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Ergebnis der teuersten Satiresendung der Welt: „Allemagne, zero points“

Von Hubert von Brunn

Ja, ich habe es wieder getan. Ich wollte es nicht, aber irgendeine masochistische Ader in mir hat mich dazu verleitet, am Samstag Abend ESC anzusehen, die schlechteste und gleichzeitig teuerste Satiresendung der Welt (24 Mio. € für das Finale). Was sich da drei Stunden lang abspielt, spottet jeder Beschreibung – und am Ende heißt es: „Allemagne, zero points“.

Irgendwann war diese Veranstaltung mal eine gute Idee. Die Länder Europas treffen sich zu einem musikalischen Wettstreit, entsenden nach einer nationalen Vorauswahl den besten Künstler und am Ende entscheiden alle darüber, welche Performance am überzeugendsten war. Damals wurden bei der Gelegenheit veritable Weltstars geboren. Denken wir an Udo Jürgens mit „Merci Chérie“ oder ABBA mit „Waterloo“. Unsere Nicole mit ihrem Fünf-Akkorde-Lied „Ein bisschen Frieden“ wurde zwar kein Weltstar, aber der Song ist in den Köpfen hängen geblieben und der ebenso einfache wie eindringliche Text hat an Aktualität nichts verloren. Diese Interpreten und ihre Lieder waren authentisch, hatten eine Ausstrahlung und eine für jedermann verständliche Message – und waren wochenlang auf den oberen Plätzen der Hitparaden zu finden.

Das Brimborium drum herum soll ablenken von der musikalischen Unfähigkeit

Das ist lange vorbei. Für die Kandidaten des ESC finden sich offensichtlich keine Komponisten und Songwriter mehr, die in der Lage sind, einen Song zu kreieren, der ins Ohr geht und den man gern mitsingen will. Was uns da – dieses Mal aus Tel Aviv – um die Ohren gehauen wurde, ist für jedes einigermaßen sensible Gehör eine Beleidigung, schlimmer noch, eine Tortur. Ein einziges Kreischen und Jammern und Plärren, transportiert von gänzlich unstrukturierten Kompositionen, möglichst bombastisch, aber weit davon entfernt, bei einem halbwegs musikalischen Menschen in Erinnerung zu bleiben. Das gilt leider auch für den niederländischen Siegertitel. Bestimmt nicht schlecht, aber ganz und gar nicht einprägsam. In kürzester Zeit wird er vergessen sein. Und um von dem musikalischen Schrott abzulenken, wird drum herum ein riesiges Brimborium aus Lichteffekten, Videos, Pyrotechnik und albernen Showeinlagen inszeniert. Was soll das? Wie eingangs gesagt, ist diese Show nur erträglich, wenn man mit der Haltung daran geht, einer Satire-Veranstaltung beizuwohnen.

Das wurde dieses Mal noch explizit unterstützt durch den Gastauftritt des Weltstars Madonna. Ein düsterer Chor, der sich in Gasmasken eine breite Treppe herunterwälzt, ist für einen Live-Auftritt nicht besonders witzig – schon gar nicht in Israel. Und auch die Augenklappe der Sängerin hinterlässt eher Ratlosigkeit. So what! Aber dass dieser multimillionenschwere Popstar bei jedem zweiten Ton daneben lag, war schon eine echte Zumutung. Jede Provinz-Chanteuse hätte man dafür gnadenlos ausgepfiffen. Madonna wurde gnadenlos bejubelt. Dieser peinliche Auftritt der 60-jährigen Pop-Ikone ist bezeichnend für das miserable Niveau der gesamten Veranstaltung.

Deutschland mögen sie nicht, die Europäer

Dann drängt sich natürlich auch die Frage auf: Was hat Israel mit Europa zu tun? Heißt die Veranstaltung doch: European Song Contest. Nach meinen Geographie-Kenntnissen gehört Israel nicht zu Europa – und Australien schon gar nicht. Was also haben diese beiden Länder bei einem europäischen Musik-Wettbewerb zu suchen? Es ist eine einzige Farce. Und dann ist da noch das Abstimmungsergebnis. Haben die Fachjurys dem deutschen Duo „Sisters“ noch ein paar Punkte zugebilligt – schlechter als die anderen waren sie gewiss nicht –, gab es im Publikums-Voting null Punkte. Zero Points. Das ist schon bemerkenswert. Deutschland, das einzige (!) Land, das nicht einen einzigen Punkt von den europäischen Zuschauern bekommen hat. In der Endabrechnung blieb der drittletzte Platz

Griechenland für Zypern und umgekehrt, Russland für Aserbeidschan und umgekehrt, die Teilrepubliken des ehemaligen Jugoslawien schieben sich in alter Verbundenheit die meisten Punkte zu etc. – das kennen wir ja schon. Aber Deutschland mögen sie nicht, die Europäer. Wir sind in der EU die größten Nettozahler, wir nehmen die meisten Flüchtlinge und Asylanten auf, wir haben in der Bankenkrise das meiste Geld eingebracht, um z. B. den Euro am Leben zu erhalten… Zählt alles nicht. Wir sind halt die Reichen, denen es immer gut geht und die ein lockeres Leben führen auf Kosten der anderen. Diese negative Grundstimmung gegen uns ist allenthalben und verleitet dann auch schon mal die eine oder andere Boulevardzeitung, beispielsweise in England oder Griechenland, dazu, die Kanzlerin mit Hitlerbärtchen und Hakenkreuzbinde am Ärmel auf der Titelseite zu zeigen. Man muss Frau Merkel nicht mögen, gewiss nicht, aber bei jeder Gelegenheit die Nazikeule auszupacken, ist schlicht primitiv. Aber so ist das nun mal. Die Deutschen sind die Bösen, sind die Buhmänner, und das drückt sich auch beim Publikums-Voting beim ESC aus: „Allemagne, zero points“. Mein Vorschlag: Im nächsten Jahr an dieser peinlichen Satire-Veranstaltung einfach nicht mehr teilnehmen. Manchmal ist Abwesenheit das stärkste Argument.

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