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Strafverteidiger wollen „Lebenslänglich“ abschaffen: Ein Freibrief für Gewaltverbrecher

Von Hubert von Brunn 

Hunderte von Anwälten aus ganz Deutschland haben sich auf dem 41. Strafverteidigertag in Bremen dafür ausgesprochen, die lebenslange Freiheitsstrafe für Schwerverbrecher abzuschaffen. „Wir halten das für eine unmenschliche Strafe“, so der Rechtsanwalt Armin von Döllen, und weiter: „Wir gehen davon aus, dass jeder Mensch eine Chance haben muss, in die Gesellschaft zurückzukehren.“ – Ach ja, ist das so? Wie sehen das wohl die Opfer und deren Angehörige und Hinterbliebene?

Was heißt eigentlich „lebenslänglich“? Ein solcher Urteilsspruch wird von unseren Richtern ausschließlich bei Kapitalverbrechen, bei denen Menschen zu Tode kommen, verkündet: Mord sowieso, aber auch Kindesmissbrauch, Vergewaltigung, Raub, Brandstiftung, Geiselnahme, Sprengstoffattentate usw. (jeweils mit Todesfolge). Aber dieses Verdikt bedeutet keineswegs, dass der Täter bis zum Ende seiner Tage hinter Gittern schmoren muss. Wenn überhaupt, dann bis 25 Jahre – es sei denn, es wurde Sicherheitsverwahrung angeordnet. Die magische Zahl hier ist die 15. Wenn nämlich 15 Jahre Freiheitsstrafe (unter vollumfänglicher Anrechnung der U-Haft) verbüßt sind, das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit gewahrt bleibt und keine „besondere Schwere der Schuld“ vorliegt, kann der Verurteilte Haftverschonung beantragen. Das Gericht kann dann die lebenslängliche Haft zur Bewährung mit Frist von fünf Jahren aussetzen. Diese Form der „Begnadigung“ geschieht offenbar recht häufig. Wie sonst ist es zu erklären, dass viele Menschen, wenn sie „lebenslänglich“ hören, meinen: „Nach 15 Jahren ist der sowieso wieder draußen“?

Das Schicksal der Opfer und deren Angehörigen interessiert nur am Rande

Dass wir eine Täterjustiz haben, der die möglicherweise unglückliche Kindheit und das möglicherweise problematische soziale Umfeld des Verbrechers mehr am Herzen liegen, als das Schicksal der Opfer und deren Angehörigen, ist nicht neu. Die unschuldigen Menschen, denen aus purer Mordlust, aus perverser Freude an Gewalt, aus politisch oder religiös motiviertem Fanatismus oder ganz einfach, weil der Täter „Bock“ hatte, schlimmste Gewalt angetan wurde, interessieren bestenfalls am Rande.

Da müssen dann nur noch ein paar vergenderte Psychologen und Gutachter auftreten, die letztlich der Gesellschaft, also uns allen, die Schuld zuweisen für die brutale Tat des „armen Jungen“, der ja zudem unter Drogen stand und damit nur bedingt schuldfähig gewesen sein kann – und schon kommt der Kerl nach ein paar Jährchen Unterbringung auf Staatskosten wieder frei. Natürlich nicht ohne gutachterliche Bescheinigung, dass von dem Täter keine Gefahr mehr ausgeht, er vollkommen resozialisierbar ist und glaubwürdig versprochen hat, nichts Böses mehr zu tun. Wie oft müssen wir dann in den Zeitungen lesen: Er hat wieder zugeschlagen; wieder ein Kind missbraucht, wieder vergewaltigt, wieder gemordet. Und wenn er dann, hoffentlich, erneut vor Gericht steht, soll er wieder mit der ganzen Milde des Gesetzes gestreichelt werden?

Den kriminellen Auswurf will die Gesellschaft nicht haben

Nein, verehrte Strafverteidiger, hier seid ihr vollkommen auf dem Holzweg. Wenn ihr „lebenslänglich“ aus dem Strafgesetzbuch herausnehmt, dann stellt ihr einen Freibrief aus für Schwerstkriminelle. 15, 20, 25 Jahre plus möglicher anschließender Sicherheitsverwahrung für die besonders schweren Fälle – das ist schon ziemlich heftig und hat auf den einen oder anderen potenziellen Täter womöglich doch eine abschreckende Wirkung. Derjenige, der sich davon nicht abschrecken lässt und munter weiter seiner Lust am Verbrechen frönt – der geht sowieso über Leichen. Wenn man ihrer habhaft werden kann, muss diese Verkörperung des Bösen aus dem Verkehr gezogen werden, und zwar für immer, ohne Wenn und Aber. Eine mordlüsterne Bestie hat ihre Chancen, in die Gesellschaft zurückzukehren, nachhaltig verspielt und diesen kriminellen Auswurf will die Gesellschaft nicht mehr haben. – Ich will es auch nicht!

