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Macht Arbeit frei?

Von Hans-Jürgen Geese

Der zu seiner Zeit berühmteste Ökonom auf Erden, der Brite John Maynard Keynes, prophezeite im Jahre 1930, dass der Mensch Ende des Jahrhunderts nicht mehr als 15 Stunden in der Woche arbeiten würde. Keynes kam zu der Erkenntnis durch die simple Projektion der Produktivitätssteigerungen über die Jahre infolge des zu erwartenden technischen Fortschritts.

Heute, fast 100 Jahre später, wissen wir, dass der Mann Recht hatte. Die von ihm vorhergesagte Entwicklung bei der Produktivität ist tatsächlich eingetreten. Nicht nur das, wir produzieren sogar viel, viel mehr als man sich im Jahre 1930 auch nur in den kühnsten Träumen vorstellen konnte. Lassen Sie nur einmal die Bilder von einem Krämerladen im Jahre 1930 und von einem Supermarkt in unserer Zeit vor Ihrem geistigen Auge erscheinen. Die zu klärende Frage nach all dem Fortschritt ist also: Warum arbeiten heute die Menschen nicht maximal 15 Stunden in der Woche? Denn das müsste doch in der Tat möglich sein, oder?

Bullshit Jobs

Der durch sein 2011 herausgebrachtes Buch „Schulden: Die ersten 5.000 Jahre“ weltweit bekannt gewordene Anthropologe und bekennende Anarchist David Graeber erklärt in seinem Buch „Bullshit Jobs“ das Phänomen der nicht eingetretenen Arbeitszeitverkürzung. Es hat mit eben diesen Bullshit Jobs zu tun.

Umfragen in einer Reihe von westlichen Ländern sind stets zu dem gleichen Ergebnis gekommen: Zwischen 35 % und 40 % der arbeitenden Bevölkerung halten ihren „Job“ für total überflüssig. Aber ihren Job gibt es trotzdem.

Wir werden wohl im Folgenden bei der Bezeichnung „Job“ bleiben müssen, denn Berufe kann man diese Tätigkeiten, von denen wir hier reden, nicht nennen. Berufe haben bekanntlich mit Berufung zu tun. Der Mann, der Ihnen die Pizza ins Haus liefert, wird aber wahrscheinlich nicht seine Tätigkeit mit Berufung in Verbindung bringen. Und ich kann Ihnen als älterer Mitbürger auf Erden versichern, dass es Zeiten gab, da überlebten die Menschen tatsächlich mühelos, ohne dass ihnen jemand die Pizza ins Haus liefern musste. Ist das nicht erstaunlich?

Es wurden also seit 1930 viele neue Jobs geschaffen, tausende, die es damals nicht gab und die auch nicht alle notwendig sind. Und natürlich, wie uns das Beispiel Supermarkt aufzeigt, werden heute viel mehr Produkte produziert als damals, die in ihrer Mehrheit ebenfalls nicht notwendig sind. Nicht nur das, sie sind in manchen Fällen sogar ungesund oder schädlich.

Graeber (gestorben 2020) behauptete, dass er nie einem Unternehmensjuristen begegnet war, der seine Tätigkeit für sinnvoll ausgab. Die Bullshit Jobs finden Sie also auch in den höchsten Etagen der Hierarchie der Wirtschaft.

Und wenn wir schon einmal dabei sind: Die meisten Politikerjobs sind überflüssig. Eigentlich die gesamte Regierung in Berlin. Zudem: Wir alle klagen darüber, dass die Bürokratie sich wie ein Krebs in der Gesellschaft ausgebreitet hat und langsam das pulsierende Leben in der Gemeinschaft massakriert. Das Leben wird komplizierter und komplizierter und immer komplizierter. Das muss so sein, denn wir müssen, auf Teufel komm raus, neue Jobs schaffen, sozusagen ein Jobwunder. Denn sollen etwa all die Leute, die die Wirtschaft nicht braucht, zuhause bleiben und Däumchen drehen? Was meinen Sie was dann los wäre im Lande?

Die 15 Stunden Woche

Wenn man all die Marketingfritzen, all die Berater und Verwaltungsexperten, all die getriebenen Lieferanten von unnötigen Dingen, all die Hundewäscher, die Public Relations Genies, all die Leute, die mit Geld spielen und all die Heerscharen von Schwätzern in den Medien, und viele andere mehr, zum großen Teil einsparte und auf den verbliebenen, notwendigen Teil der Wirtschaft losließe, dann wird doch wohl die Einsicht sich einstellen, dass die anderen Menschen im Lande entsprechend weniger arbeiten müssen. Denn die wirklich notwendige Arbeit würde sich auf viel mehr Menschen verteilen. Sollte das nicht das Ziel sein? Na? Frage: Ist der Mensch wirklich nicht mehr als nur ein Jäger auf der Jagd nach einem Einkommen, das ihm einen maximal möglichen Wohlstand einbringt?

