Frauenquote? Es gibt Wichtigeres!
Von Peter Haisenko 30. März 2011
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Flugzeug und es wird eine Frau als Kapitän vorgestellt. Kein Problem! Bis jetzt! Bei der Lufthansa ist dies seit geraumer Zeit üblich. Wie würden Sie sich aber fühlen, wenn sie wüssten, dass eine bestimmte Anzahl von (Lufthansa-)Kapitän(in)en nicht mehr ausschließlich nach Leistung sondern nach Quote für diese Aufgabe berufen wurde?
Die deutsche Lufthansa ist und war schon immer ein Musterbeispiel für soziales Handeln und Gleichberechtigung. Besonders seit der Zeit, als auch das Cockpit für Bewerber jeden Geschlechts zugänglich gemacht worden ist. Keine Tariftabelle unterscheidet nach Geschlecht. Die Lufthansa bietet sich also an, über Quoten im Allgemeinen nachzudenken. Ich weiß, wovon ich rede. Schließlich war ich selbst 30 Jahre Pilot bei der Kranich-Airline.
In den USA gab es bereits in den 1970er Jahren diverse Quotenregelungen. Unterprivilegierte Gruppen wie Farbige, Latinos und Behinderte mussten bei Einstellungen besondere Quoten erfüllen. Das führte dazu, dass ein ganz normaler Bewerber oftmals keine Chance auf Einstellung hatte, obwohl seine Eignung eine solche empfohlen hätte. Dem zu Folge wurden diese Quotenregelungen unauffällig wieder aufgeweicht und teilweise ganz abgeschafft.
Frauen stehen dem Arbeitsmarkt nicht in dem Maße uneingeschränkt zur Verfügung wie Männer, wenn sie denn Frauen mit allen Konsequenzen sein wollen. Sie verursachen durch Auszeiten Kosten und Verwerfungen, die den normalen Ablauf durcheinander bringen. Die internen Statistiken der Lufthansa sprechen hier eine deutliche Sprache. So gelangen Frauen mit weniger Flugstunden oder Erfahrung am Boden als Männer nach dem „Senioritätsprinzip“ in die nächsthöhere Stufe, weil ihre Auszeiten für die Kinder nicht von ihrer „Seniorität“ abgezogen werden dürfen. In gewisser Weise werden sie also gegenüber Männern bevorzugt behandelt.
Obwohl es bei der Lufthansa keine Einschränkung bezüglich des Geschlechts für den Beruf des Piloten gibt, sind Frauen im Cockpit nach wie vor eher die Ausnahme. Der Beruf „Flugkapitän“ ist eindeutig eine Führungsposition. Niemand wird hier eine Quotenregelung fordern wollen. Darf dieses Beispiel auf andere Bereiche übertragen werden? Betrachten wir hierzu andere Bereiche im Lufthansa-Konzern: Flugbegleiter und Bodenpersonal.
Flugbegleiter (Stewardess) ist eine klassische Frauendomäne und auch Männer, die nicht dem klassischen Muster zugetan sind, finden sich in diesem Beruf vermehrt. Dennoch ist es so, dass auch in diesem Berufssektor Führungspositionen überproportional mit „normalen“ Männern besetzt sind. Nach meiner persönlichen Erfahrung liegt das unter anderem daran, dass etliche Frauen gar nicht an einer Führungsposition interessiert sind. Zudem gibt es unter den Flugbegleiter(inne)n eine beachtliche Anzahl, die einen männlichen Chef bevorzugen. Dasselbe gilt für das Bodenpersonal.
Es ist wiederum meine persönliche Erfahrung, dass die Qualität einer Führungsperson nicht von ihrem Geschlecht abhängig ist. Allerdings musste ich auch erleben, dass die Qualität mancher Frau darunter leidet, sich gegenüber Männern „beweisen“ zu müssen.
