Lauter Nettigkeiten
Nacherzählt von Hans-Jörg Müllenmeister
In die Weihnachtszeit passt eine rührende, wahre Geschichte; sie begab sich in USA:
Eines Tages bat eine Lehrerin ihre Schüler, die Namen der Mitschüler auf ein Blatt Papier zu schreiben und ein wenig Platz neben den Namen zu lassen. Dann sagte sie zu den Schülern, sie sollten überlegen, was das Netteste ist, das sie über jeden ihrer Klassenkameraden sagen können, und das sollten sie neben die Namen schreiben.
Es dauerte die ganze Stunde, bis jeder fertig war. Bevor sie den Klassenraum verließen, übergaben sie die Blätter der Lehrerin. Am Wochenende schrieb die Lehrerin jeden Schülernamen einzeln auf ein Blatt Papier und daneben die Liste der netten Bemerkungen, die ihre Mitschüler über den einzelnen aufgeschrieben hatten.
Am Montag gab sie jedem Schüler seine/ihre Liste. Schon nach kurzer Zeit lächelten alle. „Wirklich?“, hörte man es flüstern… „Ich wusste gar nicht, dass ich irgend jemandem was bedeute!“ und „Ich wusste nicht, dass mich andere so mögen, so waren die Kommentare.
Niemand erwähnte danach die Listen wieder. Die Lehrerin wusste nicht, ob die Schüler sie untereinander oder mit ihren Eltern besprochen hatten. Die Übung hatte ihren Zweck erfüllt. Die Schüler waren glücklich mit sich und den anderen.
Einige Jahre später war einer der Schüler in Vietnam gefallen und die Lehrerin ging zum Begräbnis des Schülers. Die Kirche war überfüllt mit vielen Freunden. Einer nach dem anderen, der den jungen Mann geliebt oder gekannt hatte, ging am Sarg vorbei und erwies ihm die letzte Ehre. Die Lehrerin ging als letzte und betete vor dem Sarg. Als sie dort stand, sagte einer der Soldaten, die den Sarg trugen zu ihr: „Waren sie Marks Mathe-Lehrerin?“ Sie nickte: „Ja“ Dann sagte er: „Mark hat sehr oft von Ihnen gesprochen“.
Nach dem Begräbnis waren die meisten von Marks früheren Schulfreunden versammelt. Marks Eltern waren auch da, und sie warteten offenbar sehnsüchtig darauf, mit der Lehrerin zu sprechen. „Wir wollen Ihnen etwas zeigen“, sagte der Vater und zog eine Geldbörse aus seiner Tasche. „Das wurde nach der tödlichen Verwundung bei Mark gefunden. Wir dachten, Sie würden es erkennen“. Er zog aus der Geldbörse ein stark abgenutztes Blatt, das offensichtlich zusammengeklebt, viele Male gefaltet und auseinandergefaltet wurde.
Ohne hinzusehen wusste die Lehrerin, dass dies eines der Blätter war, auf denen die netten Dinge standen, die seine Klassenkameraden über Mark geschrieben hatten. „Wir möchten Ihnen so sehr dafür danken, dass Sie das gemacht haben“, sagte die Mutter. „Wie Sie sehen, hat Mark das sehr geschätzt.“ Alle früheren Schüler versammelten sich um die Lehrerin.
Charly lächelte ein bisschen und sagte: „Ich habe meine Liste auch noch. Sie ist in der obersten Schublade in meinem Schreibtisch“. Chuck´s Frau sagte: „Chuck bat mich, die Liste in unser Hochzeitsalbum zu kleben“. „Ich habe meine auch noch“, sagte Marylin. „Sie ist in meinem Tagebuch“. Dann griff Vicky, eine andere Mitschülerin, in ihren Taschenkalender und zeigte ihre abgegriffene und ausgefranste Liste den anderen. „Ich trage sie immer bei mir“, sagte Vicky und meinte dann: „Ich glaube, wir haben alle unsere Listen aufbewahrt“.
Die Lehrerin war so gerührt, dass sie sich setzen musste und weinte. Sie weinte um Mark und für all seine Freunde, die ihn nie mehr sehen würden.
Im Zusammenleben mit unseren Mitmenschen vergessen wir oft, dass jedes Leben eines Tages endet und dass wir nicht wissen, wann dieser Tag sein wird. Deshalb sollte man den Menschen, die man liebt und um die man sich sorgt, sagen, dass sie etwas Besonderes sind. Sag es ihnen, bevor es zu spät ist. Was man in das Leben der anderen einbringt, kommt auch ins eigene Leben zurück. Dieser Tag soll ein gesegneter Tag sein und genauso etwas Besonderes, wie Du es bist.
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