St. Martin: Persona non grata
Von Hubert vn Brunn
Zigeunerschnitzel, Zigeunersauce, Mohrenkopf (Negerkuss), der Sarotti-Mohr als markantes Firmen-Logo – all diese (und viele vergleichbare) Ausgeburten von Rassismus und Diskriminierung sind längst aus dem deutschen Sprachgebrauch eliminiert worden. Feinsinnige Sprachpuristen haben sich schützend vor die dergestalt Verunglimpften gestellt und dafür gesorgt, dass die Dinge einen „anständigen“ Namen bekommen. Also bestellen wir eben „Schnitzel ungarischer Art“ und naschen „Schaumküsse“. Was soll’s? – Etwas anders verhält es sich mit St. Martin, einem der bekanntesten und wichtigsten Heiligen der katholischen Kirche. Er ist im vorigen Jahr ins Visier der politisch Überkorrekten geraten und auch zum diesjährigen Martinstag hat der Prototyp des wahren Gutmenschen wieder Empörung bei den selbst ernannten Noch-besser-Menschen hervorgerufen.
Traditioneller Weise versammeln sich am 11. November Kinder mit ihren Eltern zu einem Umzug, tragen ihre Lampions vor sich her, erfreuen sich an den bunten Lichtern, singen Lieder, in denen sogar St. Martin vorkommen darf, und erfahren etwas über das Leben des Heiligen. – Das mag ja alles noch angehen. Aber um Himmels Willen nennt diesen schönen alten Brauch bloß nicht „Martinsfest“ oder „Martinsumzug“. Mitbürger mit nichtchristlichem Hintergrund, denen die Legende von dem römischen Legionär, der seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte und später Bischof von Tours wurde, fremd ist, könnten sich ausgegrenzt fühlen. Das geht doch gar nicht! Also nennt es doch ganz einfach „Lichterfest“ oder „Laternenfest“ oder, noch besser „Sonne, Mond und Sterne Fest“. (Erinnert ein wenig an die in manchen Teilen der DDR gebräuchliche „Geflügelte Jahresendfigur“, die für den Weihnachtsengel herhalten musste.) Ist das nicht schön? Das sagt gar nichts. Damit kann auch jeder Moslem nichts anfangen und vom Nichts muss man sich nicht ausgegrenzt fühlen.
Gerade in Zeiten des Konsumterrors, überbordender Ichbezogenheit und mangelnder Empathie für die Armen und Schwachen sollte die Erinnerung an den bekanntesten Teiler der Welt lebendig gehalten werden. Ist es nicht ein fundamentaler pädagogischer Auftrag, Kindern zu vermitteln, dass Teilen eine Tugend ist, dass man nicht wegsehen soll, wenn andere in Not sind, sondern hilfreich zur Seite steht, so gut man es vermag? Der Heilige Martin ist ein Vorbild für selbstloses, Handeln, ein anschauliches Beispiel für Humanität, das sich Kindern leicht vermitteln lässt. Und dann kommen jene hirnlosen Betroffenheitsfanatiker daher und wollen dieses traditionsreiche Familienfest seiner Geschichte und damit seines tieferen Sinns berauben? „Sonnen, Mond und Sterne“ gegen „Glaube, Liebe, Hoffnung“? Man muss kein gläubiger Katholik sein, um die absurde Schieflage dieser Gegenüberstellung als lächerlichen Aktionismus zu disqualifizieren.
Nur weiter so! Schafft alles ab, was an unsere christliche Tradition erinnert. Lasst nicht zu, dass unsere Kinder indoktriniert werden von lächerlichen Legenden über Heilige, Wohltäter, Märtyrer… Nur so können sie heranwachsen zu geschichtslosen Wesen, zu willfährigen Handlangern der jeweils verordneten political correctness. Dann werden unsere Nachfahren künftig freudig erregt das hinduistische Lichterfest Diwali und das muslimische Zuckerfest feiern, egal ob sie irgendeinen Bezug dazu haben und einen tieferen Sinn damit verbinden. Hauptsache Feiertag und bunt und fröhlich. Und am 11. 11. gibt es dann im Restaurant an Stelle der Martinsgans die „Leuchtende Halbmondgans“. – Schöne neue Welt!
Weiterer Wahnsinn:
„Das Limburg Syndrom“ – Der Weg des brauchbaren Schwachsinns in die Politik