Leben ohne Lohnsteuer IST möglich!
Von Peter Haisenko
Nicht nur in Deutschland leben wir mit dem perversen Zustand, dass produktive Arbeit deutlich höher besteuert wird als Kapitaleinkünfte. 42 Prozent zu 25. Wer das nicht verändern will, belügt den Wähler, wenn er sagt: „Leistung muss sich lohnen“. Die privilegierten Kapitaleinkünfte sind leistungslose Einkommen und gerade die lohnen sich besonders. Würden Kapitaleinkünfte genauso hoch besteuert wie Arbeit, dann könnte die Lohnsteuer drastisch niedriger sein, ja, man könnte sie unter bestimmten Voraussetzungen sogar ganz abschaffen.
Ein ehrliches Steuersystem müsste die Kapitaleinkünfte mit der Abgeltungssteuer deutlich höher besteuern, als den höchsten Steuersatz für richtige Arbeit. Ich schlage mindestens 50 Prozent vor. Anschließend, und erst dann, könnten die Steuerpflichtigen die Einnahmen und Gewinne aus Kapitalerträgen bei ihrer Steuererklärung angeben und zurückbekommen, was den Höchststeuersatz übersteigt. Wir hätten schlagartig Steuerehrlichkeit, was Kapitaleinkünfte anbelangt. Bei Kapital das im Ausland angelegt – oder versteckt – ist, sollte ein Steuersatz von 50 Prozent obligatorisch sein, ohne die Möglichkeit, diese Einkünfte mit der Steuererklärung auf den Spitzensatz zu senken. Vergessen wir nicht, dass diese Gelder im Inland unter Inanspruchnahme der landeseigenen Infrastruktur erwirtschaftet wurden, dann aber der Inlandswirtschaft entzogen werden. Allein die bisher genannten Maßnahmen würden es ermöglichen, den Steuersatz für alle, inklusive des Höchststeuersatzes, deutlich zu senken.
Kapitalerträge sind höher zu besteuern als produktive Arbeit
Nun wollen wir uns die Aufteilung der Steuereinnahmen einmal genauer ansehen. 2015 kam der Löwenanteil aus der Lohn- und Einkommensteuer und zwar in Höhe von 227,8 Mrd. €, was etwa 34 Prozent ausmacht. Die Abgeltungssteuer macht gerade mal gut zehn Prozent davon aus, nämlich 25,1 Mrd. Bei der Betrachtung der Einkommenssteuer gilt es festzuhalten, dass hierin auch ein Anteil enthalten ist, der leistungslosen Einkommen entstammt, zum Beispiel Mieten und Unternehmensbeteiligungen. Diesbezüglich exakte Zahlen zu erhalten, ist nicht möglich, also muss ich schätzen. Bei den oberen Einkommen, die ja den größten Anteil am Steueraufkommen erbringen, dürften etwa 30 Prozent der letztgenannten Einkommensart entstammen – vorsichtig geschätzt. Das wiederum bedeutet, dass die reine Lohnsteuer um mehr als 30 Prozent geringer ist, denn wer Kapitaleinkünfte hat, ist dem Spitzensatz näher als der Durchschnitt. Rechnen wir mit einem Drittel und stellen fest, dass die reine Lohnsteuer nur etwa 152 Mrd. ausmacht – was dann nur noch etwa 22 Prozent des Gesamtsteueraufkommens entspricht.
Bereits an der Stelle wird erkennbar, dass es ein Leichtes wäre, auf diese 22 Prozent gänzlich zu verzichten, wenn Kapitalerträge gleich oder höher besteuert würden als produktive Arbeit. Machen wir hierzu wieder eine einfache Rechnung. Die Privatvermögen in Deutschland werden zwischen 5.000 und 10.000 Mrd. € angegeben. Nehmen wir einen Mittelwert und rechnen mit 8.000 Mrd. Selbst in Zeiten von Niedrigzinsen darf von einer durchschnittlichen Rendite von etwa fünf Prozent ausgegangen werden: Mieten, Dividenden, Firmenbeteiligungen, Anleihen… Daraus ergibt sich ein Einkommen aus Kapitalerträgen von etwa 400 Mrd./Jahr. Besteuert mit 50 Prozent wären das Steuereinnahmen von 200 Mrd. Verglichen mit der reinen Lohnsteuer von 152 Mrd. plus 25,1 Mrd. Abgeltungssteuer, also insgesamt 177,1 Mrd., hätten wir einen Überschuss von knapp 23 Mrd. Das zeigt, dass eine Kapitalertragssteuer in etwa der Höhe des Steuerhöchstsatzes ausreichen würde, die Lohnsteuer komplett zu ersetzen – wenn sie denn ohne privilegierendes Wenn und Aber eingetrieben würde. Käme noch eine Börsenumsatzsteuer hinzu, wüsste der Staat kaum noch, wie er das Geld ausgeben soll.
Wie viel Steuer braucht der Staat tatsächlich?
