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Merkels machtpolitischer Schachzug mit der H(omo)-Ehe

Von Peter Haisenko 

Niemand kann so raffiniert auf der Klaviatur der Machtpolitik spielen wie die Kanzlerin. Ihr letzter Coup war die Abstimmung über die H-Ehe im Bundestag. Sie hat die SPD in die Falle gelockt und die ist auch willig über das Stöckchen gesprungen. Mehrere Parteien haben die H-Ehe zum Ausschlusskriterium für eine Koalition gemacht. Damit hatten sie ein Druckmittel für bevorstehende Koalitionsverhandlungen, das gegen andere Positionen gestellt werden konnte. Nach der Abstimmung im Bundestag haben sie das nicht mehr.

Eigentlich war die Position der CDU und insbesondere der CSU bezüglich der H-Ehe klar: Klar ablehnend. Nachdem diese Entscheidung aber zum Wahlkampfthema gemacht worden war, musste Frau Merkel handeln. In ihrer unnachahmlich raffinierten Weise hat sie ihre Bombe in einem Interview platzen lassen, ausgerechnet mit der „Brigitte“. In ihrer üblich vagen und unverbindlichen Art hat sie in den Raum gestellt, dass man hierzu über eine Gewissensentscheidung nachdenken sollte (sollten das Parlamentarier nicht grundsätzlich?). – Mehr nicht. Die ihres Schulz-Hypes verlustig gegangene SPD hat Morgenluft gewittert und ist prompt in Merkels Falle gelaufen. Nicht nur, dass sie sich Koalitionsbruch vorwerfen lassen muss, hat sie sich damit selbst eines Verhandlungspfunds beraubt.

Als Wahlkampfthema taugt die H-Ehe jetzt nicht mehr

Merkel selbst hat es peinlich vermieden, zu dem Thema klar Stellung zu beziehen. Sie hat zwar gegen die H-Ehe gestimmt, diesen Akt jedoch relativiert mit der Begründung, sie habe dagegen gestimmt, weil sie der Auffassung sei, dass die H-Ehe in dieser Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist und so wahrscheinlich vom Verfassungsgericht gekippt werde – vorausgesetzt, es erfolgt keine Grundgesetzänderung. Der Wähler weiß folglich wieder einmal nicht, wie die Kanzlerin tatsächlich darüber denkt, aber das Thema ist aus dem Wahlkampf und den Koalitionsverhandlungen eliminiert. Das befreit sie selbst und ihre Partei von einer eindeutigen Stellungnahme, die Wählerstimmen kosten und Koalitionsverhandlungen belasten könnte. Mit ihrer fadenscheinigen Begründung für ihre Ablehnung hat Frau Merkel zwar die Richtung vorgegeben, wird aber selbst bei dem fälligen Verfahren nicht aktiv werden. Das betreiben für sie CSU und AfD. Da ist sie wieder fein raus – oder sollte man das eher taktische Feigheit nennen?

Worum ging es eigentlich bei dieser vom Zaun gebrochenen Abstimmung? Ich denke, man kann das auf drei Punkte reduzieren: Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare, das Namensrecht und die Bezeichnung für eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft: Ehe. Ich bin kein Freund von taktischen Tricksereien und beziehe eindeutig Stellung: Ich bin dagegen, dem Jahrhunderte alten und vom Grundgesetz geschützten Terminus „Ehe“ eine andere Bedeutung zu geben als die, die die Grundlage der Beziehung zwischen Mann und Frau als Ehe bislang definiert hat.

Es gibt fraglos wichtigere Themen als die H-Ehe

Die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist nicht abhängig vom Namen dafür. Warum also muss es dann unbedingt Ehe heißen? Dieser Begriff ist bereits besetzt. Man könnte es einfach „H-Ehe“ nennen, mit oder ohne Bindestrich. Auf diese Weise würden Verletzungen vermieden bei Bürgern, die den Bund der Ehe noch mehr oder weniger als heilig ansehen, wie sie auch von der Kirche bezeichnet wird. Aber mit diesem Vorstoß, der gerade mal drei bis fünf Prozent der Bürger betrifft, wird wieder einmal demonstriert, wie wenig unseren Politclowns daran gelegen ist, Rücksicht auf ganz normale Menschen und deren Befindlichkeiten zu nehmen, wenn diese „schon länger hier sind“. Die links- und transgenderdominierten Medien tun ihr Übriges und machen es manchem rückgratlosen Politdarsteller schwer, ehrlich seine Überzeugung zu vertreten. Wer will sich schon als „homophob“ outen lassen? Ob da das Abstimmungsverhalten wirklich vom Gewissen bestimmt war, will ich dahingestellt lassen.

