Die Frohe Botschaft zu Ostern aus dem Vatikan: Frontmann Franziskus als Hoffnungsträger für die Welt
Von Hubert von Brunn
HABEMUS PAPAM – und das ist gut so! Der Hype um den neuen Pontifex Maximus klingt allmählich ab, und die Medien können sich nun wieder auf die Schauplätze konzentrieren, die die Welt bewegen und vielerorts das friedliche Zusammenleben der Menschen bedrohen, wenn nicht unmöglich machen: Syrien, Nord-/Südkorea, Mali, Mittlerer Osten, Finanz- und Bankenkrise, Eurozone/Zypern – um nur einige zu nennen. Die Liste ist lang. Die gläubige Katholikenschar kann jubilieren und frohlocken in der begründeten Hoffnung, dass Gott ihnen seinen derzeit besten Stellvertreter auf Erden hat zukommen lassen, und wie es scheint, haben die 115 Kardinäle im Konklave in der Tat eine gute Wahl getroffen.
Der erste Eindruck, den der Argentinier Jorge Mario Bergoglio (76) als frischgebackener Papst Franziskus hinterließ, ist durchaus nicht der schlechteste und gibt Anlass zur Hoffnung in vielerlei Hinsicht. Schon bei seinen ersten öffentlichen Auftritten machte er deutlich, was er von Luxus, Prunk und Pomp, von all den Privilegien und zur Schau gestellten Machtfülle hält, die üblicherweise dem Frontmann im Vatikan zustehen: Nichts!
Ganz in der Tradition seines Namenspatrons Franz von Assisi zeigt er sich bescheiden in weißem Gewand, verzichtet auf die roten Schläppchen an den Füßen zugunsten einfacher schwarzer Schuhe, besteht auf einen „Fischerring“ aus vergoldetem Silber, satt aus massivem Gold, und wenn sich der Oberhirte seinen Schäfchen nähert, verschanzt er sich nicht hinter zentimeterdickem Panzerglas im Papamobil, sondern wählt – in vorbehaltlosem Vertrauen auf die schützende Hand seines „Chefs“ – ein offenes Gefährt.
Dabei wirken diese Gesten der Demut und der Bescheidenheit keineswegs aufgesetzt oder gar berechnend, sondern absolut authentisch. Sie korrespondieren mit den Schlüsselthemen in seinen Ansprachen und Gebeten: Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Achtung vor jedem Geschöpf Gottes, Bewahrung der Umwelt… In einfachen, klaren Worten wendet er sich gegen Hass, Neid und Hochmut, und warnt mit Verweis auf seine Oma („Das letzte Hemd hat keine Taschen“) vor der um sich greifenden, zerstörerischen Geldgier.
Dem Humanismus verpflichtet für ein besseres Leben
Dies alles lässt den neuen Mann auf dem Stuhl Petri nicht nur als einen durch und durch sympathischen Menschen erscheinen, es macht auch deutlich, dass sich Franziskus in seinem Denken vorbehaltlos dem Humanismus verpflichtet fühlt. So ist es mehr als wünschenswert, dass dieser Papst mit der ihm eigenen humanistischen Grundhaltung deutliche Akzente setzen kann und allen Menschen guten Willens Mut macht, zu den von ihm vertretenen Werten zu stehen, danach zu leben und gemeinsam für eine gerechtere, bessere Welt zu sorgen. Wenn ihm das gelingt, ist seine Wahl zum Pontifex Maximus ein wahrer Segen – nicht nur für die rd. 1,2 Milliarden Katholiken, sondern für die gesamte Menschheit.
Natürlich war die Abstimmung der Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle zugunsten ihres Kollegen Bergoglio „vom anderen Ende der Welt“ auch eine strategische. In vielen Ländern Europas und vornehmlich in Deutschland hat die Katholische Kirche derzeit weiß Gott keinen leichten Stand. Vermehrte Missbrauchsfälle von Klerikern an Schutzbefohlenen, die Diskussion um Sinn oder Unsinn des Zölibats, die rigoros ablehnende Haltung des Vatikans gegen Homo-Ehe und Verhütung, der Umgang mit geschiedenen Katholiken – das alles hat viele Gläubige dazu bewogen, der Amtskirche den Rücken zu kehren.
Menschlichkeit statt Dogmatismus
Die Katholische Kirche muss also auch daran denken, dass sie gegenüber den anderen Weltreligionen numerisch nicht weiter an Boden verliert. Ein Papst aus Südamerika, wo bereits mehr als 40 Prozent der Katholiken leben, hat diesbezüglich von vorn herein die besseren Karten. Mit seiner auf die Lebenswirklichkeit des Menschen und die Verbesserung der sozialen Umstände – insbesondere in den Schwellen- und Entwicklungsländern – ausgerichteten Politik wird es ihm gelingen, vor allem in Mittel- und Südamerika, Afrika und Asien neuen Zulauf für die Kirche zu generieren. Und wenn er Bereitschaft zeigt, sich in Sachen Sexualmoral zu bewegen und auch in diesem sensiblen Bereich der Menschlichkeit größeres Gewicht zubilligt als starren Dogmen, wird er auch in Europa wieder Punkte machen. Hier kommt ihm dann auch noch seine italienische Herkunft zugute.
Die Aufgaben, die auf Franziskus warten, sind vielfältig und gewiss nicht einfach zu lösen. Als erstes muss er wohl den Augias-Stall in der Kurie ausmisten und aufräumen: nebulöse Machenschaften in der Verwaltung, dubiose Geschäfte der Vatikanbank, die „Vatileaks“-Affäre, Vetternwirtschaft…
Es gibt wahrlich viel zu tun, und man muss kein Prophet sein um vorherzusagen, dass so mancher aus dem „Inner Circle“ des Vatikan, der dem neuen Papst heute noch zujubelt, gewiss „not amused“ sein wird, wenn es ans Eingemachte geht. Aber darauf kann Franziskus keine Rücksicht nehmen. Wenn er das Vertrauen der Welt in den Kirchenstaat zurückgewinnen und seine eigene Glaubwürdigkeit nicht verspielen will, muss er mit eisernen Besen kehren.
Der neue Papst hinterlässt den Eindruck, dass er über die nötige körperliche Fitness, die geistige Kraft und den unbedingten Willen verfügt, die ihm gestellten Herausforderungen anzunehmen und alles in seiner Macht stehende zu tun, um nachhaltig Zeichen zu setzen für eine bessere Welt.