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Anonymität zerstört Anstand und Moral
Von Peter Haisenko
Allenthalben wird roher Tonfall im Internet beklagt. Zensur und Strafen sollen das verhindern, in inflationärem Ausmaß. Das hilft aber nicht wirklich. Das Grundproblem liegt in der Anonymität.
In kleinen Gemeinschaften, in kleineren Dörfern, regeln sich die meisten Dinge von selbst. Jeder kennt jeden und wenn sich jemand daneben benimmt, wissen es alle und er steht fortan im Abseits. Er hat die Wahl, sich anständig zu benehmen oder diese Gemeinschaft zu verlassen. Das gilt auch für Bürgermeister, Polizei, Pfarrer oder einfache Verwaltungsangestellte. Niemand ist anonym. Probleme werden ausdiskutiert, auch am Stammtisch in der Kneipe. Da werden Kompromisse gefunden, die echten demokratischen Prozessen entstammen. Betrügt jemand und schadet den anderen, kann er sich nirgendwo mehr sehen lassen. Aber auch in diesen kleinen Gemeinschaften gibt es Leute, die jenseits der „Norm“ ihr Leben gestalten. Solange diese „Paradiesvögel“ niemanden belästigen, werden sie toleriert. Auch der „Dorfdepp“ hat seinen Platz. Man lebt im Gemeinsinn, passt aufeinander auf und hilft sich gegenseitig. In der Anonymität der Städte ist das anders.
Als der Teufel noch ein kleiner Bub war, Moral und Anstand noch etwas galten, wurden auch im ganzen Land ähnliche Maßstäbe angelegt. Hatte jemand einen betrügerischen Bankrott hingelegt, wurde er gesellschaftlich geächtet. Man hätte es nicht akzeptiert, so jemanden weiterhin in der „guten Gesellschaft“ eine Rolle spielen zu lassen. Seit gut 50 Jahren hat sich das geändert. Besonders skrupellose „Manager“ werden gefeiert für ihre finanziellen Erfolge. Ist jemand erst in der „Führungsschicht“ angekommen, wird er nicht mehr aussortiert, selbst dann nicht, wenn er eine oder mehrere Firmen ruiniert hat.
Versager und Zerstörer werden hofiert
Ich meine hier zum Beispiel Heinz Ruhnau, der innerhalb eines Jahres den gewerkschaftseigenen Supermarkt COOP „abgewickelt“ hat. Er wurde dann zum Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa erkoren, mit dem Auftrag, auch diese in die Insolvenz zu treiben. Das ist ihm nicht gelungen, aber der Schaden, der er angerichtet hatte, war enorm. Wer nun geglaubt hätte, das war es für ihn, liegt falsch. Er wurde mit dem Projekt Berliner Flughafen beauftragt und wir wissen, wie viele Milliarden er da versenkt und wieviel Schaden er da angerichtet hat. Und wenn jetzt jemand glaubt, das Ende seiner Gesellschaftsfähigkeit wäre gekommen, der irrt schon wieder. Er hat Lob und Orden bekommen und war immer noch willkommenes Mitglied in hohen Kreisen. Auch der Name Thomas Middelhoff sollte nicht vergessen werden. Der durfte sich sogar als Freigänger im Strafvollzug bei Lanz über die Haftbedingungen beschweren.
https://de.wikipedia.org/wiki/Thomas_Middelhoff
Das Internet hat die Gesellschaft verändert. Nicht zum Guten. Zum einen kann jetzt jeder seine Ergüsse einem mehr oder weniger unbegrenzten Publikum servieren. Dagegen ist an sich nichts einzuwenden. Das Problem ist aber, dass man das anonym tun kann. Das Internet ist voll von Pseudonymen und ganze Organisationen sind damit beschäftigt Menschen zu beeinflussen, indem sie Botschaften streuen, die nicht mehr einem Verantwortlichen zugeordnet werden können. Oder auf diese Weise betrügen. Man denke nur an die vielen betrogenen Frauen, die viel Geld nach Nigeria überwiesen haben, weil sie glaubten, bei einer realen Person Liebe gefunden zu haben. Internetbetrug ist ein Milliardengeschäft und man wird dem nicht Herr. Es handelt sich immer um anonyme Accounts, hinter denen sich jemand versteckt.
