Wählen? – Aber ja, jede Stimme zählt!
Von Peter Haisenko
Nicht wählen kann keine Alternative sein. Die Parteien haben das Gesetz zu ihren Gunsten geändert, und man kann sie nicht einmal mehr finanziell bestrafen, indem man seine Stimme verweigert. Außerdem: Wer nicht gewählt hat, sollte anschließend auch nicht meckern.
Die Wahlen in Bayern und dem Bund könnten dieses Mal sehr überraschend ausgehen. Die Konstellation mit etlichen kleinen Parteien könnte die Demokratie ad Absurdum führen. Es wäre denkbar, dass eine Partei die absolute Mehrheit erhält, obwohl sie tatsächlich nur 25 Prozent der Wahlberechtigten mit ihrer Stimme beschenkt haben. Wie das funktioniert? Ganz einfach.
Angenommen, die Wahlbeteiligung liegt wieder einmal bei 60 Prozent. Folgende Parteien scheitern knapp an der 5-Prozent-Hürde: FDP, Piraten, AfD und vielleicht sogar DIE LINKE. Die Splitterparteien oder auch unter „Andere“ geführte erreichen zusammen etwa 8 Prozent. Das ergibt dann 23 bis 28 Prozent Wählerstimmen, die für die Verteilung der Sitze nicht gezählt werden können. Die restlichen Stimmen von insgesamt 77 bis 72 Prozent werden dann unter den Etablierten prozentual aufgeteilt. Ein Ergebnis von 40 Prozent würde dann der CDU/CSU für die absolute Mehrheit reichen. Bei einer Wahlbeteiligung von 60 Prozent bedeutet das: 24 Prozent der möglichen Wählerstimmen reichen für die absolute Mehrheit aus.
Rechnet man jetzt noch diejenigen ab, die Merkel nur deswegen gewählt haben, weil sie Schlimmeres verhindern wollten, dann werden wir mit einer Kanzlerin leben müssen, die keine 20 Prozent der Wähler wirklich wollten. Dennoch wird ein solches Ergebnis für Deutschland förderlich sein. Was wir brauchen, sind stabile Mehrheiten. Am besten ohne Koalition, bei der man sich immer vor der Verantwortung drücken kann mit dem Hinweis auf Querelen mit dem Partner.
Deutschland ist niemals schneller und besser vorangekommen als in den Jahren von 1957 bis 1961, als nur eine Partei an der Regierung war. Der wesentliche Grund für die Spitzenstellung Bayerns dürfte denn auch darin zu sehen sein, dass hier seit Jahrzehnten eine Partei die klare Verantwortung trägt. Die CSU kann sich da nicht herausreden – und muss es auch nicht.
Protest – aber wie?
Wie gesagt: Deutschland braucht stabile Verhältnisse. Wir haben zwei Stimmen. Die Zweitstimme ist die entscheidende. Sie entscheidet darüber, welchen Anteil die Parteien an den Sitzen im Parlament erhalten. Die Erststimme ist für den Direktkandidat. Mit dieser Stimme kann man „spielen“, ja in gewisser Weise protestieren. Man kann die Erststimme einem „Protestkandidat“ geben. Je nachdem, welche Richtung einem sympathisch ist. Grün, Dunkelrot, Pirat, AfD oder sonst etwas. Die Gefahr, dass dadurch Überhangmandate entstehen, dürfte sehr gering sein.
Ich wünsche mir für die nächste Regierung in Bund und Land die eindeutige Verantwortung für eine Partei. Ohne Wenn und Aber, ohne das Lavieren mit Koalitionen. Nur dann wird es möglich sein, alle Wahlversprechen einzufordern. Dann wird man sehen können, wer nur Wahlkampfgedöns von sich gegeben hat, oder es wirklich ernst meint.
Meine Zweitstimme gehört dem kleineren Übel, der Partei, die uns einigermaßen durch die letzten schwierigen Jahre laviert hat. Mit der Erststimme werde ich protestieren. Welcher Direktkandidat die erhält, verrate ich allerdings nicht.
Ach ja, eine „Kleinigkeit“ hätte ich beinahe vergessen: Haben wir überhaupt ein gültiges Wahlrecht? Sind wir ein souveräner Staat, der wirklich demokratische regiert werden kann? Zu diesen Fragen empfehle ich dieses 5-minütige Video: http://www.youtube.com/watch?v=fnRVg0tJzY8