Handelskrieg der USA – die EU nimmt den Fehdehandschuh auf
Von peter Haisenko
Noch immer ist kein Ende absehbar, wie viele Milliarden „Strafe“ US-Gerichte gegen den VW-Konzern verhängen werden. Jetzt schlägt die EU zurück und fordert 16 Milliarden Steuernachzahlungen von Apple. Es sollte nicht verwundern, dass sofort harte Reaktionen und Drohungen aus den USA zurückkamen. Washington lebt schließlich nach dem Motto, dass einzig Amerika das Recht hat, zu sanktionieren und zu bestrafen.
2004 hat Apple mit seinem Briefkastenbüro in Irland nur 1 Prozent Steuern bezahlt, bei einem Mindeststeuersatz von 12,9 Prozent. Im Jahr 2014 waren es dann nur noch 0,005 Prozent. Auch wenn sich die irische Regierung sofort hinter Apple gestellt und Revision angekündigt hat, sollte jedem ersichtlich sein, dass hier massiver Steuerbetrug vorliegt – unterstützt von der Regierung selbst. Es ist also nicht nur Luxemburg, das EU-Staaten mit Steuertricks betrügt. Im Fall Irlands aber ist der Betrug nun nicht mehr zu übersehen. Man darf gespannt sein, wann weitere US-Konzerne ins Schussfeld der EU-Kommission geraten.
Die Dominanz der „Leitwährung“ Dollar ist gebrochen
Obwohl die „Qualitätsmedien“ darüber schweigen, weiß jeder, der sich ein wenig mit Wirtschaft beschäftigt, wie sehr die EU-Länder unter den Sanktionen gegen Russland leiden. Ganz im Gegensatz zu den USA, die Europa zwar diese Sanktionen aufgezwungen, derweil aber ihr eigenes Handelsvolumen mit Russland ausgeweitet haben. Seit Jahren erdreisten sich die Herren in Washington, europäische Banken mit Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu überziehen, weil sie angeblich gegen US-Recht, aber nicht gegen europäisches Recht verstoßen haben. Man hatte sich dem Zuchtmeister in Übersee zähneknirschend gefügt. Jetzt aber, nachdem Frankreichs Hollande TTIP für gescheitert erklärt hat und selbst der Oberwendehals Gabriel aus wahltaktischen Überlegungen ins selbe Horn bläst, hat die EU wohl das getan, was Deutschland allein nicht könnte, nämlich den Fehdehandschuh aufgenommen.
Bereits 2014 hat China verkündet, seinen Handel so weit wie möglich ohne den Umweg über den US-Dollar abzuwickeln. Damals war man in Peking noch sehr skeptisch gegenüber Russland und dem Rubel. Inzwischen haben die Sanktionen gegen Russland und die immer offensichtlicher werdende Aggressivität des US-Imperiums, das sich wirtschaftlich im freien Fall befindet, China und Russland einander näher gebracht. Es gibt mittlerweile Clearingbanken für den chinesischen Yüan in Frankfurt und Moskau. Die Dominanz der an sich wertlosen „Leitwährung“ US-Dollar ist gebrochen. Auch als Reservewährung ist ihr Anteil auf unter sechzig Prozent gefallen. Man sollte sich sowieso fragen, warum der Handel zwischen Nicht-Dollar-Staaten überhaupt über den US-Dollar abgewickelt wird, anstatt die jeweiligen Währungen direkt untereinander zu verrechnen.
Die USA führen einen Handelskrieg gegen die ganze Welt
Das ist dem 1944 geschaffenen System von Bretton Woods geschuldet, das immer noch von zu vielen respektiert wird, obwohl es bereits 1971 seiner Grundlage beraubt worden ist – der Goldbindung des US-Dollar. Die Abwicklung des internationalen Handels über New York gibt den USA unermessliche Macht. Sie zwingen so die ganze Welt, sich ihren Vorgaben zu unterwerfen vor allem, was Embargos und Sanktionen anbelangt. Beispielsweise haben die Herren der Wallstreet das Geld eines dänischen Zigarrenhändlers auf dem Weg durch New York einfach konfisziert, als er Zigarren aus Kuba bezahlen wollte, was nach dänischem Recht vollkommen legal war. Wer immer noch so dumm ist, seine Aktien an der New Yorker Börse feil zu bieten, muss sich selbstverständlich amerikanischem Aktien- und Bilanzierungsrecht unterwerfen. Hierzu vertrete ich die Auffassung, dass jeder, der z.B. deutsche Aktien erwerben will, dieses gefälligst an der Frankfurter Börse tun soll.
