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G 20 und der „Marshall-Plan für Afrika“: Globale Gerechtigkeit geht nur mit fairen Wechselkursen

Von Peter Haisenko 

Niemand kann in Europa von einem Stundenlohn von einem Euro leben. Wie ist es dann möglich, dass in der „Dritten Welt“ Menschen mit einem Stundenlohn von 10 Cent oder weniger (über-)leben können? Sind umgerechnete 10 Cent in Afrika oder Südasien mit 10 Cent in Europa überhaupt vergleichbar? Ist es nicht so, dass diese krassen Unterschiede einem brutalen Ausbeuterschema geschuldet sind, das mit Währungsmanipulationen Gewinne maximiert?

Seit „ewig“ ist der Deutsche daran gewöhnt, dass er in den meisten Ländern der Welt mehr für sein Geld bekommt, als zuhause. Gerade im Tourismussektor wird weltweit eine sehr ähnliche Arbeit geleistet. Der Service in fremden Ländern ist eher besser, aufmerksamer und personalintensiver, als bei uns. Dennoch ist ein Urlaub in der Ferne billiger, vor allem, wenn man den Preis für die Anreise herausnimmt. Ist dieselbe Arbeit eines Afrikaners, Türken oder Asiaten weniger wert als die eines Europäers? Die eines Bulgaren weniger als die eines Deutschen, wenn es dieselbe Arbeit ist? Nein, nein und nein! Diese Diskrepanzen sind einem schändlichen System der Manipulation von Währungskursen geschuldet.

Willkürliche Wechselkurse lassen die „Kleinen“ nie nach oben kommen

Wer heute noch daran glaubt, die Wechselkurse von Währungen würden marktwirtschaftlichen Regeln folgen, der sollte auch weiterhin seinen Wunschzettel an den Weihnachtsmann schicken. Es ist bekannt, dass zum Beispiel George Soros sein Vermögen erheblich vergrößern konnte, indem er gegen das Britische Pfund spekuliert hat. Es ist also Tatsache, dass eine einzelne Person mit genügend Geld den Wechselkurs eines Mitgliedstaats der G 7 zu seinem Vorteil manipulieren konnte. Wie soll sich Angesichts dessen ein Staat unterhalb der G 20 dagegen wehren können, wenn seine Währung gnadenlos unterbewertet ist? Wenn er als Folge davon für seine Exporte nur „Peanuts“ bekommt, die Importe aber kaum bezahlbar sind? Hierin liegt eine der Ursachen, warum die armen Länder nicht auf die Beine kommen.

Vor einigen Jahren war der Wechselkurs des US-Dollars bei 1,50 zum Euro. Man musste für einen Euro 1,50 Dollar bezahlen. Vor einem halben Jahr noch waren es nur 1,05 Dollar. Europäische Waren – und nicht nur die – sind also für den Dollarraum um ein Drittel billiger geworden, innerhalb weniger Jahre. Ist da nicht die Forderung von Donald Trump nachvollziehbar, wenn er 30 oder 35 Prozent Importsteuern in den Raum stellt, um die amerikanische Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen? Wäre es nicht einfacher und marktwirtschaftlicher, den Dollar um 30 Prozent abzuwerten?

Die Sache hat einen Haken. Würde der Dollar abgewertet, ohne gleichzeitig die US-Industrie massiv auf Vordermann zu bringen, würden die Importkosten der USA explodieren. Dass es so ist, kann am Außenhandelsdefizit der USA abgelesen werden: Als der Dollar bei 1,50 stand, betrug das Außenhandelsdefizit der USA etwa 1.000 Milliarden Dollar pro Jahr. Das letzte Jahr bei 1,05 zum Euro, konnte mit einem Rückgang auf etwas mehr als 600 Milliarden brillieren. Das lag nicht etwa daran, dass die USA weniger importiert oder mehr exportiert hätten, sondern schlicht daran, dass das Land ein Drittel weniger Dollar drucken musste, um seine Importe zu „bezahlen“. Einfach deswegen, weil der Dollar ein Drittel höher bewertet wurde. Gleichzeitig ist aber die US-Wirtschaft auch um ein Drittel weniger wettbewerbsfähig geworden. Aber momentan ist das eher nebensächlich, denn außer Agrar-, IT und Militärprodukten gibt es kaum US-Produkte, die in der Welt nachgefragt wären.