Das ist eine gefährliche Frage, so gefährlich, dass sie nicht gefragt werden darf. Stellen Sie sich einmal vor, was geschehen würde, sollte der Mensch in der Tat nicht mehr als 15 Stunden in der Woche arbeiten. Was macht jener Mensch dann mit dem Rest der Zeit? Was meinen Sie? Hätte jener Mensch dann Zeit zum Nachdenken? Hätte jener Mensch dann Zeit für seine Weiterbildung? Hätte jener Mensch dann Zeit, sich in Gemeinschaften zu engagieren und zu organisieren? Ja? Oh weh, dann würde es sehr schnell sehr gefährlich werden für alle Herrscher.

Denn Herrschaft beruht auf Kontrolle. Sie können Herdentiere leicht kontrollieren. Aber Tausende, Millionen von Einzeltieren können Sie nicht kontrollieren. Die Wahrscheinlichkeit in einer realisierten 15 Stunden Woche ist sehr hoch, dass im Lande dann wahre Demokratie ausbrechen würde. Wahre Demokratie! Der Alptraum aller Herrscher. Kreative, freie, unabhängige, hoch gebildete Bürgerinnen und Bürger sind nämlich nicht gefragt. Gefragt ist der Mensch als dumpfer Produktionsfaktor. Und als gieriger Konsument. Das ist alles. Das ist Ihre Mission hier auf Erden: Arbeiten und Konsumieren. Damit sind Sie doch glücklich, oder etwa nicht? Denn Sie leben bekanntlich im besten Deutschland aller Zeiten.

Die Erkenntnis von Fjodor Dostojewski

Der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski wurde 1849 zu zehn Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt. In seinem Roman „Aus einem Totenhaus“ erzählt Dostojewski aus jener Zeit. Ich gebe hier einen Textauszug mit meinen eigenen Worten wieder: „Es kam mir einmal der Gedanke in den Sinn, dass, sollte es notwendig sein, einen Mann zu einem Nichts zu reduzieren, um ihn zu bestrafen, und zwar auf eine solch grausame Art, dass selbst der abgehärtetste Mörder vor dieser Strafe zittern würde, dann wäre es lediglich notwendig, diesen Mann eine völlig sinnlose Tätigkeit ausführen zu lassen, die in Absurdität ausartet. Zum Beispiel könnte er Erde von einem Haufen auf einen anderen Haufen schaufeln und dann sogleich wieder von eben jenem Haufen zurück auf den ersten Haufen. Den ganzen Tag.“

Für viele Menschen in der sogenannten modernen Gesellschaft ist die sogenannte Arbeit eine Strafe, eine Erniedrigung, eine Vernichtung der Herrlichkeit des Menschen. Von dem Anspruch „ihr werdet sein wie Gott’ zu einem nutzlosen, gehirngewaschenen, dumpfen Kriecher, der Angst hat, nicht überleben zu können.

George Orwell sagte dazu: „Ich denke, dass dieser Instinkt der Herrscher, immer mehr „Arbeit“ zu schaffen, im Grunde einfach nur die Angst vor dem Mob ist. Der Mob besteht nach ihrer Ansicht aus dermaßen primitiven Wesen, dass er eine Gefahr für die Herrschenden werden könnte, wenn er zu viel Freizeit hätte. Es ist sicherer, die Menschen so zu beschäftigen, dass sie keine Zeit zum Denken haben.“ Hatte Orwell Recht? Von der Würde des Menschen also keine Spur?

Und dann lesen Sie in dem offiziellen Märchenbuch davon, dass die Würde des Menschen unantastbar sei. Unantastbar! Der letztendliche Beweis dafür, dass es sich bei eben diesem Buch fürwahr nur um ein Märchenbuch handeln kann.

Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen

Wenn wir also heute mühelos in der Lage sind, die Menschen im Lande, bei einer stark reduzierten Arbeitszeit, mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen, dies aber nicht tun, dann verbleibt als Erklärung eigentlich nur, dass dieser Zustand aus politischen Gründen nicht erwünscht ist. Und außerdem:

Unser Wirtschaftsmodell ist so angelegt, dass langsam aber allmählich, der Reichtum von unten nach oben transferiert wird, so dass also die untersten Schichten der Gesellschaft immer ärmer, die Oberschicht aber immer reicher wird. Und je mehr, je schneller „produziert“ und konsumiert wird desto besser für die Reichen. Das beschleunigt den Prozess des Transfers. Das ist gewollt. Auch wenn für den Rest der Bevölkerung dieser Mechanismus erniedrigend und völlig sinnlos ist und ihnen immer mehr Mühsal abverlangt, die ihr Leben zu einer Plackerei in zunehmender Armut macht, anstatt zu einem Dasein in einem Paradies.

Die Diskussion um Alternativen zu unserer wundersamen Variante von Marktwirtschaft hat sich erübrigt. Der Kommunismus hat abgedankt. Die soziale Marktwirtschaft von einst hat sich seltsamerweise, seit spätestens der Wiedervereinigung, verflüchtigt. Resigniert fügt sich der Bürger in sein Schicksal.

Seine einzige Hoffnung ist nicht er selbst. Seine einzige Hoffnung ist das Erscheinen des Messias. Üblicherweise in der Gestalt eines Politikers. Donald Trump ist solch ein Messias, angebetet von den Massen. Angeblich gibt es auch in der Bundesrepublik solche Hoffnungsträger. Die gibt es immer. Die muss es immer geben. Denn nichts ist gefährlicher als Menschen so zu unterdrücken, dass sie keinen Hoffnungsschimmer mehr sehen, dass sie nichts mehr zu verlieren haben und womöglich eine Revolution vom Zaune brechen. Da sei die Demokratie davor.

Arbeit hat noch immer mit Berufung zu tun

Lassen Sie sich nicht einreden, Arbeit sei gleich Job. Das stimmt nicht. Arbeit hat mit Stolz und Erfüllung und Lebenssinn zu tun. Job lediglich mit Geld verdienen. Ein Job ist ein Zeichen der Knechtschaft. Arbeit macht frei. Jobs versklaven.

Haben Sie auch festgestellt, dass es immer schwieriger wird, einen Arbeiter zu finden, einen Handwerker, einen qualifizierten Arbeiter, der wirklich arbeiten kann, der wirklich in der Gesellschaft gebraucht wird?

Der Trend hin zu Jobs hat nicht nur die Menschen verarmen, sondern sie auch verblöden lassen. Niemand hat das eindrucksvoller aufgezeigt als der bekannte französische Historiker und Statistiker Emmanuel Todd, dessen Buch „La Defaite de l“Occident“ Anfang 2024 erschien. Der Mann vertritt keine Ideologie, keine politischen Interessen, sondern nur der Drang treibt ihn an, Fakten zusammenzutragen und diese den Menschen im Westen vor Augen zu halten. Diese Fakten belegen eindeutig, dass sich der Westen im Niedergang befindet.

Nicht einmal Donald Trump wird das aufhalten können. Aus einem sehr simplen Grund, der Ihnen unmittelbar einleuchten wird. Emmanuel Todd nimmt den Krieg in der Ukraine zum Anlass, aufzuzeigen, warum der Westen unmöglich gegen Russland gewinnen kann: Die Russen haben viel mehr Ingenieure als die Amerikaner. Fast doppelt so viele. Die Russen können also die besten Waffen und die beste Munition herstellen. In gigantischen Mengen. Die Amerikaner können das nicht. Woher will also Trump all die notwendigen Ingenieure holen, um Amerika wieder in glorreiche Zeiten zu führen? „Made in Amerika“? Womit?

In Verbindung mit Trump und Amerika wird Ihnen bei dem Thema Bullshit Jobs schnell eingehen, dass der Mensch letztendlich doch nicht Geld fressen kann. Emmanuel Todd nimmt daher das Bruttosozialprodukt der Amerikaner auseinander und zeigt auf, dass Amerika nicht mehr das ist was es mal war. Der Dollar Selbstbetrug im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist gigantisch.

Emmanuel Todd sieht für Deutschland noch eine Chance. Warum? Weil wir noch immer sehr gute Ingenieure haben. Die Deutschen sind noch immer in der Lage, wirkliche Dinge herzustellen. Aber, und hier ist der Knackpunkt, nicht in Verbindung mit Amerika. Die Amerikaner wollen diese Ingenieure, Trump will diese Ingenieure. Er will Europa ausbluten. Für Amerika. Haben Sie das verstanden?