Damit nicht genug! Nun stellt sich nämlich die äußerst spannende Frage: Wie viel Steuern braucht unser Staat tatsächlich? Mit dem Wegfall der Lohnsteuer entfielen beträchtliche Kosten bei den Steuerbehörden und es gäbe keine Schwarzarbeit mehr, die auch personalintensiv überwacht werden muss. Die „kreative“ Steuervermeidungspolitik der vornehmlich US-amerikanischen Großkonzerne kostet den Steuerzahler ebenfalls zweistellige Milliardenbeträge. Ein unhaltbarer Zustand, der umgehend zu unterbinden wäre. Wie weitere Lohnnebenkosten ebenfalls überflüssig werden können, zeige ich an anderer Stelle auf. Der größte Happen im Staatshaushalt sind die Sozialkosten mit etwa 45 Prozent. Wenn diese anders, steuerfremd, finanziert werden könnten, dann sind wir bereits an dem Punkt angelangt, wo die reine Besteuerung von Kapitalerträgen plus direkte Steuern für den Staatshaushalt ausreicht. Ist das wirklich möglich?, höre ich die ungläubige Frage und sage: Ja, es ist möglich und es ist machbar!
Der nächstgrößere Happen an Steuereinnahmen ist die Mehrwertsteuer mit 210 Mrd. €. Wenn diese reformiert, umgeformt und von bürokratischen Verrechnungslasten befreit wird, dann dürften die Einnahmen daraus ausreichen, das komplette Sozialsystem zu finanzieren. Dieses wiederum würde erheblich weniger Kosten beanspruchen, sobald die Lohnsteuer entfällt und auch der Niedriglohnsektor auf ein Niveau angehoben wird, das nicht nur ein würdiges Auskommen garantiert, sondern auch die Chance bietet, fürs Alter vorzusorgen.
Maßnahmenbündel zur Senkung der Staatsausgaben
Weitere Einsparungen können mit einer Entbürokratisierung des Systems erreicht werden. Ich schlage hierzu ein gesichertes, kein bedingungsloses (!), Grundeinkommen vor. Um die Kosten hierfür niedrig zu halten, sollte dieses mit den Löhnen gegengerechnet werden, sobald jemand einer Arbeit mit entsprechend hoher Entlohnung nachgeht. Ich halte etwa den Hartz IV Satz für angemessen, also etwa 400,- €/Monat, und zwar für jeden, vom Säugling bis zum Greis. Das würde einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern ein Grundeinkommen von 1.200,- € geben und wenn sie ohne Steuerabzug etwas dazu verdienen kann, hat sie ein gesichertes Auskommen. All das ist finanzierbar mit einem Aufschlag von 20 Prozent auf den Endverkaufspreis aller Waren und Dienstleistungen, als Ersatz für die Mehrwertsteuer – also kostenneutral.
Beibehalten und im Bedarfsfall auf Kostendeckung erhöht werden sollten alle direkten Steuern und Abgaben wie Kfz-Steuer, Grund- und Gewerbesteuer etc.. Deutlich reduzieren sollte man die Verteidigungsausgaben, denn wer wollte Deutschland militärisch bedrohen. Auch die Beamtenpensionen sollten in ihrer Finanzierung umgestellt und aus dem Staatshaushalt entfernt werden. Die Kosten hierfür würden sich sowieso deutlich reduzieren, denn das gesicherte Grundeinkommen muss selbstverständlich abgezogen werden. Jegliche Subventionen sind abzustellen, auch um den Menschen das Gefühl für den wahren Wert der Dinge zurück zu geben. Wenn auch noch der Schuldendienst auf Null gebracht werden kann, – und das ist möglich – dann bleibt nur noch eine Rumpffinanzierung, die gänzlich auf Lohnsteuer verzichten kann. Diese Aufzählung an Einsparungen ist unvollständig. Sie soll eine ungefähre Idee vermitteln, was tatsächlich möglich ist, den Staatshaushalt auf das zu reduzieren, was seinen originären Aufgaben entspricht.
Durchbruch für eine bessere Welt: Die Humane Marktwirtschaft
Nun wird der eine oder andere sagen: Ein schöner Traum! Das funktioniert nie! Und ich sage: Doch, es kann sehr wohl funktionieren, ich habe es genau durchgerechnet. Natürlich reicht die Kürze eines kleinen Artikels nicht aus, um alle Facetten ausführlich darzulegen. Deswegen habe ich mit Hubert von Brunn das Buch „Die Humane Marktwirtschaft“ verfasst, das alle angesprochenen Themen umfassend, verständlich und schlüssig bis ins Detail beschreibt. Inklusive neuer Regeln für den Außenhandel und einer Übergangslösung, die keinem etwas wegnimmt oder schenkt – außer natürlich dem oberen einen Prozent der Finanzzocker. Wer dieses revolutionäre Werk gelesen hat, wird sagen: So einfach! Warum ist bis jetzt noch niemand darauf gekommen?
Diese Aussagen haben wir bereits von Wirtschaftswissenschaftlern. Das Beste daran aber ist, dass sich mit der Humanen Marktwirtschaft nach Haisenko/von Brunn für die Bürger im täglichen Umgang mit Geld nichts spürbar ändern wird. Jetzt muss nur noch die in der Psychologie vieler Menschen angelegte Angst vor Veränderung überwunden werden: Es könnte ja schlechter werden. Aber wenn alles beim Alten (Schlechten) bleibt, kann auch nichts besser werden. Dem Humanismus verpflichtet, möchte ich, dass es allen Menschen so gut wie irgend möglich geht, ohne den gescheiterten Dogmen des Sozialismus das Wort zu reden. Ein Leben ohne Lohnsteuer ist möglich. Wir müssen nur den Mut zu fundamentalen Änderungen haben, die die Probleme des Raubtierkapitalismus von der Wurzel an beseitigen. Genau darum geht es bei der Humanen Marktwirtschaft nach Haisenko/von Brunn. Im Buchhandel oder direkt vom Verlag hier.