Vielleicht solltet ihr weichgespülten Rechtsverdreher aus dem bundesdeutschen Streichelzoo für Gewaltverbrecher einmal über den Tellerrand schauen. Unsere Nachbarn gehen da ganz anders vor: In Norwegen beispielsweise hat der rechtsextreme Terrorist Breivik für den Mord an 77 unschuldigen Menschen 21 Jahre Halft mit anschließender Sicherheitsverwahrung bekommen. Und auch seine Klage gegen den norwegischen Staat, seine Isolationshaft verstoße gegen die Menschenrechte, wurde von einem Berufungsgericht abgeschmettert. Ja was denn sonst! Kein Norweger will dieser Bestie jemals mehr auf freiem Fuß begegnen und welche Rechte will dieser Massenmörder denn noch für sich reklamieren?
Oder Frankreich: Der Ex-Terrorist „Carlos“ wurde jetzt für seinen Terroranschlag, bei dem 1974 zwei Menschen starben und Dutzende verletzt wurden, zum dritten (!) Mal zu lebenslanger Haft verurteilt. Ja was denn sonst! Wer andere Menschen umbringt bzw. deren Tod billigend in Kauf nimmt, hat sein Recht, ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft zu sein, verwirkt. So einfach ist das. Wer mordet – aus welchen Motiven auch immer – muss wissen, das diese Tat nicht entschuldbar ist und er die härtesten Konsequenzen, die das Strafgesetzbuch vorsieht, dafür zu tragen hat. Streicheljustiz ist hier völlig unangebracht. Kümmert euch lieber um die Opfer.

Die Vermenschlichung der Strafverfolgung hierzulande ist Fakt

Und wenn wir den Blick an der Stelle noch ein wenig weiter öffnen, dann stoßen wir auf ein Strafmaß, das heißt: Todesstrafe. Dabei müssen wir gar nicht in jene Länder gehen, in denen für wesentlich geringere Vergehen als Mord und Totschlag gesteinigt, geköpft, erhängt und erschossen wird – natürlich nicht ohne vorherige Folter. Das will niemand und jeder zivilisierte Mensch wendet sich voller Grausen von diesen verabscheuungswürdigen Praktiken ab. Aber auch bei unseren Freunden jenseits des Atlantiks ist die Todesstrafe an der Tagesordnung, in einem Land, das wir doch als weitgehend zivilisiert und demokratisch erachten. Jahrelang als zum Tode Verurteilter leben zu müssen, nicht wissend, wann es passiert, ist Psychofolter pur. Noch schlimmer, zur Hinrichtung in die Todeszelle geführt zu werden, um dann in letzter Minute doch wieder den Abbruch des Vorgangs ertragen zu müssen. Oder einen stundenlangen Todeskampf zu erleiden, weil die tödliche Injektion nicht richtig wirkt. – Wo bleibt da die Menschlichkeit?

Diesbezüglich sind wir in Deutschland doch erheblich weiter. Die Todesstrafe wurde in West-Deutschland mit dem Grundgesetz 1949 abgeschafft, in Berlin mit dem „Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe“ am 20. Januar 1951, in der DDR hat es immerhin bis zum 17. Juli 1987 gedauert. Fakt ist: Im vereinten Deutschland wird die Todesstrafe nicht praktiziert – und sei das begangene Verbrechen noch so monströs. Damit hat unsere Rechtsprechung ein klares Bekenntnis zur „Vermenschlichung“ der Strafverfolgung abgegeben. Nach 15 Jahren Nachdenken im Gefängnis hat ein Täter – sofern anschließende Sicherheitsverwahrung nicht verhängt wurde – immer noch die Möglichkeit, in die Gesellschaft zurückzufinden, wenn er es will und die ihm angebotene Unterstützung annimmt. Daran ist nichts unmenschlich. Der Rechtsstaat gibt dem Gewaltverbrecher eine Chance weiterzuleben – eine Chance, die sein Opfer nicht hatte.

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