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Gute Politik braucht Ehrlichkeit und Vertrauen, keine Sanktionen

Von Hubert von Brunn 

Was muss eigentlich noch passieren, ehe die Kontinentaleuropäer – allen voran die Deutschen – endlich aufwachen und sich nicht länger vor den Karren US-amerikanischer Machtpolitik spannen lassen? Um uns herum tobt und brodelt es an allen Ecken und Kanten: Ukraine – Russland, Israel – Palästina, Afghanistan, Syrien, Libyen, Irak… Zerbombte Städte, zerstörte Infrastruktur, Tausende Tote, Millionen Menschen auf der Flucht! Die Berichterstattung darüber in den meisten Medien ist einseitig, und es wird so getan, als sei das alles ganz weit weg. Im Übrigen – so wird dann willfährig kommentiert – sind da ja noch unsere starken Freunde in den USA und Groß Britannien, die schon dafür sorgen, dass uns nichts passiert. Von wegen!

All diese Brandherde liegen gefährlich nah vor unserer Haustür, und die anglo-amerikanische Allianz, die seit 100 Jahren ihr eigenes Süppchen kocht, missbraucht Europa als Prellbock, der den ganzen „Segen“ abbekommt, wenn etwas schief läuft. Was ist nicht schon alles schief gelaufen? – Und es ist noch lange kein Ende abzusehen, im Gegenteil, es wird noch viel schlimmer kommen.

Die USA fordern Sanktionen – Wir müssen es ausbaden 

Die Briten auf ihrer Insel im Nordatlantik und erst recht die Amerikaner sind weit weg vom Schuss. Da lässt es sich natürlich leicht nach Sanktionen schreien, wenn der „böse Bube“ Putin wieder einmal nicht genau das macht, was sie wollen. Wer wird es denn am meisten zu spüren bekommen, wenn die Handelsbeziehungen mit Russland heruntergefahren oder teilweise ganz gekappt werden? Natürlich der deutsche Mittelstand, insbesondere der extrem exportabhängige Maschinenbau. Wer würde denn als erstes frieren, sollte Putin (was er nicht tun wird) den Gashahn abdrehen? Wir Deutsche, klar doch.

Unseren transatlantischen „Freunden“ sind die sehr guten Wirtschaftsbeziehungen, die in den letzten Jahren zwischen Deutschland und Russland entstanden sind, schon lange ein Dorn im Auge. Jetzt haben sie einen Vorwand, um hier dazwischen zu funken. Und während die deutschen Musterschüler brav den Vorgaben aus Washington folgen, reiben sich einige unserer europäischen „Freunde“ wie Frankreich, Italien und Österreich die Hände. Sie denken gar nicht daran, in Sachen Sanktionen gegen Russland nach Obamas Pfeife zu tanzen, sondern machen weiter ihre Geschäfte (auch Rüstungsexporte) mit Russland. Eine so günstige Gelegenheit, den Wirtschaftsriesen Deutschland auszubremsen, kommt so schnell nicht wieder. So viel zur Solidarität der Europäer.

Eskalation der Gewalt durch unbotmäßige Einmischungen

Zurück zu den USA. Mit ihrem missionarischen Eifer, der ganzen Welt ihre Vorstellungen von Glauben, Ehre, Wertehorizont und Moral überstülpen zu wollen, haben sie in den Jahrzehnten nach dem Ende des 2. Weltkrieges sehr viel Leid und Unheil über die Menschheit gebracht – früher in Asien, später vor allem im Nahen Osten. (Auf Mittel- und Südamerika, die Karibik etc. will ich mich jetzt gar nicht einlassen.) Wer hat nach dem Einmarsch der Russen in Afghanistan die Taliban mit Waffen, Munition, Logistik und Geld versorgt? Die USA!

Wer ist 2003 unter fadenscheinigem (und nachweislich falschem) Vorwand völkerrechtswidrig zusammen mit den Kumpanen von der britischen Insel im Irak einmarschiert und hat das Land ins Chaos gestürzt? Die USA! Sich jetzt dort als Retter aufzuspielen, ist purer Zynismus. Hätten sie sich rausgehalten, befände sich das Land heute nicht schon wieder im Kriegszustand. Wer hat die „Freiheitskämpfer“ gegen Assad in Syrien Waffen, Munition, Logistik und Geld versorgt? Die USA! Wäre denen die Munition ausgegangen, wäre der schreckliche Bürgerkrieg dort längst beendet. Der Terror, den heute die Taliban und andere radikal-islamistische Organisationen in der arabischen Welt und Teilen Schwarzafrikas verbreiten, ist zu großen Teilen den unqualifizierten und unbotmäßigen Einmischungen der USA zu verdanken.

Und immer werden die hehren Ziele der Demokratie, der Menschenwürde (nach anglikanischem Verständnis) und der christlichen Nächstenliebe als Motivation zum Handeln nach vorne gestellt. Welch eine Hybris, welch eine Verlogenheit. In Wirklichkeit geht es doch immer nur um eines: Bodenschätze, allem voran Öl und Gas. Die Länder, die das Glück haben, über keine Bodenschätze zu verfügen, werden weitestgehend in Ruhe gelassen. Die anderen müssen sich dem amerikanischen Weltbild unterwerfen – wenn nicht, werden sie kurzerhand als „Schurkenstaaten“ diffamiert. Das allein reicht dann schon als „Legitimation“, um dort einzumarschieren, Bomben zu werfen oder zumindest Kampfdrohnen ihre tödliche Arbeit verrichten zu lassen.

