Merkel fordert „harte Verhandlungen“ – soll der Brexit bestraft werden?
Von Peter Haisenko
Es ist zur Gewohnheit geworden, Staaten zu „bestrafen“, die andere Wege einschlagen, als den westlichen Machteliten genehm ist. Die Engländer haben sich entschieden, die Eurokratie zu verlassen. Nicht nur Merkel fordert jetzt „harte“ Austrittsverhandlungen. Offensichtlich soll hier ein Exempel statuiert werden, um andere Staaten von diesem Schritt abzuschrecken. Vernünftiger wäre es, mit dem Brexit über neue Formen der Zusammenarbeit zu diskutieren und so vielleicht ein neues Modell für Europa zu schaffen.
Offensichtlich hat der Status der EU für die Eurokraten einen ähnlich religionsgleichen Stellenwert erreicht wie die westliche Demokratie. Wer den Regulierungswahnsinn nicht mehr mitmachen will, wird exkommuniziert und in die Hölle verbannt. Er soll leiden, für sein Sakrileg, denn es könnte ja sein, dass andernfalls andere seinem Beispiel folgen. Die britischen Eliten waren noch nie von einem vereinten Europa begeistert, das nicht unter ihrer Führung steht. Dementsprechend haben sie sich innerhalb der EU verhalten und es gab nicht wenige, die bereits vorab einem Brexit nicht nachweinen wollten. Warum also jetzt die Forderung nach „harten Austrittsverhandlungen“?
Werden wir die Briten eines Tages beneiden?
Unvoreingenommen betrachtet könnte der Austritt ganz einfach sein. Man setzt sich in bester Absicht zusammen und vereinbart, welche Teile der Verträge zwischen EU und Großbritannien erhalten bleiben sollen und welche gestrichen werden. Freihandel? Warum nicht. Es steht den Briten frei, weiterhin nach EU-Normen zu produzieren, wenn sie in die EU liefern wollen. Freizügigkeit? Das Thema ist auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten umstritten. Ich erachte zum Beispiel die Arbeitnehmerfreizügigkeit außerhalb des Euroraums für falsch. Die Währungsparitäten verzerren den Wettbewerb. Wer aus Ländern wie Polen, Bulgarien oder Rumänien kommt, im Euroraum arbeitet und in Euro bezahlt wird, wird mit einem niedrigen Lohn zufrieden sein, denn im Heimatland mit der anderen Währung hat seine Bezahlung einen höheren Wert.
Den Briten ist schon immer „Rosinenpickerei“ vorgeworfen worden. Zu Recht! Aber darf es immer noch so genannt werden, wenn ein souveränes Großbritannien mit der EU Verträge abschließt oder alte bestehen lässt? Ich denke, hierin liegt die Wurzel der harten Haltung. Warum soll ein souveräner Staat Verträge abschließen oder wünschen, die ihm auch Nachteile bringen, jedenfalls aus seiner Sicht? Tatsache ist, dass zum Beispiel im landwirtschaftlichen Bereich für die osteuropäischen EU-Neumitglieder jede Menge Nachteile erwachsen, bis hin zur Zerstörung jahrhundertealter ländlicher Strukturen. Das „Ganz oder gar nicht“ der Eurokraten zwingt sie zu einer Abwägung zwischen Fördergeldern und Nachteilen. Es ist eigentlich überhaupt nicht zu verstehen, warum zum Beispiel Deutschland nicht frei entscheiden kann, ob wir lieber krumme Feldfrüchte importieren wollen als die geschmacklosen aber EU-konformen und formvollendeten Produkte aus holländischen Gewächshäusern oder die, die in Spanien unter Quadratkilometern von Plastikfolie gewachsen sind. Was werden wir die Briten beneiden, wenn sie wieder selbst darüber entscheiden dürfen!
Die Eurokraten verursachen zunehmende EU-Müdigkeit
Genau hier liegt der Punkt. Die Eurokraten entmündigen die Menschen. Alles muss einheitlich geregelt sein und wehe, man muckt auf. Kann es sinnvoll sein, dieselben Normen auf Finnland im hohen Norden anzuwenden wie für Griechenland im sonnigen Süden? In Finnland ist die gute alte Glühbirne als Heizkörper ganzjährig sinnvoll, in Griechenland muss ihre Wärme weggekühlt werden. Solarenergie auf Kreta? Perfekt! In Finnland? Grober Unfug! EU-Beschlüsse müssen einstimmig sein. Auch das ist grober Unfug, denn was spricht dagegen, dass sich einige Länder auf etwas einigen, das für sie sinnvoll oder wichtig ist, und alle anderen die Freiheit genießen, ob sie mitmachen wollen? Genau diesen Status will Großbritannien jetzt erreichen und das wird ein ganz „schlechtes“ Beispiel für andere EU-Staaten abgeben.