Ich denke, das eigentliche Problem bei der Besetzung von Führungspositionen liegt ganz woanders: Von einer bestimmten Stufe an werden Positionen nicht mehr nach rationalen Gesichtspunkten vergeben. Wer in die inneren Führungszirkel aufsteigen will, muss sich einer mafiösen Struktur unterwerfen. Das gilt für Industrie und Politik gleichermaßen. Nur wer sich als kontrollierbar und angepasst und damit „ungefährlich“ für seine Vorgesetzten bewiesen hat, ist für höhere Weihen qualifiziert. Eigenständiges Denken und neue Ideen sind ein Ausschlusskriterium für den Aufstieg in eifersüchtig bewachte Führungszirkel.
Hin und wieder passiert es, dass wirklich geeignete Persönlichkeiten in höchste Führungspositionen rutschen. Sei es, dass die Potenz einer Position nicht richtig erkannt worden ist, oder dass ganz einfach wirklich niemand Geeignetes aus den etablierten Macht-Kreisen zur Verfügung stand. Meistens hat das Folgen, die für die Etablierten sehr unangenehm sind.
Diese Persönlichkeiten – im wahrsten Sinn des Wortes – zeigen, wie man es richtig machen kann. Sie sind als Chef beliebt und leisten eine Arbeitsqualität, die den Etablierten Angst macht. Also müssen sie am weiteren Aufstieg gehindert oder, wenn das nicht geht, demontiert und aus dem Weg geräumt werden. Andernfalls könnten sie die festgefügte Machtstruktur aufbrechen oder sogar zerstören. Das prominenteste Beispiel für einen derartigen Vorgang konnte gerade an Herrn zu Guttenberg beobachtet werden.
Frauenquote? Ich erachte jede Form von künstlichen Quoten als negativ. Sie widersprechen dem natürlichen Prinzip von Wettbewerb und Evolution. Allerdings bewerte ich es als noch negativer, wenn eben diese Prinzipien von den etablierten Machtzirkeln durch ihre interne Hackordnung außer Kraft gesetzt werden. Wenn also zu wenige Frauen in höchsten Führungspositionen zu finden sind, sollte man sich über die Besetzungsrituale ganz allgemein Gedanken machen.
Nahezu jeder, der über eine bestimmte Ebene hinausgekommen ist, ist in gewisser Weise erpressbar – und damit kontrollierbar. Das ist eine Voraussetzung für ihre „Karriere“. Dieser Zustand lässt sich mit Männern leichter herstellen als mit Frauen. Wozu sonst könnten Rituale wie gemeinsame Bordellbesuche dienen, die natürlich auf Firmenkosten laufen? Ich denke, wichtiger als eine Frauenquote sollte sein, solchen Auswüchsen Einhalt zu gebieten.
Frauen sind eher nicht gewillt, sich den Machtritualen der Männer zu unterwerfen. DAS behindert ihren Aufstieg in die höchsten Kreise. Auf der anderen Seite benutzen manche Frauen ihre Weiblichkeit, um unbillige berufliche Vorteile zu erlangen. Diese Vorgehensweise findet jedoch eher auf der mittleren und unteren Hierarchie-Ebene statt und ist in gewisser Weise dann doch eine Teilnahme an männlichen Aufstiegsritualen.
Ein Positives könnte die Frauenquote vielleicht doch bringen: Sie könnte die Absprachen über die Vergabe von Posten innerhalb der etablierten Zirkel empfindlich stören. Aber die Erfahrung hat gezeigt, dass solche „Quotenfrauen“ oftmals ausgegrenzt und gemobbt werden, bis sie „freiwillig“ ihre Posten an diejenigen abgeben, denen diese nach ihrer eigenen Einschätzung „rechtmäßig“ zustehen. Schließlich haben sie für diese Posten ihre Seelen verkauft!
Mein Respekt gehört allen Frauen und Männern, die immer noch daran glauben, nur durch Leistung zum Erfolg kommen zu können und nicht bereit sind, ihre Seele für ihre Karriere zu verkaufen. Leider wird es unmöglich sein, diese Aufrechten mit einer Quote zu belohnen. Bevor eine Frauenquote befohlen wird, sollten Korruption und Seilschaften bekämpft werden. Erst dann wird es möglich sein, Führungspositionen nach Können und Leistung mit Frauen oder Männern gerecht zu besetzen.