Mobbing und Hassrede
Mobbing ist beileibe nichts Neues. Ich weiß, wovon ich rede. In der Schule wurde ich als Russe beschimpft und ausgegrenzt, obwohl ich in München geboren bin und (damals) kein Wort Russisch sprechen konnte. Erinnern wir uns noch an „Ostfriesenwitze“ und alle ihre Variationen. Es ist wohl ein grundmenschliches Bedürfnis, sich über andere zu stellen und lustig zu machen, obwohl man dafür zumeist keinerlei Berechtigung aus den eigenen Fähigkeiten ableiten kann. In der heutigen Welt der „politischen Korrektheit“ ist das nicht mehr erlaubt. Da braucht es ein neues Ventil und das ist die „Hassrede“, die dann mehr oder weniger anonym übers Internet abgelassen werden kann. Anonym ist da sehr wichtig, obwohl auch das im Internet eher eine Illusion ist. Aber das Gefühl ist da und schon werden Sachen rausgehauen, die man nicht wagen würde, jemandem direkt ins Gesicht zu sagen. Man könnte direkt „eine aufs Maul“ bekommen.
Das Internet fördert die Illusion der Anonymität oder besser, man kann sich unbeobachtet fühlen. Wozu führt das? Wer glaubt, er wird nicht beobachtet, legt schnell Moral und Anstand Beiseite. Der Gemeinsinn wird abgelegt. Bevor der Müll irgendwo hinterlassen wird, wo er nichts verloren hat, kommt vorher der Rundblick, ob man auch nicht gesehen wird. Fällt auf der Straße etwas herunter, bleibt es liegen, solange nicht jemand daneben steht und mahnende Worte spricht. Irgendjemand wird es schon irgendwann aufräumen. Ähnlich läuft es ab in Treppenhäusern von größeren Wohneinheiten. Hat ja keiner gesehen. Warum sollte man sich darum kümmern? Ja warum auch, hat ja keiner gesehen und wenn das so ist, kann man auch nicht dafür belangt werden. Anonymität tötet Anstand und Moral.
Nur noch mit Klarnamen bitte!
In diesem Sinn plädiere ich dafür, dass niemand mehr mit Pseudonym ins Internet gehen darf. Pseudonyme sind für Feiglinge, die nicht für ihre Meinung einstehen wollen. Für Portale wie Anderweltonline gilt die Pflicht mit einem ordentlichen Impressum kundzutun, wer verantwortlich für den Inhalt ist. So sollte es auch für jeden Auftritt im Netz sein. X, TikTok, Facebook und wie sie nicht alle heißen. Ich bin mir sicher, dass der Ton im Netz schnell moderater, bedachter sein wird. Ebenso die „Dating-Plattformen“. Nur noch Klarnamen bitte! Keine „Susi 89“ oder so, von der niemand wissen kann, ob es die überhaupt gibt oder ob es ein Kerl ist oder gar ein Pädophiler. Wer etwas zu sagen hat oder ernsthaft eine Bekanntschaft sucht, der kann dazu auch seinen Namen nennen. Gut, im Bereich der Prostitution ist das zum Schutz der Liebesdienerin anders zu sehen. Aber sonst?