Im Prinzip ist die Unterwerfung unter die US-Dollar-Diktatur ein freiwilliger Akt. Betrachtet man aber, was mit Staaten geschehen ist, die sich diesem Diktat verweigert haben, so ist diese „Freiwilligkeit“ eher der Angst vor der US-Militärmaschine geschuldet. In der letzten Zeit haben die Amerikaner aber zunehmend überzogen und es wird unübersehbar, dass die USA nicht nur „Krieg gegen den Terror“ führen, sondern mit allen Mitteln lästige Konkurrenz zu schädigen suchen, die ihnen überlegen ist. Sie führen einen Handelskrieg, letztlich gegen die ganze Welt. Mit an den Haaren herbeigezogenen Auslegungen amerikanischen Rechts – dem gesamten Globus weitgehend willkürlich verordnet – erzwingen sie einen ungerechtfertigten Finanzzufluss, der ihre katastrophale Handelsbilanz ein wenig aufbessern soll. Das zusätzlich zu dem Fakt, dass sich amerikanische Großkonzerne weitgehend europäischer Besteuerung entziehen.
Merkel ist der verlängerte Arm Washingtons in Europa
Welche Rolle spielt Frau Merkel dabei? Dazu hat Obama einen entlarvenden Hinweis gegeben. Am 30. August 2016 hat er seinen Drohungen gegen die EU wegen der Causa Apple angefügt, dass die Strafe für Apple so nicht mit der Bundeskanzlerin abgesprochen war. Das meinte ich, wenn ich sage, dass die EU-Kommission mit ihrer Strafe gegen Apple etwas getan hat, was Deutschland nicht tun könnte. Hier sollte man den Blickwinkel erweitern. Dass die Sanktionen gegen Russland weiterhin aufrechterhalten bleiben – gegen den Widerstand vieler Europäer – ist dem diktatorischen Einfluss Merkels geschuldet. Die Kanzlerin geriert sich als EU-Präsidentin, wenn sie mit den Staatschefs der Vischegrad-Staaten über Europapolitik spricht, was eigentlich die Aufgabe von Herrn Junker sein müsste. Merkel ist der verlängerte Arm Washingtons in Europa. In diesem Sinn muss Deutschland dankbar sein, dass es in der EU und im Euro eingebettet ist. Allein darf Deutschland die amerikanischen Großkonzerne nicht zur Ordnung rufen.
Das Vorgehen der EU gegen Apple sollte man als Vorbote des Endes der „Pax Americana“ sehen, die nichts anderes sagt, dass die USA nur dann friedlich mit Staaten umgehen, wenn sich diese widerstandslos dem amerikanischen Diktat unterwerfen. Wie man an den Vorgängen um die Türkei, Syrien, IS und anderen Terroristen der Region sehen kann, zerbröselt auch dort bereits die US-Strategie, die Staatschefs mit Beliebigkeit hofiert, wenn sie parieren, oder zerstört bei Ungehorsam. Nun sollte man hier sehen, dass die EU wirtschaftlich den USA gnadenlos überlegen ist. Vor allem dann, wenn sie fruchtbar mit Russland und China zusammenarbeitet.
Die EU sitzt am längeren Hebel
Die USA haben sich noch niemals mit einem Gegner angelegt, der an Stärke gleichwertig oder überlegen ist. So gesehen, können wir den Rachedrohungen aus Washington wegen Apple mit Gelassenheit entgegensehen. Wenn die EU jetzt weiterhin stark, einig und konsequent bleibt, was den Umgang mit Washington betrifft, was bleibt den USA dann übrig? Da kann dann auch Frau Merkel nicht mehr helfen, wenn sie nicht zu offensichtlich als Vasallin Washingtons und des Militärisch-Industriellen-Komplexes entlarvt werden will. Der Handelskrieg ist jedenfalls bereits in vollem Gange und es ist erfreulich zu sehen, dass die EU endlich zurückschlägt.
Vergessen wir nicht: Das nominale Außenhandelsdefizit der USA beträgt 1.000 Milliarden Dollar jedes Jahr. Das reale Defizit, ohne die Betrügereien der Finanzindustrie, ist etwa doppelt so hoch. Hierzu zählen auch die Gebühren, die bei den Transfers durch New York anfallen. Wenn die EU zurückkehrt zu einer realistischen Außenhandelspolitik, nämlich nur noch so viele Waren nach USA zu liefern, wie reale Waren zurückgeliefert werden und nicht grün bedrucktes Papier, dann ist Schluss mit der amerikanischen Herrlichkeit. Dann fehlen in den USA jeden einzelnen Tag Waren für den Konsum in Höhe von drei Milliarden, respektive sechs – ohne Berücksichtigung des Finanzsektors. Die EU sitzt hier ganz klar am längeren Hebel und ich hoffe, dass die Strafe gegen Apple nur der Anfang ist für ein selbstbewussteres Auftreten gegenüber den Kriegstreibern in Washington. Allerdings wird es dazu notwendig sein, dass sich Deutschland von seinen Häuptlingen befreit, die gegen den Willen der Bürger immer noch TTIP und CETA die Stange halten. Frau Merkel tut das gnadenlos und was der Vizekanzler dazu jetzt von sich gibt, ist pure Wahlkampftaktik.
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Die Finanzkrise von 2008 ist bis heute virulent und niemals wirklich beendet worden. Warum das nicht anders sein kann, können Sie hier lesen: Die verschwiegenen Ursachen der Jahrhundertkrise