Der Messias wird nicht erscheinen

Freiheit hat mit Selbstverantwortung zu tun. Kein Politiker auf Erden wird Ihnen diese Freiheit schenken. Das ist eine Illusion. Eine Illusion. Eine gefährliche Illusion. Auch die nächste Wahl wird es nicht richten, denn das System ist das System ist das System. Und das System hat Sie als Sklave, als Sklavin vorgesehen.

Der Unterschied zwischen den wahren Herrschern (also nicht den Politikern) und dem Rest des Volkes ist, dass die wahren Herrscher hervorragend organisiert sind und an den Hebeln der Macht sitzen, vor allem an den Geldhebeln.

Das Volk muss sich also unbedingt in einer neuen Form organisieren, um eine Änderung der aktuellen Situation zu bewirken. Ich möchte dazu zwei Vorschläge machen. Die Umsetzung des Einen können Sie nicht wirklich hervorzwingen. Des Anderen schon.

Die Wehrpflicht muss wieder eingeführt werden

Wehrpflicht und Sozialpflicht. Für alle jungen Deutschen. Für alle. Damit würden sich ungeahnte Wege öffnen, sich neu zu organisieren und wieder die Führung im Volk zu übernehmen. Aus eben diesem Grunde wurde die Wehrpflicht abgeschafft. Sie muss wieder eingeführt werden, so dass alle jungen Menschen eingezogen werden, für zum Beispiel 2 Jahre, um ihrer Heimat zu dienen, als Soldat oder als Sozialhelfer. Stellen Sie sich einmal die Konsequenzen vor.

Es wäre ein Segen nicht nur für all die jungen Deutschen, die Dienen lernen und ihren Beitrag in der Gemeinschaft leisten, ohne den Gemeinschaft einfach nicht existieren kann. Macht Arbeit frei? Diese Art von Arbeit würde einen riesigen Beitrag für die Freiheit leisten. Für den Einzelnen und für die Gemeinschaft.

Wahre Arbeit macht frei

Manchmal kann man nicht viel tun, um einen misslichen Zustand zu verbessern. Aber man kann immer etwas tun. Und darum geht es hier zum Schluss.

Ich bin ein großer Befürworter des Gartenanbaus. Selbstversorger so weit wie möglich. So weit wie möglich. Und wenn es nur auf dem Balkon ist.

In Deutschland wird demnächst wieder der Frühling ausbrechen. Jetzt ist die ideale Zeit, soweit Sie es noch nicht praktizieren, sich selbst einen Garten anzulegen oder sich mit Freunden, Bekannten, Nachbarn zu organisieren, um einen Gemeinschaftsgarten anzulegen oder einfach nur Ihre Hilfe anzubieten.

Ich persönlich praktiziere all das: Wir haben unseren eigenen Garten, dann helfe ich in einem Gemeinschaftsgarten, und ich helfe bei alten Leuten aus, die das, auf sich allein gestellt, nicht mehr schaffen. Was gibt es herrlicheres als in Gottes Natur zu arbeiten? In Gemeinschaft mit wunderbaren Menschen.

Ich lege Ihnen ans Herz, in sich zu gehen und zu prüfen, inwieweit Sie sich da einbringen können. Sie müssen Ihre Schöpferkraft mobilisieren und solange wie irgend möglich am Leben erhalten. Gott segne alle Landwirte und alle Gärtner. 

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Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Ist es nicht beeindruckend, wie Hans-Jürgen Geese vom anderen Ende der Welt die Lage auch in Deutschland treffend analysiert? Da können wir Ihnen nur empfehlen, das Werk desselben Autors zu genießen. Mit dem Titel „Ausverkauf vom Traum Neuseeland“ spannt Geese den Bogen von Neuseeland zu Deutschland. Seine messerscharfen Analysen zeigen auf, wie die Bürger weltweit von den immer gleichen Akteuren mit den immer gleichen Methoden unterdrückt und ausgebeutet, ja zu Sklaven gemacht werden. Täuschen Sie sich nicht. Was Geese in Neuseeland wie unter dem Brennglas aufzeigt, findet auch in Deutschland statt. Es ist nur nicht so leicht zu erkennen. „Ausverkauf vom Traum Neuseeland“ ist erhältlich im Buchhandel oder bestellen Sie Ihr Exemplar direkt beim Verlag hier. 

Hier können Sie eine Rezension zu diesem Werk ansehen: 
https://www.anderweltonline.com/kultur/kultur-2020/ausverkauf-vom-traum-neuseeland-wie-ein-bluehendes-land-verramscht-wurde/ 

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