Finnisches Experiment mit dem „Bedingungslosen Grundeinkommen“: Gut gemeint, falsch gedacht, zum Scheitern verurteilt
Von Hubert von Brunn
Zu Jahresbeginn hat Finnland ein Experiment gestartet: Bedingungsloses Grundeinkommen von 560 Euro für 2.000 per Los bestimmte Arbeitslose für zwei Jahre. Die Zwischenbilanz zur Halbzeit fällt bei finnischen Politikern und Medien überwiegend positiv aus. Im Rahmen eines Experiments für wenige Menschen mag das angehen. Bezogen auf die gesamte Bevölkerung und zeitlich unbegrenzt kann das finnische Modell jedoch nicht funktionieren, da es auf systemimmanenten Schwachstellen und Fehlern beruht: Soziale Ungerechtigkeit und nicht gesicherte Finanzierung – um gleich die schwerwiegendsten Defizite zu nennen.
Betrachten wir zunächst einmal den durchaus beachtenswerten positiven Aspekt, den das finnische Experiment zutage gebracht hat. In den Medien wurde von zahlreichen Teilnehmern berichtet, die, eine neue Arbeitsstelle fanden, bzw. eine eigene Geschäftsidee entwickelt und in die Tat umgesetzt haben. Das zusätzlich verfügbare Geld hat bei vielen „glücklichen Gewinnern“ dieses steuerfreien Geschenks vom Staat also dazu geführt, die bei vielen Arbeitslosen vorhandene Lethargie zu durchbrechen. Auch bei uns stellen sich die Betroffenen doch die Frage: „Warum soll ich mich um einen Job bemühen, wenn der Lohn für meine Arbeit sofort den mir zustehenden Sozialleistungen gegengerechnet wird? Wenn sich Arbeit nicht lohnt, dann kann ich auch zu Hause bleiben.“
Das Mehr an Geld hat bei zahlreichen Teilnehmern in Finnland offensichtlich einen regelrechten Motivationsschub ausgelöst. Sie sind – entgegen der Befürchtungen der erklärten Gegner eines Grundeinkommens – keineswegs in exzessive Faulheit verfallen und haben das zusätzliche Einkommen nicht sinnlos verprasst, sondern eingesetzt, um dauerhaft wieder auf einen besseren Weg zu kommen. Ein Beleg für die nicht zu widerlegende psychologische Erkenntnis: Existenzängste blockieren und machen krank, Handlungsspielraum und Sicherheit motivieren und setzen neue Energien frei.
Das Grundeinkommen soll gesichert sein, aber nicht bedingungslos
Kommen wir nun also zu den eingangs angesprochenen fundamentalen Schwachstellen des finnischen Experiments. Im Folgenden beziehe ich mich in meiner kritischen Betrachtung auf das alternative, gut durchdachte und jederzeit realisierbare Modell der „Humanen Marktwirtschaft“ (HMW) nach Haisenko/von Brunn. „Bedingungsloses Grundeinkommen“ ist ein Schlagwort, das seit Jahren durch die Medien geistert, und außer in Finnland wird auch in anderen Ländern (z. B. Belgien, Schweiz, Namibia) diese Form der Grundsicherung diskutiert und versucht, auf unterschiedliche Weise umzusetzen. Der erste große Fehler begegnet uns schon in dem Adjektiv „bedingungslos“. Nichts geschieht ohne Grund und alles hat seinen Preis – überzeugend dargelegt in der chinesischen Philosophie von Yin und Yang.
In der HMW ist deshalb auch nicht von einem „bedingungslosen“, sondern von einem „gesicherten“ Grundeinkommen die Rede: ca. 400 Euro für jeden – vom Baby bis zum Greis, unabhängig von Art und Höhe des sonstigen Einkommens. Eine der Bedingungen, die daran geknüpft sind, ist die deutsche Staatsbürgerschaft. Damit können von vorn herein erhebliche Missbrauchsfelder ausgeschlossen werden, gleichzeitig wird das für manch einen Ansporn sein, sich aktiv um den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zu bemühen.