EU-Kritiker werden meist als „Europa-Hasser“ verunglimpft, die die EU auflösen wollen. Bei den meisten ist das keineswegs der Fall. Vielmehr erkennen sie, wie die Eurokratie fortschreitend EU-Müdigkeit hervorruft. Sie wollen Europa erhalten, retten, indem sie für ein Europa kämpfen, das nicht nationale und regionale Besonderheiten in einen Einheitsbrei kaputt stampft. Sie wollen den Bürgern die Freiheit zurückgeben, selbst zu entscheiden, welcher EU-Vorschrift sie folgen wollen und welche sie ablehnen. Würde das Europa als Ganzes schwächen? Ich denke, das Gegenteil ist die Wahrheit. Es geht doch nicht darum, jemandem zu verbieten, einen Käse zu genießen, der nicht zu einhundert Prozent allen EU-Richtlinien entspricht. Es geht darum, als Europäer ein Gefühl der Verbundenheit zu haben, ohne die eigene Identität aufgeben zu müssen. Das lässt die EU in ihrer jetzigen Form nicht zu. Ja, noch schlimmer, EU-Regeln werden von Parlamenten abgenickt, ohne die Zustimmung der Bürger einzuholen.
Die Angst, über ein neues Europa nachzudenken
Das Verhältnis der Briten zur EU nach dem Brexit könnte Vorbildcharakter bekommen für den Umgang der gesamten EU untereinander. Freiheit und Brüderlichkeit ohne Zwang. Davor haben die Eurokraten wohl Angst. Es geht mal wieder um Macht und Pfründe, denn der sündhaft teure Bürokratiemoloch in Brüssel und Straßburg könnte/müsste dann deutlich reduziert werden. Man will folglich mit allen Mitteln verhindern, dass der Brexit ein Erfolgsmodell werden kann. Großbritannien soll anschließend als Negativbeispiel dastehen, was einem geschieht, wenn gegen das EU-Diktat votiert wird. Die Briten sollen mit harten Verhandlungen für ihr ungeheuerliches Votum bestraft werden – als abschreckendes Beispiel.
In diesem Zusammenhang gehe ich noch kurz auf das allgemeine Verhalten der westlichen Demokratien ein, des westlichen Kapitals. Noch nie hat man alternative Gesellschaftsmodelle zugelassen. Staaten, die den Versuch des Kommunismus oder Sozialismus wagten, eine leicht abweichende Form von Demokratie, wurden und werden sofort mit Sanktionen und Handelsembargos „bestraft“. Damit nimmt man ihnen von vornherein die Chance auf Erfolg, indem ihnen der Zugang zu Waren und Technologien versperrt wird, ohne die aber auch kapitalistische Länder kaum prosperieren können. Der Kapitalismus weiß um seine Unzulänglichkeit, für alle Menschen das Beste zu erreichen. Folglich kann er es nicht zulassen, dass ein Alternativmodell erfolgreich ist, vielleicht sogar besser. Könnte es sein, dass das halbsozialistische Jugoslawien deswegen zerstört worden ist? Weil es zu erfolgreich war?
Damit bin ich zurück beim Brexit, der bestraft werden muss. Es darf nicht sein, dass es den Briten anschließend besser geht, dass sie zufriedener sind. Das würde dazu zwingen, das gesamte Modell Europa von Grund auf neu zu denken. Ja mehr noch, könnte es dazu führen, dass über die „westlichen Werte“ und den Umgang damit ernsthaft nachgedacht wird. Davor haben die Parteischranzen richtig Angst. Dieselbe Angst, die sie veranlasst, alle zu verunglimpfen und in die rechte Ecke zu stellen, die jetzt schon nachgedacht haben und nationale Interessen über die Eurokratie stellen wollen, zumindest gleichwertig. Wenn Merkel jetzt also harte Verhandlungen fordert, dann gibt sie eigentlich zu, dass auch sie darum weiß, wie falsch der Weg der Eurokraten und damit ihr eigener eigentlich war und ist. Indem sie harte Verhandlungen fordert, anstatt die Wahrheit zu sagen, nämlich eine Bestrafung, führt sie die Bürger wieder einmal hinters Licht und versteckt so ihre eigene Unfähigkeit, humanistisch und zukunftsorientiert zu denken.
Ähnlich wie der Umgang mit Abweichlern in Sachen EU ist der Umgang mit Alternativmodellen zum reinen Kapitalismus - siehe Jugoslawien. Fachleute haben uns bestätigt, dass unser Modell der Humanen Marktwirtschaft funktionsfähig ist. Der einzige Einwand lautet: Das werden „DIE“ nie zulassen! „Die Humane Marktwirtschaft“ nach Haisenko/von Brunn wird 99 Prozent der Menschheit zum Vorteil gereichen und so sollte es doch möglich sein, diese auf demokratischem Weg einzufordern. Allerdings setzen „DIE“ ihre ganze Medienmacht ein, eine breite Diskussion über dieses revolutionäre Modell zu verhindern. Keine Redaktion der Mainstreammedien hat es gewagt, auch nur den Eingang der ihnen zugesandten Exemplare des Werks zu bestätigen, geschweige denn mit uns Kontakt aufzunehmen oder gar darüber zu berichten. So sind wir zunächst weiterhin auf Ihre Mund-zu-Mund-Propaganda angewiesen, unsere Ideen einem breiteren Publikum näher zu bringen. „Die Humane Marktwirtschaft“ nach Haisenko/von Brunn ist im Buchhandel erhältlich oder man kann sie direkt hier vom Verlag bestellen.