Verstehe ich noch halbwegs den dringenden Adoptionswunsch von Männerpaaren, kann ich hierfür bei Frauenpaaren keine Notwendigkeit erkennen. Was hindert eine Frau daran, sich auf irgendeine Weise befruchten zu lassen, wenn der Wunsch nach Kindern übermächtig wird? Insgesamt sollte man sich darüber im Klaren sein, dass dieses spezielle Adoptionsthema weniger als ein Prozent der Bevölkerung und damit der Wähler betrifft. Was reitet also einige Parteien, so ein Thema zur Koalitionsfrage hochzustilisieren? Wahrscheinlich geht es mehr darum, davon abzulenken, dass man ansonsten kein vernünftiges Thema hat, bzw. sich darüber verbindlich nicht äußern will. Die H-Ehe betrifft einen Bruchteil der Bevölkerung. Steuergerechtigkeit, sichere Arbeitsplätze, Altersvorsorge, innere Sicherheit, Terrorbekämpfung, die Bewältigung von Flüchtlingsströmen – das sind die Themen, die die Mehrheit der Bevölkerung wirklich beschäftigen. Aber hier drückt man sich um eine eindeutige Positionierung. Die H-Ehe tut letztendlich keinem weh – die anderen Themen womöglich schon.

Überflüssige Abstimmung, die allein Merkels Machtkalkül dient

Damit bin ich zurück bei der Raffinesse von Frau Merkel. Selbst in ihrem engsten Kreis ist unterschiedlich abgestimmt worden. Super! Damit haben die Wähler wieder einmal den Merkel´schen Gemischtwarenladen, aus dem sich jeder heraussuchen kann, was ihm gefällt. Wie gesagt, hat sie auf ihre Weise das heikle Thema aus dem Wahlkampf und den Koalitionsverhandlungen genommen. Das in der Annahme, dass wieder andere die Drecksarbeit machen werden, klar Stellung beziehen müssen, z. B. mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht. Teflon-Merkel ist fein raus und das Abstimmungsergebnis hat gezeigt, dass eine diesbezügliche Verfassungsänderung keine ausreichende Mehrheit finden wird, falls das Verfassungsgericht eine solche fordern wird.

Einen weiteren Aspekt will ich noch kurz beleuchten. Wäre die CDU bei ihrer Ablehnung zur H-Ehe geblieben, hätten alle bislang im Bundestag vertretenen Parteien nach eigener Aussage eine Koalition mit ihr verweigert. Als Koalitionspartner wäre dann nur die Partei übrig geblieben, die neu in den Bundestag einziehen wird: die AfD. Eine Kanzlerin Merkel ist aber undenkbar mit der AfD, abgesehen davon, dass auch Merkel, bei allem Machtwillen, eine solche Koalition nicht vermitteln könnte. Damit ist es durchaus denkbar, dass ihr Rückwärtssalto auch dem Kalkül geschuldet ist, innerparteilichen Diskussionen über eine solche Koalition die Grundlage zu entziehen. Vergessen wir nicht, dass manche Strömungen in der Union einer Koalition mit der AfD durchaus positiv gegenüber stehen.

Das Fazit lautet also: Die Kanzlerin kommt völlig unbeschädigt aus diesem Hauruckverfahren raus, ist so noch besser für alle wählbar und hat gleichzeitig alle anderen zu Stellungnahmen gezwungen, die sie Wählerstimmen kosten können. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dieses Gesetz nicht in Kraft treten kann – wegen des Grundgesetzes. Damit war diese Abstimmung völlig überflüssig, abgesehen davon, dass sie Merkels Machtkalkül dient. Eine Anmerkung noch: Ich erachte es für höchst peinlich, dass für die Abstimmung zu H-Ehe das gesamte Plenum versammelt war, für den nächsten Tagesordnungspunkt aber, bei der es um das umstrittene „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ von Justizminister Maas ging, nur noch vereinzelte Abgeordnete anwesend waren. Was sind das für Volksvertreter, die lieber das H-Ehe-Gesetz mit Luftschlangen und Konfetti feiern, als sich um die Wahrung der Meinungsfreiheit zu kümmern. Hier hat Merkels Taktik mindestens doppelt gewonnen.

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