USA provozieren militärischen Konflikt mit China
Von Peter Haisenko
Wieder einmal stellt sich die Frage nach der Henne und dem Ei: Was war als Erstes da? War es China, das mit der Errichtung einer Luftverteidigungszone (ADIZ = Air Defense and Identification Zone) über einer unbewohnten Inselgruppe im Chinesischen Meer die Welt, allen voran die USA, provoziert hat? Oder sind es die USA, die China seit einigen Jahren durch vermehrte militärische Präsenz einkreisen und dadurch Reaktionen Chinas herausfordern? Eines steht außer Frage: Die Vorgehensweise der USA auf die Errichtung einer chinesischen ADIZ ist eine blanke Provokation und ein militärisches Muskelspiel, wie es uns die „Supermacht“ USA in der Vergangenheit schon so oft vorgemacht hat.
Umstrittene Luftverteidigungszonen gibt es an einigen politischen Brennpunkten schon seit langem. Sie werden mehr oder weniger zähneknirschend hingenommen, und man bemüht sich allseits, jegliche Eskalation zu vermeiden. Beispielhaft sei hier Zypern genannt. Sowohl Griechenland als auch die Türkei beanspruchen seit Jahrzehnten gemeinsam die Kontrolle über den zyprischen Luftraum. Die Zivilluftfahrt hat sich arrangiert, und die Piloten geben ihre Positionsmeldungen an beide Kontrollstellen durch. Militärische Flüge meiden diesen Luftraum.
Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht Dasselbe – Oder?
Die jüngsten Nachrichten melden eine „Beinahe-Kollision“ auf See. Die „USS Cowpens“ und ein anderes US-Marine-Schiff der PLA-Klasse mussten in internationalen Gewässern ihren Kurs ändern, um eine Kollision mit chinesischen Schiffen zu vermeiden. Das jedenfalls berichtet das US-Militärblatt „the Washington Free Beacon“. Was ist passiert?
China hat mit seinem neuen Flugzeugträger und der zugehörigen Entourage einen Ausflug im Chinesischen Meer (!) unternommen. Das hat der US-Navy nicht gefallen, und man beorderte zwei Kriegsschiffen mit Kurs auf den chinesischen Flugzeugträger. Um zu verhindern, dass die US-Schiffe dem eigenen Flugzeugträger zu nahe kommen, haben die Chinesen diesen einige ihrer Begleitschiffe in den Weg gestellt. Die US-Schiffe mussten „unter Anwendung höchster nautischer Kunst“ ausweichen, wie „the Washington Free Beacon“ reißerisch berichtet.
Nun stelle man sich den Vorgang andersherum vor: Zwei chinesische Kriegsschiffe nehmen Kurs auf einen Flugzeugträgerverband der US-Marine in internationalen Gewässern, beispielsweise vor der US-Ostküste oder in der Karibik. In diesem Fall hätte die internationale Presse keinen Zweifel, wer der Provokateur ist. Auch der unangemeldete Einflug zweier amerikanischer B-52-Bomber in die chinesische ADIZ sollte unter diesem Aspekt bewertet werden. Wie groß wäre das Geschrei der Weltpresse, wenn China eine amerikanische ADIZ mit atomwaffenfähigen Langstreckenbombern verletzte?
Spiel mit dem Feuer mit dem Rücken zur Wand
Die USA spielen mit dem Feuer. Man erinnere sich an den Vietnamkrieg und Tonkin. Warum tun sie das? China hat auf mehreren Ebenen die nächste Phase seiner Entwicklung eingeleitet, und die USA haben allen Grund, sich davor zu fürchten. Dabei verfolgt das „Reich der Mitte“ keineswegs militärische Ziele. Vielmehr geht es darum, das Joch des US-Dollars abzuschütteln und die billige Sklavenarbeit für den Luxus der USA zu beenden. Diese zutiefst friedlichen Pläne Chinas werden das Ende der US-Hegemonie einläuten. Warum?
