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Sekretierte Literatur - Zensur in der Bayerischen StaatsBibliothek
Von Peter Haisenko
Zensur findet nicht statt, heißt es im Grundgesetz. Verbotene Bücher gibt es auch nicht in der BRD. Aber es gibt „sekretierte Literatur“, musste ich jetzt lernen. Und zwar in staatlichen Büchereien. Versuchen Sie doch mal, eine rechtsgültige Definition dafür zu finden. Aber es gibt sie, die sekretierte Literatur.
Vor einigen Tagen erhielt ich eine Nachricht, die ein Buch aus dem AnderweltVerlag betrifft:
Hallo Herr Müller,
war Ihnen bekannt, daß ihr Buch "Scheindemokratie" bei der Bayrischen Staatsbibliothek als "sekretierte Literatur" eingestuft wurde? Ich habe versucht das Buch über die lokale Uni-Bibliothek per Fernleihe zu erhalten. Daraufhin erhielt ich eine Email meiner Bibliothek mit der Aufforderung eine Benutzungserklärung auszufüllen und unterschrieben einzureichen (anhängend). Ohne diese würde die verleihende Bibliothek das nicht versenden. So etwas habe ich in jetzt 25 Jahren Nutzungszeit noch nie bei einem Buchtitel erlebt. Wollen Sie dazu nicht mal eine Anfrage an die Bibliothek stellen bzgl. der Gründe für diese Einstufung?
Viele Grüße aus DresdenWas ist "Sekretierte Literatur"?
Bis dahin war mir der Begriff „sekretierte Literatur“ unbekannt. Also habe ich auf mehreren Suchmaschinen versucht, eine Definition dafür zu finden. Ergebnis: Fehlanzeige. Nicht einmal ein Wikipedia-Eintrag wird angezeigt. Es gibt ihn nicht, sagt Wiki. Unter dieser Adresse findet man dann eine Definition für „sekretieren“:
https://www.dwds.de/wb/sekretieren
Unter Punkt 2 wird angeführt: „(besonders Bücher) unter Verschluss halten“
Also doch verbotene Bücher? Na ja, offensichtlich nicht ganz. Sehen wir uns an, was die Bayerische StaatsBibliothek dazu mitteilt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Inhalt gewisser Veröffentlichungen erlaubt uns leider nur, diese ni (alle Schreibfehler im Original!) eingeschränktem Maße zur Verfügung zu stellen. Wie Sie wissen, sichert das Grundgesetz jedem die Meinungs- und nI-formationsfreiheit zu, doch finden diese Rechte ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze derJugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Um diesen Gesetzen, insbesondere dem Strafgesetzbuch (2.B. § 86, 131, 166, 184, 186 StGB ) zu genügen, können wir Ihnen gewisse Werke ausschließlich zum persönlichen Gebrauch zu Zwecken von Wissenschaft, Forschung und Lehre zur Verfügung stellen. Diese Bücher dürfen nur im Lesesaal benutzt und nicht kopiert werden. Bitte haben Sie dafür Verständnis. Zum Nachweis des wissenschaftlichen Zweckes bitten wir Sie, schriftlich eine entsprechende Erklärung abzugeben und ggf. eine Bestätigung über den Forschungsgegenstand vorzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
i.A.
Bayerische Staatsbibliothek
Abteilung Benutzungsdienste /Fernleihe
Die Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) teilt zum Begehren das fragliche Buch auszuleihen folgendes mit:
Sehr geehrte ………………,
anbei eine Information der besitzenden Bibliothek zu Ihrer Fernleihbestellung …………. Bitte senden Sie das ausgefüllte Formular an uns zurück oder teilen uns mit, ob die Bestellung storniert werden soll. (Ohne das Formular bekommen wir das Buch nicht geliefert).
Mit freundlichen Grüßen …………………………………..
Abt. Benutzung und Information
Ref. Medienservices, Lieferservice
Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB)
01054 Dresden
Besucheradresse: Zellescher Weg 18
Tel.: +49 351 4677-430
E-Mail: Fernleihe@slub-dresden.de
http://www.slub-dresden.de
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: bvbafl@bsb-muenchen.de <bvbafl@bsb-muenchen.de>
Gesendet: …………….tag, ….. Januar 2025 ..:..