Brutale Ausbeutung durch unanständig niedrige Löhne

Zurück zu den Ärmsten der Armen. Man kann in diesen Ländern nur deswegen mit unanständig niedrigen Löhnen überleben, weil die interne Wirtschaft dort ein in sich geschlossenes System ist, mit einer extern unterbewerteten Währung. Alles ist intern entsprechend billig. Fast alles. Importe eben nicht. Diese sind im Verhältnis zu dem, was im Land selbst produziert wird, unerschwinglich teuer und so nur für diejenigen zugänglich, die am System profitieren. Dass das zu einer extremen Zweiklassengesellschaft führen muss, ist selbsterklärend, aber nur eine Randbemerkung. Was würde also geschehen, wenn die Währungen dieser ausgebeuteten Länder anständig bewertet würden?

Importe würden drastisch billiger und Exporte würden entsprechend besser bezahlt. Wenn in einem Land Löhne von 10 Cent pro Stunde bezahlt werden, dann liegt diese Betrachtungsweise am Umrechnungskurs für die entsprechende Währung. Nach unseren Maßstäben kann niemand von einem solchen Lohn leben. Betrachtet man die Arbeit einer Näherin in Bangladesch, ist nicht erklärbar, warum diese für das Zusammennähen eines T-Shirts nur einen Cent erhält. Jedenfalls nach unseren Maßstäben und diese sind nicht einer minderen Wertschätzung geschuldet. Sie ergeben sich aus der falschen Währungsparität, die diese Produkte für uns so billig macht. Aber genau betrachtet, ist dieser Vorteil geringfügig. Müsste am Endverkaufspreis bei uns überhaupt etwas geändert werden, wenn dieselbe Näherin einen zehnmal höheren Lohn bekäme? Wenn ihre Arbeit für ein T-Shirt mit 10 Cent entlohnt würde? Oder gar 50 Cent? Eben so, wie bei uns der Lohn für dieselbe Arbeit ist. Der Löwenanteil des Endpreises bei uns wird bestimmt durch den Gewinn, den die Kaufleute erzielen wollen und ein wenig müssen, weil sie ihren Gewinn im teuren System der Hochwährungsländer erwirtschaften.

Den Teufelskreis können die armen Länder aus eigener Kraft nicht durchbrechen

Was würde also geschehen, wenn zum Beispiel die Währung von Bangladesch um den Faktor Zehn aufgewertet würde? Zunächst würde es keiner der schlecht bezahlten Arbeiter merken. Intern ändert sich erst einmal nichts. Binnen kurzer Zeit aber wird sich die gesamte Struktur des Landes ändern. Indem Importe drastisch billiger werden und gleichzeitig Exporte angemessene Erträge erzielen, könnten mehr Maschinen importiert werden. Die Arbeit der Menschen würde effizienter und die sozialen Unterschiede würden dahinschmelzen. Es geht auch um Energiepreise für Energie, die menschliche Arbeit ersetzt. Bei einem Stundenlohn von nur zehn Euro, muss bei uns für einen Liter Öl keine fünf Minuten gearbeitet werden. Bei nur zehn Cent sind es aber fast zehn Stunden. Wir reden hier über den Faktor einhundert und es kann nicht sein, dass, ganz gleich welche Qualität an Arbeit geleistet wird, diese in einem Land hundertmal mehr Wert sein soll, als in einem anderen.

Der Status ist also, dass die westlichen Industrieländer die Währungen der Dritten Welt künstlich niedrig halten, um billig importieren zu können. Wenn das dem Export schaden sollte, um zum Beispiel unseren Überschuss an Agrarprodukten nach Afrika zu exportieren, dann werden diese Produkte einfach subventioniert – mit unseren Steuern – und zerstören so noch dazu die ländlichen Strukturen. Es ist ein Teufelskreis, den die armen Länder nicht aus eigener Kraft durchbrechen können. Wie gesagt, haben sie keine Möglichkeit, die Bewertung ihrer Währungen zu beeinflussen.

