde zumindest(!) einen Querverweis auf Wahlversprechen oder –aussagen der anderen Parteien machen - Klar, es lässt sich immer alles locker finanzieren, wenn der Bürger mehr zur Kasse gebeten wird. Da muss man auch keine Zweifel mehr an der Finanzierbarkeit haben.

Die Argumentation geht wie oben schon erwähnt von herkömmlichen Finanzierungsmodellen aus und macht keinerlei Versuche, einmal an ein neues Gesamtkonzept zu denken. Wünschenswert wäre von der AfD, einigermaßen nachvollziehbare Zahlen zu veröffentlichen aber auch von allen anderen Parteien, nein insbesondere von der AfD, da hier ein neues Gesamtkonzept angedacht ist. Auch wenn die AfD ohne Regierungsbeteiligung nicht in der besten Position ist, einen optimalen Kassensturz (Prüfung aller Ausgaben) zu machen, um klar sagen zu können, wo und wie Ausgaben gekürzt werden können. Die an der Regierung beteiligten Parteien schon! 

Und noch eine kleine Bemerkung zum Schluss, den äußerst neoliberalen Charakter der AfD betreffend: In ihrem Grundsatzprogramm schreibt die AfD: „Über Privatisierungen sollen Bürgerentscheide auf der jeweiligen staatlichen Ebene entscheiden, insbesondere bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und in Bezug auf öffentliches Wohn- und Grundeigentum. Geheime Privatisierungsverträge lehnt die AfD ab.“  Ironie off. 

https://www.nachdenkseiten.de/?p=127687  

Alle, ja alle Parteien und „Reformer“ machen die gleichen Fehler: Es wird an irgendwelchen Enden des bestehenden Systems herumgedoktert, anstatt an die Grundfehler des Systems zu gehen. Da kann nichts wirklich Besseres dabei herauskommen. Das System muss grundreformiert werden. Da muss man sich den Kopf freimachen von überholten Lehren. Das haben wir getan und so das Modell „Die Humane Marktwirtschaft“ geschaffen. Es kommt ohne Lohnsteuer oder Inflation aus und gibt so den Menschen Planungssicherheit und Freiheit. Lesen Sie „Die Humane Marktwirtschaft“ und staunen Sie, wie einfach es sein könnte ein System zu etablieren, das den Menschen dient und nicht den Oligarchen. Bestellen Sie Ihr Exemplar direkt beim Verlag hier oder erwerben Sie es in Ihrem Buchhandel. 

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