Kriegsverlierer Deutschland tanzt nach der Pfeife der Sieger

Deutschland verfügt über keine nennenswerten Bodenschätze. So gesehen müsste man uns auch in Ruhe lassen. Aber Deutschland ist Exportweltmeister und eine der stärksten Industrienationen der Welt. Das sieht man im anglo-amerikanischen Raum gar nicht gerne. Wie kommen ausgerechnet diese Kriegsverlierer dazu, in so kurzer Zeit wieder so stark, wirtschaftlich so mächtig und erfolgreich zu sein? fragt man sich dort und findet diese Tatsache überhaupt nicht gut. Aber da ist das Schlüsselwort ja schon gefallen: Kriegsverlierer – und nach offizieller amerikanischer Lesart immer noch „Feindesland“, da man es von jener Seite eben bis heute abgelehnt hat, mit Deutschland einen Friedensvertrag zu schließen. Deswegen haben wir nur ein Grundgesetz und keine wirkliche Verfassung, deshalb machen wir so brav alles mit, was Washington (und London) von uns verlangen.

Angela Merkel gibt sich wirklich alle Mühe, unser Land gegenüber den Rest der Welt so zu positionieren, wie es Deutschland heute zukommt. Dafür gebührt ihr Respekt. Den gordischen Knoten mit dem fehlenden Friedensvertrag konnte sie bis jetzt noch nicht durchschlagen. Ob sie die aktuelle Sanktionswut der Amerikaner/Briten gegen Putin in der Form mitgetragen hätte, wenn Deutschland seine volle Souveränität besäße, sei dahingestellt. Ich glaube, eher nicht.

Die Halbwertszeit von Sanktionen ist lang

Schließlich ist da noch der mysteriöse Abschuss der Malaysian MH 017 Anfang Juli über der Ostukraine. Die nach London verbrachten Flugschreiber und Voicerecorder sind inzwischen längst ausgewertet. Warum erfährt man von den Ergebnissen nichts in den „staatstragenden“ Medien? Unabhängige Experten sind sich längst einig, dass MH 017 nicht von einer BUK-Rakete durch russlandtreue Separatisten vom Himmel geholt werden konnte, sondern von den Bordkanonen (vermutlich ukrainischer) Kampfjets durchsiebt wurde. Kritische Berichterstatter auf der ganzen Welt berichten in unzähligen Internetportalen darüber. In den Mainstream-Medien dagegen herrscht diesbezüglich brüllendes Schweigen.

Was, wenn die Wahrheit nicht länger zu verheimlichen ist, wenn sich herausstellt, dass sich diese Katastrophe tatsächlich so abgespielt hat, wie die unabhängigen Experten es darstellen? Dann hat die Ukraine ein ziemlich großes Problem, und der Westen muss seine weitestgehend unkritisch pro-ukrainisch-anti-russisch gepflegte Haltung ernsthaft überdenken. Wird dann Obama bei Putin anrufen und sagen: „Sorry Wladimir, wir haben uns geirrt. Die Sanktionen nehmen wir selbstverständlich zurück und finden im Umgang unserer Länder wieder zurück zum Normalmodus“? – Ganz bestimmt nicht. Es werden Jahre vergehen, ehe sich wieder ein halbwegs vertrauensvolles Verhältnis zu Russland wird entwickeln können. Einmal „böser Bube“, immer „böser Bube“, so einfach ist das. Die Halbwertszeit von einmal verhängten Sanktionen ist in der Regel sehr lang.

Lehren ziehen aus dem Desaster des 1. Weltkriegs

Die Dummen sind – wenn es ganz schlimm kommt – wieder einmal wir mit unserer Nibelungentreue zu Verbündeten und „Freunden“. Haben wir aus den Ereignissen vor 100 Jahren gar nichts gelernt? Als das Deutsche Kaiserreich durch perfide Strategien und hinterhältige Diplomatie des British Empire in den Strudel des 1. Weltkriegs hineingezogen wurde, um am Ende als Alleinschuldiger dieser Katastrophe gebrandmarkt und zu ungeheueren Reparationsleistungen verurteilt zu werden? Das Desaster des 1. Weltkriegs hat die Geschichte des 20. Jahrhunderts nachhaltig bestimmt – in Europa, in Palästina, in Afrika, in Asien – auf der ganzen Welt. Und es wirkt bis heute fort. Die Ausbeutung von Völkern, willkürliche Grenzziehungen, Annexion, Kolonisation, Unterdrückung von Ethnien – das alles sind wohl kaum Attribute einer friedensstiftenden Politik. Rücksichtslose Demonstrationen der Macht können über kurz oder lang zu nichts anderem führen als Gegengewalt. Genau das können wir an den aktuellen Brandherden beobachten.

Gerade wir Deutsche sollten, nein müssen aus den gemachten Erfahrungen unsere Lehren ziehen. Kränze an Kriegerdenkmalen niederzulegen und in salbungsvollen Worten zu verkünden, dass sich derartiges nie mehr wiederholen dürfe, reicht nicht aus. Wir müssen endlich ein gesundes Selbstbewusstsein an den Tag legen und den Mut haben, an bestimmten Stellen eben auch einmal ein klares „Nein“ sagen. Unter wirklichen Freunden sollte diese Offenheit möglich sein – ohne dass es zu Verwerfungen oder gar Sanktionen führt.

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Der Erste Weltkrieg wirkt bis heute nach. Wie sehr wird in diesem Buch deutlich gemacht: „England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert – Untertitel: Die perfiden Strategien des British Empire“. Im Buchhandel oder direkt hier beim Verlag.

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