An: Fernleihe <Fernleihe@slub-dresden.de>
Betreff: Rueckfrage der Lieferbibliothek
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ihre Fernleihbestellung:
Autor / Hrsg.: Müller, Hansjörg
Titel: Scheindemokratie
ISBN: 9783940321367
Auflage: 2. Auflage
Ort: München
Verlag: Anderwelt Verlag
Jahr: 2023
Signatur: PVA 2022.2820
BestellId: 20250000644 = 212903
der gewünschte Titel ist nur gegen Nachweis des wissenschaftlichen Zwecks ausleihbar. Dazu muss Ihre Benutzerin oder Ihr Benutzer das beigefügte Formblatt (Erklärung zur Benutzung von sekretierter Literatur) ausfüllen und unterschreiben. Danach können Sie es per Post, als E-Mail-Anhang (an bvbafl@bsb-muenchen.de) oder per Fax (an 089/28638-2788) an uns zurücksenden. Bitte geben Sie uns auch Bescheid, falls der Titel nicht mehr gewünscht wird.
Mit freundlichen Grüßen
………………………………………..
Bayerische Staatsbibliothek
Fernleihe (Sigel: 12)
Ludwigstr. 16
80539 München
Kontakt aktive Fernleihe:
E-Mail: bvbafl@bsb-muenchen.de (Deutscher Leihverkehr)
E-Mail: ill@bsb-muenchen.de (Internationaler Leihverkehr)
Telefon: 089/28638-2413, -2831, -2294 Sigel: 12
Da sollte sich die Frage aufdrängen, warum diese Staatsbibliothek überhaupt sekretierte Literatur hat, wenn sie doch sekretiert, also unter Verschluss gehalten werden soll. Alle Verlage müssen ihre Neuerscheinungen an die Nationalbibliothek in Frankfurt und die StaatsBibliothek des Landes senden, in dem der Verlag seinen Sitz hat. Tatsächlich kann man sekretierte Literatur ausleihen, aber zuvor muss man eine
Erklärung zur Benutzung von sekretierter Literatur
abgeben.
Die fängt so an:
Unter dem (wieder der falsche Fall im Original!) Begriff Sekretierte Literatur fallen Medien, deren Zurverfügungstellung eine strafrechtliche Relevanz aufweisen (insbesondere §§ 86 und 86a Strafgesetzbuch (StGB) „Verbreiten von Propagandamitteln bzw. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ und § 130 StGB „Volksverhetzung“) oder einen Verstoß gegen das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften oder Medieninhalte (GJS) darstellen kann. Für diese Werke gelten daher spezielle Benutzungsbestimmungen.
Sehen Sie sich das gesamte Formblatt an, das Sie hier als PDF herunterladen können. Es lohnt sich.
Als Mensch und Verleger bin ich vor den Kopf gestoßen. Es ist völlig undurchsichtig wer und mit welcher Begründung Bücher als sekretierte Literatur einstuft. Nicht einmal wir als Verleger haben eine Nachricht darüber erhalten, geschweige denn eine Begründung. So wissen wir bis jetzt nicht, ob und welche weiteren Bücher des AnderweltVerlags noch mit dieser Zensur belegt sind. Ja, es ist Zensur, wenn man erst nachweisen muss, dass es sich um wissenschaftliche Arbeiten handelt, bevor man ein Buch lesen darf. Zu dem hier angeführten Werk „Scheindemokratie“ ist festzustellen: Kein einziges Kriterium, das von den Bibliotheken angeführt wird, trifft zu. Viele unserer Leser haben dieses Werk gelesen und können das bestätigen. Aber ja, in diesem Werk werden Defizite im Betrieb „unserer Demokratie“ angeführt.
Undurchsichtige Verfahren
Was da von den staatlichen Bibliotheken praktiziert wird, darf es in einem demokratischen Rechtsstaat nicht geben. Weil dem Verlag diese diskriminierende Einstufung nicht mitgeteilt wird, kann der Verlag nicht einmal Einspruch einlegen und schon gar nicht den Rechtsweg beschreiten, um eine Fehleinschätzung zu korrigieren. So handelt es sich um eine diktatorische Diskriminierung ohne Begründung, die dem Verlag zum Schaden gereicht. Wer auch immer diese Einstufung veranlasst hat, bleibt anonym. Auch das darf es in einem Rechtsstaat nicht geben. Da können Bücher mehr oder weniger beliebig dem interessierten Publikum vorenthalten werden, nur weil es einem (rot-grünen) Fuzzi nicht gefällt. Natürlich bleibt da die Frage im Raum stehen, was sonst noch unternommen wird, um unliebsame Literatur vor den Lesern zu verstecken.