Wie Seine Exzellenz, Chinas Botschafter Mingde auf der „Freitagsrunde“ des „Unabhängigen Liberalen Wirtschaftsforum E.V.“ am 29. November 2013 in Berlin vortrug, will China seine Inlandsnachfrage drastisch steigern, zum Wohl der eigenen Bürger. Gleichzeitig schreitet der vom US-Dollar unabhängige Währungsverbund der BRIICS-Staaten unter chinesischer Führung voran. Obwohl diese Zielrichtung Chinas keinesfalls als aggressiv bezeichnet werden kann, trifft das die „Supermacht“ USA ins Mark. Was sollen sie tun, wenn China seine Produkte selbst verbraucht, die bislang für grün bedrucktes Papier (US-Dollar) in die USA geliefert wurden? Wenn der Wert des Dollars gegenüber dem chinesischen Renmimbi – und nicht nur gegenüber dieser Währung – zunehmend verfällt, und sich die USA dringend benötigte Warenimporte nicht mehr leisten können ?
Die Folgen für die USA werden dramatisch sein. Seit Jahrzehnten ist dieses Land vollkommen abhängig vom Import elementarer Güter. Sämtliche Kleidung inklusive Unterwäsche – auch „Viktorias Secrets“ – wird außerhalb der USA gefertigt. Seit 40 Jahren wird in den USA keine Uhr mehr hergestellt. Selbst Computerchips und Elektronik müssen importiert werden. Boeing bezieht 70 Prozent der Komponenten für den „Dreamliner B 787“ aus dem Ausland, vornehmlich aus Asien. Dabei geht es um „High-Tech“ wie Kohlefaserkomponenten, für die in den USA die Fertigungskompetenz fehlt. Wenn die Welt, allen voran China, entscheidet, sich nicht mehr mit munter gedruckten Dollars abspeisen zu lassen, dann sitzen die USA Unterkante-Oberlippe in der Tinte. Abgesehen von ihrer Militärtechnik haben sie nichts zu bieten, was die Welt haben wollte oder gar bräuchte. Heißt: Sie können den Wert ihrer notwendigen Importe nicht mit entsprechenden Exporten ausgleichen.
Die Lehren der Geschichte sind eindeutig
Vor einhundert Jahren hat die Welt schon einmal erleben/erleiden müssen, wie ein Imperium im wirtschaftlichen Niedergang einen Krieg angezettelt hat, um den Untergang seiner Macht zu verhindern: Das British Empire und der Erste Weltkrieg. Die Parallelen zur Gegenwart sind erschreckend. Vor einhundert Jahren betrug das Außenhandelsdefizit des British Empire 50 Prozent. Heute beträgt das Außenhandelsdefizit der USA und Großbritanniens mindestens 40 Prozent, wenn man den Betrug mit Geldzaubereien einrechnet. Die Geschichte lehrt uns: Ein wirtschaftlich gesundes Land kann von einem Krieg niemals Vorteile erwarten. Nur ein wirtschaftlich marodes Land verhält sich potentiell aggressiv.
Die USA – und Großbritannien – befinden sich in einer verzweifelten wirtschaftlichen Lage. Dagegen sind unsere europäischen „Sorgenkinder“ regelrecht „gesund“. Sie haben allerdings den Nachteil, dass sie ihr Geld nicht einfach in unbegrenzten Mengen drucken dürfen. Wie sind also die Aktionen der USA gegenüber China zu bewerten?
Botschafter Mingde hat bei seinem oben erwähnten Vortrag kurz den Opiumkrieg des British Empire gegen China erwähnt (1839 bis 1842). Bereits damals war es das Ziel der Briten, ihr gigantisches Handelsdefizit gegenüber China mit militärischer Gewalt zu verbessern. Sie zwangen China, den Opiumkonsum im Lande zu erlauben. Folgerichtig hat das British Empire zeitgleich versucht, den größten Opiumproduzenten der Welt, Afghanistan, unter seine militärische Kontrolle zu bringen. Das ist nie wirklich gelungen, und die Folgen dieser britischen Aggression sind bis heute ein zerstörtes Land Afghanistan. Allerdings haben die Briten es geschafft, die afghanische Opiumproduktion zu kontrollieren, und so konnten sie ihre offenen Rechnungen an China mit Opium aus Afghanistan bezahlen. Was für ein menschenverachtendes Vorgehen mit unzähligen Todesopfern!
