Ukrainische Putsch-Regierung – Stalin lässt grüßen!
Von Peter Haisenko
Zwei Wochen vor dem zweiten Urteil gegen Chodorkowski hat Putin diesen einen Dieb genannt. Der Aufschrei war groß: Putin beeinflusst das Gericht! Putin verhindert einen fairen Prozess. Unbeachtet blieb das Urteil des EU-GH, dem zufolge das Verfahren gegen Chodorkowski nicht zu beanstanden war. Jetzt hat das Ukrainische Innenministerium bekanntgegeben, dass das Untersuchungsverfahren über das Maidan-Massaker abgeschlossen ist, die Verantwortlichen identifiziert sind und bestraft werden. Janukowitsch und 12 Mann der „Berkut-Einheit“ sind demnach die einzigen Schuldigen.
Die ARD ist nicht bekannt für Putin-freundliche Berichterstattung. Umso erstaunlicher der Bericht in der Sendung „Monitor“, der keinen Zweifel daran lässt, dass es Scharfschützen am Maidan gegeben haben muss, die nicht zur Regierung gehörten. Funksprüche der Berkut-Einheit werden vorgestellt, die eindeutig sagen: „Wir schießen nicht auf Unbewaffnete“. Qualifizierte Augenzeugen berichten, dass es sich bei den Schützen im Rücken der Demonstranten um ausgebildete Scharfschützen gehandelt haben muss – Söldner, von wem auch immer angeheuert. Angehörige der Staatsanwaltschaft werden zitiert, die beklagen, dass die Ermittlungen regelrecht abgewürgt worden sind. Die Wahrheit wird vergewaltigt.
Weit entfernt von Rechtsstaatlichkeit
Der amtierende ukrainische Generalstaatsanwalt Oleg Machnitski verkündet im Brustton der Überzeugung, dass alles aufgeklärt ist und die Schuldigen feststehen. Machnitski ist Mitglied der rechtsextremen Partei „Swoboda“ (Die Freiheit). Machnitskis Auftritt erinnert mich an die dunkelsten Zeiten des Stalinismus: Vor Schauprozessen stand immer fest, wie das Verfahren ausgeht, und dass das Ergebnis über jeden Zweifel erhaben sein wird. Zu Recht hatte der Westen sowjetische Schauprozesse verurteilt, teilweise mit Sanktionen belegt. Warum erstaunt es mich jetzt nicht, dass der Westen die per Staatsstreich an die Macht gekommene ukrainische Regierung nicht einmal freundlich ermahnt, sich an rechtsstaatliche Verfahren zu halten?
Catherine Ashton, die EU-Außenbeauftragte ist bereits vor Wochen vom Estnischen Außenminister Urmas Paet darüber informiert worden, dass nach seinem Wissensstand die Scharfschützen am Maidan von den Führern der Maidan-Bewegung angeheuert worden sind. Der Westen hat das schlicht ignoriert, obwohl die Esten nicht gerade dafür bekannt sind, besonders Russen-freundlich zu sein. Nun legt „Monitor“ mit seinem Bericht nach. Einem Bericht, der sehr vorsichtig gehalten ist. „Nicht nur“ Berkut-Leute haben geschossen. Mediziner berichten, dass alle Schusswunden vom selben Waffentyp stammen. Nachdem der Bericht unzweifelhaft feststellt, dass Söldner Demonstranten erschossen haben, muss die Frage gestellt werden, ob überhaupt ein einziger Demonstrant von Berkut-Leuten erschossen worden ist.
