Wie steht es eigentlich wirklich um Afghanistan und die Migration von dort?
Die Berichte aus Afghanistan sind spärlich geworden. Nun hat uns vor einigen Tagen ein Brief erreicht, geschrieben von einer jungen Afghanin, die seit zehn Jahren in Deutschland lebt. Wir empfinden die Ein- und Ansichten dieser jungen Dame als so wichtig, dass wir sie unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.
Anlass für diesen Brief war das kleine Werk unseres Autors Dr. Joachim Sproß über seine Tätigkeiten und Erfahrungen bei seinem Dienst in Afghanistan für die Bundeswehr und CIMIC. Wir haben den Brief nicht „korrigiert“, um die Originalität nicht zu zerstören. Der Brief ist ein eindrucksvolles Dokument darüber, wie Menschen in Deutschland aufblühen können, wenn sie ideologiefrei die Angebote in unserem Land annehmen und sich aktiv assimilieren wollen. Ja geht doch, kann man da nur sagen, wenn es den guten Willen gibt – hier, bei Zuwanderern und natürlich auch beim Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. Über Letzteres informiert das kleine Werk von Dr. Sproß: „Verteidigung am Hindukusch“.
Sehr geehrter Herr Dr. Joachim Sproß,
Mein Name ist Mitra H. und ich studiere Jura an der Universität Potsdam.
Seit Oktober 2010 wohne ich mit meinen Eltern in Berlin, davor habe ich in Afghanistan und im Iran gewohnt. Aufgrund von Krieg und persönlichen Krisen waren wir gezwungen, das Land zu verlassen und zu flüchten.
Momentan absolviere ich im Rahmen meines Studiums ein Praktikum bei Afghanischen Botschaft in Berlin. Gesten habe ich zufällig Ihr Buch “Verteidigung am Hindukusch” gefunden. Das Buch hat mich faszinierend und zutiefst berührt, bis heute habe ich mehrere Bücher über Einsätze von Bundeswehr in Afghanistan gelesen und mich mit ein paar Soldaten, die Afghanistan gedient haben gesprochen. Leider hatte ich immer dabei ein Gefühl von Minderwertigkeit und Scham gefühlt, Ihr Buch hat im Gegensatz zu all dem Mut gegeben. Sie haben nicht wie alle andern meine Landsleute als Terroristen und korrupt dargestellt, sondern mit Respekt und Liebe über die berichtet.
Das Buch lieferte sehr informative Ratschläge bezüglich humanitären Hilfe in Afghanistan. Ihre Art und weise die Konflikte zu lösen und Ihr Mut dazu ist für mich sehr vorbildhaft. Die Beachtung der Glaubensgrundsätze des Islams und Respekt vor die spezifische gesellschaftliche Regeln und Traditionen ist in meiner Augen ein Punkt, wo andere Länder in Afghanistan versagt haben.
Mit der Flucht veränderte sich mein Leben und das meiner Familie grundlegend. Das Fundament, auf dem meine Vorfahren für Generationen gelebt haben, wurde zerbrochen.
Die Unterschiede fangen bei Essgewohnheiten an und reichen bis zu den religiösen Überzeugungen. Darüber hinaus führen sie zu Konflikten zwischen den Generationen und die unterschiedlichen Normen bringen letztendlich eine Identitätskrise mit sich.
Als ein junges heranwachsendes Mädchen, das sehr religiös erzogen wurde, fünfmal am Tag betete und im Iran eine Koranschule besuchte, war meine Ankunft in Deutschland ein Schock. Zu Beginn war alles für mich fremd und neu, in der Schule saßen Mädchen und Jungs zusammen, man musste nicht mehr alles auswendig lernen und vor allem wurde uns beigebracht, alles zu hinterfragen und zu diskutieren. Gehorchen war nun nicht mehr die höchste Priorität, stattdessen wurden Kreativität und Teamfähigkeit gefördert. Das bezog sich nicht nur auf die Schule, sondern erweiterte sich auch auf mein Privatleben und meinen Glauben.
So fragte ich mich, warum die Frauen sich überhaupt verschleiern und immer gehorsam sein müssen, warum man fünfmal am Tag beten muss und die Koranverse nicht einfach infrage stellen darf. Dazu kamen dann noch tausend andere Fragen. Mit der Zeit verschärfte sich die Kluft zwischen dem Ich und meiner Familie und den Erwartungen der afghanischen Gesellschaft. Mir wurde mit der Zeit klar, dass ich nicht alleine stehe. Vielmehr gibt es tausende und vielleicht Millionen Mädchen und Frauen, die in der gleichen Situation sind wie ich, nämlich zwischen Tradition und Moderne, zwischen Selbstverwirklichung und Zugehörigkeitsgefühl zur Familie und Kultur.
Ich genieße den Luxus, in einem Land zu leben, das mir alles ermöglicht und mir alle Türen öffnet: von zahlreichen Seminaren, Lehrveranstaltungen, Coachings und Stipendien bis hin zur finanziellen Unterstützung. Ein Land, wo ich über alles selbst bestimmen kann, bestimmen, ob ich einer Religion angehören möchte oder nicht, ob ich heiraten möchte oder nicht, ob ich Kinder haben möchte oder nicht, ob ich studieren möchte oder nicht, ob ich arbeiten möchte oder nicht. Und das Beste ist: Nur ich kann darüber entscheiden, und nicht etwa mein Vater oder mein Ehemann.
Deshalb habe ich es mir zum Ziel gesetzt, einen Verein zu gründen, in dem ich genau diese Werte weitergeben will. Ich möchte andere Frauen unterstützen, sich selbst zu finden, ihre Rechte zu kennen und dafür zu kämpfen und darüber hinaus Kinder zu erziehen, die das weitergeben. Weiterhin möchte ich für andere Frauen in Afghanistan ein Vorbild sein und zeigen, dass jeder Anfang schwer ist und Mut braucht, aber nur eine grundlegende Veränderung der Denkweise über Frauen und deren Stellung in der Gesellschaft der einzige Weg für eine friedvolle Zukunft Afghanistans ist.Als ich gestern Abend das Buch zu Ende gelesen habe, habe ich direkt Ihren Namen in Google gesucht und war begeistert, dass Ihre Anwaltskanzlei in Berlin ist. Deshalb möchte ich Ihnen freundlichen bitten, ob Sie Zeit und Lust haben eine Tasse Tee zusammen zu trinken. Ihre Erfahrungen sind für mich goldwert und ich könnte die Gelegenheit nutzen von denen zu lernen.
Ich bedanke mich herzlich für Ihr einzigartiges Buch und natürlich für all das, was sie bis heute für mein Land getan haben.
Besten Grüßen
Mitra H.
„Verteidigung am Hindukusch“ ist eine Sammlung kleiner Geschichten vom Einsatz Deutscher Soldaten in Afghanistan, die mal zum Lachen sind, aber auch zum Nachdenken anregen. Dass es bislang keine bessere Darstellung der Bedingungen und Verhältnisse in Afghanistan gibt, dürfen wir der jungen Afghanin einfach glauben. Wer also etwas mehr darüber erfahren möchte, wie es um den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan wirklich bestellt ist, der kommt um dieses Buch nicht herum. „Verteidigung am Hindukusch“ ist erhältlich im Buchhandel oder besser direkt zu bestellen beim Verlag hier.