Die USA der Neuzeit tun nichts anderes. Sie bomben Ölproduzenten kaputt, bringen die landeseigenen Experten um, und übernehmen dann die Ölindustrie des zerstörten Landes: Siehe Irak, siehe Libyen. So, wie es die Briten mit Hilfe der Amerikaner 1952 in Persien getan haben, als sie die demokratisch gewählte Regierung Mossadeq vom CIA und deren Emissär Roosevelt (ein Neffe des Präsidenten Roosevelt) zerstören ließen. Auch hier leidet die Welt bis heute unter den Folgen.
Die USA haben viel mehr zu verlieren als China
Mit China geht das nicht so einfach. China ist eine Atommacht, wirtschaftlich gesund, und hat mittlerweile in vielerlei Hinsicht die besseren Karten in der Hand. An einem bewaffneten Konflikt mit den USA kann China kein Interesse haben, denn dies würde unnötig Kräfte binden, die das Land gerade jetzt einsetzen will, um die Lebensumstände seiner Bürger zu verbessern. Das Kalkül der USA könnte also in die Richtung gehen, den zivilen Fortschritt im „Reich der Mitte“ zu erschweren und das Land dadurch instabil zu machen. Dann, und nur dann hätte der amerikanische CIA eine Chance, durch Agitation oder andere hässliche Aktionen die chinesische Führung in Bedrängnis zu bringen, vielleicht sogar zu stürzen und durch gezieltes Chaos ein amerika-freundliches Regime zu etablieren. Dann wäre Russland endgültig in der Zange. Ein „netter“ Nebeneffekt!
Die USA wissen um ihre prekäre Situation. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht ähnlich perfide wie das British Empire vor einhundert Jahren denken und handeln: Wenn wir schon untergehen, dann nicht allein. Die USA spielen mit China mit dem Feuer, vorsätzlich und geplant, und es ist der Welt zu wünschen, dass sie damit aufhören, ehe sie sich endgültig die Finger verbrennen.
Wie Botschafter Mingde ausführte, sind die Chinesen seit Jahrhunderten ein grundfriedliches Volk. Dieser Aspekt verdient eine genauere Betrachtung. Die von der Westpresse über Jahrzehnte als aggressiv dargestellten Nationen sind es gar nicht, die den Weltfrieden gefährden. Die Statistik spricht hier eine deutliche Sprache. Nach 1945 haben die Sowjetunion und China zusammen genommen keine zehn militärischen Operationen außerhalb ihrer Grenzen zu verantworten. Die USA hingegen haben seit dem Zweiten Weltkrieg mehr als 250 Kriege weltweit geführt und Millionen Menschen Tod und Verderben gebracht. Die Drohnenmorde seien dabei nur am Rand erwähnt.
Zeit zum Umdenken – Weiter so geht nicht!
Es ist an der Zeit, dass die Vereinten Nationen die USA zur Ordnung rufen. Was haben amerikanische Kriegsschiffe überhaupt im Chinesischen Meer verloren? Warum wird nicht gerügt, dass die USA syrische Terroristen mit Waffen beliefern? Wieso werden die USA nicht verurteilt, dem Irakischen Volk Reparationen zu leisten, nach dem nachgewiesen völkerrechtswidrigen Überfall auf ihr Land?
Die Welt wird mit zweierlei Maß gemessen. Die USA dürfen alles, die andern nichts. Die USA „kämpfen für die Freiheit“, die anderen sind Terroristen. Nun, China ist weit entfernt davon, irgendwelche Terroristen zu unterstützen. Wieder so ein Problem für die propagandistischen Leitlinien der USA. Also muss jede auch noch so absurde Gelegenheit herhalten, China als böse und gefährlich darzustellen und bewaffnete Scharmützel auf Hoher See zu provozieren. Aber, Amerika sei wachsam! Was, wenn China seinen Handel mit den USA einfach einstellt? China wird davon nicht untergehen, aber die Amerikaner werden in Lumpen oder nackt herumlaufen müssen. Das wird ihnen ganz und gar nicht gefallen, und so könnte sich auch im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ die Geschichte (1860-1864) wiederholen. Das wiederum kann ganz und gar nicht im Interesse der US-Administration sein.