Die große Lüge von der Freiheit

Allgemein wird das Ende der Kolonial-Herrschaft und -Wirtschaft positiv bewertet. Was ist aber tatsächlich dadurch geschehen? Die Kolonialherren mussten die Verantwortung für die Zustände in ihren Kolonien tragen. Mit Beendigung der Kolonialherrschaft ist diese Verantwortung entfallen. Erst jetzt können ehemalige Kolonien wirklich gnadenlos ausgebeutet werden. Sie sind ja selber Schuld, wenn sie aus ihrer „Freiheit“ nichts machen können! Genau das ist die große Lüge. Sie haben überhaupt keine Freiheit bekommen. Sie können eben nicht beeinflussen, wie die Ausbeuter ihre Währung einstufen. Sie sind von der Kolonialknechtschaft direkt in die monetäre Knechtschaft überführt worden und diese ist vielfach brutaler, wie wir selbst bei uns erleben müssen. Sie ist gleichsam anonym und dementsprechend skrupellos. Die falsche und wiederum anonyme „Entschuldigung“ heißt: Die Märkte sind schuld.

Will man also wirklich etwas für die ärmsten Länder tun und damit auch Fluchtursachen bekämpfen, dann muss das gesamte Weltwährungssystem neu aufgestellt werden. Erst danach wird es möglich sein, die Lebensumstände der armen Länder nachhaltig zu verbessern. Dazu zählt natürlich auch ein genereller Schuldenerlass. Zurückzahlen können diese Länder ihre Schulden sowieso nicht, aber solange sie existieren, sind in vielen Ländern allein die Zinszahlungen höher, als der gesamte Exportwert ihrer Produkte. Ein echtes Schweinesystem, das ewige Ausbeutung garantiert und eine Erholung unmöglich macht. Aber an dieser Stelle muss ich nochmals auf die USA und leider auch auf Großbritannien zurückkommen.

Solange diese beiden, die einzigen, die ein immerwährendes Außenhandelsdefizit weiterführen können, dieses Außenhandelsdefizit nicht zurückführen, kann das Problem nicht gelöst werden, ohne dass sie auf einen „Dritte-Welt-Status“ zurückfallen. Sie könnten ihre lebenswichtigen Importe nicht bezahlen, wenn sie für diese anständige Preise bezahlen müssten. Es ist das Verdienst von Donald Trump, dass er zumindest teilweise den Blick dafür geöffnet hat. Mit „America first“ will er die Außenhandelsbilanz der USA reparieren. Das ist die Voraussetzung für eine Gesundung der Weltwirtschaft, die auch bei den Ärmsten ankommen kann.

Mit 50 Eurocent wäre der Dollar annähernd richtig bewertet

Bis es so weit ist, sollten die Wechselkurse langsam, nicht zu langsam, angepasst werden. Der US-Dollar muss abgewertet, die Währungen der Armen aufgewertet werden. In US-Städten muss für ein Pint Bier (0,4 Liter) oftmals mehr als 10 Dollar bezahlt werden. Wenn der Dollar also bei 50 Eurocent läge, wäre er annähernd richtig bewertet. Da müsste Trump dann auch keine Importzölle einfordern, denn die Importe und der Konsum derselben würden automatisch drastisch zurückgehen. Die (schlechten) US-Produkte würden wegen des jetzt niedrigen Preises attraktiver und alles würde sich langsam einregeln. Über solche Überlegungen ist aus dem Kreis der G 20 in Hamburg aber nichts zu hören. So gesehen, ist dieser Gipfel mal wieder überflüssig, abgesehen davon, dass es ein positives Gespräch zwischen Trump und Putin gegeben hat.

Ich erlaube mir noch die Anmerkung, dass „Die Humane Marktwirtschaft“ nach Haisenko/von Brunn all die eben beschriebenen Probleme lösungsorientiert bearbeitet. Inklusive detaillierter Verfahren zu einem sanften Übergang auf das neue System. Wenn nach einem Crash mit der alten Denkweise weitergemacht wird, dann wird sich nichts wirklich zum Besseren wenden. Ich zitiere Albert Einstein: Probleme können niemals mit derselben Denkweise gelöst werden, durch die sie entstanden sind. Damit wir positiv in eine bessere Zukunft für alle, für wirklich alle sehen können, müssen radikal neue Gedankenmodelle diskutiert werden. Eben „Die Humane Marktwirtschaft“ nach Haisenko/von Brunn. Das Buch dazu ist erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen vom Verlag hier.

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