Eine beliebte Methode ist das Totschweigen, das allerdings von den Systemmedien (Merkel-Medien?) praktiziert wird. Wir als kleiner kritischer Verlag können zum Beispiel Pressemeldungen herausgeben, wenn wir ein neues Werk im Programm haben. Diese Pressemeldung können wir aber besser direkt in den Papierkorb werfen. Der Effekt wäre derselbe. Obwohl wir als Mini-Verlag von dem Werk „England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert“ bereits mehr als 15.000 Exemplare verkaufen konnten, es folglich ein Werk von Interesse ist, gibt es zu diesem Werk keine Buchbesprechung, nicht einmal einen Verriß, in den Systemmedien. Dasselbe gilt für die erste ehrlich Merkel-Biographie, „Die Kanzlerin, die aus der Kälte kam“, obwohl wir allein während des letzten Jahres mehr als 4.000 Exemplare verkaufen konnten. Für alle Werke von Reinhard Leube zur deutschen Geschichte gilt dasselbe. Wir wissen nicht, welche Werke unseres Verlags noch als sekretierte Literatur eingestuft worden sind.
Kritische aber unangreifbare Werke kommen auf den Index
Der Punkt bei den Büchern des AnderweltVerlags ist, dass sie nicht angreifbar sind, obwohl unsere Autoren heiße Themen behandeln und alternative Sichtweisen präsentieren. So habe ich mich schon öfter gefragt, ob unsere Autoren und ich hanebüchene Passagen hätten einfügen müssen, justiziable, damit die Werke wenigstens durch einen (dann gerechtfertigten) Verriß einem breiteren Publikum bekannt werden. Aber Spaß beiseite. Die Werke von Reinhard Leube sind in jedem Band mit mehr als 500 Quellen belegt. Das macht sie unangreifbar und gerade das ist es, warum ein breiteres Publikum nicht erfahren soll, dass es sie gibt. Gerade die Leube-Werke „Nicht noch einen Friedensvertrag“ und „Kontinentaldrift“ zeigen auf, dass der Kalte Krieg ganz anders entstanden und von Leuten hergestellt worden ist, die niemand auf dem Radar hat. In „Entzaubert“ erfahren Sie, dass Helmut Kohl alles getan hat, die „Wiedervereinigung“ zu verhindern. Warum war das so? Lesen Sie das Werk.
Sollten Sie also Interesse haben an sekretierter Literatur, dann sollten Sie zumindest „Scheindemokratie“ lesen. Da ist der Status als sekretierte Literatur bestätigt. Ich gehe davon aus, dass auch die meisten anderen Bücher im AnderweltVerlag diesen Status erhalten haben. Aber gäbe es einen besseren Beweis, dass die Bücher des AnderweltVerlags unbedingt lesenswert sind, als diesen? Sehen Sie also rein bei https://anderweltverlag.com/ . Da können Sie selbst entscheiden, ob es gerechtfertigt ist, Bücher von uns auf den Index zu setzen.
Nachtrag: Mir kam noch der Gedanke, dass es sich bei „sekretierter Literatur“ auch um einen weiteren Anglizismus handeln kann, der allerdings „verdenglischt“ worden ist. Im Englischen heißt „secret“ geheim. Ist also sekretierte Literatur „Geheimliteratur“?
Unter dem folgenden Link können Sie die einzige aufklärende Ausführung ansehen, die ich zum Thema „sekretierte Literatur“ finden konnte:
https://www.hebis.de/uploads/2020/06/FAG_Ausleihe_und_Benutzungsdienste_2015_11_26_Anhang3_Kruell_Sekretierte-Literatur.pdf
Hier noch meine Anfrage an den Bayrischen Innenminister Herrmann im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Minister Herrmann,
ich bitte um Aufklärung.
Wie ich erfahren habe, ist das Werk „Scheindemokratie“ aus dem AnderweltVerlag bei der Bayrischen StaatsBibliothek als „sekretierte Literatur“ eingestuft.
Dazu habe ich Fragen:
Wie wird das begründet? (bitte detailliert)
Wer hat das angeordnet?
Warum werden wir als Verlag darüber nicht informiert?
Werden noch weitere Bücher des AnderweltVerlags bei den Bayrischen StaatsBibliotheken als sekretierte Literatur geführt?
Wo, bei wem können wir als Verlag Einspruch einlegen?
Wer hat die Verantwortung für diese Vorgänge?
Ich nehme an, der Artikel 5 GG ist Ihnen geläufig.
Dazu die Frage:
Wie erklären Sie die Einstufung als sekretierte Literatur allgemein im Einklang mit dem GG Artikel 5?
Ich erwarte zeitnahe Antworten auf meine Fragen.
Mit freundlichen Grüßen,
Peter Haisenko
(Verlagsleiter des AnderweltVerlags)