Die Werte des Westens und die „Lizenz zum Töten“
Schnell wird von den üblichen Verdächtigen kolportiert, dass natürlich Putins FSB hinter den mörderischen Scharfschützen steht. Damit habe ich ein Problem: Mir ist nichts darüber bekannt, dass Söldner in russischem Auftrag in fremden Ländern jemals ihr Unwesen getrieben haben. Ich weiß allerdings, dass die USA den Einsatz von Söldnertruppen in fremden Ländern seit langer Zeit routinemäßig betreiben. Man erinnere sich an „Blackwater“ im Irak, um nur ein Beispiel zu nennen. „Blackwater“ heißt jetzt „Greystone“, und es gibt solide Hinweise, dass Söldner von „Greystone“ in der Ukraine aktiv sind. Könnte hierin der Grund liegen, warum bislang keine westliche Regierung den Bericht aus Kiew abgemahnt hat, und vor allem keine unabhängige Untersuchung fordert?
Durch Film und Fernsehen sind wir daran gewöhnt, dass wir, der Westen, „die Guten“ weltweit Agenten wie James Bond im Einsatz haben. Mit der „Lizenz zum Töten“! Nicht ansatzweise wird in diesen Machwerken hinterfragt, ob solche Einsätze irgendwie moralisch oder konform mit internationalem Recht sein können. Mit größter Selbstverständlichkeit agieren amerikanische Soldaten weltweit in fremden Ländern, um die „Werte des Westens“ zu „verteidigen“. Aber ist es nicht genau andersherum? Stellt der Westen mit diesen Darstellungen – und Handlungsweisen – nicht seine eigenen Werte in Frage?
Warum hüllt sich unsere Regierung in Schweigen?
Bösewichte streben in Filmen à la James Bond nach Weltherrschaft. Im englischen Originalton meist mit deutschem Akzent, in letzter Zeit auch mit russischem, was Anglophone aber kaum unterscheiden können. Hier wird die Realität genauso auf den Kopf gestellt, wie man es bei der Berichterstattung über die Ukraine erleben muss. Es ist das westliche Kapital, das die Weltherrschaft schon – fast – ihr Eigen nennen kann. Fast, weil es Putin gibt. Putin wagt das Unglaubliche: Er stellt sich der Weltherrschaft des westlichen Kapitals entgegen. Zumindest mit Erfolg im eigenen Land. Mit der Ukraine hat das westliche Kapital den Anlass geschaffen, die Finanzwaffe gegen Russland zu aktivieren. Obwohl speziell die deutsche Regierung genau weiß, dass sie dem deutschen Volk Schaden zufügt, wenn sie dem Diktat der USA zu Willen ist, wagt sie nicht zu widersprechen.
Die WDR-Sendung Monitor hat am 10. April gleich zwei heiße Eisen angefasst: Die Wahrheit über Maidan und die Kriegspläne Erdogans gegen Syrien. Leider sind sie mit ihrer mutigen Berichterstattung ein paar Wochen zu spät dran – aber immerhin! Man kann nur hoffen, dass unsere Regierung jetzt unter Druck kommt, die türkische Regierung und die Putsch-Regierung in Kiew zur Ordnung zu rufen.
Es ist eine Schande, wie unsere Regierung wider besseres Wissen derart schonend mit diesen Kriegstreibern umgeht, eindeutig faschistoide „Regierungen“ unterstützt. Sowohl die Ukraine als auch die Türkei sind mit Sanktionen leicht zu disziplinieren. Da muss wieder die Frage gestellt werden, wie souverän speziell die deutsche Regierung wirklich ist. Es ist das alte Spiel: Diktatoren der übelsten Couleur werden unterstützt, solange sie nach der Pfeife des westlichen Kapitals tanzen. Oder muss man doch besser sagen: Solange sie den Weltherrschaftsanspruch der USA nicht in Frage stellen? Vergessen wir nicht: Solange Stalin im Kampf gegen Deutschland gebraucht wurde, haben ihn die USA und Großbritannien mit Waffen und Ausrüstung in gigantischem Ausmaß versorgt. Bis 8. Mai 1945 war Stalin der „gute Joe“. Wie lange darf der rechtsextreme Ukrainer Jazenjuk „der Gute“ sein?