Dann die „Experten“, die ohne Namensnennung als ultimative Zeugen für alles mögliche „zitiert“ werden. Gibt es diese anonymen „Experten“ überhaupt? Oder entspringen sie der Phantasie von „Meinungsmachern“? Wer kann das überprüfen, wenn keine Namen genannt werden? Man kann sich ja nicht einmal mit ihren angeblichen Erkenntnissen auseinandersetzen, sie eventuell widerlegen, wenn nicht dazu gesagt wird, wer er ist und auf welche seiner Studienergebnisse Bezug genommen wird. Man nennt das „Zitieren einer nicht anwesenden (anonymen) Autorität“ und das wird normalerweise als unzulässig in einer Diskussion abgelehnt. Welche Art Experten sollen das sein, die nicht mit ihrem Namen für ihre „Erkenntnisse“ einstehen (können)? Schon „Experten“ als Wort nennt eine unbestimmte Anzahl. Es können zwei oder viel mehr sein oder eben nicht existieren. Wer sich auf „Experten“ bezieht, verbreitet zumeist nur seine eigene Meinung, die er aber nicht eigenständig schlüssig begründen kann.
Gemeinsinn, Anstand und Ehre
In der westlichen Welt leben wir in einem Zustand, in dem Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit keinen Wert mehr haben. Diese Tugenden können auch nicht monetär ausgeschlachtet werden. Sie haben keinen Geldeswert. Skrupellose Manager hingegen können mit ihrem Einkommen protzen. Ganz aktuell müssen wir erleben, wie skrupellos Wahlbetrug betrieben wird. Der Kopf des Herrn Merz müsste erstrahlen wie eine Glühbirne, wenn er noch einen Rest an Anstand hätte. Aber nein, er soll Bundeskanzler werden. Was sagt uns das über den Zustand unserer Gesellschaft, „unserer Demokratie“, wenn ein überführter Lügner das Land anführen soll? Kann man da noch widersprechen, wenn Präsident Putin vom Imperium der Lügen spricht? Aber war es in der BRD jemals anders?
Denken Sie da nur an den Zirkus Wiedervereinigung ja oder nein. Da wurde schon in den 1960er Jahren gelogen, dass sich die Balken biegen. Von allen Parteien. Oder an Herrn Schäuble, was der über Wahlversprechen gesagt hat. Und natürlich an das Entsetzen, als Donald Trump versucht hat, seine Wahlversprechen einzuhalten. So, wie jetzt auch. Und die unsozialen Medien? Vergessen Sie´s! Oder das ganze Finanzsystem. Eine einzige Lügenorgie, die wegen der unnötigen „Fachworte“ niemand verstehen soll.
Der Moralkompass muss wieder eingenordet werden
Wir, die westliche Welt, müssen zurückkehren zu einem Moralkompass, der Lügner und Betrüger einfach an den Rand der Gesellschaft stellt, sie aussortiert und zu Parias macht. „Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken“. In diesem Sinn muss den meisten Politikern der „demokratischen Parteien“ die Rote Karte nicht nur gezeigt werden, sondern auch konsequent entsprechend gehandelt werden. Außer mit Buhrufen dürfen die nirgendwo mehr empfangen werden. Aber bis das so weit ist, werden wir weiterhin im Imperium der Lügen ausharren müssen. Ach ja, wir hatten ja die Wahl und so haben die Freunde der Lügen erhalten, was ihnen nicht zusteht... Die nächste Wahl wird kommen!
Die 1960er Jahre sind hochinteressant, denn schon damals wurden die Grundsteine gelegt, die heute das „Fundament“ für „unsere Demokratie“ sind. Auch mir ist das damals nicht bewusst gewesen. Umso wichtiger ist es jetzt, Aufklärung über diese Zeit zu erhalten. Da kann man dann auch über die 1960er Jahre sagen: Nie wieder! Lesen Sie dazu das letzte Werk von Reinhard Leube: „Ein Komet am Himmel“. Aber um das verstehen zu können, muss man eben wissen, wie das damals war. Bestellen Sie Ihr Exemplar direkt beim Verlag hier oder erwerben Sie es in Ihrem Buchhandel.
Hier können Sie eine Rezension einsehen mit dem Titel: „Und Sie glauben, der Zirkus wäre neu?“
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20251/und-sie-glauben-der-zirkus-waere-neu/