Die 400 Euro entsprechen ungefähr den derzeitigen Hartz-IV-Leistungen. Keine Summe also, die dazu ermuntert, sich in die soziale Hängematte zu legen, zumal keine weiteren Sonderzahlungen geleistet werden. In Verbindung mit dem Wegfall der Lohnsteuer, wie es die HMW vorsieht, wird diese Regelung jedoch vor allem bei Arbeitslosen und Arbeitnehmern in den unteren Lohngruppen für erhebliche Motivation sorgen, sich um Arbeit zu bemühen, mehr zu tun, aktiv zu werden. Wenn jeder hinzu verdiente Euro der Verbesserung der eigenen Lebenssituation dient und nicht gleich von Sozialamt oder von Finanzamt gegengerechnet – sprich: aufgefressen – wird, dann haben die Menschen auch wieder Lust, sich einzubringen. (Das in der Schweiz entwickelte und per Volksentscheid inzwischen abgelehnte Modell mit einem „bedingungslosen Grundeinkommen“ von 2.000 SF ist dagegen völlig irrwitzig. Bei dieser Größenordnung ist die Gefahr der „sozialen Hängematte“ wirklich sehr groß. Zumal die Finanzierung allein auf Kosten des Steuerzahlers gegangen wäre und eine erhebliche Mehrbelastung für den Staatshaushalt bedeutet hätte.)
„Die Humane Marktwirtschaft“: revolutionär anders, gerecht, finanzierbar, lebenswert
Dem Konzept der HMW nach Haisenko/von Brunn hingegen liegt ein ausgeklügeltes System der Refinanzierung zugrunde, wodurch die Staatskasse nicht mehr, sondern weniger belastet wird. Dieses Modell – detailliert dargestellt in dem Buch „Die Humane Marktwirtschaft“ – ist in sich absolut schlüssig und wurde inzwischen auch von namhaften Ökonomen sehr positiv bewertet. Andere, wie der deutsche Armutsforscher Christoph Butterwegge (von den Linken dereinst als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten nominiert), indes weigern sich beharrlich, sich mit dem Gedanken eines wie auch immer gearteten Grundeinkommens auseinanderzusetzen. „Eine Sozialpolitik nach dem Gießkannenprinzip widerspricht dem vorherrschenden Gerechtigkeitsverständnis“, sagt Butterwegge.
Wenn man die Sache so angeht wie die Finnen, dann hat er Recht. Per Los 2.000 „Gewinner“ unter rd. 200.000 Arbeitslosen zu ermitteln, ist in der Tat nicht gerecht und provoziert unter den Empfängern von Sozialleistungen, die eine Niete gezogen haben, notgedrungen die Frage: „Warum der/die und nicht ich?“ Ein besseres Leben als Lotteriespiel – das kann nicht gut gehen. Auch was die Finanzierung angeht, mach Herr Butterwegge genau den gedanklichen Fehler, der auch dem finnischen Experiment zugrunde liegt: Absurd hohe Mehrbelastung der Steuerzahler, wenn sie ein Grundeinkommen für alle finanzieren sollen. Das müssen sie aber gar nicht, jedenfalls nicht in dem Konzept der HMW nach Haisenko/von Brunn. Um das zu erkennen, muss man eben mal über den kleinen Tellerrand hinaus blicken und sich lösen von dem kleinkarierten Gedanken, eine derart gravierende sozialpolitische Veränderung sei realisierbar unter Beibehaltung des real existierenden Systems von Turbokapitalismus und der dadurch bedingten immer weiter voranschreitenden sozialen Ungerechtigkeit.
Nein, mit Herumdoktern an Symptomen kommt man nicht weit, man muss die Wurzel des Übels beseitigen und den Mut haben, völlig neu zu denken. Genau das leistet „Die Humane Marktwirtschaft“ nach Haisenko/von Brunn. Da geht es nicht um unausgegorene und letztlich zum Scheitern verurteilte Experimente à la Finnland. Hier wird ein revolutionär neues, in sich schlüssiges und realisierbares Konzept für ein „Wirtschafte- und Finanzsystem zum Wohle aller Menschen“ entwickelt und in einer für jedermann verständlichen Sprache dargestellt. Um die Brisanz dieses Werkes zu verstehen, muss man weder Volkswirtschaft, noch Mathematik studiert haben. Es genügt der gesunde Menschenverstand."Die Humane Marktwirtschaft" nach Haisenko/von Brunn ist erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen vom Verlag hier.