„Sein - Die Kunst des Annehmens“ – poetische Weihnachtsgabe einer lebensklugen Frau
Eine Rezension von Hubert von Brunn
Das aufwendig und sehr ansprechend gestaltete Buch beinhaltet eine wunderbare Mischung aus Gedichten, kurzen Prosatexten und erläuternden Statements, z.B. zu der häufigen Verwendung des Glocken-Motivs bei den Fotos, die zur Illustration zwischen den Texten platziert sind: „Für mich sind sie wie ein Symbol für meine Gedichte. Sie haben eine Form und sie haben einen einfachen und doch reichhaltigen Klang, und dieser Klang weckt in jedem Hörenden eine andere Welt.“ Damit hat die Autorin selbst eine allegorische Umschreibung für die Wesenhaftigkeit ihres Buches mitgeliefert. Die Themen, die Renate Lilge-Stodieck in ihren Texten poetische verarbeitet, sind in der Tat ausgesprochen breit gefächert und berühren nahezu alle Bereiche der menschlichen Existenz. Und aus jeder Zeile spricht die Lebensklugheit einer Frau, die alle Höhen und Tiefen durchgemacht hat, manchen Schicksalsschlag verkraften musste – dabei aber weder den Glauben an das Gute im Menschen, noch ihre Lebensfreude verloren hat.
Die Schönheit der Natur ist für die Autorin ein ebenso kostbares Geschenk des Himmels wie die Begegnung mit einem seelenverwandten Menschen, wie das Entstehen einer Freundschaft, wie die Liebe. Ja, die Liebe ist der zentrale Begriff in diesem Buch, die Liebe als das alles bestimmende und letztlich nicht erklärbare Phänomen unseres Seins. Selbst wenn sie sich als scharfsinnige und kritische Beobachterin mit den weniger schönen menschlichen Eigenschaften wie Größenwahn, Eitelkeit, Wut oder Neid auseinandersetzt, geht Renate Lilge-Stodieck die Empathie für das Gegenüber, wer immer es sein mag, nie verloren und am Ende bleibt die ausgestreckte Hand. So wie sie im letzten Abschnitt des Gedichts „Der Neid“ formuliert: „Komm / lass uns leben, lieben, lachen / in jedem von uns / steckt die Kraft, / das Leben lebenswert / zu machen, und auch das Licht, / das Freude schafft.“
Das absolut Angenehme an diesem Buch ist: Es gibt nie den erhobenen Zeigefinger, nie einen Hauch von altersmilder Besserwisserei. Nein, die Autorin macht – poetisch gekonnt aufbereitet – Angebote, wie man bestimmte Situationen im Leben begreifen und besser damit umgehen kann, wie man in sich hineinhört und den Sound des eigenen Lebens wahrnimmt. Die Gedichte in diesem Buch sind subtil einprägsam und laden dazu ein, sich einmal dem Lärm und der Hektik des Alltags zu entziehen und sich in aller Ruhe die Frage zu stellen: Worum geht es eigentlich wirklich in meinem Leben? Damit ist „Sein – Die Kunst des Annehmens“ von Renate Lilge-Stodieck das ideale Weihnachtsgeschenk für Menschen, die den Konsumterror hinter sich gelassen haben und mit dem Fest der Liebe tatsächlich Besinnung und Besinnlichkeit verbinden. Natürlich ist das Buch auch nach Weihnachten und zu jeder Jahreszeit eine lohnenswerte Lektüre.
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